9. intex-Herbsttreffen Ethik trifft Business

Das 9. Herbsttreffen des Industrieverbandes Textil Service e.V. (intex) vom 23. bis 25. September stand ganz im Zeichen einer nachhaltigen Unternehmensführung, kurz Corporate Social Responsibility (CSR). Die Beiträge, die Unternehmen im Rahmen von CSR leisten, beruhen auf Eigeninitiative und Eigenverantwortung. Erfolgreiche Beispiele erläuterten die Referenten.

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    Das intex-Team: Andreas Schumacher, Klaus Jahn, Susanne Schönmeier und Ruben Höpfer.
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    Dr. Klaus Blum von Wacker Chemie: „Langfristiger Erfolg erfordert die nachhaltige Förderung der ökonomischen, ökologischen und sozialen Entwicklung eines Unternehmens.“
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    Christoph Fromm von Ecolab: „Wo Ressourcen eingespart werden, wird auch ein Beitrag zur Nachhaltig geleistet.“
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    Xenia van Clewe: „Familie und Beruf müssen vereinbar sein.“
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    Andreas Streubig von der Otto Group: „Man muss auch überzeugt sein.“
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    Dominic Kloos: „CSR kann staatliche Regelungen nicht ersetzen, aber ergänzen.“
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    Ein Beispiel für soziale Verantwortung im Betrieb:Seit dem Jahr 2007 können unter Dreijährige in der van-Clewe-Kindertagesstätte in der Nähe ihrer Eltern sein, während diese ihrem Beruf nachgehen.Foto: van Clewe

Ethik trifft Business

Eine Unternehmensführung im Sinne von Corporate Social Responsibility (CSR) bedeutet, ökonomische Ziele umwelt- und sozialverträglich zu erreichen. intex selbst hat sich das Thema auf die Fahnen geschrieben, ein Selbstverständnis für den Verband Textil Service formuliert und darauf aufbauend ein eigenes Verbandsleitbild. In Garmisch-Partenkrichen begrüßte intex-Sprecher Andreas Schumacher die rund 100 Teilnehmer nicht nur zu einem Branchentreffen, sondern lud darüber hinaus zu einem Blick über den Tellerrand ein. Denn die Referenten, die verrieten, wie in der Praxis Verantwortung übernommen werden kann, kamen nicht nur aus der Branche.

Wie verantwortliches Handeln in der chemischen Industrie umgesetzt werden kann, zeigte Dr. Klaus Blum von der Wacker Chemie AG auf. Im Rahmen seiner CSR-Aktivitäten ist das Unternehmen Wacker Chemie Mitglied der weltweiten Initiative „Responsible Care“. Deren Mitglieder, Unternehmen aus der chemischen Industrie, bekennen sich dazu, mehr zu tun, als gesetzlich gefordert: Dazu gehört unter anderem, die Nachhaltigkeit zu fördern, Produktverantwortung zu zeigen, die Sicherheit am Arbeitsplatz sowie für die Gesellschaft zu verbessern und die Umwelt zu schützen. Die Idee der Initiative wurde im Jahr 1984 in Kanada geboren. Mitgliedsunternehmen des kanadischen Verbandes der Chemieindustrie haben damals erste Grundsätze erarbeitet. „Seit 1991 gibt es die Initiative auch in Deutschland“, erklärte Dr. Blum. Von der Notwendigkeit, den Nachhaltigkeitsgedanken in das Unternehmensleitbild aufzunehmen, ist er überzeugt: „Langfristiger Erfolg erfordert die nachhaltige Förderung der ökonomischen, ökologischen und sozialen Entwicklung eines Unternehmens.“

Wacker Chemie hat das Thema Nachhaltigkeit konsequent in jeden Schritt der Produktion eingebunden. In der Praxis bedeute das, neue Produkte sind nachhaltig und werden gefördert, wenn sie von der Herstellung über die Gebrauchsphase bis zur Entsorgung oder dem Recycling besser als herkömmliche Produkte sind. Im Mittelpunkt stehen dabei Aspekte wie Gesundheitsschutz, Umweltverhalten, Energieverbrauch während der Produktion und Nutzung sowie später die Wiederverwertbarkeit des Produkts.

Cristoph Fromm, Regional Division Manager von Ecolab, Düsseldorf, griff den Gedanken der Nachhaltigkeit in der chemischen Industrie auf und warf einen Blick auf die Produkte und Prozesse, mit denen Wäschereien tagtäglich arbeiten.

„Der Fortschritt, der in den vergangenen Jahren sowohl in der Entwicklung von Waschmaschinen und Waschstraßen als auch Waschmitteln erzielt werden konnte, führte zu einer erheblichen Reduzierung von Wasserverbrauch und Chemieeinsatz“, erklärte Fromm. Seit Ende der 90er Jahre habe Ecolab das Thema „Sustainability“ (deutsch: Nachhaltigkeit) fest in seinen Unternehmenszielen verankert. Diese Philosophie spiegelt sich in den Entwicklungen des Unternehmens wider: Im Jahr 1998 wurde der Energy Optimizer, ein Wärmetauscher, entwickelt. Seit 2002 kann mit dem Aquacycler auch Wasserrecycling betrieben werden und im Jahr 2006 kam ein Wärmetauscher für Wrasendampf auf den Markt. In diesem Jahr stellte der Anbieter seinen Wärmetauscher für Mangelabluft vor. Das Entwicklungspotenzial sieht Fromm noch nicht ausgeschöpft: „Wir sehen immer noch enorme Möglichkeiten für die Reduzierung des Energieeinsatzes.“

Der Referent verwies auf den Zusammenhang zwischen ökonomischen und ökologischen Nutzen: „Wo Ressourcen eingespart werden, wird auch ein Beitrag zur Nachhaltigkeit geleistet.“ In diesem Zusammenhang stellte er ein erfolgreiches Beispiel vor: Im Jahr 2008 ging der Umweltpreis des Landes Rheinland-Pfalz an die Wäscherei von Rudolf Zischka in Simmern. Bereits bei der Planung des Neubaus im Jahr 2004 spielte der nachhaltige Umgang mit den Ressourcen Wasser und Energie eine wesentliche Rolle. Gemeinsam mit Ecolab wurden die bisherigen Verbräuche schrittweise optimiert. „Durch den Einsatz eines Wärmetauschers und durch Abwärme vorgeheiztes Frischwasser in den Waschstraßen konnten Energieeinsparungen beim Waschen von etwa 50 Prozent und beim Trocknen je nach Textilart von zehn bis 20 Prozent erzielt werden“, erklärte Fromm. Weitere Schritte zur Energieeinsparung waren die Rückgewinnung der in der Mangelluft enthaltenen Energie und deren Nutzung zum Aufheizen des Frischwassers. Durch die in zwei Schritten vorgenommene Optimierung sei es dem Betrieb gelungen, pro Jahr insgesamt 55.000 m3 Wasser und 490.000 m3 Gas einzusparen und somit über 930 t/a weniger CO2 freizusetzen. „Ein gutes Beispiel, das zeigt, wie positive Aufmerksamkeit auf eine Branche gelenkt werden kann, die sonst in den Medien eher ein Schattendasein führt“, meinte Fromm.

Ein gutes Beispiel dafür, wie soziale Verantwortung im Unternehmen aussehen kann, zeigte Xenia van Clewe, Geschäftsführerin von van Clewe, auf. Die Kernkompetenz des Unternehmens liegt in der Textilveredlung. Weitere Unternehmenszweige sind unter anderem Textilien für innenliegenden Sicht- und Sonnenschutz, Pflegetextilien rund um die Matratze und Objekttextilien für Bühne und Messebereich.

Nachhaltigkeit bedeutet für die Unternehmerin, den Blick in die Zukunft zu richten. „Der Fachkräftemangel trifft unsere Branche hart“, erklärte van Clewe. Sie sieht die Unternehmen in der Pflicht: „Wir müssen ausbilden und den Nachwuchskräften ergänzend zum Studium in den Hochschulen die Praxis lehren.“

Selbst aktiv zu werden, das war für die Geschäftsleitung von van Clewe auch in puncto Betreuungslösungen für Kinder der richtige Weg. Wie viele andere Unternehmen im eher ländlichen Umfeld kämpft auch van Clewe mit dem Problem fehlender Betreuungsmöglichkeiten für unter dreijährige Kinder. Lösungen sind oft schwierig zu finden oder sehr teuer. Van Clewe hat reagiert, einen Büroraum kindgerecht umgebaut, um sanitäre Einrichtungen, Küche, Ruheraum und Grünflächen ergänzt und liebevoll dekoriert. Die van-Clewe-Kindertagesstätte für unter Dreijährige war geboren. Seither können die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen Familie und Beruf besser vereinbaren. Acht Kinder werden derzeit betreut. Die jungen Eltern sind so auch während der Arbeitszeiten in der Nähe ihrer Kinder und können in angemessenem Rahmen wieder im Unternehmen tätig sein, während sich eine speziell für unter dreijährige Kinder ausgebildete Erzieherin um den Nachwuchs kümmert. Die Arbeitszeiten können die jungen Mütter und Väter flexibel gestalten. Die meisten haben sich für Teilzeit- oder Job-Sharing-Modelle entschieden. Den Kindergarten möchte man mit diesem alternativen Modell allerdings nicht ersetzen. Kinder, die älter als drei Jahre sind, gehen danach in den regulären Kindergarten. „Wir können es uns nicht leisten, auf diese engagierten Mitarbeiter zu verzichten“, erklärte van Clewe, die selbst Mutter ist. Unternehmerische Verantwortung bedeute auch, Zukunftsperspektiven zu bieten. „Kinderbetreuung ist dabei nicht die einzige Säule, aber eine wichtige“, sagte die Unternehmerin. Jeden Tag werde sie aufs Neue bestätigt. „Der Standort Deutschland, das sind vor allem die Menschen, die hier jeder für sich eine wichtige Aufgabe erfüllen“, sagte va Clewe.

Auch der Umwelt fühlt man sich verpflichtet. Als Ausrüster sind die Ressourcen Wasser und Energie für das Unternehmen ein großes Thema. Eingesetzt werden z.B. eine eigene Abwasseranlage mit Nanofilter sowie die neusten Maschinen und Techniken, um besonders kosteneffizient zu produzieren.

Vom Mittelständler zum Konzern: „Ethik trifft Business“ war das Thema von Andreas Streubig von der Otto Group. Er verriet den Teilnehmern, wie Otto seiner unternehmerischen Verantwortung nachkommt. Die Otto Group ist mit 123 wesentlichen Gesellschaften in 19 Ländern als Handels- und Dienstleistungskonzern international tätig. Rund 53.000 Mitarbeiter arbeiten in einem weltweiten Netzwerk. „Warum ist es so wichtig, die Verantwortung gegenüber der Gesellschaft wahrzunehmen?“, fragte Streubig eingangs. Zur Beantwortung dieser Frage müssten verschiedene Ansatzpunkte einbezogen werden. „Im Zeitalter der Globalisierung werden Unternehmen zunehmend mit den Erwartungen politisch orientierter Anspruchsgruppen konfrontiert.“ Auch die Verbraucher haben den „ethischen Konsum entdeckt“. Der moderne Verbraucher fragt nach, wo z.B. die Baumwolle, aus der sein T-Shirt gemacht ist, eigentlich herkommt. Doch nicht nur der Druck der Verbraucher solle Beweggrund sein, „man muss auch überzeugt sein“. Dr. Michael Otto erklärte im Jahr 1986 den Umweltschutz zum ausdrücklichen Unternehmensziel. Für Otto bedeutet Verantwortung auch, nachhaltige Produkte anzubieten. Seit 1990 bietet das Unternehmen schadstoffgeprüfte Textilien an. Seit vergangenem Jahr bietet das Unternehmen auch Produkte aus „Cotton made in Africa“-Baumwolle an. „Dabei handelt es sich um handgepflückte Baumwolle, die unter Berücksichtigung ökologischer, ökonomischer und sozialer Aspekte in Afrika produziert wird“, erklärte Streubig. Zum Schluss gab der Referent den Teilnehmern noch auf den Weg, was Don Tapscott, CEO von New Paradigm, einmal in einem Interview mit dem Magazin brandeins über die Transparenz der Unternehmenstätigkeit in der modernen Gesellschaft sagte: „Das Unternehmen ist nackt. Und wer keine Kleidung trägt, sollte besser gut in Form sein.“

Dominic Kloos erklärte den Teilnehmern, wie die internen Regelungen der CSR verifiziert werden können. Der Referent ist freier Mitarbeiter am Südwind Institut für Ökonomie und Ökumene. Die Arbeit des Institutes gründet auf der Überzeugung, dass zwischen dem Reichtum der Industrieländer und der Armut in breiten Bevölkerungsschichten ein Zusammenhang besteht. Verschiedene Studien des Institutes weisen nach, dass Politik, Wirtschaft und auch Verbraucher in Deutschland Schuld an den Missständen sind. Südwind sucht nach Handlungsmöglichkeiten, wie die Situation im Interesse der Gerechtigkeit geändert werden kann.

CSR erfährt, wie Kloos ausführte, seit den 90er Jahren, nach verschiedenen Skandalen in der Textilindustrie, einen regelrechten Boom. „CSR kann staatliche Regelungen nicht ersetzen, aber ergänzen“, erklärte er. Wichtig sei jedoch nicht nur das interne Monitoring. Der Multistakeholder-Ansatz, den Kloos den Teilnehmern vorstellte, setzt hier an: Demnach sollen Initiativen und Einrichtungen zur unabhängigen Überwachung hinzugezogen werden, um das unternehmensinterne Monitoring zu verifizieren.

Den Referenten ist es gelungen, an diesem Vortragsnachmittag umfangreiche Informationen über CSR zu vermitteln. Sie zeigten auf, welche Aspekte zu diesem Gedanken gehören und dass CSR auch in mittelständischen Unternenhmen eine immer wichtigere Rolle spielt. Der Dialog mit anderen Unternehmen kann dabei wichtige Impulse liefern.

In diesem Sinne hatten Teilnehmer und Referenten bei den anschließenden geselligen Programmpunkten Möglichkeiten zum Meinungsaustausch.

Vanessa Ebert