Gabriela Steiner – eine aufmerksame und engagierte Leserin meldet sich zu Wort Mit Mut von der Kanzlei in die Textilreinigung

"Meister sind männlich": 2015 waren gut zwei Drittel der Meister-Prüflinge in Österreich Männer, nur knapp ein Drittel Frauen. Gabriela Steiner aus Heidenreichstein in Niederösterreich schrieb uns daraufhin, dass es auch anders geht. Die junge Mutter ist ein strahlendes Beispiel dafür, wie Frauen in der Textilpflegebranche nach und nach eine Führungsrolle übernehmen.

OSR Gertrude Marek (li.), Direktorin der Landesberufsschule Schrems, überreicht Gabriela Steiner den Meisterbrief. Foto: privat - © privat

Die Redaktion des Textilreinigers und RWTextilservice freut sich immer wieder über aufmerksame Leser aus der Branche. Leser wie Gabriela Steiner aus Heidenreichstein, die in der Maiausgabe des Textilreinigers auf Seite 58 über eine Statistik zur Meisterprüfung gestolpert ist: Gemäß WKÖ-Angaben war dort zu lesen, dass 2015 gut zwei Drittel der Prüflinge Männer waren und nur knapp ein Drittel Frauen. Das nahm die 27-Jährige zum Anlass, uns zu schreiben – als Beispiel für eine junge Frau, die seit kurzem Meisterin ist und einen Betrieb in dritter Generation übernimmt. Nachfolgend schildert Gabriela Steiner ihren Lebensweg von den ersten Kontaken zur Textilpflege bis hin zum Erhalt des Meisterbriefs Anfang 2016.

"Quasi in einer Textilreinigung aufgewachsen"

„Mein Name ist Gabriela Steiner und ich komme sozusagen aus einer ‚Textilreinigerdynastie‘. Schon meine Großmutter hat mit ihrem Mann 1959 die ‚Wäscherei & Putzerei Allram‘ im niederösterreichischen Wald­viertel gegründet. Auch die drei Kinder meiner Großeltern wurden Chemischputzer sowie teilweise auch wiederum deren Kinder. Ich persönlich bin am 20. Juli 1988 geboren und quasi in einer Textilreinigung aufgewachsen. Nach der Schule oder in den Ferien durfte ich oft im Betrieb bei meiner Mutter oder im Hauptbetrieb bei meinen Großeltern sein. Dass ich einmal den großelterlichen und elterlichen Betrieb übernehme, war aber nie abgesprochen und so besuchte ich bis 2006 die Bundeshandelsschule in Waidhofen an der Thaya, ehe ich aufgrund des besseren Jobangebots nach Wien gezogen bin. Den Gedanken, die Textilreinigung zu übernehmen, hatte ich zu diesem Zeitpunkt nie.

Als dann 2008 meine Großmutter verstarb, beschäftigte ich mich aber mehr und mehr mit dem Nachlass meiner Großeltern. Mich zog es wieder in die Heimat und ich lernte dort auch meinen jetzigen Mann kennen. 2013 bekam ich meine Tochter Marie-Christine. Als frischgebackene Mutter war ich somit wieder zuhause und in der Nähe des elterlichen Betriebs.

In den letzten Jahren kam schließlich bei uns verstärkt das Thema auf, wer denn einmal den Betrieb weiterführen wird – meine Mutter steuerte langsam auf die Pension zu und es war nötig, sich darüber Gedanken zu machen. Ich kann gar nicht mehr genau sagen wie, aber plötzlich war ich in der Landesberufsschule Schrems angemeldet. Meine Gedanken waren: Wenn ich schon den Beruf meiner Eltern und Großeltern ergreife, dann mit einer richtigen Lehre. Seitens der Direktorin OSR Gertrude Marek hatte ich dabei volle Unterstützung, den Lehrberuf des Textilreinigers im zweiten Bildungsweg als außerordentliche Schülerin nachzumachen. Ich muss betonen, dass die Direktorin Marek und ihr gesamtes Team wirklich top sind! Theorielehrer Andreas Anibas (Damenbekleidungsmacher und Textilreinigermeister) und Franz Lang (Praxislehrer) waren dabei zwei Menschen, die mich geprägt haben: Einerseits Andreas Anibas, der den Theorieunterricht von der Schneiderseite her aufgezogen hat und einen wirklich großen Schwerpunkt auf das Thema Fasern und Fasererkennung sowie deren Herstellung gelegt hat. Andererseits Franz Lang, einem Textilreiniger mit Leib und Seele, der mir Raum gab, mich zu entwickeln und alle Schüler gut unterstützte. Durch den Theorieunterricht habe ich mich zudem auch wirklich intensiv mit dem auseinandergesetzt, das man reinigt – Textilien. Je mehr ich jedenfalls über diesen Beruf gelernt habe, desto mehr gefällt er mir. Ich gehe richtig auf, wenn ich darüber erzählen kann. 2014 und 2015 habe ich also die drei Berufsschuljahre der Textilreinigerlehre nachgeholt und mich dazu entschlossen, meine Arbeit als Kanzleileiterin einer renommierten Anwaltskanzlei in Wien aufzugeben. Im Herbst 2015 fanden dann die fachspezifischen Meisterprüfungen statt; Prüfer waren Landesinnungsmeister Franz Thür, Andrea Kuttner und Alexander Stepanek. 2016 absolvierte ich zudem noch die Ausbilderprüfung: Erstens, um den Titel ‚Meister‘ bzw. ‚Meisterbetrieb‘ führen zu können, und zweitens, um auch Lehrlinge ausbilden zu dürfen.

"Schöne, aber auch anstrengende Zeit"

Insgesamt war es eine schöne, aber auch anstrengende Zeit. Mit der Unterstützug meines Mannes und meiner kleinen Tochter klappte aber alles. Eine zweite Anstrengung steht mir jetzt übrigens unmittelbar bevor: Ich verwirkliche mit der Betriebsanlagengenehmigung, einem zweiten Standort und neuen Maschinen heuer im Herbst meinen Traum einer eigenen Textilreinigung. Wenn alles fertig ist, passiert das, das für mich lange nur ein Traum war: Eine eigene Textilreinigung im Waldviertel.

Liebe Leser des Textilreinigers, es gibt also doch ein paar Meisterinnen. Man muss sich als Frau dabei auch nicht zwischen Karriere und Kind entscheiden – wenn man vom Partner unterstützt wird, klappt es!“