Nachhaltige Ressourcen Innovation: Mit Hundehaaren nähen?

Die Textil- und Modebranche muss nachhaltiger werden. Wie das gehen kann, zeigt das Start-up modus intarsia: Aus der Unterwolle von Hunden, die normalerweise ausgekämmt wird und im Müll landet, haben die zwei Gründerinnen ein hochwertiges Garn entwickelt. Wie das funktioniert und welche Rolle die Hochschule Reutlingen und die Deutschen Institute für Textil- und Faserforschung Denkendorf (DITF) dabei spielen.

Chiengora
So sieht das fertiges Garn aus Hundehaare aus: Mütze und Schal sind aus Chiengora. - © modus intarsia

Garn aus Hundehaaren, was fast ausgedacht wirkt, hat einen wohlklingenden Namen: Chiengora. Hinter dem neuartigen Garn steckt das Start-up modus intarsia oder genauer gesagt, die Modedesignerin Ann Cathrin Schönrock (31) und die Textilingenieurin Franziska Uhl (25) von der Hochschule Reutlingen. Die zwei Entwicklerinnen haben ihr Kaschmir-ähnliches Garn mit dem neu geschöpften Wort bedacht – "Chien", Französisch für „Hund“, und "gora" in Anlehnung an das feine Angora, welches ursprünglich von Hasen stammt.

Chiengora: Garn aus Hundefell schont Umwelt

Das Garn habe gegenüber Kaschmir den Vorteil, dass der Rohstoff nicht aus der Mongolei eingeflogen werden müsse und die Tiere nicht für die Wollproduktion gezüchtet und gehalten werden, so die Gründerinnen. Der Rohstoff für das Garn entstehe nebenbei – und zwar bei der täglichen Tierpflege , v.a. wenn die Tiere im Frühjahr ihr Winterfell verlieren. Damit schone die Nutzung von Chiengora nicht nur Ressourcen, sondern diene dem Tierwohl.

 Chiengora
Ann Cathrin Schönrock (li) und Franziska Uhl mit Wollfaserflocken vom Hundefell. - © modus intarsia

Hundefell sammeln, nicht wegwerfen

Schönrock hat nach eigenen Angaben schon 2017 mit dem Sammeln der Unterwolle vom eigenen Hund begonnen und schließlich auch die Unterwolle von Hunden von Bekannten und Freunden, aber auch von Hundefriseuren und Züchtern eingesammelt.

Nach ersten Machbarkeitsstudien stieß Uhl von der Fakultät für Textil & Design an der Hochschule Reutlingen dazu. Sie hat im Rahmen ihrer Bachelorarbeit erforscht, welche Hundehaare sich besonders gut für die Garnentwicklung eignen. An den DITF hat sie mit Volkan Ünal und Waltraud Abele ihre Thesen an Maschinen im Industriemaßstab überprüft und die Produktionsprozesse optimiert – von den Wollfaserflocken bis zum fertigen Wollgarn.Das Potenzial des neuen, gemeinsam entwickelten Garns ist groß, schätzt die DITF.

Allein in Deutschland leben über 10,4 Millionen Hunde. Obwohl nicht alle Hunderassen geeignete Unterwolle haben, landen europaweit bisher jedes Jahr über 1.000 t davon im Müll. Zumindest bis jetzt. Schönrock und Uhl haben ein dezentrales Sammlernetzwerk ins Leben gerufen. Jeder kann daran teilnehmen, die Unterwolle seines Vierbeiners sammeln und nach Reutlingen schicken.

Unterstützt wird das Projekt mit dem staatlichen EXIST-Gründungsstipendium und einem Investment aus der Textilindustrie. Die Unternehmerin Anna Yona von Wildling investiert in "Yarnsustain .