Vor Ort: Wäscherei Güthler Mit heißer Luft gespart

Steigende Energiekosten und ein Wandel im Konsumbewusstsein vieler Verbraucher setzen gerade kleine und mittlere Betriebe unter Wettbewerbsdruck. Die Spezialwäscherei Güthler aus Memmingen hat einen Weg gefunden, Wirtschaftlichkeit und Umweltfreundlichkeit wirkungsvoll zu kombinieren.

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    Das erfolgreiche Tüftlerteam: Kern-Vertriebsleiter Georg Miller (li.), Wäschereichef Stephan Güthler (mi.) und Konstrukteur Alois Sauter (re.).
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    Die vorgeheizte Luft wird mit über 55 °C in das Heizregister des umgebauten Trockners geleitet.
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    Über diese Rohrleitungen nutzt Stephan Güthler die Abwärme seiner Trockner.Fotos: Heiler

Mit heißer Luft gespart

Wasserdampf beschlägt das matte Glas der hohen Altbaufenster. Vernebelt den Blick nach draußen in den Hinterhof. Kleine Schweißperlen bilden sich auf meiner Stirn, rinnen in Zeitlupe an den Schläfen hinab. Die Luft in dem schmalen, nur nach einer Seite offenen Raum ist heiß und stickig. Das Atmen fällt schwer. Wie immer herrscht auch an diesem Mittwochmorgen ein tropisches Klima in der Spezialwäscherei Güthler. Dennoch empfängt mich Inhaber Stephan Güthler gut gelaunt mit einem verschmitzten Lächeln und festem Händedruck: „Ganz schön warm hier oder? Kommen Sie schon ins Schwitzen? Ich bin die heiße Luft gewöhnt und sie hat auch ihre Vorzüge.“

Während Güthler einen beachtlichen Berg tropfender Schmutzfangmatten aus der Waschmaschine hievt und in den silberfarbenen Transportcontainer wuchtet, erzählt er von der Idee, die beträchtliche Abwärme seiner Trockner mit einem Fassungsvermögen von 50 kg sinnvoll zu nutzen: „Ich habe mich immer wieder geärgert, dass wir so viel Energie einfach ungenutzt zu Fenster hinausblasen. Irgendwie musste es da doch eine Verbesserungsmöglichkeit geben. Dann habe ich zu tüfteln angefangen“.

Heraus kam dabei eine ebenso simple wie effektive Lösung. In Zusammenarbeit mit der Heilbronner Firma Lavatec Wäschereitechnik errichtete der Betriebsinhaber im Jahr 2003 einen zweiten, umgebauten Trockner, der die etwa 80 °C warme Abluft des vorhandenen Geräts zur Beheizung und Luftführung nutzt. Dadurch konnte das übliche interne Heizregister ersetzt und eine Heizölersparnis von 7.000 l jährlich erzielt werden. Zusätzlich verringerte die Wäscherei ihren jährlichen Ausstoß des Treibhausgases Kohlenstoffdioxid um 23 Prozent.

Von diesen Erfolgen motiviert, gab sich Stephan Güthler mit dem Erreichten nicht zufrieden: „Nach dem Umbau wurde die aufbereitete Abluft unserer Trockner immer noch mit durchschnittlich 60°C ins Freie geleitet. Da blieb noch einiges an Potenzial ungenutzt. Also habe ich ein bisschen rumtelefoniert und meine Vorstellungen für einen weiteren Umbau geschildert. Alois Sauter war der Einzige, der nicht sofort abgelehnt hat.“

Besagter Alois Sauter führt eigentlich eine Firma für Heizungs- und Solartechnik, widmet aber einen bedeutenden Teil seiner Zeit dem Konzipieren und Konstruieren neuer Erfindungen. „Schwierige Problemsituationen reizen mich am meisten. Wenn mich dann der Ehrgeiz gepackt hat, finde ich keine Ruhe, bis eine passende Lösung steht. Die Anfrage der Wäscherei Güthler war so ein interessanter Fall“, beschreibt der Tüftler seine Motivation.

Nach einem halben Jahr Planungs- und Entwicklungszeit konnte Stephan Güthler im Oktober 2006 die nächste technische Innovation in Betrieb nehmen. Das Herz der Anlage bildet ein individuell entwickelter Kreuzstromwärmetauscher. Dieser nutzt im Gegenstromverfahren die heiße Abluft des zweiten Trockners für den Heizvorgang des ersten Trockners. Dabei saugt das verbliebene Heizregister statt der üblichen Raumluft mit einer Temperatur von etwa 20°C die vorgeheizte Luft in Höhe von 55°C an. Auf diese Weise reduziert sich der notwendige Erwärmungsprozess von 120°C auf 85°C. Folglich sinkt auch der entsprechende Energieverbrauch. Dieser Ausbau erbringt, ähnlich wie bereits die erste Stufe, eine jährliche Ölersparnis in der Größenordnung von 7.000 l.

Voller Optimismus zeigt Güthler auf einen leicht vergilbten Zettel in seinem Büro und erzählt: „Dort habe ich den jährlichen Ölverbrauch des Betriebs seit 2001 notiert. Die Zahlen sprechen für sich. Mit den Einsparungen haben sich meine Investitionen bei steigenden Ölpreisen nach wenigen Jahren amortisiert. Ab dann erziele ich jedes Jahr zusätzlichen Gewinn.“ Nach eigenen Aufzeichnungen konnte der Unternehmer seinen Verbrauch zwischen den Jahren 2001 und 2007 von 29.230 l Heizöl auf 15.400 l drosseln. Bei dem aktuellen Jahresdurchschnittspreis von 82 Cent pro Liter Heizöl und der Nettoeinsparung von 13.830 l ergibt sich für die Wäscherei eine Entlastung von 11.340 Euro pro Geschäftsjahr.

Doch das Einsparpotenzial ist noch nicht ausgereizt, der nächste Schritt bereits angedacht. „Für den Herbst habe ich bereits ein neues Projekt geplant. Dann wird Alois Sauter hier eine Anlage installieren, mit deren Hilfe sich die restliche Abluft zum Erwärmen des Brauchwassers nutzen lässt. Da sind dann noch mal 3.000 bis 5.000 Liter drin“, führt Stephan Güthler optimistisch aus. Mit diesem Extra lässt sich die Gesamtinvestitionssumme von 55.000 Euro noch schneller refinanzieren. Auch die Kunden der Spezialwäscherei profitieren von der Innovationsfreude des Firmeninhabers. Aufgrund der wirtschaftlichen Vorteile konnten die Preise für Dienstleistungen und das Schmutzfangmattenleasing in den letzten Jahren stabil gehalten werden, was sich positiv in Form steigender Auftragszahlen bemerkbar machte. Neben dem Hauptgeschäft mit den Schmutzmatten, das zwischen 60 und 70 Prozent ausmacht, reinigt die Wäscherei auch Teppiche, Betten, Vorhänge, Jalousien und andere Sonderteile. Dabei packt der Chef selbst mit an: „Mit meinen zwei Halbtagskräften und unserem Fahrer gehören wir sicher nicht zu den Großbetrieben der Branche.“ Zum richtigen Umweltmarketing hat Güthler seine energiesparende Arbeitsweise bisher nicht genutzt: „Meine Kunden haben sich eher über die konstanten Preise gefreut. Aber die Idee, mit der Umweltfreundlichkeit des eigenen Betriebs zu werben, macht natürlich Sinn.“

Bei allen Vorteilen ist sich der Unternehmer über die Bedenken seiner Branchenkollegen im Klaren: „Viele scheuen das Investitionsrisiko oder können im stressigen Geschäftsalltag nicht genügend Zeit aufbringen, um sich über Möglichkeiten zur Energieeinsparung zu informieren. Zudem spielt der Gedanke, die Umwelt zu entlasten, oftmals keine große Rolle. Das sind ja Werte, die man nicht mit Geld bemessen kann.“ Mit frustriertem Unterton fügt Alois Sauter an: „Die meisten Wäschereien, an die wir uns wenden, glauben gar nicht, dass man im Energiebereich so viel einsparen kann. Die vertrauen eher auf die Aussagen der großen Hersteller, mehr als 20 Prozent Sparpotenzial seien da nicht drin. Zusätzlich wollen sie die Einsparungen mit unserer Lösung bis auf den Liter genau vertraglich fixiert haben. Das wäre von unserer Seite aber unseriös, weil die Bedingungen in jedem Betrieb unterschiedlich sind.“ Die Patentanmeldungen für die Konstruktionen laufen zwar noch, aber Alois Sauter bietet das Verfahren zur Verbesserung der Energieeffizienz mittels Wärmetauscher bereits über die Firma Rudolf Kern an. Mit der Lösung wendet sich Sauter speziell an Wäschereibetriebe: „Wir gehen auf die individuellen Bedürfnisse der Wäschereien ein und haben Verständnis für den oftmals engen Finanzrahmen. Aber gemeinsam lässt sich immer eine Möglichkeit finden. Auch für uns spielt der Umweltschutzgedanke eine wichtige Rolle.“ Aktuell wird an einem kostengünstigen Finanzierungsmodell gearbeitet. Zudem ist das Verfahren auch ohne einen zweiten Trockner verfügbar. Zum Abschluss betont Stephan Güthler mit intensiver Gestik die ökologischen Aspekte seines Engagements: „Mir ist die Entlastung der Umwelt wichtiger als der Geldvorteil. Das Ganze muss nur nachhaltig sein, sonst macht es keinen Sinn. Es ist ein Glücksfall, dass bei uns wirtschaftliche und ökologische Vorteile in optimaler Weise zusammenkommen. Alleine unser Kleinbetrieb hat den Ausstoß an Kohlenstoffdioxid um 43 t im Jahr reduziert. Stellen Sie sich vor, was die Branche da insgesamt erreichen könnte!“ Das Potenzial zur Nutzung von „Abluftrecycling“ verdeutlicht er an einem Beispiel: „Mit der warmen Abluft meiner beiden Trockner könnte man in fünf Tagen die gesamte Münchener Allianz-Arena aufblasen.“Matthias Heiler