Umweltschutz Mehrwegverpackungen: Kommen Kleider nicht mehr in die Tüte?

Die Plastiktüte soll verboten werden. So fordert es zumindest Bundesumweltministerin Svenja Schulze. Das verunsichert viele Textilreiniger. Sie hüllen Bekleidung in Folie. Welche alternativen Wege Betriebe nutzen, um Wäsche zu verpacken und weshalb auch Mehrweglösungen auf Kritik stoßen. Ein Überblick.

Verpackungssysteme
Frisch gewaschene Hemden hängen in Plastikfolie gehüllt in Textilreinigungen – ein übliches Bild. Durch die Klimadebatte werden Stimmen laut, die Mehrwegverpackungen fordern. - © RioPatuca – stock.adobe.com

Passen Umweltschutz und Textilreinigungen zusammen? Für Volker Müden schon. Der Geschäftsführer der Müden Reinigung in Saarbrücken geht sogar einen Schritt weiter. Er möchte ein Zeichen setzten. Statt Folie setzt er seit einem halben Jahr auf Mehrwegverpackung: Kleiderschutzhüllen aus Polyester – waschbar, wiederverwendbar, recyclingfähig. Und die Kunden? "Nehmen das extrem gut an", sagt Müden. In manchen Filialen verkaufe er bis zu 50 Kleiderschutz-Capes am Tag.

Seit zwei Jahren verzichtet Müden in seinen sieben Filialen auf Plastiktüten. Hemden, Sakkos und Kleider schütze jedoch weiterhin eine dünne Haut aus Plastik. "Diese Folie wollten wir reduzieren", sagt er. Zum einen, weil er als Unternehmer den Einsatz von Kunststoff reduzieren wolle. Zum anderen hätten sich die Kunden eine Alternative zur Plastikfolie gewünscht.

Folie von Kunden verteufelt

"Man muss sich breit aufstellen als Textilreiniger", sagt Heiko Nolte. Der Geschäftsführer der Hans-Joachim Schneider GmbH sieht einen Wandel bei seinen Kunden. Der Berliner Fachgroßhandel für Textilreinigungen und Wäschereien beliefert seit gut 50 Jahren Bügelstuben und Industriekonzerne. Inzwischen stünden in vielen Betrieben drei Ständer für abholbereite Wäsche: An einem hängen Wäscheteile in dünnen Plastikhauben, am anderen reihen sich undurchsichtige Kleiderschutzhüllen aus Polyester und am dritten hängen die Kleider unverpackt. "Folie wird heutzutage verteufelt", sagt Nolte. Zu Unrecht, findet er.

Bilder von Plastikmüll in den Weltmeeren verunsichern seiner Meinung nach. "Aber diese Folie stammt nicht aus der Reinigung um die Ecke", sagt er. Folie, die hierzulande vertrieben werde, wird laut Nolte recycelt oder verbrannt. Trotzdem führt der Berliner Fachgroßhandel auch mehrfach verwendbare Kleiderschutzhüllen. Diese bestehen aus Kunststofffasern wie Polyester oder Polypropylen. Aber: "Wir stehen diesen Produkten nicht unkritisch gegenüber", betont Nolte. Seiner Ansicht nach gaukle die Devise "Nachhaltige Mehrwegverpackung statt Folie" Textilreinigern vor, sich durch den Einsatz von Kleiderschutzhüllen aus Polyester besonders umweltbewusst zu verhalten. Der Geschäftsführer sieht das jedoch skeptisch. Ihm fehlen verlässliche Zahlen. Auch Kleidersäcke verschleißen.

Verlässliche Zahlen und Tests fehlen

Mehrfach verwendbare Kleiderschutzhüllen gibt es zwar schon seit Jahren. Meist hängt darin jedoch nur hochwertige Bekleidung wie ein Hochzeitskleid oder ein teurer Designeranzug. Für den regelmäßigen Gebrauch stehen die waschbaren Hüllen erst seit der Debatte um Klimaschutz im Gespräch. Für Nolte ein Schnellschuss. "Es gibt keine Kalkulation", sagt er. Zumindest keine, die alle Faktoren miteinbezieht. Dazu zählt er neben den Herstellungskosten und langen Transportwegen der Mehrwegverpackung
auch die laufenden Kosten: Waschen, Waschmittel, Wasser. Seiner Ansicht nach greifen Vergleiche, die die Einkaufspreise von Folie und Kleiderschutzhüllen gegenüberstellen, zu kurz. Zur Anschauung: Mit einer Rolle Folie für 20 Euro lassen sich 500 Hemden verpacken. Wie vielen Hemden ein Kleidersack im Dauergebrauch standhält, ist bisher noch nicht getestet. Das sieht Nolte problematisch. Was, wenn die Mehrwegverpackung nur wenigen Wäschen standhält? Seiner Meinung nach offenbart
sich dann das Problem der Hüllen: Die Textilien bestehen aus synthetischen Fasern. Landen sie im Müll, schadet das der Umwelt.

Folie war über viele Jahrzehnte alternativlos. Gerade in der Branche der Textilreiniger. Und insbesondere durchsichtige Folie. "Kunden wollen sofort sehen: Ist das meine Bluse? Ist der Fleck raus?", sagt Nolte. Trotzdem änderte sich das Material über die Jahre. Es wurde dünner. "Das heißt weniger Müll und geringere Kosten." 2019 trat ein neues Verpackungsgesetz in Kraft. Demnach zahlen Händler und Hersteller eine Gebühr für Verpackungen. Diese finanziert das Recycling der Stoffe. Der Verkauf von Folie sank vergangenes Jahr um etwa sechs Prozent. Dasselbe Jahr, in dem der Verkauf von Kleiderschutzhüllen angekurbelt wurde. Dennoch: Nicht jedes neue Produkt bedeute Verbesserung, betont Nolte. Denn: "Umweltschutz ist auch ein Geschäft geworden." Alternative Verpackungen dienten demnach nicht zwangsläufig dem guten Zweck, sondern wirtschaftlichen Interessen. Auch in Textilreinigungen. Wie sollen sich Unternehmer also verhalten? Für Nolte ist eines klar: "So, dass Kundenwünsche erfüllt werden."

Wäsche einpacken: Diese Möglichkeiten haben Textilreiniger

Folie, Papier oder Polyester – bei der Frage, wie Textilreiniger die Wäsche ihrer Kunden verpacken, scheiden sich die Geister. Welche Möglichkeiten es gibt, erklärt Heiko Nolte, Geschäftsführer der Hans-Joachim Schneider GmbH.

1. Folie. In Textilreinigungen kommt Folie zum Einsatz, die zwischen 12 und 15 μm dick ist. Ein Mikrometer entspricht einem tausenstel Millimeter. Zum Vergleich: Ein menschliches Haar ist viermal dicker als diese Folie. "Damit ist sie sehr wirtschaftlich" sagt Nolte. Die Folie ist seiner Ansicht ein effektiver Schutz für gereinigte Bekleidung, Laut Nolte werden Kunststoffverpackungen in Deutschland entweder gesammelt und recycelt oder verbrannt, um Fernwärme zu erzeugen.
2. Klimaneutrale Folie. Folie kann klimaneutral hergestellt werden, sagt Nolte. Das heißt, für die bei der Produktion entstehenden CO2-Emissionen zahlt das Unternehmen einen bestimmten Geldbetrag, der die ausgestoßenen Schadstoffe wieder ausgleichen soll. Bei der Firma Schneider berechnen dazu Klimaschutzexperten von Climate- Partner den CO2-Abdruck der hergestellten Folie. Mit dem errechneten Betrag finanziert die Firma Umweltprojekte, etwa ein Bergwaldprojekt, das heimische Wälder im Harz schützt. Laut Nolte trägt das Unternehmen die Ausgleichszahlungen. Sprich, sie werden nicht an Kunden weiter gegeben. Allerdings werden Kunden informiert: So prangt etwa auf der Folie ein Aufdruck der Internetadresse von ClimatePartner. Kunden können dadurch nachvollziehen, was hinter dem Projekt steckt. Für Textilreiniger bietet der Fachgroßhandel kostenfreie Flyer und Thekenaufsteller an.
3. Plastiktragetaschen. Die Tage der Plastiktüten sind gezählt. Alle Tragetaschen mit einer Materialstärke unter 50 μm sollen verboten werden. So lautet ein vorgestellter Gesetzesentwurf vom Bundesumweltministerium. Bevor der Vorschlag rechtskräftig wird, muss er noch Bundesrat und Bundestag passieren. Noch ist offen, ob und wann das Gesetz in Kraft tritt. Viele Unternehmen haben schon begonnen, Restbestände abzubauen und zu verkaufen. Der Fachgroßhandel Schneider führt unbedruckte Tragetaschen noch im Sortiment.
4. Tüten aus Bioplastik. Tüten aus kompostierbarem Plastik? "Klingt nach einer guten Idee", sagt Nolte. "Das Problem ist nur: Bei diesem Versprechen handelt es sich um eine Werbelüge." Verbraucherschutzorganisationen teilen diese Meinung. Bioplastik zersetzt sich nicht einfach. Anders als Biomüll zerfällt Bioplastik in Teile. Und zwar in kleine, beinahe unsichtbare Kunststoffpartikel. Diese gelangen dann als sogenanntes Mikroplastik in die Umwelt und verschmutzen Gewässer und Meere. Nolte sieht noch einProblem bei Bio-Tüten. Als kompostierbar gelten nach DIN-Norm Kunststoffe, die sich nach zwölf Wochen zu mindestens 90 Prozent aufgelöst haben. Die Rottezeit deutscher Kompostieranlagen aber läge bei acht Wochen. "Das stürzt die Kompostieranlagen in ein Dilemma." Denn äußerlich lassen sich Bio-Tüten nicht von regulären unterscheiden. Das Fazit: Alle Tüten landen in der Restmülltonne.
5. Papiertüten. Tüten aus Papier sind nicht unbedingt die umweltfreundliche Alternative, sagt Nolte. Im Gegensatz zur herkömmlichen Plastiktüte benötigt die Version aus Papier doppelt so viel Energie bei der Herstellung, schätzt er. Auch beim Verwenden sieht er Schwächen: "Papier ist nicht so reißfest und nicht wasserabweisend."
6. Permanet-Tragetasche. Als Alternative sieht Nolte Permanent- Tragetaschen aus Polypropylen. Besonders gefragt sei ein Modell mit der doppeldeutigen Aufschrift "Alles rein." Die Tasche hat neben einem großen Wäschefach ein gesondertes Innenfach für die Bügelaufbewahrung.
7. Verpackungspapier. Zum Verpacken von Wäschepaketen setzen manche auf Papier. Oft verwenden sie dabei gebleichtes Natronkraftpapier. "Dieses Produkt wird relativ unkritisch gesehen", sagt Nolte. Es besteht aus einem nachwachsenden Rohstoff. Auch da gibt es eine Alternative: ungebleichtes Recyclingpapier. Die Produktion des 55 g/m² schweren Papier kommt ohne weißmachendem Bleichmittel aus.

Unternehmer suchen Alternativen

Doch nicht nur Kunden fordern ein Umdenken. Auch Unternehmer suchen nach Alternativen. Eine davon ist Sabine Eschner aus Lübbecke, Nordrhein-Westfalen. Seit mehr als zwanzig Jahren packt die Inhaberin der City-Reinigung Hemden in Folie. Ihr Problem: Die Folie reißt. Dazu brauche es nicht viel, weiß die Fachfrau für Textilpflege. Mal bleibt ein Reißverschluss, mal die eigene Uhr an dem dünnen Material hängen. Eine Alternative zur Folie sah Eschner bis vor Kurzem nicht. Bis ihr Lieferant ihr die
nachhaltigen Kleiderhüllen des Herstellers mypolybag zeigte. "Ich war sofort begeistert", sagt Eschner.

Mehrwegverpackungen
Die Inhaberin der City-Reinigung in Lübbecke, Sabine Eschner, setzt auf waschbare Kleiderschutzhüllen. - © Eschner

Seit November letzten Jahres hat sie knapp 140 Kleider-Capes herausgegeben. Das Prinzip ist einfach: Kunden können die Hüllen entweder für zehn Euro pro Stück kaufen oder gegen eine Gebühr von zehn Euro leihen – auch dauerhaft. In Lübbecke kommt die Mehrwegverpackung gut an. Gerade bei Geschäftsreisenden, sagt Eschner. "Denen geben wir die sauberen Hemden und Sakkos mit. Und nach der Geschäftsreise bringen sie den Sack samt Schmutzwäsche wieder mit." Die Kleiderschutzhüllen wäscht sie bei 40 Grad – als besonderer Service für ihre Kunden. "Sie können auch gebügelt werden", schiebt sie nach.

Nicht alle Kunden waren direkt begeistert. "Bei manchen älteren Herren hat es gedauert", sagt Eschner. Sie selbst war anfangs noch zögerlich: Sie bestellte zunächst nur zehn Mehrwegbeutel in zwei Größen. 62 cm lange Hüllen für bis zu zehn Hemden und 125 cm lange Säcke für Mäntel und Kleider. Inzwischen setzt die Unternehmerin nur noch auf die Mehrwegbeutel. Damit spare sie mir 15 Rollen Folie im Jahr. "Wer kein Kleidercape möchte", sagt sie, "bekommt sein Hemd einfach ohne Folie."

Kleider-Capes: Das Waschen gehört zum Service

Im Saarland, bei der Textilreinigung Müden, wählt der Kunde selbst. Folie oder nachhaltige Kleiderhülle. Als Entscheidungshilfe hängen die Schutzhüllen im Schaufenster. So können die Mitarbeiter dem Kunden die Variante direkt zeigen – ein Grund, weshalb die Hüllen so gut angenommen werden, erklärt Müden. Seit einem halben Jahr bietet er Kleidersäcke an. Derzeit in drei verschiedenen Größen und Farben: 105 cm lange weiße Hüllen für bis zu zehn Hemden und Jacken, 125 cm lange blaue Capes für bis zu zehn Hosen, Kleider oder Mäntel und 140 cm lange olivgrüne Exemplare für bis zu 20 hängende Teile oder voluminöse Garderobe. Anders in Lübbecke bietet Müden die Mehrweghüllen nur zum Verkauf an. 1.000 Exemplare hat er bereits im Umlauf. Die Resonanz gibt ihm Recht. "Kunden haben zwischen zwei und fünf Kleiderhüllen“, sagt er. Hat ein Kunde ein Abo, zahlt er zwischen 3,90 Euro und 4,90 Euro pro Kleider-Cape. Im Online-Shop der Reinigung verlangt Müden bis zu 19,90 Euro dafür. Bisher hat Müden gute Erfahrungen mit den Kleiderschutzhüllen gesammelt. Das Waschen gehört auch für ihn zum Service.

Etwa ein Prozent sei wegen kaputter Reißverschlüsse verschlissen, sagt er. "Die wechseln wir dann aus." Seine Meinung zu den Kleiderhüllen ändert das nicht. Im Gegenteil. Langfristig möchte der Geschäftsführer das Angebot ausbauen. "Auf bis zu 10.000 Säcke", sagt der 62-Jährige. Doch noch testet der Unternehmer verschiedene Systeme. Konkret heißt das, dass verschiedene Größen und Modelle ausprobiert werden. "Kunden mit drei Hemden möchten keinen riesigen Kleidersack", sagt er. Und andersrum liege es ihm fern, 20 Teile in eine kleine Hülle zu stopfen. Drei Anbieter testet Müden aktuell. Neben einem Modell von Schneider probiert er die Variante eines kleinen, lokalen Produzenten, der Kleidersäcke selbst herstellt. Außerdem führt er einen Hersteller, der die Kleider-Capes gerollt verkauft – als Mitnahmeartikel auf dem Tresen.