Vor Ort: Meine Kleine Wäscherei Keine Angst vor großen Aufträgen

Für die Pflege von Flachwäsche ist nicht unbedingt ein großer Maschinenpark nötig. Durch akribische Handarbeit gelingt es einer Braunschweiger Unternehmerin, vor allem Kunden aus dem Gastgewerbe zu überzeugen. Ihr Erfolgsrezept: Ob Tischtuch oder Serviette, alles wird nach den individuellen Wünschen des Kunden gewaschen und zusammengelegt.

Vor allem die anspruchsvollen Kunden aus der Gastronomie honorieren die akribische Handarbeit von Martina Pagel. Foto: Wylegalla - © Wylegalla

Keine Angst vor großen Aufträgen

Zwei Jahrzehnte hatte Iris Martina Pagel als Kellnerin gearbeitet. Als vor zehneinhalb Jahren das Restaurant geschlossen wurde, in dem sie arbeitete, musste sie sich beruflich neu orientieren.

„Durch eine Anzeige erfuhr ich, dass ein Nachfolger für eine Wäscherei gesucht wurde“, berichtet die Braunschweigerin. Sie fackelte nicht lange und kaufte den alteingesessenen Betrieb in der Beckenwerkerstraße am Wollmarkt „Mit viel Herzblut habe ich ‘Meine Kleine Wäscherei’ aufgebaut“, verrät die Unternehmerin, die nicht nur gern kocht und Gäste verwöhnt, sondern seit jeher auch eine Schwäche für Handarbeiten und das Bügeln hat. Gleich nachdem der Kaufvertrag unter Dach und Fach war, entdeckte sie, dass der Maschinenpark dringend erneuert werden musste. „Ich leaste je eine Waschschleudermaschine mit 14 kg, 12 kg, 10 kg, 7 kg und 6 kg Fassungsvermögen sowie einen 14-kg-Trockner von Miele“, so Iris Martina Pagel. Hinzu kam eine Mangel, ebenfalls von Miele. Nun wehte frischer Wind im Betrieb mit dem Erfolg, dass nach sieben Jahren die Investition von 240.000 Mark abgezahlt war. „Ganz ohne Kredit“, sagt die Unternehmerin nicht ohne Stolz.

Eine Kooperation mit der Wolfsburger Textilreinigung Peters hat den Einstieg in das neue Metier erleichtert. „In der Startphase hatte ich noch Zeit zum Sticken. Doch nach vier Wochen bekam ich so viele Aufträge, dass ich die Handarbeit ein für allemal beiseite legen musste“, so Iris Martina Pagel. „Schuld“ daran sind ihre langjährigen Kontakte zur Gastronomie. „Heute verarbeiten wir wöchentlich etwa 400 kg Wäsche. Etwa 50 Prozent davon kommen aus privaten Haushalten, Arztpraxen, Apotheken und anderen Branchen mit nicht stark verschmutzter Berufskleidung“, so die Unternehmerin. Weitere Standbeine sind die Wäschepflege für Hotelgäste und ein Hemden- sowie ein Gardinenservice.

Die andere Hälfte des Produktionsvolumens ist Flachwäsche. Im Braunschweiger Gastgewerbe hat es sich nämlich längst herumgesprochen, dass in der Wäscherei Bettlaken, Tischtücher und Servietten kundenspezifisch gepflegt und termingerecht geliefert werden. Und das ohne hohen technischen Aufwand: „Die Waschschleudermaschinen sind programmgesteuert. Aber die Dosierung der Chemie erfolgt von Hand“, so die Unternehmerin, und das aus gutem Grund: „Wir stimmen das Waschpulver individuell auf die spezifischen Erwartungen der Kunden ab.“ Aus langjähriger Erfahrung weiß sie, dass sich in Tischtüchern aus dem China-Restaurant häufig Curryflecken befinden. Deshalb müssen sie mit einer anderen Chemie gewaschen werden als die Tischwäsche des türkischen Gastronomen, die zuweilen durch Speiseöl verschmutzt ist. Auch das Finishing der Flachwäsche und sämtlicher Kleidungsstücke ist ausschließlich reine Handarbeit. Iris Martina Pagel: „Unsere Kunden wissen zu schätzen, dass wir die Tischwäsche individuell nach ihren Wünschen zusammenlegen und die Kleidung akkurat bügeln.“

Um Verwechslungen auszuschließen, werden die Maschinen soweit wie möglich kundenspezifisch befüllt. Zudem zeichnen die Unternehmerin und ihre drei Mitarbeiterinnen vor dem Waschen jedes Teil mit einem Nummernetikett aus: „Dieses System ist zwar einfach, hat sich aber bestens bewährt. Innerhalb eines Jahres ist nur einmal eine Tischdecke abhanden gekommen.“ Trotz geringen technischen Aufwands können Arbeitsspitzen souverän bewältigt werden. Iris Martina Pagel: „Meine Wäscherei ist klein. Aber ich habe keine Angst vor großen Aufträgen.“ Sie erinnert sich an einen Kunden, der einen ganzen Tag lang 900 Gäste bewirten sollte: „Die Frühstücksservietten wurden um 10 Uhr morgens gebracht und konnten mittags um 13 Uhr frisch gewaschen und gemangelt zum Austauschen abgeholt werden.“

Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit sind für die Unternehmerin oberstes Gebot. Auch kurzfristige Bestellungen sind möglich und für Engpässe hält sie Leihwäsche bereit. Ihr Handy ist rund um die Uhr für die Kundschaft erreichbar und es kommt nicht selten vor, dass sie sonntags Wäsche abholt. Das sind Leistungen, mit denen die Unternehmerin bei den Kunden punkten kann.

Vor allem, wenn die Weitergabe objektiver Kostensteigerungen nicht länger vermeidbar ist. „Die Größe meines Betriebs lässt weder alternative Energiekonzepte noch die Installation einer Wasserrückgewinnungsanlage oder andere Sparmaßnahmen zu“, bedauert Iris Martina Pagel. Bisher habe sie aber nach objektiv zu rechtfertigenden Preiserhöhungen noch keine Aufträge einbüßen müssen.

Die Unternehmerin spricht die gleiche Sprache wie ihre Auftraggeber und kann mit ihnen auch über die Küche und andere Themen rund um die Gastlichkeit fachsimpeln. „Ich rede Klartext und sage offen, wenn mir etwas nicht gefällt“, erklärt sie offen. Sämtliche Kunden blieben ihr auch treu, als sie nach einer komplizierten Schulterfraktur im Frühjahr vierzehn Tage „außer Gefecht“ gesetzt war. „Freunde und Bekannte haben den Betrieb aufrechterhalten und die Gastronomen haben ein Auge zugedrückt, wenn etwas mal nicht hundertprozentig geklappt hat“, erinnert sich Iris Martina Pagel.

Kein Wunder, dass sie oft weiterempfohlen wird. Das Hotel „Deutsches Haus“, das „Penta Hotel Braunschweig“ sowie die „Gute Stube“ der Löwenstadt, die „Dornse“, und viele andere gastronomische Betriebe in einem Umkreis von 25 Kilometern zählen zu ihren Referenzkunden. Und wenn die Unternehmerin nach einem langen Arbeitstag mit ihrem Ehemann in einem neu eröffneten Restaurant zu Gast gewesen ist, nimmt sie auch meistens gleich einen neuen Auftrag mit nach Hause.

Reinhard Wylegalla