Bundestreffen der Textilreiniger, Wäscher und Färber 2017 in Retz „Keine Angst vor der Zukunft“

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    Das Bundestreffen der Textilreiniger,  Wäscher und Färber 2017 fand in diesem Jahr im Hotel Althof im niederösterreichischen Retz statt. Fotos: RWTextilservice
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    Gute Stimmung bei den Ausstellern (v.li.): Angelika Blöchinger von Zollner, Olaf Schneider von der Firma Hans-Joachim Schneider, Alfred Olschinsky von Sankosha,  LIM-Stv. NÖ Franz Thür, René Schaerer von Eco Impact, BIM KommR Walter Imp.
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    Am Freitagabend konnte sich die Branche bei einem gemeinsamen Spaziergang in der Abenddämmerung und einem anschließenden Essem im Windmühlenheurigen Bergmann austauschen.
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    Franz Thür (li.) und Walter Imp (re.) bedanken sich bei KommR Annemarie Mölzer für ihr Engagement in der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für das Textilpflegekennzeichen (ARGE).
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    Franz Thür begrüßte die vielen Teilnehmer am Samstagvormittag und leitete den Tagungsteil des Bundestreffens ein.
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    Bild links: Mag. Claudia Pfeiler-Blach teilte als Leiterin für Anlagenrecht der Bezirkshauptmannschaft Mödling ihr Wissen über das Betriebsanlagenrecht mit.
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    Bild rechts: Andreas Nachbaur von CHT nutzte die Bundestagung, um auf das chlor- und persäurefreie Waschsystem Smart Blue Active aufmerksam zu machen.
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    Bild oben: Gabriele M. Hochwarter vom AHE Seminarinstitut hielt einen Vortrag zum Thema „Neukundengewinnung“.
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    Bild Mitte: Joseph Reuter von der Firma Veit ging auf Veränderungen in der Textilpflegebranche ein und machte sich stark dafür, Mitarbeiter auch als Verkäufer auszubilden.
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    Bild links: Dipl.-Wirtsch.-Ing. Frank Ziermann von Böwe stellte die Möglichkeiten der Industrialisierung 4.0 vor.
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    Clesyclean demonstrierte den Clesycube für den optimierten Abhol- und Bringservice von Bekleidung.
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    Geschäftsfüher René Schaerer und Betriebsleiterin Cornelia Brandenberger präsentierten die Eco Impact Bügelsysteme.
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    Maria Bischoff (re.) von der Europäische Forschungsverinigung Innovative Textilpflege (EFIT) und Verena Erhart von der Textilreinigung Erhar nutzten das Bundestreffen zum Austausch.
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    Sales Manager Akfred Olschinsky präsentierte das Unternehmen Sankosha.
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    Geschäftsführer Olaf Schneider zeigte die Warenvielfalt des Großhandels Jans-Joachim Schneider.
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    Michael Musselmann (1.v.re.) und Christian Kurz (3.v.re.) von der Firma Seitz stellten Interessierten Unternehmensneuheiten vor.
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    Harald Tatzer präsentierte Neues von der Firma ThermoTex, z.B. Kennzeichnungslösungen oder RFID-Technologie.
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    Angelika Blöchinger von Zollner präsentierte die textilen Trends für das nächste Jahr.

3 Mit Sekt im Althof in Retz und einem heurigen Buffet im Windmühlheurigen Bergmann begann das Bundestreffen der Textilreiniger, Wäscher und Färber am Freitagnachmittag, den 13. Oktober 2017, wie ein munteres Familientreffen. In diesem Jahr fand die Bundestagung unter dem Motto „Informationen, Kommunikation, Erlebnis“ vom 13. bis 15. Oktober 2017 statt. Neben Fachvorträgen bot die Veranstaltung ausreichend Gelegenheiten, um sich mit alten Bekannten und neuen Gesichtern aus der Textilpflegebranche zu unterhalten.

Der offizielle Teil des Bundestreffens startete am Samstagvormittag mit einer Begrüßung durch Franz Thür, der als Landesinnungsmeister-Stv. die Veranstaltung in diesem Jahr in Niederösterreich (NÖ) organisierte. Er hieß alle Anwesenden willkommen und lud dazu ein, in den Pausen zwischen den Fachvorträgen die Aussteller Clesygroup, Eco Impact Bügelsysteme, Europäische Forschungsvereinigung Innovative Textilpflege (EFIT), Wäschefarbik Zollner sowie Firmen Hans-Joachim Schneider, Seitz und ThermoTex Nagel zu besuchen. „Besonderer Dank gilt auch den Sponsoren CHT, Warutec, Kreussler und Bussetti, die uns dieses Jahr unterstützen“, betonte Thür.

Der Branche geht es besser als gedacht

Bundesinnungsmeister KommR Walter Imp trat im Anschluss an das Rednerpult. Er begrüßte seine „Textilpflegefamilie“ und begann mit den Worten: „Das Interesse an unserer Branche ist immer noch sehr gefragt.“ Weit verbreitet sei der Eindruck, dass es schlecht um die Textilpflegebranche steht. Allerdings schlage sie sich im Vergleich zu anderen Dienstleistungsbranchen gut. „Zwar zählten wir im Jahr 2016 nur 688 Mitglieder, obwohl es 20 Jahre zuvor noch 981 gab, aber dies bedeutet, dass jedes Jahr nur etwa zehn Mitglieder abgesprungen sind“, erklärte Imp. Im Vergleich zur Gastronomie ginge es den Textilpflegern in dieser Hinsicht noch sehr gut. „Es gibt Regionen, da sind wir sehr dürr aufgestellt. Und da werden wir gebraucht. Unsere Branche ist gefordert. Das ist der Trend, auch wenn es momentan nicht so erscheint“, fuhr Imp fort.

Damit es weiterhin auch so bleibe, dürfe man sich Themen wie der Digitalisierung nicht versperren. „Jede Branche und jeder Einzelne ist von der Digitalisierung betroffen. Das müssen wir umsetzen. Da müssen wir vorne dabei sein“, sagte er und appellierte an seine Kollegen, aufgeschlossen zu sein.

Von der Zukunft blickte Imp in die Vergangenheit und rekapitulierte die wichtigsten Ereignisse der letzten Monate. So machte er u.a. noch einmal auf die Einführung der Registrierkassenpflicht aufmerksam. Er betonte, dass diese ab dem 1. April 2017 gilt. Er mahnte zur Sorgfalt: „Die Kontrollen werden kommen. Und dann müssen sie erklären können, weshalb sie keine Registrierkasse ­haben.“

Als positives Ereignis stellte Imp die ORF-Sendung „Heute Leben“ heraus, für die er sich vor die Kamera stellte. „200 bis 300 Menschen haben sich pro Folge gemeldet“, resümierte er. „Dieser Aufwand hat nichts gekostet, außer meinen Einsatz. Deswegen bin ich froh, dass ich das machen konnte und durfte“, sagte er. Es sei wichtig, mediale Aufmerksamkeit für die Branche zu erzeugen und so ihr Image zu stärken.

Imp bedankte sich zudem bei der Bundesinnungsmeisterin für Mode und Bekleidungstechnik KommR Annemarie Mölzer für ihr Engagement in der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für das Textilpflegekennzeichen (ARGE). Sie fungiere bei der Arbeit mit Textilpflegesymbolen als Schnittstelle zwischen Schneidern und Textilpflegern. „Kleidermacher sind in der verzwickten Situation, dass sie verschiedene Materialien in einem Modell bearbeiten müssen“, sagte Mölzer. „Das Pflegekennzeichen ist für uns ein Markenkennzeichen“, so Imp. Durch Pflegekennzeichen könnten Betriebe zudem Reklamationen abwenden bzw. die Möglichkeiten einer Reinigung mit Konsumenten besprechen. Ohne Pflegesymbole gebe es keine Verhandlungsgrundlage.

Seine Rede beendete Imp mit den Worten: „Haben Sie keine Angst vor der Zukunft. Unser Gewerbe ist so stark. Wir haben Fachwissen, das man auch zukünftig braucht und schätzen wird.“

Betriebsanlagen richtig genehmigen lassen

Als Nächstes erwartete die Anwesenden ein Vortrag zum „Betriebsanlagenrecht“ von Mag. Claudia Pfeiler-Blach von der Landesregierung NÖ. Sie stellte klar: „Örtlich gebundene Einrichtungen  benötigen in jedem Fall eine Betriebsanlagengenehmenigung.“ Dazu würden auch Lagerplätze, Verkaufsräume, Abstellflächen und bewegliche Einrichtungen zählen, die längere Zeit an einem bestimmten Ort einer gewerblichen Tätigkeit dienen sollen. Bei dieser Genehmigung werde geprüft, ob die neue Anlage eine Gefährdung von Leben, Gesundheit und Eigentum, eine Belästigung von Nachbarn, eine Beeinträchtigung von öffentlichen Einrichtungen wie Kirchen und Krankenhäusern, eine Beeinträchtigung des Verkehrs oder eine nachteilige Einwirkung auf Gewässer darstelle. Dabei gibt es laut der Expertin für Betriebsanlagenrecht verschiedene Verfahrensarten:

  • Genehmigungsverfahren für Neuanlagen oder für die Änderung einer Betriebsanlage §§ 77, 81 & 356 Gewerbeordnung (GewO) 1994: Sie beinhaltet die Festsetzung eines Termins zur mündlichen Verhandlung beispielsweise durch einen Anschlag in der Gemeinde sowie einen Befund und ein Gutachten der Amtssachverständigen. Nachbarn erhalten hier eine volle Parteistellung.
  • Vereinfachte Genehmigungsverfahren § 359 b GewO 1994: Sie gelten für bestimmte Typen von Betriebsanlagen (BA), z.B. mit einer maximalen Größe von 800 m². Nachbarn erhalten hier keine volle Parteistellung und müssen nicht von der mündlichen Verhandlung verständigt werden. Ein Feststellungsbescheid nach einer einzelfallbezogenen Gesamtprüfung gilt als Genehmigung.
  • Konzentrierte Genehmigungsverfahren § 356 b Abs. 1 GewO 1994: Bei BA, für die noch gesonderte Genehmigungen oder Bewilligungen nach bundesgesetzlichen Bestimmungen erforderlich sind, können diese entfallen, z.B. Denkmalschutzgebäude. Die BA-Genehmigung gilt auch als entsprechende Genehmigung nach diesen Bundesgesetzen.
  • Anzeigeverfahren für besondere Arten von Anlagenänderungen: Hier herrschen keine Genehmigungspflicht und keine Nachbarrechte. Nach einer GewO-Novelle 2017 gilt eine Anzeigepflicht nur mehr bei Änderungen, die das Emissionsverhalten zu den Nachbarn nicht nachteilig beeinflussen (§ 81 Abs. 2 Z 7 GewO). Emissionsneutrale Änderungen (§ 81 Abs. 2 Z 9 und der gleichartige Austausch von Maschinen (1 Abs. 2 Z 5 GewO 1994)) müssen nicht mehr angezeigt werden. Wichtig: Pfeiler-Blach ermahnt Betriebe dazu, alle Änderungen dennoch zu dokumentieren und nach § 82 b einer Überprüfung zu unterziehen.
  • Korrekturverfahren: § 79 c Abs. 2 GewO 1994 Zulassen von Abweichungen vom Genehmigungsbescheid über einen Antrag, § 79 Abs. 1 GewO 1994 Vorschreibung zusätzlicher Auflagen über den Antrag eines Nachbarn oder von Amts wegen oder § 79 Abs. 3 GewO 1994 Sanierungskonzept von Amts wegen. Hier gilt das Prinzip der Verhältnismäßigkeit.

Wichtig sei bei allen Verfahren, den Antrag vollständig nach § 353 GewO 1994 in vierfacher Ausführung in der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde abzugeben. Dies beinhalte auch eine Betriebsbeschreibung mit Verzeichnis der Maschinen und sonstigen Betriebseinrichtungen, erforderliche Pläne und Skizzen und ein Abfallwirtschaftskonzept. Die Vorprüfung soll dazu dienen, alle möglichen Probleme oder Anforderungen bereits vorher zu besprechen. „Achten Sie daher auf die Kommunikation mit der Behörde“, riet Pfeiler-Blach.

„Die Amtsstelle hat u.a. die Mitwirkungspflicht. Sie muss dem Antragsteller mitteilen, welche anlagenbezogenen Unterlagen er noch vorzulegen hat“, fügte die Expertin hinzu. Die Verhandlung müsse von der Behörde anberaumt werden. Das heißt, die Behörde verständigt Konsenswerber, Grundstückseigentümer, die Gemeinde und Nachbarn. Bei der Verhandlung erfolge üblicherweise die fachtechnische Beurteilung des eingereichten Projekts durch die Sachverständigen. „Bei positivem Abschluss des Ermittlungsverfahrens hat der Bescheid dingliche Wirkung. Allerdings erlischt er bei Genehmigung nach fünf Jahren“, erklärte Pfeiler-Blach. Der Inhaber einer Betriebsanlage habe jedoch die Verpflichtung zur regelmäßig wiederkehrenden Überprüfung seiner Anlage.

Zuletzt gab Pfeiler-Blach noch einen Hinweis zum Umgang mit Behörden und Nachbarn. Sie wieß darauf hin, dass Behörden durch eine Genehmigung nicht verhindern wollen, dass ein Projekt umgesetzt wird. „Alle Auflagen dienen dazu, Gewerbetreibende, mittätige Familienangehörige, Nachbarn und Kunden zu schützen“, betonte die Expertin. Aus diesem Grund hätten beispielsweise Nachbarn eine Parteistellung im Genehmigungsverfahren: Sie sind i.d.R. von einer mündlichen Verhandlung zu verständigen, haben das Recht auf Akteneinsicht und Einsicht in die Projektunterlagen, können gegen ein Projekt Einwendungen erheben. „Die gesamte Prozedur einer Genehmigung hat den Zweck, einen Konsens zwischen wirtschaftlichem Interesse, gesetzlichen Vorgaben, der Gemeinde und Nachbarn sowie Bürgerinitiativen zu schaffen“, schloss Pfeiler-Blach ihren Vortrag ab.

Waschen ohne Chlor und ohne PER

Andreas Nachbaur von CHT nutzte die Bundestagung, um das chlor- und peressigsäurefreie Waschsystem Smart Blue Active vorzustellen. Dabei machte er zunächst auf die Nachteile von Peressigsäure aufmerksam. „Neben dem penetrantem Geruch von Peressigsäure setzt das Lösungsmittel reizende und gesundheitsschädliche Gase frei“, erklärte Nachbaur. Außerdem reagiere das Mittel auf Wärme und Metall. Dies könne zu Unfällen führen. So nennt Nachbaur einen Fall, bei dem ein Junge sich starke Verätzungen zuzog, weil das Personal einer Textilreinigung Peressigsäure in Plastikflaschen füllte. „Wie gefährlich diese Chemikalie ist, wusste nicht einmal der Betreiber“, gab Nachbaur zu bedenken. Auch Chlor werde häufig in der Textilpflegebranche eingesetzt, um hartnäckige Flecken zu entfernen. Trotz des günstigen Einkaufspreises überwiegen Nachbaur zufolge jedoch die Nachteile. So setze Chlor beim Kontakt mit Säure giftiger Chlorgase frei und greife Metalle an. Außerdem bleiche Chlor Farbstoffe und eigne sich daher nur für weiße Wäsche.

„Das Smart Blue Active System von CHT stellt eine nachhaltige und ungefährlichere Alternative dar“, sagte Nachbaur. In der Hauptwäsche ersetze die CHT-Boostertechnologie die Persäuren. Unter Verwendung des CHT-Systems könne daher bereits ab 40 °C wirksam gewaschen werden. In der Nachwäsche werde das Chlor durch CHT-Enzyme ersetzt. Insgesamt könne damit energie- und ressourcensparend gearbeitet werden. Es werden laut Nachbaur außerdem weniger Chemikalien benötigt und dennoch hohe Weißgrade sowie eine optimale Hygiene erzielt. „Anders als Chlor ist Smart Blue Active außerdem für Buntwäsche geeignet“, fügt Nachbaur hinzu. Durch die Anwendung des Systems werde zudem die Haltbarkeit von Baumwolltextilien erhöht und somit materialfreundlicher gearbeitet. Nach 100 Wäschen mit dem CHT-Enzym sollen die DP-Werte weiterhin gut sein. Das System trägt Nachbaur zufolge dazu bei, AOX im Abwasser zu vermeiden und die Haltbarkeit von Textilien zu verlängern. Ein weiteres Plus sei die unkomplizierte und ungefährliche Lagerung von Smart Blue Active. Zum Abschluss präsentierte Nachbaur Ergebnisse von erfolgreichen Smart-Blue-Active-Tests in mehreren Wäschereien.

Mitarbeiter als Aushängeschild

„Die Textilpflegebranche ist die einzige Branche, in der sie mir noch begegnet: die Ladnerin“, begann Joseph Reuter von der Firma Veit seinen Vortrag zum Wandel der Textilpflege in den letzten Jahrzehnten. Mit „Ladnerin“ meint er eine Dame, die im weißen Kittel an die Bedientheke tritt und ihre Kundschaft bedient. „Dabei ist der Mitarbeiter an der Theke das Aushängeschild Ihres Betriebs. Das machen andere Branchen längst nicht mehr so“, betonte Reuter. Er warf dazu Fotos von Schaufenstern und Bedientheken verschiedener Textilpflegebetriebe an die Wand und machte an ihnen exemplarisch fest, wie wichtig heutzutage ein modernes Auftreten für einen Textilpflegebetrieb ist. „Nehmen Sie beispielsweise Fastfoodketten. Selbst die haben erkannt, dass man Verkäufer braucht, die richtig geschult sind und in ansprechender Uniform auftreten.“ Er appellierte daher an Textilpflegebetriebe, sich vom Konzept der „Ladnerin“ zu trennen und ihre Mitarbeiter als Verkäufer schulen zu lassen. „Das heißt, der Mitarbeiter an der Theke nimmt nicht nur Ware an, sondern berät, gibt dem Kunden ein gutes Gefühl und bietet gleichzeitig Zusatzleistungen an“, erklärte Reuter. Bei einer Skihose könne beispielsweise automatisch immer noch eine Imprägnierung empfohlen werden. „Denken Sie an die verschiedenen Kunden, die Ihre Dienstleistung in Anspruch nehmen könnten. Vielleicht ist ein Geschäftsmann dabei. Geben Sie ihm nicht das Gefühl, dass sein Anzug im Einheitsbrei mit Bekleidung aus einem Altenheim gewaschen wird“, so Reuter.

Der erste Kundenkontakt sei aber auch von der Umgebung geprägt. Die Ladentheke in einem Textilpflegebetrieb soll daher optisch ansprechend gestaltet werden. „Es muss ordentlich aussehen. Niemand will im Fenster sehen, dass schon seit Monaten jemand vergessen hat, seine Wäsche abzuholen“, erklärte Reuter. Im Ladenbereich könnten farbliche Akzente gesetzt, Dekoration  könnte angebracht und vielleicht können Sitzmöglichkeiten geboten werden. Die Ladentheke müsse zum Angebot des Textilpflegebetriebs passen. „Spiegeln Sie Sauberkeit, Ordnung, Fachwissen und Moderne wider“, sagte Reuter.

Mit Emotionen Kunden gewinnen

Der Vortrag von Gabriele M. Hochwarter vom AHE Seminarinstitut zum Thema „Neukundengewinnung“ schloss an Reuters Vortrag an. Sie erklärte, wie wichtig Emotionen bei der Neukundengewinnung und Kundenbindung sind. „Oft entscheidet ein Gefühl, ob jemand sich in einem Geschäft wohlfühlt“, sagte Hochwarter. „Dazu gehört u.a. die richtige Optik. Früher sollte eine Reinigung wahrscheinlich die Ausstrahlung eines sterilen Raumes haben. Wir haben uns aber weiterentwickelt. Heute geht es vielen Menschen darum, sich aufgehoben zu fühlen.“

Neben der richtigen Optik sei besonders das Verhalten der Mitarbeiter ein wichtiger Faktor, der auf Kunden wirke. „Wenn Ihre Mitarbeiter über ein hohes Stresslevel verfügen, dann spiegelt sich das in ihrer Ausstrahlung wider und das wirkt auf Menschen wiederum als Warnsignal“, sagte Hochwarter. Dies sei eine Eigenschaft, die der Mensch noch mit seinen Vorfahren aus der Steinzeit teile. Wer gestresst ist oder Stress wahrnimmt, schalte in den Überlebensmodus. „Als Chef sollten Sie Ihre Mitarbeiter dazu inspirieren, die beste Version ihres Selbst zu sein. Dann vermitteln Menschen automatisch ein besseres Gefühl und geben das an ihre Kunden weiter“, erklärte Hochwarter. Mitarbeiter würden dadurch auch ihr kreatives Potenzial entfalten.

Um das Stresslevel zu reduzieren, helfen auch äußere Umstände wie Gerüche und Farben, die Sicherheit signalisieren. Körperliche Berührungen beim Verkauf seien ebenfalls gute Mittel, um eine Bindung zum Mitarbeiter oder vom Mitarbeiter zum Kunden zu schaffen. „Wir brauchen Körperkontakt. Das ist in unserem evolutionären Hintergrund verankert“, schloss Hochwarter ihren Vortrag ab.

Industrialisierung 4.0 in Gegenwart und Zukunft

„Heute sagen viele: Digitalisierung, was geht mich das an?“, fragte Dipl.-Wirtsch.-Ing. Frank Ziermann von Böwe zu Beginn des letzten Vortrags des Seminartags. Er widmete sich dem Thema „Lösemittel und Industrialisierung 4.0.“ Dann gab er zu bedenken: „Vor zehn Jahren hat man über Smartphones gesagt: Wer braucht denn sowas? Und heute hat jeder von uns so ein Teil.“

Ob die Menschen es wollten oder nicht, man könne die Digitalisierung nicht aufhalten. Den Begriff Industrialisierung 4.0 gebe es nur in Deutschland und Österreich. Er sei schwammig, aber drücke die Verbindung der Digitalisierung mit der Industrie aus. „Wir alle sind vernetzt über das Internet. Teilweise ist jetzt schon alles bis zur Waschmaschine miteinander verbunden. Alles ist verschmolzen und dadurch entstehen immer mehr neue Lösungen“, sagte Ziermann.

Er skizzierte eine Zukunftsversion, in der auch in Textilreinigungen alles automatisch läuft und elektronisch gesteuerte Greifarme alle Schritte übernehmen. Die Industrialisierung 4.0 könne daher helfen, viele Aufgaben zu übernehmen und Lohnkosten einzusparen. „Aber weil alles so neu ist, gibt es noch keine richtigen Standards. Jeder werkelt an neuen Technologien herum“, erläuterte Ziermann. Systemanbieter seien im Vorteil. „Wer ein komplettes System anbietet, muss nicht darauf achten, dass sein eigenes System mit dem der anderen kompatibel ist“, führte er aus. In Wäschereien seien derartige Systeme bereits im Einsatz und häufig sei es nur ein Anbieter, der Ansprechpartner ist. Auch für Reinigungen seien ähnliche Systeme für die Zukunft denkbar.

Ziermann stellte eine weitere Zukunftsversion vor: „Wenn Betriebe komplett vernetzt sind, gibt es in ein paar Jahren bestimmt Anbieter, die ihre Preise nach Kapazitäten anbieten. Da könnten Happy Hours für das Waschen oder Reinigen angeboten werden.“

Auch die Politik habe die Wichtigkeit der Industrialisierung 4.0 erkannt. „Deswegen gibt es diese vielen Wirtschaftssubventionen und gewaltigen Töpfe zur Förderung. Jeder will seine Wirtschaftsstandorte kräftigen. Es ist ein Konkurrenzkampf“, erklärte Ziermann.

Aus diesem Grund schloss sich Böwe auch mit Siemens zusammen, um an neuen Technologien im Bereich der Reinigungsmaschinen zu arbeiten. Zusammen arbeiteten die Unternehmen u.a. an einem Energiemanagementsystem, in dem sich Nutzer beispielsweise Chargenzeit auf dem Tablet oder Smartphone ansehen können und Programme fernsteuern können.

„Wir bauen nur die Reinigungsmaschinen, aber die Industrialisierung 4.0 bietet unserer Branche noch viel mehr Möglichkeiten“, sagte Ziermann und träumte von einer Büglerin der Zukunft, die kein Bügeleisen, sondern einen Joystick in der Hand hält.

Abschließend ging Ziermann noch auf das Thema Lösungsmittel ein. „Wir haben 17 verschiedene Lösungsmittel in unseren Verfahren. Es kommt immer was Neues auf den Markt“, erklärte er. 80 Prozent seien immer noch auf Perchlorethylen-Basis. Auf Dauer würden diese Mittel zwar Marktanteile verlieren, aber gerade in Österreich und Deutschland seien die Vorschriften so streng, dass eine absolute Rechtssicherheit bestehe. „Dank der Abnahme- und Prüfsysteme kann hier immer noch mit Per gearbeitet werden“, fügte Ziermann hinzu. „Alternativen werden wichtiger, aber sie sind meistens nur Trends, die sich ändern.“ Aktuell stünden modifizierte Alkohole hoch im Kurs. Welche Alternative sich durchsetze, könne Ziermann nicht sagen.

Nach diesem Vortrag beendeten Walter Imp und Franz Thür den Seminarteil der Veranstaltung. Anschließend lud die Bundesinnung zur Retzer Erlebniskellerführung und einem Galaabend im Hotel mit der Bigband der Stadtkapelle Hainfeld. Die Bundestreffen für 2018 und 2019 sind bereits in Planung. Die nächste Tagung soll am 9. und 10. November 2018 in Wien stattfinden. Für 2019 steht der Standort Rust im Burgenland fest.

Infos: www.wko.at, www.textilreiniger.at