Bewertungsplattformen online Die neue Art der Mundpropaganda

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Im Internet findet man alles und jeden - selbst Textilreinigungen und Wäschereien, die sich dessen gar nicht bewusst sind. Sie werden auf unzähligen Portalen gelistet und bewertet. Wie man den Überblick behält und sogar aus negativen Bewertungen Nutzen ziehen kann, erfahren Sie im Folgenden.

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    Es braucht nur einen Klick eines unzufriedenen Kunden und die Onlinereputation ist kaputt. Dann hilft nur noch, professionell und freundlich zu reagieren. Foto: MEV
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    So kann es gehen: Eine Reinigung wurde auf qype.com negativ bewertet. Reagiert hat hier von Unternehmensseite niemand. Screenshot: rwt
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Die neue Art der Mundpropaganda

Stellen Sie sich folgende Situation vor: Ein junger Mann kommt in Ihren Laden, lässt seinen Anzug reinigen, holt ihn wieder ab. Im Idealfall ist er zufrieden, wurde freundlich bedient, kompetent beraten und alles war sauber und pünktlich fertig. Er verlässt Ihren Laden nach der Abholung mit einem Lächeln, blickt noch einmal kurz zurück und zückt sein Handy mit Internetzugang und Fotofunktion. „Klick“ - und Ihr Betrieb ist mitsamt Bild online in einem Bewertungsportal gelandet mit Kommentaren wie: „Schnelle Reinigung, faire Preise und selbst die harten Flecken bekommen die raus! Sehr zu empfehlen!“ Der nächste Smartphone-Besitzer, der vielleicht geschäftlich in der Stadt ist und eine Textilreinigung sucht, findet seine Bewertung - und geht zielstrebig zu Ihnen. Ist auch er zufrieden und gibt online gute Noten, kommt der Marketingeffekt wie von selbst ins Rollen. Ihr einziges Zutun: Hohe Qualität und ordentlichen Service bieten. Kosten kommen weder auf den Kunden noch auf den Unternehmer zu, denn die Portale sind in der Regel kostenfrei - zumindest die Basisversionen.

Es gibt über 100 Bewertungsportale allein in Deutschland, so der Betreiber der Seite bewertungsportale.de, die Infospeed GmbH, mit Stand vom April 2008. Sie heißen kununu.com, qype.com, yelp.de oder kennstdueinen.de. Einer der neuesten Ableger ist Google Hotpot. Alle wollen mehr oder minder dasselbe: Eine Plattform für Verbraucher bieten, die hier ihre Bewertungen zu Arbeitgebern, Dienstleistungen oder Produkten abgeben. Aber auch Unternehmen sollen die Möglichkeit bekommen, sich darzustellen und Stellung zu nehmen. Im Idealfall entsteht ein konstruktiver Dialog.

Offener und direkter Kundenkontakt

Diese Chancen zum Kundenkontakt zu nutzen, wird im Internetzeitalter und mit dem Vormarsch von Social Media und Smartphones immer wichtiger. Das sagt auch der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien, Bitkom, und die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG. Nach einem Experten-Roundtable im April 2010 haben sie unter anderem die These aufgestellt, dass „mit dem Siegeszug der Social Communities Unternehmer noch offener und direkter mit ihren Kunden in Kontakt treten“ können und müssen. Gut geführte Unternehmen würden dies vor allem als Chance begreifen.

Schwieriger wird es, wenn mal etwas schiefgeht und ein Kunde nicht zufrieden ist: „Vom guten Boss-Sakko sind vier Knöpfe kaputt. Den Laden kann ich nicht weiterempfehlen!“ Jetzt heißt es erstmal, einen kühlen Kopf zu bewahren und sich nicht von Emotionen leiten zu lassen. Sachlichkeit ist gefragt, wenn man in den direkten Dialog mit seinen Kunden eintritt. Dabei gilt: Ehrlich währt am längsten. Bei Fehlern können sich Unternehmer entschuldigen, erklären, was falschgelaufen ist und warum oder sogar einen Anreiz zur Wiedergutmachung anbieten (siehe Kasten „Das können Sie tun“).

Noch besser als auf Kundenbewertungen zu reagieren, ist proaktiv zu handeln und sich und sein Unternehmen ansprechend darzustellen. Dazu bieten die meisten Bewertungsportale die Möglichkeit, Unternehmensdaten, Fotos, Öffnungszeiten, Stichworte, Website usw. anzugeben. So entsteht eine steuerbare Mundpropaganda.

Negative Bewertungen sind also nicht per se schlecht. Verstehen Sie Kritik als Anregung für Verbesserungen. Die positiven Bewertungen sind nur dann wirklich authentisch und glaubwürdig, wenn es auch neutrale oder negative Bewertungen gibt.

Wirklich rufschädigende, unwahre Kommentare liest man kaum. Im Fall der Fälle: Keine Panik - auch im Internet ist nicht alles erlaubt. Jedes Portal hat einen Verhaltenskodex, die meisten Anbieter überprüfen sämtliche Einträge und entfernen unpassende Äußerungen. Generell gilt: Respekt und Höflichkeit sind oberstes Gebot für beide Seiten - Bewerter und Bewertete. Kommerzielle Beurteilungen gelten als verpönt, genauso Fake-Accounts, also nicht-reale Onlineidentitäten. Pauschalaussagen, Namensnennungen und persönliche Angriffe sind nicht erlaubt. Gegen unzutreffende Behauptungen kann man rechtlich vorgehen. Davon raten Experten aber meist ab. Stephan Mosel von Qype schreibt in einem Blog-Eintrag: „Lassen Sie den Anwalt aus dem Spiel.“ Das wäre in 99 Prozent der Fälle nicht zielführend, kostet nur Zeit und Geld. Zudem sei es wahrscheinlich, dass sich User im Internet über die juristische Intervention unterhalten, was dann wiederum potenzielle Kunden verunsichert und das Image schädigt.

Imagepflege als Arbeitgeber

Nicht nur Dienstleistungen kann man im Netz bewerten. Unternehmen werden auch als Arbeitgeber weiterempfohlen - oder eben nicht. Auf Seiten wie jobvoting.de oder kununu.com können Arbeitnehmer anonym ihren Betrieb beurteilen. Sternchen für Bezahlung, Kollegen, Arbeitsklima, Benefits und Aufstiegsmöglichkeiten etc. sind zu vergeben. Auch hier gibt es die Möglichkeit für Unternehmen, sich zu präsentieren und gegebenenfalls auf Kritik zu reagieren. Auf diesen Websites sind allerdings meist größere Unternehmen vertreten. Die müssen sich dann einiges gefallen lassen: „Arbeitszeit von minimum zehn Stunden und mehr! - Man kommt sich vor wie ein Schwamm, der bis auf den letzten Tropfen ausgesaugt wird!“ Aber auch Verbesserungsvorschläge werden abgegeben: „Mehr miteinander als übereinander reden, kürzere Wege intern, Umsetzung der Innovationen am Markt.“

Laut kununu sollten Arbeitgeber für dieses Feedback dankbar sein. „Treten trotzdem Fälle falscher Behauptungen auf, sollte man die Betreiber von solchen Plattformen kontaktieren und belegen, dass die abgegebenen Bewertungen nicht der Wirklichkeit entsprechen“, rät Martin Poreda, Gründer der Plattform. Zudem haben Personalverantwortliche bei kununu die Möglichkeit, einen Arbeitgeber-Account anzulegen und dadurch offiziell und sichtbar Stellung zu beziehen. „Mit negativen Bewertungen und Kommentaren zu Arbeitgebern, die der Wahrheit entsprechen, werden Arbeitgeber leben müssen“, weiß Poreda. Vor der Manipulation von Bewertungen als Gegenstrategie warnt er: „Gefälschte Bewertungen erkennen unsere Nutzer leicht. Erboste Reaktionen auf solche Manipulationstaktiken lösen schnell einen Schneeballeffekt aus, der das Image eines Arbeitgebers nachhaltig schädigt.“

Die kununu-Betreiber raten, aktiv die eigenen Mitarbeiter zur Abgabe einer Bewertung aufzufordern. Damit signalisiert man seinen Mitarbeitern Offenheit für Feedback. Nach außen betreibt man authentisches Personalmarketing, indem man sich auf den Dialog einlässt und so in der Gunst potenzieller Bewerber steigt. Zudem bieten Arbeitgeberbewertungsportale Möglichkeiten, das Image durch ein Firmenprofil, Unternehmensvideo oder der Einbindung von Stellenanzeigen mit zu gestalten.

Bei Google oben dabei sein

Bewertungsportale werden immer wichtiger. Nicht zuletzt, weil die Kunden- oder Mitarbeiterrezensionen dafür sorgen, dass Unternehmen mit ihren Angeboten bei Suchmaschinen ganz oben im Ranking landen. Das Ganze gehört zum umfassenden Begriff Suchmaschinenoptimierung (siehe Kasten „Optimal gefunden werden“). Dazu trägt auch bei, dass die Inhalte von Bewertungsportalen automatisch in Google Maps integriert werden. So finden potenzielle Kunden auf der Suche nach einer Dienstleistung das entsprechende Unternehmen online einfacher.

Zur Kundengewinnung und -bindung gibt es einen weiteren Trend auf den Portalen: Die registrierten Unternehmen können Gutscheine in ihren Eintrag integrieren. Auf qype.com oder allesnebenan.de, einem Lokalportal der Deutschen Post, beispielsweise finden User Gutscheine von Händlern und Dienstleistern. Die Gutscheine können ausgedruckt oder via Handy vor Ort eingelöst werden.

Die Angebote der Portale mit Bewertungsmöglichkeit sind zahllos. Selbst Telefonbuchangebote und Branchenverzeichnisse wie meinestadt.de, stadtbranchenbuch.com, dialo.de oder 11880.com haben entsprechende Funktionen. Jeden einzelnen Eintrag auf dem Radar zu haben, ist unmöglich. Eine einfache Methode, um irgendwie den Überblick zu behalten, wo über einen im Internet gesprochen wird, bietet Google. Wer sich selbst und seine Konkurrenz regelmäßig googelt oder Google Alerts (siehe Kasten „Das Web im Auge behalten“) nutzt, ist auf dem richtigen Weg. Nur gar nichts zu tun und die Einträge und Meinungen im Netz zu ignorieren, kann auf Dauer geschäftsschädigend sein. Denn ob und wie man bewertet wird, kann ein Unternehmer nicht beeinflussen. Er muss nur das Beste daraus machen.