CO2-Reinigung bei Fred Butler Eiskalt im Panzerschrank

In den USA schon seit längerer Zeit etabliert, gilt die Textilreinigung mit CO2 in Deutschland als relativ neue Möglichkeit. Das Unternehmen Fred Butler betreibt seit 2006 ein deutschlandweites Franchisesystem mit der CO2-Technik. RWTextilservice hat das Fred Butler-Plant in München besucht und sich über neue Entwicklungen informiert.

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    2Moritz von Kunowski erläuterte die Funktionsweise der CO2-Reinigungsmaschinen.Foto: Fred Butler
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    1Die Maschinen ähneln mit ihren dicken Türen eher einem Panzerschrank als einem gewöhnlichen Waschautomaten.Foto: Heiler
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    Die drei Anzeigen geben den Druck im Vorratstank, in der Waschkammer und im Destillator an.Foto: Heiler
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    Die Mitarbeiter bei Fred Butler detachieren mit einer geheimenWirkformel, die zu 100 Prozent biologisch abbaubar ist.Foto: Heiler

Eiskalt im Panzerschrank

„Fassen Sie einfach mal rein“, fordert Moritz von Kunowski mit einem verschmitzten Grinsen. Also gut! Ein prüfender Griff in das Meer aus Bekleidungsstücken. Sofort spüre ich eine ungewöhnliche Kälte. Die Anzughose fühlt sich so an, als ob sie eine ungemütliche Winternacht im Auto verbracht hätte. Trotzdem bleiben meine Finger absolut trocken. Auch Flecken fallen auf den ersten Blick nicht ins Auge. Das gleiche Resultat bei einem willkürlich ausgesuchten Sakko. „Wir reinigen hier mit CO2 bei 10 bis 15 °C. Das schont die Fasern“, bemerkt der Forschungs- und Entwicklungsleiter von Fred Butler.

Das Unternehmen Fred Butler treibt als Teil der Linde-Gruppe die Textilreinigung mit dem Gas CO2 (Kohlendioxid) voran. In Deutschland ist Fred Butler aktuell in den Ballungsgebieten um Düsseldorf, Frankfurt/Main, München und Rosenheim vertreten. Seit 2005 sammelt Fred Butler Erfahrungen mit CO2-Textilreinigungsanlagen in Schweden, den Niederlanden und Dänemark. Director Technical and Business Development, Moritz von Kunowski, empfing RWTextilservice im Münchener Fred Butler-Plant zum Gespräch über den Stand der CO2-Reinigung.

Von Kunowski begrüßt mich mit festem Händedruck und einem sympathischen Lächeln. Entspannt und konkret steht er Rede und Antwort. Gleich zu Beginn gesteht der Diplom-Ingenieur: „Wir sind ja noch relativ neu in der Textilreinigungsbranche und mussten auch erst einmal die wichtigsten Kniffe lernen. Deshalb suchen wir auch erfahrene Reiniger, die mit ihrem gewachsenen Wissen ins Franchisesystem von Fred Butler einsteigen. Unser Ziel liegt in der Marktintegration. Wir wollen keinen Verdrängungswettbewerb starten. Es geht darum, die aktuelle Technik durch eine umweltfreundlichere Alternative abzulösen.“ Zum Einstieg können Interessierte aus verschiedenen Modellen wählen. Beim Hot-Shop-Modell betreibt der Franchisepartner eine Reinigung mit einer CO2-Maschine und Zusatzgeräten wie Waschmaschine, Bügeltisch usw. Zudem nimmt er die Ware der Kunden an. Gedacht ist diese Variante für Einzugsgebiete von etwa 100.000 Einwohnern. „Bestehende Anlagen und Geschäftsräume können bisher Selbstständige dabei weiter nutzen, sofern sie auf dem Stand der Technik sind. Lediglich eine CO2-Reinigungsmaschine muss dann angeschafft werden. Dadurch sinkt die notwendige Investitionssumme.“ Größere Regionen sollen mit dem Plant-Modell versorgt werden. Hier arbeiten bis zu vier CO2-Anlagen, die Textilien aus verschiedenen Annahmestellen reinigen. Die Technik bleibt weiterhin teuer. Auch im genannten Fall des Hot-Shop-Modells wären mehr als 200.000 Euro für den Umstieg notwendig. Für komplette Neueinsteiger beginnt der Kapitaleinsatz sogar erst bei 450.000 Euro. Moritz von Kunowski macht Interessenten dennoch Mut: „Die Technik wird mit fortschreitender Entwicklung billiger. Außerdem sprechen zahlreiche Punkte für die Reinigung mit CO2.“

Zu den Vorteilen zählt von Kunowski auch die Umweltfreundlichkeit der neuen Technologie: „Für unser Textilreinigungsverfahren mit Kohlendioxid haben wir unter anderem das Umweltsiegel ,Der Blaue Engel‘ erhalten. Das wird den Kunden ganz bewusst vermittelt.“ Dieses Siegel prangt tatsächlich an jedem Schaufenster der Fred-Butler-Läden. „Bei der Weiterentwicklung der CO2-Reinigung halten wir immer Rücksprache mit dem Bundesumweltamt, um die Kriterien für den ,Blauen Engel‘ einzuhalten“, hebt Moritz von Kunowski die Bedeutung des Umweltsiegels für die Außendarstellung der Marke Fred Butler hervor. An dieser Stelle möchte ich wissen, ob es eine gute Idee ist, mit der Nutzung eines Klimagases zu werben? Der Ingenieur runzelt kurz die Stirn und antwortet dann mit einem Lächeln: „Wir scheuen die Auseinandersetzung mit kritischen Fragen nicht. Um mit unseren Produkt zu überzeugen, müssen wir solche Bedenken ernst nehmen. Überraschenderweise sind die Vorurteile gegenüber der Reinigung mit Kohlendioxid bei den Kunden nicht so groß wie befürchtet. Die Menschen honorieren, dass wir nur zu 100 Prozent recyceltes CO2 verwenden. Wir produzieren das Gas nicht, sondern verwenden es ausschließlich weiter.“

Vor diesem Hintergrund müsse auch der von Kritikern angeführte Verbrauch an CO2 beurteilt werden. Mit aktuellen Daten rechnet er vor: „Pro Charge setzen wir 100 kg recyceltes CO2 ein. Davon gehen bei der Wiederaufbereitung etwa ein bis zwei Prozent verloren. Der Rest wird vollständig weiterverwendet. Bevor das CO2 in die Atmosphäre gelangt, wird es so mehrfach sinnvoll eingesetzt. Wir arbeiten somit CO2-neutral. Pro Schicht produzieren wir hier mit vier Reinigungsmaschinen zehn Chargen. Dadurch werden dann insgesamt 10–20 kg Kohlendioxid abgegeben. Sie sind doch heute sicher mit dem Auto angereist? Dann haben Sie pro verbrauchtem Liter Diesel ungefähr 2,65 kg CO2 produziert und ungenutzt aus dem Auspuff geblasen! Also aus meiner Sicht leistet unsere Art der Textilreinigung einen sichtbaren Umweltschutz.“ Zusätzlich werde im Vergleich mit herkömmlichen Maschinen weniger Energie für den eigentlichen Reinigungsvorgang benötigt.

Das typische Brummen von drehenden Wäschetrommeln füllt die Betriebshalle. Wäsche klatscht gegen die Sichtfenster der zusätzlich aufgestellten Waschautomaten. Die Bügelmaschine verrichtet ihren Dienst mit einem dampfenden „Pffffft“ und verpasst einem pechschwarzen Herrenhemd gerade den letzten Schliff. Transportschienen durchziehen den Raum wie ein akkurat verlegtes Streckennetz. „Klick, klick, klick“ – eine Angestellte hängt frisch gereinigte graublaue Anzughosen in die Transporthaken. Auf den ersten Eindruck unterscheidet sich das Innenleben einer CO2-Reinigung nicht von der Technik in einem klassischen Betrieb. Bei näherem Hinsehen fordern allerdings die CO2-Maschinen besondere Aufmerksamkeit. Sie wirken wie Panzerschränke. Das Gehäuse besteht aus massivem Stahl und ist groß genug, eine finnische Sauna für drei zu installieren. Die Ladetür ist aus dicken Metallringen gefertigt und könnte ihren Dienst auch als Turmluke in einem U-Boot erfüllen. „Die Maschinen müssen einem Druck von bis zu 65 bar beim Verflüssigen und Aufbereiten des Gases standhalten“, erläutert Moritz von Kunowski den Zweck des großzügigen Materialeinsatzes.

Auch im direkten Vergleich mit anderen Lösungsmitteln für die chemische Textilreinigung betont Moritz von Kunowski die Vorteile der CO2-Methode: „Denken Sie nur mal an die Giftigkeit von Perchlorethylen. In Kalifornien darf nicht mehr in diese Technik investiert und die Substanz künftig gar nicht mehr benutzt werden. Die Gefahr für Mitarbeiter und die Belastung des Grundwassers entfällt bei der Reinigung mit Kohlendioxid gänzlich. Zudem bleiben in der Bekleidung des Kunden keine Reste des Lösungsmittels zurück.“

Fachleute und Praktiker waren bei der Markteinführung in Deutschland skeptisch, ob die Reinigung mit Kohlendioxid Ergebnisse erbringen kann, die mit etablierten Lösungsmitteln vergleichbar sind. Trotz Umweltfreundlichkeit bleibt die Reinigungsqualität immer noch das entscheidende Argument für die Dienstleistung Textilreinigung. Zu Beginn habe das Entfernen einiger Spezialverfleckungen in der Tat nicht immer einwandfrei funktioniert, räumt von Kunowski ein. Mittlerweile könne das CO2-Verfahren aber mit den Reinigungseigenschaften von Perchlorethylen und KWL Schritt halten. „Wir haben unseren eigenen Reinigungszusatz erheblich weiterentwickelt und erreichen mit dem neuen Washpoint 3G im Vergleich zu anderen Produkten gleichwertige Ergebnisse. Den Aufwand für die Nachdetachur konnten wir dadurch ebenfalls reduzieren. Nicht zuletzt sind alle unsere Reinigungszusätze biologisch abbaubar.“

Schon von Beginn an arbeitete Moritz von Kunowski bei Linde an der Entwicklung der CO2-Reinigungstechnik. Seit Frühsommer 2008 leitet er die Forschungsabteilung bei Fred Butler. „In all der Zeit haben wir schrittweise immer neue Verbesserungen eingeführt und heute eine gute Basis geschaffen. Dennoch bleiben wir nicht stehen. Aktuell liegt der Schwerpunkt auf der Erforschung, welche Wirkung CO2 auf verschiedene Textilien und Materialien ausübt. Dabei stehen wir noch am Anfang. Vor uns liegt ein riesiges unerschlossenes Potenzial.“ Am Beispiel der Lederreinigung würden die Möglichkeiten deutlich: „Das CO2 dringt durch seine geringe Oberflächenspannung tief ins Leder ein und entfernt Schmutz besonders schonend. Das Material bleibt in seiner Struktur vollkommen unverändert. Dieses Verfahren funktioniert auch bei Kombinationen aus Leder und Pelz.“ Gerade in Problembereichen wie der Reinigung von persönlicher Schutzausrüstung (PSA) hätten sich interessante Vorteile der CO2-Technik gezeigt. „Durch die schonende Wirkungsweise bleibt die Schutzbeschichtung länger erhalten und die Lebensdauer der Textilien steigt insgesamt. Dr. Nicola Heiland, Manager R+D and Product Development, hat als verantwortliche Mitarbeiterin für die Entwicklung neuer Produkte bei Fred Butler unter anderem im Rahmen einer langfristigen Studie mit der Firma 3M die Wirkung von CO2 auf die Reflektoren von Feuerwehrbekleidung getestet. Rauchgerüche konnten ohne den Einsatz von chemischen Zusatzstoffen entfernt werden. Gleichzeitig blieb die Funktion der Reflektorstreifen vollständig erhalten.“

Als weiteren Anwendungsbereich hat Fred Butler die Tiefenreinigung für Allergiker entdeckt. Dabei wird zunächst durch Milben belastete Bettwäsche mit CO2 gereinigt. Das flüssige Kohlendioxid tötet in dieser ersten Stufe die Milben und deren Brut. Bei der anschließenden Nassreinigung werden die verbleibenden Allergene, etwa der Milbenkot, entfernt. Moritz von Kunwoski betont die Wirksamkeit: „Wir haben das Verfahren zusammen mit dem Institut Allergon in Schweden getestet. Neben der Kurzzeitwirkung bestätigte sich auch ein langfristiger Effekt. Selbst nach 70 Tagen hatten sich keine neuen Milbeneier gebildet und die Wäsche war milbenfrei. Auch in diesem Fall kamen während des gesamten Vorgangs keine chemischen Reinigungssubstanzen zum Einsatz.“ Aktuell denkt man bei Fred Butler über eine Lösung für die allergikerfreundliche Matratzenreinigung mit CO2 nach.

Neben der Weiterentwicklung traditioneller Textilreinigungsfelder will Fred Butler neue Nischen für die Branche erschließen. Als Beispiel nennt von Kunowski die Reinigung von Schuhen. „Wer reinigt Ihnen heute professionell Schuhe? Ich hab es mal in meiner eigenen Waschmaschine versucht. Das Ergebnis war allerdings … sagen wir mal … mäßig! Mit CO2 können wir auch verschiedenste Materialien hygienisch reinigen – zum Beispiel das Futter von Ski- oder Schlittschuhen. Das ist besonders für Verleihfirmen interessant. Generell kommen aber alle Arten von Schuhen für eine CO2-Reinigung in Frage.“ Ein weiteres neues Einsatzgebiet ergibt sich durch die Reinigung von Textilien, die mit anderen Materialien, etwa Pailletten, kombiniert sind: „Vor einiger Zeit haben wir Kostüme der Oper Frankfurt gereinigt. Da waren schwierige Aufgaben dabei. Die Verantwortlichen waren begeistert, dass es endlich eine Technik gibt, mit der ihre Sachen sauber werden und trotzdem unversehrt bleiben.“ Bei aller eigenständigen Forschung betont von Kunowski die Bedeutung von Denkanstößen der Basis: „Wir sind bei Fred Butler für jede Idee von Reinigern offen und dankbar, durch die sich neue Marktchancen ergeben.“ An der Front weiß man schließlich am besten, was die Kunden wünschen.Matthias Heiler