Zusammenarbeit zwischen Hotel und Wäscherei Die Chemie muss stimmen

Die Umstellung des Seehotels Zeulenroda auf biologische Bewirtschaftung war auch für die Wäscherei Reichel als Dienstleister eine Herausforderung; schließlich müssen die ökologischen Kriterien auch bei der Wäsche angelegt werden. Doch die Bewährungsprobe wurde souverän bestanden.

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    1Im Bio-Seehotel Zeulenroda betten sich die Gäste in Bio-Bettwäsche.
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    2Auch in den Nasszellen liegen Bio-Frotteehandtücher bereit.
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    Hausdame Rosemarie Wagner macht einen Kuscheltest mit der neuen Frotteeware.Fotos: Wylegalla
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    Im Hotel wird auch eine Hauswäscherei unterhalten. Hier wird z.B. die Wäsche von Gästen gepflegt, die es eilig haben.

Die Chemie muss stimmen

Zu Hause angekommen, erinnerte sich die Tagungsteilnehmerin, dass sie ihre Ohrringe während eines Besuchs des Wellnesskomplexes im Bio-Seehotel Zeulenroda in der Bademanteltasche deponiert hatte. „Die Frau rief uns besorgt an und fragte, ob wir nach dem Schmuck fahnden können“, berichtet Rosemarie Wagner. Die Frotteewäsche war längst unterwegs zur Wäscherei Reichel GmbH & Co KG in Dippoldiswalde. „Dort durchsuchte das Team sämtliche Bademäntel und schließlich kamen die Ohrgehänge wieder zum Vorschein“, so die Hausdame.

Nicht immer ist der Alltag des Hotelteams so aufregend. Dennoch: „Die Wäscheversorgung muss perfekt organisiert werden, damit die Gäste sich bei uns wohl fühlen“, erläutert Rosemarie Wagner. Das im Thüringer Vogtland gelegene Vier-Sterne-Haus wird seit der Eröffnung 2001 durch die Wäscherei Reichel GmbH & Co. KG in Dippoldiswalde mit Leasingwäsche beliefert. Als sich vor beinahe zwei Jahren das Seehotel zum ersten und bisher einzigen Bio-Kongresshotel Europas profilierte, bewährte sich die Partnerschaft: „Die Leitung der Wäscherei Reichel tickt ähnlich wie wir“, freut sich Stephan Bode.

Der geschäftsführende Direktor, der sich auf seinem Namensetikett als „Lernender“ ausweist, hatte 2003 seine Lebensphilosophie neu geschrieben: „Ich stellte das Rauchen ein, begann Sport zu treiben und fand konsequenterweise zur biologischen Ernährung“, berichtet er. Die Lebensmittelskandale gaben ihm dann den Rest: „Ich überlegte, ob wir das Hotel zum Bio-Haus umstellen können.“ Der Hotelchef entwickelte ein Konzept für „integratives Qualitätsbewusstsein“: „Darin stecken 43 Jahre Bode“, so der „Lernende“, der seine Umgebung gern mit „spinnerten“ Ideen überrascht.

Hoteleigentümer Prof. Hans B. Bauerfeind war begeistert und gab grünes Licht, und so wurde eine Vision Wirklichkeit. Steigende Umsätze und zahlreiche Auszeichnungen vom „Besten Kongresshotel Deutschlands“ über das „Beste Event- und Kongresshotel Deutschlands“ bis zum Platz eins der „Tagungshotels zum Wohlfühlen“ bestätigen, dass Stephan Bode mit seinem Gespür für Trends richtig liegt.

Zuallererst wurde natürlich die Küche konsequent umgestellt: „Seit dem 1. Februar 2006 macht unser Köcheteam um Küchenmeister Marco Lange in Bio und bezieht so gut wie nur möglich die Rohstoffe von Produzenten aus der Region“, sagt Bode. Diese Strategie bringt auch das Städtchen Zeulenroda und seine Umgebung ein Stück nach vorn. Schritt für Schritt stellten der Hotelchef und seine Mitarbeiter auch andere Wirtschaftsbereiche um: Die Print- und Schreibmaterialien werden aus nachhaltigen und abbaubaren Rohstoffen hergestellt. So liegen zum Beispiel auf den Tischen der Konferenz- und Tagungsräume jetzt Bleistifte statt Kugelschreiber. Mittlerweile bezieht das Haus auch Bio-Strom. Stephan Bode: „Wir prüfen gerade, ob eine autonome Energieversorgung wirtschaftlich vertretbar wäre.“

Weniger einfach, letztendlich aber doch machbar, war der Austausch der klassischen Reinigungsmittel gegen biologische Produkte. „Die KAJ Chemietechnik GmbH & Co. KG hat unsere Idee unterstützt und eine völlig neue Produktpalette entwickelt“, freut sich Bode. In puncto Duschgel, Seife & Co. für die Gästezimmer fand er in der Firma Aida Friseur-Kosmetik- und Schönheitspflegegesellschaft mbH einen Verbündeten.

Damit auch die Hotelwäsche den hohen Anforderungen gerecht wird, mussten verschiedene Kriterien erfüllt werden. Stephan Bode: „Neben hautsympathischen Naturmaterialien mit ansprechender Optik, langer Lebensdauer und problemlosem Finishing sollte auch gewährleistet sein, dass keine Kinder an der Herstellung beteiligt sind. Außerdem erwarteten wir, dass die Wäscherei nach Bio-Kriterien plant und handelt.“ Es wurden etliche Gespräche geführt, aber schließlich kamen Stephan Bode und Rosemarie Wagner mit der Geschäftsführung der Wäscherei Reichel auf einen gemeinsamen Nenner.

Nicht ganz einfach war die Fahndung nach Bio-Bett- und -Frotteewäsche. „Obwohl in unserer Region die Textilindustrie zu Hause ist, gibt es hier noch keine Produzenten, die nach ökologischen Kriterien Bett- und Frotteewäsche herstellen“, bedauert der Hotelchef. Schließlich wurde er in Dänemark fündig: Dort stellt Beirholms Væverier A/S in Kolding Textilien her, die den Erwartungen des Hotelteams und seiner Gäste gerecht werden. „Für die Bettwäsche werden ungebleichte Baumwollfasern mit Polyesterkern verwendet, die nach dem Ökotex-Standard 100 zertifiziert sind“, erläutert Rosemarie Wagner.

In der Praxis hat sich mittlerweile herausgestellt, dass die Lebensdauer der Bio-Bettwäsche die Haltbarkeit konventioneller Textilien um 50 Prozent übertrifft. „Darüber hinaus sparen wir pro Kilogramm Wäsche 1,7 l Wasser ein. Hochgerechnet auf die Lebensdauer eines Bettbezugs sind dies immerhin 400 l“, berichtet Geschäftsführer Eberhard Reichel. Überdies könne beim Trocknen die Wärmezufuhr um 25 Prozent reduziert werden. „Der Stückpreis erhöht sich zwar um zwei bis drei Prozent. Doch die höheren Materialkosten werden durch die längere Lebensdauer kompensiert“, erwähnt der Geschäftsführer einen weiteren Vorteil.

Auch die Frotteeware wurde bei Beirholms Væverier A/S eingekauft. Sie besteht ebenfalls aus ungebleichter Baumwolle nach dem Ökotex-Standard 100 und wird unter den gleichen Bedingungen gepflegt wie die Bettwäsche. Für die Waschprozesse wird biologisch abbaubare Chemie verwendet. Eine innovative Waschstraße rundet das Bio-Programm ab. Stephan Bode: „Als unser Partner vor vier Jahren in eine neue Produktionsstrecke investierte, berücksichtigte er unsere Wünsche.“ Selbstverständlich kann mit der Anlage aber auch konventionelle Wäsche gepflegt werden.

Bis 2004 wurde das Hotel zweimal wöchentlich mit Mietwäsche beliefert. „Eine dreimalige Anlieferung pro Woche ist für uns aber vorteilhaft“, so Rosemarie Wagner. Beim Housekeeping der 158 komfortablen Zimmer und Juniorsuiten mit insgesamt 307 Betten sammeln die hauseigenen Mitarbeiterinnen die Wäsche abgereister Gäste ein. In Longstayzimmern wird die Bettwäsche alle drei Tage gewechselt und die Frotteeware je nach Bedarf ausgetauscht. „Wir zählen die Teile nicht, sondern machen nur Stichproben“, erklärt die Hausdame. Wenn der Dienstleister montags, mittwochs und freitags die benutzte Wäsche abholt, bringt er die für die Bestandsergänzung notwendige Menge gewaschener Teile mit.

Selbstverständlich sollen auch der „Food & Beverage“ sowie der Tagungsbereich perspektivisch mit Bio-Mietwäsche ausgestattet werden. „Leider haben wir aber noch keine Produkte gefunden, welche in die Philosophie unseres Hauses passen“, räumt der Hoteldirektor ein. Er weiß jedoch, dass auf dem Bio-Markt „vieles in Bewegung ist“. Die Hausdame achtet darauf, dass kontinuierlich ein Standardbestand an konventionellen Textilien zur Verfügung steht: „Wir können jederzeit sämtliche Tische im Restaurant sowie im Kongressbereich frisch eindecken“, so Rosemarie Wagner. Stehen aber Tagungen oder Events ins Haus, fordert sie telefonisch den Mehrbedarf an Tischwäsche vom Dienstleister an. Insbesondere für Buffets oder Bankette. Mitunter werden auch spezielle Dessins benötigt. Gegebenenfalls erfüllt die Wäscherei Reichel Sonderwünsche mit Wäsche aus dem eigenen Fundus.

Die engmaschigen Anliefertermine bewähren sich auch im Segment Tischwäsche: „Wir können unseren Lagerbestand auf ein Minimum beschränken und sogar für kurzfristige Raumreservierungen noch rechtzeitig die passende Tischwäsche ordern“, weiß die Hausdame. Um Versorgungsengpässen vorzubeugen, sei allerdings ein lückenloser Informationsfluss zwischen den Mitarbeitern des Housekeepings, des „Food & Beverage“ sowie der Wäscherei notwendig.

Werden die Restaurantfachleute durch das Haus mit einheitlichem Outfit ausgestattet, so trägt das Küchenteam in der Regel noch eigene Berufsbekleidung. Diese Teile sowie die Gästewäsche werden konventionell in der Firma Wäscheservice Stefano Scimia in Zeulenroda-Triebes gepflegt und dreimal in der Woche ausgetauscht. Natürlich soll auch dieser Bereich irgendwann auf Bio umgestellt werden. Aber: „Wir wollen uns nicht verzetteln, sondern uns Schritt für Schritt den neuen Herausforderungen stellen“, versichert Rosemarie Wagner.Reinhard Wylegalla