Dialog Textil-Bekleidung e. V. (DTB) Kleiderbügel: Der Haken der textilen Müllberge

Er besteht aus gut 5,6-fach mehr Material als eine Plastiktüte und etwa 20 Milliarden seiner Exemplare landen pro Jahr im Müll – und doch betrachtet ihn die Industrie oder die Öffentlichkeit bisher nicht als problematisch: den Kleiderbügel. Anders sieht das die Initiative Dialog Textil-Bekleidung (DTB). Ein Einblick in den Arbeitskreis.

Viele Kleiderbügel landen auf dem Müll. - © STUDIO GRAND WEB – stock.adobe.com

Müllberge in der chilenischen Wüste, die wilde Entsorgung von Bekleidungsüberhängen in Zentralafrika und Plastikteppiche im südostasiatischen Meer – die Texilindustrie, speziell das Segment "Fast Fashion", schafft es immer wieder in Negativschlagzeilen und auf Folien von Vortragenden, die das Thema Nachhaltigkeit auf ihre Fahnen geschrieben haben. Auch wenn das Thema regelmäßig für kurzzeitige Entrüstung und Bestürzung sorgt, hinkt die Branche noch weit hinterher, nachhaltige Lösungsansätze zu finden, wie mit den dringenden Problemen umzugehen beziehungsweise aktiv gegenzuwirken ist.

Oft beschäftigt sich die Branche mit Oberstoffen und Zutaten und dem Umschwenken auf umweltfreundliche oder recycelte Materialien sowie Chemikalien, was natürlich wichtige Schritte in die richtige Richtung sind. Aber naheliegende – vom Impact her größere – Themengebiete wie z. B. ein stärkerer Fokus auf Verpackung und speziell volumenträchtige Produkte sind anscheinend noch nicht bekannt oder populär genug, damit in diesem großen Bereich Maßnahmen ergriffen werden, die relativ schnell spürbare Erfolge auf dem Weg zur nachhaltigen Industrie möglich machen würden.

Massiver Einfluss auf die Höhe der Müllberge

Ein Produkt aus dem Verpackungs- und Warenpräsentationssegment, das langsam, aber zunehmend ins Auge des Interesses rückt, ist der Kleiderbügel, dessen massiver Einfluss auf die Höhe der "Müllberge" vielen noch nicht präsent ist. Zur Veranschaulichung: Jährlich werden verschiedener Quellen zufolge alleine für die westlichen Märkte an die 10 Milliarden Kleiderbügel produziert und in Umlauf gebracht. Laut vorsichtigen Schätzungen landen weltweit pro Tag 31,5 Millionen Kleiderbügel aller Arten im Müll.

Ein Kleiderbügel stellt ungefähr die 5,6-fache Menge Materialvolumens einer Plastiktüte dar. Ungefähr 20 Milliarden landen jedes Jahr in Landfüllmasse und Deponien. Diese Menge würde Jahr für Jahr ausreichen, um das Empire State Building elf Mal bis zum Rand zu füllen.

Als weiteres Argument, Kleiderbügel stärker in den Fokus zu nehmen, sind sicher folgende Vergleiche interessant: Die Einsparung an CO2, die bei der Wiederbenutzung einer Milliarde Kleiderbügel pro Jahr entstehen würde, entspricht
  • derselben Menge CO2, die bei der Herstellung von 10,6 Milliarden Plastikstrohhalmen produziert wird,
  • derselben Menge CO2, die benötigt wird, um 19 Mal um den Erdball zu fliegen,
  • derselben Menge CO2, die 9.000 London Taxis in einem Jahr produzieren,
  • derselben Menge CO2, die zur Herstellung von vier Milliarden Plastiktüten pro Jahr verbraucht wird.

Der Kleiderbügel ist alleine wegen seines Materialverbrauchs und seines großen, sperrigen Volumens ein ideales Beispiel für Möglichkeiten, sowohl mit der Reduzierung der Vielfaltskomplexität, der eingesetzten Materialien, der Kreislaufprozesse, des Materialmix und seines Designs ein wirksames Zeichen für ein Umdenken und Umlenken in der Industrie zu setzen.

Speziell in den letzten Jahren – aber auch beflügelt durch das veränderte Konsumverhalten in der Pandemie – haben sich die Anforderungen an Verpackungen grundlegend geändert und somit auch die Themenschwerpunkte des Arbeitskreises. Durch zahlreiche Novellierungen der Verpackungsgesetzgebung gibt es nicht nur national, sondern auch europaweit immer wieder Änderungen in den Gesetzgebungen der EU-Mitgliedstaaten und die jeweiligen Regelungen über den Umgang mit Verpackungen variieren von Land zu Land. Auch die EU-Richtlinie zur Kennzeichnung von Verpackungen wird in den EU-Mitgliedstaaten unterschiedlich umgesetzt. Dazu kommt, dass die Menge an Verpackungen stetig zunimmt und seit Jahren ansteigt.

Aktuelle Herausforderungen: Kreisläufe und Verpackung

Stoffkreisläufe schließen, Verpackungen einsparen und nachhaltiger und recyclingfähiger zu konzipieren – das sind die aktuellen Herausforderungen. Der DTB-Arbeitskreis beschäftigt sich demnach nicht mehr nur mit den unterschiedlichen Materialien, sondern auch mit den Ländergesetzgebungen und deren Anforderungen sowie den Inhalten des EU Green Deal. Aktuell besteht der Arbeitskreis aus 5 Unterarbeitsgruppen:

  • Nachhaltige und recyclingfähige Verpackungsmaterialien,
  • Verpackung von Rohware,
  • Transportverpackung vom Produktionsstandort über das Lager bis zum POS,
  • Verkaufs- und Marketing-Verpackung
  • internationale Verpackungsgesetzgebung und Kennzeichnung.

Im nächsten Schritt soll durch eine Studie ermittelt werden, welche Materialien tatsächlich nachhaltig sind, um auf Basis dieser Ergebnisse Lösungen zu entwickeln, die für die Industrie umsetzbar sind.

Zusätzlich wird sich der Arbeitskreis auch mit den Möglichkeiten der Vermeidung und Optimierung von Umwelteinflüssen durch das Produktdesign und den eingesetzten Materialmix sowie der zugehörigen Prozesse, der Kreisläufe und deren Optimierung befassen.

Wie wir bereits in anderen Bereichen gelernt haben, müssen Veränderungen ganz vorne im Prozess beginnen und ihren Einfluss auf das gesamte Unternehmen nehmen, um nachhaltig im Unternehmen gelebt und verankert zu werden.

Zudem haben viele DTB-Mitgliedsunternehmen bereits firmenspezifische Lösungen und Konzepte entwickelt, die im Arbeitskreis präsentiert werden und zur Beschäftigung mit der Thematik anregen sollen, denn alle Firmen der Textil- und Bekleidungsbranche stehen vor den gleichen Fragestellungen und Problemen. Hier hilft es, in der Branche vernetzt zu sein und durch den gemeinsamen Austausch aus der Praxis für die Praxis neue Möglichkeiten auszuloten.

Auf einen Blick: Der Dialog Textil-Bekleidung (DTB)

Bereits seit dem Start der ersten Verpackungsgesetzgebung Anfang der 90er Jahre setzt sich der DTB in verschiedenen Arbeitskreisen für mehr Nachhaltigkeit in der Textil- und Bekleidungsbranche ein. Der Arbeitskreis Versand und Verpackung traf sich 1992 zur konstituierenden Sitzung und erarbeitete seither mit den beteiligten DTB-Mitgliedern wie auch Partnern aus dem DTB-Netzwerk Lösungsvorschläge für die Industrie.

Dabei lagen die Schwerpunkte auf den Themen Vermeidung und ­Recycling sowohl im Bereich des Versands von Stoffballen wie auch bei den konfektionierten Teilen oder Zutaten.
Bei den Terminen wurden immer auch Innovationen der Verpackungshersteller oder der Verpackungsmaschinenindustrie diskutiert. Neben Folien, Papier und Pappe war ein großer Themenschwerpunkt der Kleiderbügel.

Weitere Informationen zum DTB gibt es auf der Website des Wissensnetzwerks .