Krawattenreinigung „Der Fleck muss weg!“

Ein Kunde bringt eine Seidenkrawatte in die Reinigung. Der dunkle Fleck auf der Krawatte entpuppt sich bei näherer Untersuchung jedoch nicht als Verunreinigung, sondern als Gewebeverschiebung. Was kann der Reiniger hier tun?

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    Bild 1Die Krawatte vor der Reinigung: Ein dunkler Fleck hat sich in der Mitte des Bekleidungsstücks gebildet.
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    Bild 2Nach der Behandlung durch den Textilreiniger: Von der dunklen Stelle ist nichts mehr zu sehen.

„Der Fleck muss weg!“

Fast jeder kennt die Situation: Frühmorgens zieht man sich schick an, da ein besonderes Ereignis bevorsteht. Bevor man aus dem Hause geht, schnell noch etwas Essen, denn Eile ist geboten. Trotz größter Vorsicht nimmt das „Verhängnis“ seinen Lauf: Müsli mit Milch tropft auf die schöne Seidenkrawatte. Schnell mit dem Fingernagel weggekratzt und mit leicht feuchtem Tuch abgewischt. Das Ungemach ist nicht mehr sichtbar und man kann dem Ereignis zwar nicht mehr perfekt gekleidet, aber in akzeptablem Zustand entgegensehen. Nachdem die Feuchtigkeit vertrocknet ist, bleibt jedoch, zu allem Ärger, ein dunkler Fleck zurück. Also doch in die Reinigung mit dem guten Stück.

Bei der Warenannahme in der Reinigung wird die Herkunft des Flecks schriftlich festgehalten. Milch- und Haferflocken bedeutet Eiweiß, Fett und Stärke. Gute Chancen für eine erfolgreiche Fleckentfernung mit Eiweißlöser. Bei genauerem Hinsehen stellt der Textilreiniger jedoch fest, dass die Krawatte eine starke Gewebeverschiebung aufweist, die aus 20 bis 30 cm Entfernung als dunkler Fleck erscheint. Der Reflex des Kunden, mit dem Fingernagel die Haferflocken wegzukratzen, hat diese Gewebeverschiebung verursacht.

Die Gefahr einer Gewebeverschiebung besteht besonders bei Geweben mit wenigen Bindungspunkten (beispielsweise Atlasgewebe) und bei Geweben, die aus sehr glatten Garnen gewebt wurden. Seidenkrawatten werden vielfach aus glatten Garnen, die sich durch mechanische Einwirkung leicht verschieben lassen, hergestellt.

Der Textilreiniger steht nun vor dem Problem, dass sich eine Gewebeverschiebung nicht einfach „wegdetachieren“ lässt, und sucht fachlichen Rat beim Gutachter. Ist eine Gewebeverschiebung erfolgt, so die Überlegung, müsste sich das Gewebe auch wieder in den Ursprungszustand „zurückschieben“ lassen. Folgende Vorgehensweise wurde in diesem Fall angewandt:

-Zunächst wurde ermittelt, in welche Richtung die Gewebeverschiebung erfolgt ist.

-Anschließend wurden, von den Rändern der Schadstelle aus, die betroffenen Schuss- oder Kettfäden mit einer feinen Nadel wieder parallel zu dem vorhandenen Flächengebilde ausgerichtet.

-Die Arbeit wurde unter einer Lupe durchgeführt.

-In dem vorliegenden Fall musste dieser Prozess von beiden Seiten des Gewebes durchgeführt werden um die Schädigung vollständig zu beheben.

-Bei Seide ist zusätzlich besonders darauf zu achten, die empfindlichen, dünnen Fäden nicht zu verletzen.

-Nach der anschließend durchgeführten Grundreinigung waren noch Reste der Gewebeunregelmäßigkeit zu erkennen, die durch Wärmeeinwirkung mittels Dämpfen und Bügeln vollständig egalisiert werden konnten.

Nach dieser aufwändigen Behandlung war der Fleck nicht mehr zu erkennen. Eine zusätzliche Detachur an dem insgesamt instabilen Gewebe war nicht mehr nötig.

Der Kunde konnte bei Abholung kaum glauben, dass er für die perfekte Reinigung seiner Krawatte nur 4,60 Euro bezahlen musste. Er hatte etwa mit dem fünffachen Preis gerechnet, was in Anbetracht des Aufwandes der Reinigung durchaus vertretbar gewesen wäre.

Auch bei anderen Artikeln können durch Gebrauch oder Bearbeitungsfehler Gewebeverschiebungen entstehen. So können bei empfindlichen Gardinen Verschiebungen etwa schon allein dadurch entstehen, dass „Vorhanggleiter“ vor der Bearbeitung nicht entfernt werden. In vielen Fällen ist es jedoch möglich, die Gewebeverschiebungen wieder zu beheben, um dadurch das Textil für den Gebrauch zu retten eine handwerkliche Fleißarbeit, die viel Geduld und Ausdauer erfordert.

Schadensursache

Die Gewebeverschiebung war eindeutig auf die unsachgemäße Vorbehandlung des Besitzers zurückzuführen. Die Verschiebung wurde durch starkes Reiben und Kratzen auf der Krawatte verursacht.

Schadensregulierung

Durch die fachmännische Behandlung des Textilreinigers konnte die Gewebeverschiebung manuell und zur vollsten Zufriedenheit des Kunden beseitigt werden.