Atmungsaktivität von Textilien Hautmodell vs. Bechermethoden

Wie atmungsaktiv ist ein Textil? Wissenschaftler können das anhand verschiedener Methoden herausfinden. Die Hohenstein Institute vergleichen im Folgenden das Hautmodell mit den Bechermethoden – ein Vergleich der Prüfungen zur Bestimmung der Wasserdampfdurchlässigkeit von Textilien.3 Die Atmungsaktivität eines Textils wird durch seine Wasserdampfdurchlässigkeit bestimmt. Um diese zu testen, wurden zahlreiche Methoden entwickelt. Sie unterscheiden sich in ihren Prüfverfahren und -bedingungen, im Prüfaufbau sowie in den Umgebungsbedingungen, in welchen getestet wird. Zusätzlich differenzieren sich die Prüfergebnisse in den Einheiten, in denen sie ausgedrückt werden. Die verschiedenen Prüfmethoden können folglich nur schwer miteinander verglichen werden, so die Forscher der Bönnigheimer Hohenstein Institute. Grundsätzlich zeichnet sich die Atmungsaktivität eines Textils durch seine Eigenschaft aus, Wasserdampf durch den Stoff durchzulassen. Je höher die Wasserdampfdurchlässigkeit einer Bekleidungsschicht ist, desto mehr dampfförmiger Schweiß kann vom Körper weg, z.B. durch ein T-Shirt, nach außen transportiert werden. Dies steigert den Tragekomfort für den Träger eines Textils, da sich weniger Schweiß am Körper sammelt. Die Methoden, die sich zur Messung der Wasserdampfdurchlässigkeit eines Textils etabliert haben, können in zwei Gruppen unterteilt werden. Zum einen in in Bechermethoden, zum anderen in die „Sweating-guarded-Hotplate“-Methoden. BechermethodenIn zahlreichen Normen werden verschiedene Bechermethoden zur Bestimmung des Wasserdampfdurchgangswiderstandes definiert. Alle Bechermethoden beruhen darauf, dass der Wasserdampf, welcher durch das Textil geht, gravimetrisch, d.h. mittels Gewicht, bestimmt wird. Aus den Werten lassen sich die Wasserdampfdurchlässigkeit und damit die Atmungsaktivität eines Textils ermitteln. Beachtet werden muss hierbei, dass neben der Ungleichheit der Methoden auch die Angaben der ermittelten Werte unterschiedlich ausfallen. Diese werden z.B. angegeben als Wasserdampftransmissionsrate (Water Vapour Transmission Rate (WTR)), Wasserdampfdurchlässigkeit (Water Vapour Permeance (Wd) oder Water Vapour Permeability (WVP)) oder relative Wasserdampfdurchlässigkeit (Relative Water Vapour Permeability (RWVP)). Einsatzbereich: Eingesetzt werden können Bechermethoden z.B. im Rahmen der Qualitätssicherung in der Produktionsstätte. Sie können aber zum Teil nur für spezielle Einsatzbereiche in Betracht gezogen werden. So eignen sich die Bechermethoden ASTM E96 A, C, E und ASTM E96 B und D für Produkte, bei denen nur geringe Wasserdampfmengen durch das Textil transportiert werden sollen. Die Bechermethode nach ASTM E96 BW dagegen eignet sich vor allem für Textilien mit wasserdichter Ausrüstung, da die Wasserdampfdurchlässigkeit bei hohen Schwitzraten besser beschrieben wird. Vorteile: Zu den Vorteilen der Bechermethoden zählen, dass es sich um einfache Prüfaufbauten und -verfahren mit einer vergleichsweise kurzen Prüfdauer handelt. Entsprechend sind diese Tests zur Bestimmung der Wasserdampfdurchlässigkeit kostengünstig. Angesichts dieser Eigenschaften können Bechermethoden unter der Voraussetzung von gleichen Prüfbedingungen für Qualitätskontrollen am Produktionsort eingesetzt werden oder ebenso zur Produktentwicklung und -optimierung. Nachteile: Die Vielzahl an Bechermethoden basiert auf zahlreichen nationalen und internationalen Normen. Infolgedessen unterscheiden sich zum einen die Untersuchungsbedingungen voneinander und es sind nur bestimmte Textilien prüfbar; zum anderen werden die Ergebnisse in verschiedenen Einheiten angegeben. Dies erschwert die Reproduzierbarkeit der Prüfungen sowie die Vergleichbarkeit der Prüfergebnisse durch variierende und weniger genau spezifizierte Prüfbedingungen. Zudem können nicht spezifizierte Umgebungsbedingungen bei der Prüfung eine mögliche Fehlerquelle darstellen und zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Wegen der Vielzahl an Bechermethoden ist es schwierig, die richtige Methode für das zu prüfende Textil auszuwählen, da nicht alle Bechermethoden für alle Textilien passend sind. Unter Umständen wird die falsche Methode gewählt, was zu falschen Ergebnissen und daraus resultierend zu Qualitätsmängeln führen kann. Es ist daher notwendig, bei Ergebnissen immer auch die Messmethode anzugeben und zu berücksichtigen. Ret-TestEine andere Methode zur Bestimmung der Wasserdampfdurchlässigkeit eines Textils ist die „Sweating-guarded-Hotplate“-Methode. Die Messung erfolgt mit einem Hautmodell nach DIN EN 31092/ISO 11092 und ASTM F 1868-02. Das Kernstück des Hautmodells ist eine auf 35 °C erwärmte poröse Sintermetallplatte, welche über die Wärme- und Feuchteabgabe der Haut simuliert. Die Prüfung findet unter standardisierten Bedingungen in einem Klimaschrank statt. Das zu prüfende Textil liegt auf der Heizplatte, durch deren „Poren“ Wasserdampf tritt. Dieser simuliert den verdunsteten Schweiß, mit dem ein Textil in Kontakt kommt. Ausschlaggebend für die Messung und Berechnung der Wasserdampfdurchlässigkeit ist die Energie, die zugeführt werden muss, um die Temperatur der Heizplatte konstant zu halten. Durch das verdunstende Wasser würde die Heizplatte sonst abgekühlt werden. Der durch das Textil transportierte Wasserdampf wird durch neuen, der durch die Poren dringt, ersetzt. Einsatzbereich: Die Messung des Wasserdampfdurchgangswiderstands mit dem Hautmodell eignet sich für Textilien aller Art, die vom Menschen getragen werden können. Eingesetzt wird der Ret-Test zur Qualitätskontrolle für Textilien und Materialaufbauten, die in direktem oder nahem Kontakt mit der Haut stehen. Durchgeführt wird die Prüfung auf Grund ihrer Komplexität überwiegend in Laboratorien. Es ist aber auch möglich, die Prüfung mit dem Hautmodell am Produktionsort selbst durchzuführen. Weiterhin kann die Messung mit dem Hautmodell zur Produktentwicklung und -optimierung eingesetzt werden. Vorteile: In der Regel eignet sich das Ret-Verfahren für alle Textilien, die vom Menschen getragen werden, das bedeutet wasserabweisende Textilien genauso wie Textilien, durch die geringe oder hohe Wasserdampfmengen transportiert werden sollen. Geprüft werden können Textilien mit einer Dicke von bis zu 20 cm. Das Schwitzen der menschlichen Haut wird über einen längeren Zeitraum simuliert, d.h. deren Wärme- und Feuchteabgabe, sodass die Prüfung realitätsnahe Ergebnisse liefert. Einheitlich definierte Versuchsbedingungen und Prüfaufbauten wirken der Verfälschung von Messergebnissen durch Einflüsse von außen entgegen. Darüber hinaus ermöglichen sie eine hohe Reproduzierbarkeit und Vergleichbarkeit der Ergebnisse aus verschiedenen Laboratorien. Nachteile: Der Ret-Test erfordert durch den komplexen Prüfaufbau höhere Prüfkosten sowie ein gut ausgebildetes Laborpersonal. Zudem ist die Prüfdauer durch die Komplexität der Prüfung länger als bei den meisten Bechermethoden. Dr. Edith Classen, Senior Scientist im Bereich Bekleidungsphysiologie, Chemie und PSA bei den Hohenstein Instituten, zieht ein Fazit: „Die Bestimmung der Atmungsaktivität mittels Hautmodell hat den Vorteil, dass die Methode für Textilien aller Art, welche vom Menschen getragen werden, geeignet ist. Auch unterschiedlich aufgebaute textile Materialien können anhand der Prüfergebnisse miteinander verglichen und Optimierungspotenziale aufgezeigt werden.“ Infos: www.hohenstein.de