Digitalisierung in der Textilpflegebranche Die Datenflut bewältigen, kritisch hinterfragen und Chancen generieren

Wir stecken mitten im Zeitalter der Digitalisierung. Smartphone und Laptop sind in vielen Unternehmen bereits fest in den Betriebsablauf eingebunden. Neue Möglichkeiten ergeben sich für die Textilpflegebranche, aber auch die Notwendigkeit, neue Entwicklungen einordnen und bewerten zu können.

Die Digitalisierung kommt mit einer gewaltigen Datenflut. Unternehmen können diese zu ihrem Vorteil nutzen, müssen dabei aber Vorsicht bzw. Umsicht walten lassen. - © Konstantin Hermann, Fotolia.com

Branchenübergreifend werden in immer kürzeren Abständen innovative Entwicklungen vorgestellt, neue Prozesse entstehen. Veränderungen passieren inzwischen schneller als in der Vergangenheit. Die deutsche Handwerksmesse hatte im vergangenen Jahr ihr Leitthema der Digitalisierung im Handwerk gewidmet. Unter dem Schlagwort „Handwerk 4.0“ wurden unterschiedlichste Strategien für die Zukunft vorgestellt. Auf der Texcare International 2016 und auf den Verbandstagen der Branche war das Thema ebenso präsent. Der Bayerische Textilreinigungsverband (BTV) hat dem Thema auf seiner Herbsttagung 2016 sogar eine Diskussionsrunde gewidmet ( RWTextilservice berichtete in Ausgabe 12/2016).

Kanäle miteinander verknüpfen

Auch Textilhersteller und -handel beschäftigen sich intensiv mit dem Thema. Der DTB (Dialog Textil Bekleidung) stellte seinen Mitgliedern auf seiner Jahrestagung 2016 Strategien für eine digitale Zukunft vor (siehe auch Bericht in Ausgabe 1/2017 von RWTextilservice ). Das Schlagwort lautet heute „Omni-Channel-Retail“, was bedeutet, dass der Händler seine Produkte über mehrere Kanäle verkauft, die miteinander verknüpft sind. So kann z.B. eine Kundin, wie auch auf der Jahrestagung des DTB vorgestellt, per App genau das Kleid bestellen, das sie beim Stadtbummel anprobiert und doch nicht gekauft hat.

Berichtet wurde auch von einer alternativen Nutzung der Kamera in Geschäften. Bisher diente die Kamera ausschließlich der Diebstahlüberwachung, mittlerweile kann damit auch das Kundenverhalten ausgewertet werden. Der Einzelhändler kann dann sein Angebot entsprechend ausrichten und so seine Absatzchancen verbessern. Die großen Herausforderungen des Einzelhandels sind heute, leere Innenstädte zu vermeiden und den stationären Handel mit in die Zukunft zu nehmen – eine existenzielle Frage. Viele Textilreinigungen sind ebenfalls in den Innenstädten ansässig und profitieren von einem lebhaften Einzelhandel rundherum.

Wie das Thema in der Textilpflegebranche gesehen wird, erfahren Sie auf der folgenden Seite.

Eine App kann den Zugang der Kunden zu Ihrem Unternehmen erleichtern. - © ra2 studio, fotolia.com

Wie wird Digitalisierung in der Textilpflegebranche gesehen? Die Diskussionsrunde des BTV zum Thema machte deutlich: Alle potenziellen Kunden müssen auf dem Weg mitgenommen, mehrere Generationen angesprochen werden. Viele Textilpflegeprofis versprechen sich viel von der Gruppe der jüngeren Kunden, die Smartphone und Co. intensiv nutzen und gleichzeitig aufgrund veränderter Arbeitsbedingungen empfänglich für Erleichterung und Komfort sind.

BTV-Präsident Richard Sterr appelliert jedoch, die Möglichkeiten, die sich durch die Digitalisierung ergeben, auch kritisch zu hinterfragen. Zu viele Informationen in der Hand von wenigen großen Playern, das sei grundsätzlich kein günstiges Szenario für die Gesellschaft.

Kommunikation mit dem Kunden

Wo kundenbezogene Daten gesammelt werden, gibt es auch immer wieder kritische Stimmen. Den bayerischen Kabarettist Christoph Weiherer ärgert die Frage nach der Postleitzahl, die in einigen Geschäften nach dem Einkauf an die Kunden gerichtet wird. In seinem Programm ruft er daher sein Publikum auf, statt der richtigen Postleitzahl die 25541 für Brunsbüttel zu nennen. Auf Facebook machte die Strategie des Entertainers bereits die Runde. Darüber, was die Unternehmen mit der Postleitzahl anfangen, gibt es unterschiedliche Informationen.

Laut einem Bericht des Nachrichtensenders „ntv“ geht es zum Teil darum, in welchen Gebieten Werbung gestreut wird oder wo zusätzliche Standorte erschlossen werden. Das Beispiel zeigt: Der Verbraucher akzeptiert manches nicht. Wer weiß, warum ­Daten gesammelt werden, gibt dagegen oft bereitwilliger Auskunft.

Wettbewerbsvorteile erschließen

Doch nicht nur im Bereich Marktforschung, Marketing und Kommunikation spielt die Digitalisierung eine Rolle. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie rückt im Dossier die Chancen des digitalen Wandels für den Mittelstand in den Fokus: „Die systematische Analyse und Vernetzung großer Datenmengen ermöglicht eine effizientere Produktion, neue Produkte und Geschäftsmodelle, zielgruppengerechte Kundenansprache, neue Vertriebswege, mehr Wirtschaftlichkeit, schlanke interne Prozesse beim Personal- und Wissensmanagement. Auf den Punkt gebracht: mehr Wettbewerbsfähigkeit.“

Die Hersteller und Anbieter auf der Texcare International 2016 ­haben bewiesen, dass sie der Branche die Möglichkeiten der digitalisierten Welt eröffnen können: Maschinensteuerung per Smart­phone, Daten, die automatisch in Auswertungsprogramme übertragen werden, und Fernwartung sind nur einige Beispiele.

E-Learning als Chance

Auch im Bereich der Personalführung und -entwicklung hat die professionelle Textilpflege bereits vor einigen Jahren die ersten Schritte gemacht. E-Learning-Plattformen wie „laundry-sustainability“ ermöglichen den Mitarbeitern flexible Fortbildungsmöglichkeiten. E-Learning bedeutet besonders für Branchen große Chancen, die auf geschulte Mitarbeiter angewiesen sind und gleichzeitig über kein flächendeckendes Netz an Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten verfügen.

Immer mehr Betriebe werden außerdem in den sozialen Medien und insbesondere auf Karrierenetzwerken aktiv. Zum einen kann sich ein Unternehmen potenziellen Mitarbeitern als attraktiver Arbeitgeber präsentieren, zum anderen kann es mit seinen Kunden kommunizieren und in dessen Alltag präsent bleiben. Doch wie bei allen Projekten rund um das Thema, muss zuvor eine mittel- und langfristige Kommunikationsstrategie erarbeitet werden und überlegt werden, wie mit kritischen Stimmen umgegangen wird.

Wie gehen Sie mit der Digitalisierung um, welche Strategie haben Sie für Ihre Wäscherei, Textilreinigung oder Ihren Textilservicebetrieb? Erzählen Sie es uns! Die Redaktion von RWTextilservice freut sich über eine E-Mail an redaktion@rw-textilservice.de oder einen Anruf unter Telefon +49 8247 354-261.

Veranstaltungstipp: DENKWERKSTATT macht fit für die Digitalisierung

Die Praxistagung DENKWERKSTATT von "handwerk magazin" macht Unternehmer kompakt an einem Tag fit für das Handwerk 4.0. Expertenvorträge vermitteln wertvolles Zukunfts- und Insiderwissen und Impulse, ergänzt durch Erfahrungsberichte und konkrete Lösungen von Betrieben. RWTextilservice ist Medienpartner der Veranstaltungsreihe, die Anfang 2017 in Dortmund, München und Stuttgart stattfindet. Erfahren Sie hier mehr zur DENKWERKSTATT .