Bachelorarbeit der HTW Berlin: Marktanalyse zur gewerblichen Textilpflege Wer rastet, der rostet

Wie ist die Situation am Markt der gewerblichen Textilpflege in Deutschland? Welche Chancen, welche Risiken gibt es? RWTextilservice wollte es genau wissen. In Kooperation mit der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin ist eine Bachelorarbeit mit einer umfassenden Marktanalyse entstanden.

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    Im bekleidungstechnischen Labor werden Theorie und Praxis der Konstruktion und Fertigung von Bekleidung gelehrt. Fotos: Jussen
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    Eine gläserne Waschmaschine steht für experimentelle Untersuchungen und Simulationen von Waschprozessen zur Verfügung.

Die Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin (HTW Berlin) zählt zu den wenigen Fakultäten in Deutschland, die den Bachelorstudiengang Bekleidungstechnik/Konfektion anbieten. Die Regelstudienzeit des zu den Ingenieurwissenschaften gehörenden Studiengangs beträgt sieben Semester. Voraussetzung zur Zulassung ist die Hochschulreife und ein 13-wöchiges fachspezifisches Vorpraktikum bzw. eine Ausbildung in der Bekleidungsfertigung, wie als Mode- oder Änderungsschneider. Die Studierenden haben somit einen ersten Einblick in die textile Welt erhalten. Sie wissen, worauf sie sich einlassen, wenn sie dann im Hörsaal, in den verschiedenen fachspezifischen Laboren und durch Studienprojekte tiefer in die Materie einsteigen, um ihr Wissen über textile Werkstoffe sowie ihre Verarbeitung zu vervollständigen. Das Studium ist in mehrere Module unterteilt, die sich mit Bekleidungsmaschinen, der Fertigung von Textilien, mit dem Management der Produktion und der Qualitätssicherung beschäftigen. Im fünften Semester steht ein weiteres, 18-wöchiges Fachpraktikum auf dem Plan. Diese Zeit verbringen die Studierenden in der Bekleidungs- und Textilindustrie, in Versand- und Handelsunternehmen oder in technischen Branchen mit starkem Bezug zu Textilien. Zum Abschluss des Studiums wird die Bachelorarbeit geschrieben und der Studierende erhält nach Bestehen den Titel „Bachelor of Science in Engineering“ (B.Sc. oder BSc). Neben der Konstruktion und Fertigung von Bekleidung steht an der HTW die Haushaltswäsche ebenso wie die gewerbliche Wäschepflege auf dem Lehrplan. Zahlreiche Projekte, Studien- und Bachelorarbeiten beschäftigen sich mit diesen Themen. Beispiele für Projekte zum Thema Wäschepflege sind folgende:

  • Reduktion des Ressourcenverbrauchs durch Optimierung der Waschmechanik in der Trommel (OptWaTro), Laufzeit: 01.12.2013 – 31.01.2016
  • Aspekte der Dynamik von Wäsche in der bewegten Trommel (DynTexTro), Laufzeit: 01.07.2009 – 31.10.2012

Weitere Auskünfte zu den Wäschepflegeprojekten erteilt Prof.
Monika Fuchs (Telefon: +49 30/5019-4607; E-Mail: Monika.Fuchs@HTW-Berlin.de).

Aktuell untersuchte eine Studentin von Prof. Fuchs in einer Abschlussarbeit den Markt der gewerblichen Wäschepflege. Die Ergebnisse von Autorin Christin Rabenstein machen deutlich, dass sich die Branche in einem stetigen Wandel befindet, vielen Herausforderungen gegenübersteht, aber auch zahlreiche Chancen bietet. Die Bachelorarbeit mit dem Titel „Marktanalyse zur gewerblichen Textilpflege – Entwicklungen und Herausforderungen auf dem deutschen Markt“ wurde in Kooperation mit RWTextilservice erstellt. Ziel war es, einen Überblick über die Textilpflegebranche sowie die verschiedenen Teilsegmente zu geben. Nach der Gesamtbetrachtung der Branche wurden also die Bereiche der chemischen Reinigungen und der Wäschereien bzw. Textilserviceunternehmen getrennt voneinander in Augenschein genommen, wobei der Schwerpunkt auf Wäschereien und Textilserviceunternehmen lag. Darüber hinaus enthält die Arbeit eine ausführliche Darstellung der einzelnen Marktsegmente „Hotel/Restaurant/Catering“ (HoReCa), „Berufsbekleidung“, „Gesundheits- und Sozialwesen“ sowie „Sonstiges“. Bei allen Betrachtungen wurde zum einen die derzeitige Situation abgebildet; zum anderen wurden die Perspektiven für die Unternehmen inklusive der Chancen und Risiken aufgezeigt. Die Informationen stützen sich auf vorhandene Literatur, statistische Daten und Experteninterviews. Als Experten befragte Rabenstein u.a. Vertreter der großen deutschen Textilpflegeverbände, von Textildienstleistungsunternehmen und von Zulieferern sowie weitere Fachleute.

Branchenzahlen: Wäschereien und Reinigungen

Das statistische Bundesamt fasst die Wirtschaftszweige Wäschereien und chemische Reinigung zusammen. Daher ist lediglich eine Betrachtung der Entwicklung der Anzahl der Unternehmen und des Umsatzes der gesamten Textilpflegebranche möglich. Dabei wurde ersichtlich, dass für mehr als 80 Prozent des Umsatzes gerade einmal 10,8 Prozent der Unternehmen verantwortlich sind und diese Unternehmen über 60 Prozent der Beschäftigten stellen. Rabenstein arbeitete zudem heraus, dass es sich bei knapp 80 Prozent der Unternehmen um Einzelunternehmen handelt. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass es eine Vielzahl von Klein- und Kleinstunternehmen gibt, diese jedoch nur knapp 20 Prozent des Umsatzes erwirtschaften. Der Trend zur Marktkonzentration hat sich in den letzten Jahren stark entwickelt. Kleine und mittelgroße Unternehmen in der Textilpflegebranche stellen den Betrieb ein oder schließen sich zusammen. Folglich geht die Anzahl der Unternehmen zurück, allerdings steigt gleichzeitig der Umsatz der einzelnen Betriebe.

Der Wandel der Bevölkerung ist für die Branche Fluch und Segen zugleich. Die demographische Entwicklung – es gibt immer weniger junge und immer mehr alte Leute – bringt einerseits Fachkräftemangel mit sich, von dem alle Textilpflegebereiche betroffen sind. Dass die Branche nicht den besten Ruf genießt, verringert nochmals die Attraktivität eine Ausbildung in der Textilreinigung oder Wäscherei zu absolvieren, geschweige denn einen Betrieb zu übernehmen. Die Gewinnung von Nachwuchs bzw. Fachkräften und Unternehmensnachfolgern stellt somit eine große Herausforderung dar. Andererseits ergibt sich aus der „Veralterung“ der Bevölkerung auch ein wachsender Markt im Bereich des Gesundheits- und Pflegewesens. Immer mehr Menschen sind pflegebedürftig und leben in Alten- und Pflegeheimen. Auch wenn die Anforderungen an die Wäschepflege aufgrund hygienischer Mindeststandards in diesem Bereich hoch sind, so handele es sich dennoch um ein sehr interessantes Geschäft für Wäschereien und Textilserviceunternehmen. Denn in diesem Bereich wird laut Erfahrung der im Rahmen der Bachelorarbeit befragten Branchenexperten mehr Wert auf Qualität als auf den Preis gelegt.

Auch der Wandel in der Gesellschaft biete ein großes Potenzial für die Branche. Die sogenannte Life-Work-Balance wird immer wichtiger und diese soll nicht durch die lästige Aufgabe der Wäschepflege belastet werden. Zeit stellt vielfach ein höheres Gut dar als Geld und somit wächst bei vielen Menschen die Bereitschaft, für gewisse Erleichterungen im Alltag bzw. Dienstleistungen wie die Kleiderpflege zu bezahlen. Gerade im Bereich der Textilreinigung können somit durch Qualität und Service neue Kunden gewonnen werden, meinen die Interviewpartner aus der Branche.

Trend zum Outsourcing

Auch in einigen Wirtschaftsbereichen ist ein allgemeiner Trend zum Outsourcing zu erkennen, der sich positiv auf die Geschäfte der Wäschereien und Textilserviceunternehmen auswirkt. Zunehmend lagern Unternehmen aus den Bereichen Hotellerie, Gastronomie und Gesundheitswesen den Waschprozess bzw. die gesamte Textilversorgung aus. Auch die Versorgung mit Berufsbekleidung inklusive PSA erfolgt vermehrt über externe Dienstleister. Laut der European Textile Services Association (ETSA) hat eine Studie des Beratungsunternehmens Deloitte für die europäische Textilservicebranche ein zukünftiges Marktpotenzial von bis zu 46 Milliarden Euro vorhergesagt, vorausgesetzt der Bereich des Textilservice entwickelt sich in den kommenden Jahren weiter so positiv.

Nicht zu unterschätzen sind Rabenstein zufolge dennoch die steigenden Kosten. Zum einen ist die Branche durch die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns vor eine Herausforderung gestellt; zum anderen steigen Wasser- und Energiekosten. Die Preise für Heizöl, Erdgas und Strom haben sich laut Daten des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) teilweise verdreifacht. Da diese Kosten einen hohen Anteil an den Gesamtkosten haben, spielt diese Steigerung aus betriebswirtschaftlicher Sicht eine entscheidende Rolle für Erfolg und Misserfolg eines Unternehmens in der Textilpflegebranche. Der Anstieg der Personalkosten ebenso wie die Erhöhung des finanziellen Aufwands für Wasser- und Energiekosten ist zu kompensieren, bzw. es müssen Maßnahmen ergriffen werden, um den Kostensteigerungen entgegenzuwirken. Der Einsatz moderner, ressourceneffizienter Technik ist ein Ansatz. Die Optimierung der Prozesse innerhalb eines Unternehmens ein weiterer wichtiger Aspekt. Die RFID-Technologie hat dabei nach Meinung der Experten großes Potenzial. Sie ermöglicht eine berührungslose Erfassung und die transparente Abbildung der Prozesse. Eine Beschleunigung des Warenkreislaufes bzw. Produktionssteigerungen und Kostensenkungen, nicht zuletzt auch durch einen geringen Personalaufwand, sind die Folge. Durch die Einsparung des Personals wiederum verringert sich auch die Problematik des Fachkräftemangels. Die Investitionen in neue Maschinen und innovative Technologien sind zwar zunächst hoch, zahlen sich jedoch mittel- bis langfristig aus.

Fazit: „Wer rastet, der rostet!“ Dieses Sprichwort fordert dazu auf, zur Tat zu schreiten. Machen sich also die Unternehmen der Textilpflegebranche – egal ob chemische Reinigung, Wäscherei oder Textilserviceunternehmen – bewusst, dass diese Branche einem stetigen Wandel unterlegen ist, stehen sie diesen Entwicklungen offen gegenüber und nehmen die damit verbundenen Herausforderungen an, indem sie entsprechende Maßnahmen ergreifen, so steht ihnen eine positive Zukunft bevor. „Denn Textilien müssen auch zukünftig immer gewaschen und gereinigt werden, auch wenn sich die Anforderungen und Prozesse verändern“, wie Rabenstein treffend resümiert.