Fairtrade-zertifizierte Berufsbekleidung Fairtrade-Siegel: Top oder Flop?

Fairtrade-Siegel gibt es nicht nur für Lebensmittel wie Kaffee oder Kakao. Auch Textilien werden mit Labels für fairen Handel versehen. Gerade im Segment der Berufsbekleidung entdeckt man Fairtrade-Zertifizierungen immer häufiger. R+WTextilservice hat vier Anbieter gefragt: Ist die Nachfrage so groß?

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Fair Trade? Diese Wörter hat jeder schon einmal gehört. Sie bedeuten auf Deutsch „fairer Handel“. Von Fair Trade wird häufig im Zusammenhang mit schlechten Arbeitsbedingungen in Entwicklungs- und Industrieländer gesprochen. So geht der Anbau von Baumwolle oft mit Kinderarbeit und Dumpingpreisen einher. Um fair gehandelte und produzierte Ware zu erkennen, gibt es verschiedene Siegel. Das Siegel von TransFair zählt zu den bekanntesten Zertifizierungen und beansprucht die zusammengeschriebene Schreibweise „Fairtrade“ für sich (mehr dazu im Kasten auf Seite 47).

Das Zukunftsinstitut erstellte 2013 eine Trendstudie zum Thema Fair Trade und prognostizierte, dass fairer Handel zum wichtigen Kriterium für Qualität wird. Vier Jahre später ergibt eine Umfrage von CWS-boco auf dem 13. Deutschen CSR-Forum im April 2017, dass Kunden beim Einkauf zunehmend auf Nachhaltigkeitssiegel achten – dazu zählen laut Befragten die Auszeichnungen von TransFair (Fairtrade-Siegel) und dem Blauen Engel. 99 Prozent der Umfrageteilnehmer seien sich zudem einig, dass Lieferanten mit nachhaltiger Lieferkette mehr Chancen bei der Auftragsvergabe haben. Aber wie sieht es bei Berufsbekleidung aus? R+WTextilservice hat sich bei einer Auswahl Fairtrade-zertifizierter Anbieter (Bierbaum Proenen [BP], Brands Fashion, Greiff und Hugo Josten) erkundigt, welchen Stellenwert die Zertifizierung im Unternehmen, bei Kunden und Endverbrauchern hat.

Sozial und verantwortlich handeln, fair produzierte und gehandelte Textilien einsetzen, das sind persönliche Anliegen des Geschäftsführers Dr. Ulrich Hofmann von Brands Fashion. Anna Johannsen, verantwortlich für Nachhaltigkeit bei dem Anbieter von Berufs- und Werbebekleidung, ergänzt: „Brands Fashion verfolgt eine Nachhaltigkeitsstrategie, in der fairer Handel eine zentrale Rolle spielt.“ Aber das kann jeder behaupten, oder? Nicht selten stellen sich Unternehmen öffentlich umweltfreundlich und verantwortungsbewusst dar, ohne entsprechende Maßnahmen einzuleiten. Das Phänomen ist als „Greenwashing“ bekannt. Es müssen daher Beweise wie ein Fairtrade-Siegel von TransFair her. „Die Zertifizierung erhöht unsere Glaubwürdigkeit als nachhaltig agierendes Unternehmen“, sagt Johannsen. Auch bei Hugo Josten soll die Fairtrade-Zertifizierung eine Sache der Überzeugung sein. Gleichzeitig gewinnt das Thema faire Produktion in der Bekleidungsindustrie laut Unternehmen an Bedeutung. Durch das Know-how auf dem Gebiet werde Hugo Josten häufiger angefragt und berücksichtigt. Für alle Beteiligten bis hin zum Verbraucher sei das Fairtrade-Siegel eine Win-win-Situation.

Die Nachfrage nach fair produzierter Berufsbekleidung steigt. Bei größeren Projekten fragen Kunden häufig nach einer Zertifizierung, so Greiff. Ähnliches beobachtet man auch bei BP. „Im öffentlichen Sektor fordern unsere Kunden zunehmend den Einsatz von nachhaltiger Baumwolle“, sagt Ute Müller, Leiterin Nachhaltigkeit und Produktion von BP. Auch Endverbraucher würden sich vermehrt für die nachhaltigen Aktivitäten des Unternehmens interessieren.

Bei Hugo Josten soll es 2008 sogar die Anfrage eines Kunden zur grundsätzlichen Umstellung auf Fairtrade-zertifizierte Bekleidung aus dem Bereich Jugend und Hilfsorganisation gewesen sein, die Ausschlag für eine Workwear-Linie mit Fairtrade-Siegel im Standardprogramm gab. Doch das Unternehmen merkt an, dass die Anfragen nach nachhaltiger Berufsbekleidung zwar steigend, aber überschaubar sind.

„Wir sind an die Vorstellungen der Kunden gebunden und vertreiben deshalb auch noch Bekleidung aus nicht zertifizierter Baumwolle“, sagt Johannsen. Brands Fashion – seit 2016 Fairtrade-lizensiert – arbeite daran, Kunden nachhaltigen und fairen Einkauf näherzubringen. „Durch kontinuierliche Überzeugungsarbeit ist es uns 2017 gelungen, mit der weltweit größten deutschen Supermarktkette einen Abnehmer von Fairtrade-Baumwolle für Berufsbekleidung zu gewinnen.“

Schritt für Schritt ist auch bei Greiff die Devise. Der Anbieter setzt auf einzelne, komplette Kollektionen mit Zertifizierung für Fairtrade-Baumwolle, wie die „Cuisine Exquisit“ und „Cuisine Premium“. Hinzu kommen weitere Produkte aus der Servicekollektion.

Hugo Josten stellt eine komplette Workwear-Serie zur Verfügung, die neben Standardgewebe auch aus 65 Prozent Bio-Fairtrade-Baumwolle und 35 Prozent recyceltem Polyester gefertigt werde. Der Anbieter gibt zu bedenken, dass insbesondere im Bereich der Schutzbekleidung Gewebe aus Fairtrade-Baumwolle bisher kaum verfügbar seien.

Einen anderen Ansatz wählte BP und entschied sich für das Fairtrade-Programm für Baumwolle. Dadurch wird ein bestimmter Anteil an Fairtrade-Baumwolle in der gesamten Lieferkette verarbeitet. BP darf nach Angaben von TransFair daher zwar auf der eigenen Website und in Nachhaltigkeitsberichten auf die Teilnahme aufmerksam machen, aber ein Hinweisschild für Textilien ist erst gestattet, wenn das Unternehmen 100 Prozent der für die jeweilige Kollektion benötigten Baumwolle zu Fairtrade-Bedingungen einkauft.

Fairtrade-zertifizierte Berufsbekleidung ist gefragt, auch wenn noch nicht in großen Dimensionen. Dadurch, dass Unternehmen aber auf die Nachfrage reagieren, steigern sie wiederum das Bewusstsein für faire und nachhaltige Lieferketten. Und eins scheint klar: Jeder Mensch sollte sich mit fairem Handel auseinandersetzen, denn keiner würde laut sagen: „Ich finde es gut, wenn Menschen ausgebeutet werden.“

Andrea Mateja

www.bp-online.com

www.brands-fashion.com

www.greiff.de

www.hugo-josten.de