Haftung von Mitarbeitern Kostspielige Fehler in der Textilpflege und ihre Folgen

Fehler geschehen – im Privat- wie Berufsleben. Damit verbunden ist dann die Frage der Schadenshöhe und Haftung. Unter gewissen Umständen sind in der Textilreinigung und Wäscherei auch Mitarbeiter haftbar. Ein Gastbeitrag von Thomas Schneider sowie Wirtschaftsjuristin Melanie Hoffmann.

Wenn in Textilreinigung oder Wäscherei ein Fehler passiert, ist nicht nur der Kunde verärgert. Bei teuren Konsequenzen stellt sich schnell die Haftungs­frage. Foto: vlorzor – stock.adobe.com - © vlorzor - stock.adobe.com

Es ist schnell passiert: Das teure Lieblingsstück eines Kunden wird beim Finish zerstört oder eine ganze Charge Poolwäsche schrumpft wegen eines Programmierfehlers. Fehler lassen sich nie völlig ausschließen, weder im Privat- noch im Berufsleben. Während nach geringen Schäden zügig zur Tagesordnung übergegangen wird, stellt sich bei kostspieligen Folgen die Frage nach der Haftung – und damit auch nach der anteiligen Übernahme des Schadens durch den verursachenden Mitarbeiter.

Gerät beispielsweise eine schriftliche Reklamation in Vergessenheit, sind Bekleidungsstücke nicht mehr „auffindbar“ oder wird der falsche Teppich zum falschen Kunden geliefert, kann das im Geschäftsleben teure Konsequenzen haben. Aber auch ein Zahlendreher in der Kalkulation, die Zerstörung der Lieferung durch einen Verkehrsunfall oder eine falsche Bestellung führen zu Nachteilen für die Reinigung oder Wäscherei. Es entstehen unmittelbare Kosten wie auch mittelbare Nachteile, wie z.B. ein Wechsel des Textilpflegeunternehmens durch enttäuschte Kunden und die Weitergabe der Information an andere Kunden.

Fehler nicht bestrafen

Keinesfalls sollten alle Fehler vom Arbeitgeber „bestraft“ werden. Es wäre unfair, wenn die Risiken des Geschäftslebens auf die Mitarbeiter abgewälzt, die Chancen aber vom Textilpflegebetrieb genutzt werden. Solches Verhalten würde sich auf die Motivation und Arbeitszufriedenheit, noch mehr auf die Bereitschaft, eigenständig Entscheidungen zu treffen, auswirken. Werden sämtliche negativen Ausgänge auf Haftungsmöglichkeiten geprüft, der handelnde Mitarbeiter wird beschuldigt und zum Schadensausgleich aufgefordert, unter Umständen sogar verklagt, schieben Mitarbeiter jede Verantwortung ab. Allerdings gibt es ebenso Grenzen, deren Überschreitung Konsequenzen nach sich ziehen.

Im Berufs- wie im Privatleben gilt grundsätzlich die gleiche Haftung. Der Einzelne muss für sein Handeln einstehen und für das, was er tut oder unterlässt, haften. Für die Haftung von Arbeitnehmern gelten allerdings eigenständige Regeln mit gewissen Einschränkungen. Dabei stellt sich die Frage, inwieweit ein Mitarbeiter für sein Handeln haftbar gemacht werden kann und ob bzw. in welcher Form Ausnahmen vorliegen. Rechtlich wird zwischen Fahrlässigkeit und Vorsatz unterschieden. Der Grad der Fahrlässigkeit ist dabei das entscheidende Kriterium der Haftungsfrage.

Grad der Fahrlässigkeit

Fahrlässiges Handeln liegt rechtlich gesehen vor, wenn die „[…] im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen wird […]“ (§ 276 Abs. 2 BGB). Ein Vorfall gilt bereits dann als fahrlässiges Handeln, wenn durch mehr Achtsamkeit der Vorfall hätte vermeiden werden können.

Im Berufsleben würde dieses Verständnis zu unzumutbaren Haftungsrisiken für Mitarbeiter führen, weshalb die Frage, ob Arbeitnehmer für einen Schaden haften oder nicht, von der Schwere des Verschuldens abhängt. Die Rechtsprechung unterscheidet drei Fahrlässigkeitsstufen, wobei diese Regeln nur bei betrieblich veranlassten Tätigkeiten herangezogen werden:

1. Grad des Verschuldens: Leichteste Fahrlässigkeit

Dabei handelt es sich um geringfügig oder leicht entschuldbare Pflichtwidrigkeit, die von unerheblicher Schwere sind. Der Arbeitnehmer haftet, unabhängig von der Schadenshöhe, grundsätzlich nicht.

Beispiel: Diese Voraussetzungen sind z.B. gegeben, wenn ein Arbeitnehmer versehentlich einen falschen Knopf einer Anlage drückt, sich verzählt oder vertippt, eine mündliche Anweisung falsch aufnimmt, diese falsch interpretiert oder sie aus akustischen Gründen schlicht nicht versteht.

2. Grad des Verschuldens: Mittlere Fahrlässigkeit

Ist eine Pflichtverletzung mehr als geringfügig, gilt es zunächst zu prüfen, ob sie grob fahrlässig geschah. Ist dies nicht der Fall, liegt mittlere Fahrlässigkeit vor. Bei mittlerer Fahrlässigkeit wird der Schaden zwischen dem Textilpflegebetrieb und dem Arbeitnehmer aufgeteilt. Die sogenannte Quotelung hängt dabei von verschiedenen Faktoren ab:

  • Wahrscheinlichkeit für das Eintreffen des Schadens bei der ausgeübten Tätigkeit.
  • Dauer der Betriebszugehörigkeit.
  • Hätte der Arbeitnehmer den Schadenseintritt vorhersehen bzw. einkalkulieren können?
  • Schadenshöhe im Verhältnis zum Einkommen des Arbeitnehmers.
  • Mitverschulden des Arbeitgebers.

Beispiel: Der Arbeitnehmer hat beim Einparken mit dem Auslieferungswagen einen anderen touchiert, weil er „nicht so genau“ hingeschaut hat.

3. Grad des Verschuldens: Grobe Fahrlässigkeit/Vorsatz

Grob fahrlässig handelt ein Mitarbeiter, der sich so sorglos verhält, dass jedem hätte einleuchten müssen, dass ein Schaden entstehen kann. Bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit muss der Arbeitnehmer den gesamten Schaden vollständig tragen. Bei grob fahrlässigem Verhalten sind bestimmte Haftungserleichterungen möglich. Eine Erleichterung könnte greifen, wenn das Verhältnis zwischen Arbeitslohn und Schadenshöhe sehr hoch ist oder wenn der Arbeitgeber ein Mitverschulden zu tragen hat. Entsprechend ist es möglich, dass der Arbeitnehmer auch in diesem Fall nur einen Teil des Schadens tragen muss.

Beispiel: Ein volljähriger Auszubildender nutzte den Gabelstapler, obwohl er keinen Staplerschein hat und ein ausdrückliches Verbot seitens des Vorgesetzten bestand.

Ein vorsätzliches Handeln liegt vor, wenn der Täter weiß, was er tut und dies willentlich ausführt, d.h., „Vorsatz ist das Wissen und Wollen des rechtswidrigen Erfolgs“ (§ 15 StGB). Voraussetzung des Vorsatzes ist die feste Absicht, etwas zu tun und dies willentlich durchzuführen. Der Täter handelt mit Absicht und weiß und kennt sämtliche Tatumstände. Es werden Vorsatzformen unterschieden:

1. Dolus directus 1. Grades/Absicht: Täter hält die Verwirklichung des Tatbestandes für sicher oder möglich; Täter möchte diesen Erfolg unbedingt sehen (also die negativen Auswirkungen).

2. Dolus directus 2. Grades/direkter Vorsatz: Täter hält die Verwirklichung für sicher; Erfolg kann dem Täter unerwünscht sein (kein direktes Wollen).

3. Dolus eventualis/bedingter Vorsatz: Der Täter kennt das Risiko seiner Tat und hält den Eintritt für möglich, findet sich jedoch damit ab, dass ein Risiko vorliegt und das Tatbestandsmerkmal doch nicht verwirklicht wird.

Dieser Zustand kann dann vorliegen, wenn der Täter sein Handeln nicht direkt umsetzen möchte, die Folgen jedoch kennt und diese im Rahmen seines Handelns in Kauf nimmt. Bezogen auf die Arbeitnehmersituation liegt ein vorsätzliches Verhalten dann vor, wenn der Arbeitnehmer gegen seine (vertraglichen) Pflichten verstößt und dabei wissentlich und willentlich einen Schaden herbeiführt. Dies kann beispielsweise dann vorliegen, wenn ein gekündigter Mitarbeiter aus Gründen von Frust und Betroffenheit wichtige Daten an die Konkurrenz weitergibt, Werkzeuge bewusst beschädigt oder eine Textilreinigung bewusst mit zu hohem Temperaturen ausführt, sodass ein Schaden entsteht, der sich in Geld ausdrücken lässt (Geheimhaltung zumeist im Arbeitsvertrag geregelt und somit Pflichtverstoß und Schaden erfüllt). In solchen Fällen haftet der Arbeitnehmer in vollem Umfang und auf Ersatz des vollständigen Schadens.

Um den Grad der Fahrlässigkeit festlegen zu können, gilt es zuerst, das Gespräch mit dem Verursacher zu suchen. Bei einer schriftlichen Anweisung ist die Situation meist eindeutig. Bei mündlichen Anweisungen ist es im Nachhinein schwer beweisbar, wer den Fehler verursacht hat. In solchen Fällen wird das Textilpflegeunternehmen herangezogen, muss die leichte Fahrlässigkeit einräumen und die Kosten tragen. Es gilt für die Zukunft abzuwägen, ob eine schriftliche Anweisung, die Regelungen hinsichtlich der Haftung und deren Aufteilung formuliert, hilfreich wäre, um entsprechende Probleme in Zukunft nicht entstehen zu lassen.

Weiteres Vorgehen

Die Ermittlung der Schadenssumme steht an erster Stelle. Unabhängig davon, ob diese im Anschluss dem Betroffenen vollständig angelastet wird, sollte diese ermittelt und auch mitgeteilt werden. So wird dem Mitarbeiter verdeutlicht, dass es sich nicht um eine kleine Nachlässigkeit handelt, die der Textilpflegeunternehmer aus der sprichwörtlichen „Portokasse“ bezahlen kann, sondern ernsthafte Auswirkungen mit sich bringt.

Verursacht ein Mitarbeiter einen Schaden und zieht einen Dritten in Mitleidenschaft, greift die Betriebshaftpflicht des Unternehmens. Diese übernimmt Schäden an Personen, Sachen und Vermögen und erstreckt sich auf die im Vertrag festgelegten Risiken.

Meistens wird ein Mitarbeiter, welcher seit zehn Jahren seine Arbeit sorgfältig ausführt, anders behandelt als ein neuer Mitarbeiter, welchem in den ersten sechs Monaten seiner Tätigkeit bereits mehrere kleine Fehler unterliefen. Grundsätzlich besteht ein Gleichbehandlungsgebot. Dabei ist das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zu beachten, um Diskriminierung vorzubeugen. Eine Ungleichbehandlung bedarf nachvollziehbarer Gründe, z.B. berufliche Qualifikationen, Betriebszugehörigkeit in Jahren, Lebensalter oder Familienstand.

Jedes Arbeitsverhältnis beinhaltet für beide Seiten Haftungsrisiken. Erlaubt sind Individualvereinbarungen, welche den Ausschluss aller Fahrlässigkeitsstufen festlegen. Werden diese nicht ausgehandelt und stimmt der Arbeitnehmer nur der vorformulierten Fassung durch seine Unterschrift zu, liegen allgemeine Geschäftsbedingungen vor. Diese unterliegen der Prüfung nach §§ 305 ff. BGB, wobei Standardverträge ohnehin einer Prüfung, ob die einzelnen Bestandteile rechtens sind, unterzogen werden sollten.

Wenn es sich um mittlere Fahr­lässigkeit handelt, können weitere Kriterien herangezogen werden. Diese könnten sein:

  • Objektive Gefährlichkeit der Arbeit: Ist es normal, dass hier ein Schaden eintreten könnte (Risiko)?
  • Hat der Arbeitgeber eine Versicherung, die es decken könnte?
  • Stellung des Mitarbeiters in der ­Betriebshierarchie.
  • Höhe des Schadens.
  • Sozialauswahl: alleinstehend, Alter, Kinder.
  • Vergütung des Mitarbeiters.
  • Verlauf des ­Arbeitsverhältnisses ­(Jahre der Zugehörigkeit, ­Verhalten).

Grundsätzliches Ziel: nicht die Haftung des Mitarbeiters, sondern Vermeidung von Vorfällen. Fahrlässigkeit wird durch Klarheit und Nachvollziehbarkeit vermieden, nicht durch Strafen. Schriftlich dokumentierte Anweisungen können mündliche Vorgaben ersetzen. Moderne Kommunikationsmittel ermöglichen diese Vorgehensweise, ohne Vorteile des raschen, flexiblen Handelns aufzugeben.