DTV-Verbandstag 2018 in Berlin Gemeinsame Stärke in bewegenden Zeiten

Der Deutsche Textilreinigungs-Verband (DTV) konnte zu seinem diesjährigen Verbandstag Anfang September zahlreiche Teilnehmer begrüßen. Neben aktuellen Branchenthemen, Wirtschaft und Politik ging es auch um eine Angliederung des WIRTEX an den DTV. R+WTextilservice war in Berlin vor Ort.Mittelstand. Politik. Zukunft. Unter diesen Schlagworten stand der diesjährige Verbandstag des Deutschen Textilreinigungs-Verbands (DTV). Am 7. und 8. September 2018 begrüßte Präsident Friedrich Eberhard die Teilnehmer in Berlin. Er freute sich über die gut besuchte Veranstaltung und skizzierte die aktuellen Rahmenbedingungen für die Textilpflegebetriebe: „Es gibt viele negative Nachrichtenmeldungen und viel Unsicherheit, aber kleine und mittlere Unternehmen sind in Deutschland nach wie vor stark.“ Die Branche sei mit der geschäftlichen Entwicklung überwiegend zufrieden, so eine aktuelle Geschäftsklimaumfrage. Den „DTV zum Anfassen“ gab es in anschließenden Workshops. Die Teammitglieder der Geschäftsstelle informierten und diskutierten an einzelnen Stationen über aktuelle Themen. Im Dialog mit den Mitgliedern ging es u.a. um folgende Themen: Veranstaltungen, Seminare etc.: So sind 2019 u.a. zwei Reisen in Planung, einerseits zur Clean Show nach New Orleans, zum anderen zur Texcare Asia nach Shanghai.Überarbeitung der Gesellenprüfungsordnung inklusive neue Bezeichnung des Berufs Textilreiniger.Verbandszertifizierung mit Qualitäts-, Umwelt-, Hygienemanagement etc. Normen und Standards, z.B. im Bereich OP-Textilien oder PSAE-Learning-Plattform.Für den Vortragsteil des Verbandstags hatte der DTV hochkarätige Redner geladen. Ministerialrat Joachim Garrecht ist Leiter des Referats Handwerk, Industrie- und Handelskammern beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Er gab einen Überblick über die aktuelle Handwerkspolitik. Deutschland befinde sich seit vielen Jahren in einer Hochkonjunktur und der Aufschwung werde anhalten. Die Impulse dafür kommen v.a. aus der Binnenwirtschaft – und hier vor allem von kleinen und mittelständischen Unternehmen. Am Arbeitsmarkt gebe es starke Beschäftigung mit weiterem Aufwärtstrend. Er mahnte aber auch, dass sich Betriebe in einer Hochkonjunkturphase, wie wir sie aktuell haben, auf einen Abschwung vorbereiten sollten. Denn der komme irgendwann auf jeden Fall. Garrecht arbeitet aktuell auch an einer Novelle des Berufsbildungsgesetzes mit. Der Meister soll dem Bachelor gleichgestellt werden und bis zu 100 Prozent der Kosten für eine Meisterausbildung sollen erstattet werden. Ein Stichwort war dabei auch die Mindestausbildungsvergütung (siehe Kasten auf Seite 16). Ein weiteres großes Thema: Digitalisierung. Garrecht wies auf die 24 Kompetenzzentren „Mittelstand 4.0“ hin. Eines davon ist das Kompetenzzentrum Digitales Handwerk. Der DTV hat eine Transferpartnerschaft mit diesem. Dadurch sollen Betriebe bundesweit unterstützt und informiert werden über betriebliche Einsatzmöglichkeiten digitaler Technologien. Digitalisierung im FokusMichael Prothmann beleuchtete das Thema Digitalisierung von Geschäftsmodellen. Um ein Unternehmen in die Zukunft zu führen, sei dies unabdingbar. Der Unternehmensberater betonte: Es werde alles digitalisiert werden, was zu digitalisieren ist, das Tempo werde weiter rasant steigen und die Welt dadurch immer komplexer. „Als Unternehmen können Sie die Digitalisierung nicht delegieren – sonst rast die Welt an Ihnen vorbei“, so der Referent. Für das „Digital Leadership“ sollte man sich laut Prothmann folgende Fragen stellen: Wie führe ich meine Company?Wie bekomme ich meine Organisation auf Tempo?Wie steigere ich das digitale Know-how meiner Mitarbeiter?Technologie: Wie digitalisiere ich meine Geschäftsprozesse?Kunden: Wie reagiere ich auf das veränderte Kaufverhalten?Bei allen Veränderungen sollten Unternehmer aber sensibel vorgehen, Schritt für Schritt. Und: „Man sollte mit der Technik das eigene Geschäftsmodell optimieren und nicht das Geschäftsmodell auf die Technik anpassen“, so Prothmann. „Verpunktnullen Sie sich nicht – eine digitale Evolution tut’s auch!“ Als Keynotespeaker kam Wolfgang Bosbach zum DTV-Verbandstag. Der ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete und Rechtsanwalt sprach zum Thema „Deutschland in Zeiten von Globalisierung und Digitalisierung – worauf es jetzt ankommt“. In einem einstündigen, äußert unterhaltsamen Vortrag zeigte er, dass Politik auch Humor hat. Bosbach meinte, dass „wir Deutschen ein unglaublich kritisches Verhältnis zu unserem Land haben. Dabei ist es doch toll, was wir gemeinsam geschafft haben.“ Man dürfe auch mal stolz auf das eigene Land sein, das wirtschaftlich und demokratisch stabil sei. Als klare Vorteile und Stärken der Bundesrepublik Deutschland sieht er u.a. den starken Mittelstand, die soziale Marktwirtschaft und das duale Ausbildungssystem. Bosbach warf auch einen Blick in verschiedene Nachbarländer, analysierte Brexit, Flüchtlingsthematik & Co. auf fundierte und anschauliche Weise. Die Digitalisierung sprach er ebenfalls an und mahnte, dass Deutschland nicht den Anschluss verlieren dürfe. Er forderte Investitionen in Bildung und Forschung – und Zutrauen zur jungen Generation. Im Anschluss stellte sich Bosbach den Fragen der Branche in einer offenen Gesprächsrunde. Mit auf dem Podium waren als DTV-Vertreter Holger Schäfer, Henrik Bier, Ralph Rouget und Andreas Schumacher. Thema waren hier z.B. die Berufsschulschließungen und der Trend aktueller Schülergenerationen, unbedingt studieren zu wollen. Kooperation immer wichtigerAm Nachmittag des zweiten Tages fand die Mitgliederversammlung statt. Friedrich Eberhard berichtete gemeinsam mit Andreas Schumacher über Tätigkeiten und Highlights des vergangenen Geschäftsjahres. 2017 sei als überwiegend positives Jahr für den DTV zu beschreiben. Die Branche befinde sich ständig in Bewegung, gewisse Themen bleiben auf der Tagesordnung, neue kommen dazu. So das Schwerpunktthema Fachkräftemangel, dem u.a. mit E-Learning und Workshops für Berufsberater begegnet werden soll. Das Thema Digitalisierung beschäftige die Branche weiterhin, ebenso wie Kooperationen mit Partnern der Textilpflegebranche, Forschungsinstituten, europäischen Dachverbänden oder Verbraucher- und Zulieferorganisationen. Eines der zentralen Themen war der geplante Zusammenschluss mit dem Wirtschaftsverband Textile Service (WIRTEX). Schumacher berichtete, die Gespräche seien konstruktiv und zielführend gewesen. Zukünftig sollen unter einem Dach die Ressourcen gebündelt werden und dadurch soll eine gemeinsame Austauschplattform entstehen. „DTV und WIRTEX blicken auf eine jahrelange enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit zurück, die die Zukunft einer gemeinsamen Branchenvertretung sinnvoll macht“, so Schumacher. Es gebe viele grundlegende Themen, die alle Textilpflegebetriebe betreffen. Für die spezifischen Interessen sollen Fachgruppen zuständig sein, die teils bereits bestehen, so z.B. DTV med. Insgesamt sollen alle Dienstleistungen für die DTV-Mitglieder beibehalten und vor allem Doppelarbeit soll vermieden werden; Ressourcen sind zusammenzuführen. DTV-Präsident Eberhard ergänzte: „Künftig soll es wieder einen gemeinsamen Branchenverband geben und wir möchten die Unternehmen des WIRTEX herzlich in unseren Reihen begrüßen.“ Mit der Bündelung der Ressourcen beider Verbände unter einem Dach wolle man Synergien nutzen und für die Branche mit einer starken Stimme sprechen – national wie auch auf europäischer Ebene. Intensiviert wurden laut Schumacher auch die Kooperationen mit der Europäischen Forschungsvereinigung Innovative Textilpflege (EFIT), der Gütegemeinschaft sachgerechte Wäschepflege und anderen Partnern sowie Landesverbänden. Robin Schmitt aus der Geschäftsführung der EFIT war in Berlin vor Ort und informierte über die Zukunft des Verbands und der Zusammenarbeit mit dem DTV. Die EFIT will die strategischen Weichen neu stellen (R+WTextilservice berichtete in Ausgabe 9/2018; siehe auch Artikel in dieser Ausgabe ab Seite 24). In den Fokus soll dabei das Qualitätsmanagement FashionCare für Textilreinigungen rücken. Veränderungen bei Mitgliedern und PersonalIm Rückblick auf das vergangene Verbandsjahr zeigte Schumacher auf, dass der DTV einige Mitglieder u.a. durch Insolvenzen und die Kündigung einer Innung verloren hat. Die Tendenz der Mitgliederentwicklung sei dennoch zufriedenstellend. Noch mehr in den Fokus soll die Gewinnung insbesondere junger Branchenvertreter als Verbandsmitglieder gerückt werden. Auch in Bezug auf die Mitarbeiter der DTV-Geschäftsstelle gab es Veränderungen: Die langjährige Mitarbeiterin Alexandra Lapuse hat den Verband aus persönlichen Gründen verlassen; Natascha Kistner kam als Assistentin der Geschäftsführung und Veranstaltungsorganisatorin im Februar 2018 dazu. Daniel Dalkowski, zuständig für den Fachbereich Marketing und Kommunikation, wechselte in das Büro nach Berlin, welches nun unter seiner Leitung steht. Ebenso hat er die Geschäftsführung des Ostdeutschen Textilreinigungs-Verbands (OTV) übernommen (R+WTextilservice berichtete in Ausgabe 7/2018). Innerhalb Berlins kam es im Laufe des Geschäftsjahres bereits zu einem Umzug des Büros. Ebenso bezog die Bonner Geschäftsstelle nach dem Verkauf der DTV-Immobile ihre neuen Räumlichkeiten in der Adenauerallee 48. Der DTV zählt in drei Büros nun sieben Vollzeitkräfte und eine Teilzeitkraft. Es folgten die Berichte aus den Arbeitsgruppen und Gremien des DTV. Tarifgemeinschaft TATEX: Die „Tarifpolitische Arbeitsgemeinschaft Textilreinigung“ informierte, dass nach zwei Verhandlungsrunden 2017 eine Einigung über einen neuen Tarifvertrag mit der Gewerkschaft erzielt werden konnte. Wichtig war es der TATEX, dass die ausgehandelten Löhne über dem Mindestlohnniveau liegen, zur Wettbewerbsverbesserung bei der Azubigewinnung auch die Ausbildungsvergütung deutlich erhöht wurde und eine Heranführung der Ost- an die Westlöhne erfolgte, berichtete Ralph Rouget, Sprecher und Verhandlungsführer der TATEX. Aus- und Weiterbildung: Einblicke in die Novellierung der Gesellenprüfungsverordnung gab Marco Seifen vom DTV. Gemeinsam mit WIRTEX wurde ein neues Berufsbild erstellt, dessen Name möglicherweise „Verfahrenstechnologe für textile Dienstleistungen“ sein könnte. Außerdem stellte er die Idee eines Facharbeiterlehrganges dar. Der zweitägige Basislehrgang sei zunächst als Pilotprojekt bei der Firma Seidel in Garbsen geplant und soll nach erfolgreicher Durchführung der Branche angeboten werden. Gemeinsam mit Branchenverbänden aus Belgien, Schweden, Tschechien sowie dem europäischen Verband ETSA hat der DTV im September 2018 ein neues Projekt für eine digitale Lernplattform gestartet. Die Fachverbände sind dabei in erster Linie für den fachlichen Input zuständig. Für die Entwicklung einer geeigneten Lernplattform und für die zielgruppengerechte Aufbereitung der Lerninhalte konnte das Institut HeurkaNet gewonnen werden, das speziell auf dem Gebiet der Berufs- und Erwachsenenbildung tätig ist. Gefördert wird das Projekt mit EU-Mitteln aus dem Erasmus+-Programm. Mit dem Projekt soll ein innovativer, modularisierter und digital gestützter Ausbildungweg außerhalb der staatlich organisierten Ausbildung geebnet werden. Im Rahmen des Projekts werden Lernmaterialien in Form von E-Learning-Modulen, E-Tutorials und Erklärvideos auf einer Lernplattform entwickelt. Das Projekt läuft bis August 2021. Technik und Umweltschutz: Ein neues Projekt zur Desinfektion von empfindlichen Textilien ist beantragt und neue Schwerpunkte in Bezug auf Digitalisierung werden gesetzt. In diesem Jahr wurde außerdem ein Forschungsprojekt zu Energieeinsparungen in Textilreinigungen abgeschlossen. Die Ergebnisse wurden übersichtlich in Form eines Handbuchs dargestellt, das künftig der gesamten Branche kostenlos zur Verfügung stehen soll (R+WTextilservice berichtete in Ausgabe 6/2018). Marketing und PR: Daniel Dalkowski berichtete u.a. zur bekannten Marketingkampagne mit Postern zu Topthemen wie dem Hemdenservice. Zudem soll der Markt der Pflegeheime mehr in den Vordergrund gerückt werden. Spezifische Werbung in dem Marktsegment werde zukünftig über die Vorteile des Textilservices im Vergleich zu Inhouselösungen aufklären. Punkte wie Hygiene und Energieverbrauch sind dabei Thema. Wahlen und AbstimmungBei der diesjährigen Mitgliederversammlung standen zudem Präsidiumswahlen an. Alter und neuer Präsident ist Friedrich Eberhard (siehe Kasten auf Seite 15). Abgestimmt wurde außerdem über eine Satzungsänderung des DTV in Folge des möglichen Zusammenschlusses mit WIRTEX. Die Mitglieder stimmten einstimmig der Erweiterung des Präsidiums zu. Die maximale Anzahl der stimmberechtigten Präsidiumssitze wurde von neun Sitze auf elf erhöht, um bei einem möglichen Anschluss der WIRTEX-Mitglieder diesen ein Mitwirken im Präsidium zu ermöglichen. Die Repräsentativität aller Branchenteile im DTV-Präsidium soll dadurch gewährleistet werden. Der Verbandstag in Berlin bot ausreichend Gelegenheit zum Netzwerken. Das Rahmenprogramm beinhaltete eine Abendveranstaltung in der Arminius-Markthalle inklusive Verleihung der WRP-Stars 2018 sowie eine Abendveranstaltung im SOHO House mitten in Berlin. Der DTV-Verbandstag 2019 soll von 13. bis 15. September in Hamburg stattfinden. Birgit Jussen/Elena Schönhaar www.dtv-bonn.de