Vor Ort:RABC-Workshop Mit Sicherheit sauber

Das RABC-System zeichnet Wäschereien, die für hygienesensible Kunden tätig sind, als überprüften Betrieb aus. Welche Voraussetzungen dafür erfüllt sein müssen, darüber klärte ein zweitägiger Workshop bei der Wäschereiforschung Krefeld (wfk) auf.

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    In seinem Vortrag erklärte Wolfgang Quednau die Ursprünge des RABC-Systems.
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    Referent Dr. Lutz Vossebein führte viele Beispiele aus der Praxis an.

Mit Sicherheit sauber

Es sei der BSE-Skandal in England gewesen, dem die Europäische Union die normative Verankerung des RABC-Systems (Risk Analysis Bio Contamination) zu verdanken habe. Mit diesen Worten eröffnete Wolfgang Quednau (BTTA, Mönchengladbach) den Workshop „EN 14065 – RABC-Systeme und ihre Umsetzung in die Praxis“, der am 7. und 8. November 2006 in Krefeld in den Räumen der wfk stattfand.

Vor etwa zehn Jahren galt es, das Vertrauen der Verbraucher in die Fleischproduktion wieder herzustellen. Die Auditierungswelle von Vorlieferanten habe dazu geführt, dass sich auch eine britische Wäscherei mit dem Thema Hygiene auseinandergesetzt habe. Sie gab ein Handbuch in Auftrag, das sich der Aufbereitung von Wäsche aus Lebensmittelbetrieben widmen sollte. Dieses Handbuch setzte sich auf der Insel sehr schnell durch und wurde bald auch von Nachbarstaaten angefragt. Das war der Startschuss für eine europäische Normungsinitiative, die im Jahr 2003 mit der DIN EN 14065 (Textilien – In Wäschereien aufbreitete Textilien – Kontrollsystem Biokontamination) abgeschlossen werden konnte. Das Ziel dieser Norm ist es, bei Textilien für hygienesensible Bereiche eine mikrobiologische Qualität festzuschreiben. Dabei gilt sie in erster Linie dem Verbraucherschutz. Denn jeder, der ein Lebensmittel kauft, soll sicher sein können, dass dieses kein Risiko für seine Gesundheit darstellt. Da bei der Herstellung von Lebensmitteln Berufs- oder Schutzkleidung getragen wird, muss auch eine Kontamination der Lebensmittel durch die Textilien ausgeschlossen werden. In jeder Wäscherei, die etwa die Lebensmittel- oder Pharmaindustrie bedient, ist demnach eine Risikoüberwachung von der Pflege der Wäsche bis zu deren Auslieferung beim Kunden notwendig. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass humanpathogene, also für den Menschen schädliche Keime, Viren oder andere mikrobiologische Organismen während der Bearbeitung auf die Kleidung übertragen werden und von dort auf oder in Nahrungsmittel gelangen. Durch ein Zertifikat, wie es das RABC-Zertifikat auf europäischer Ebene darstellt, wird diese hervorragende Hygienepraxis schriftlich manifestiert und kann dem Kunden gegenüber dokumentiert werden.

Für eine Umsetzung dieser Forderungen in die Praxis beschreibt die DIN EN 14065 ein System, mit dessen Hilfe die Risikofaktoren bei der Bearbeitung in einer Wäscherei weitgehend ausgeschlossen werden sollen: das RABC-System. Es basiert auf sieben Grundsätzen, mit denen eine hygienische Produktion erreicht werden soll, und kann auf den Nenner gebracht werden: was – wann – wie – womit – woraus – wer?

Grundsatz 1: Auflistung von mikrobiologischen Gefahren und Kontrollmaßnahmen: Eine Risikoanalyse sollte, so die Ansicht der Experten des Workshops, den Wäschereien, die über ein Qualitätsmanagementsystem verfügen, nicht schwer fallen. Denn wie auch bei QM-Systemen gilt es, Arbeitsabläufe genau zu untersuchen. Im Fall der Risikoanalyse steht dabei die Durchleuchtung der reinen Seite hinsichtlich einer möglichen Eintragsgefahr von Keimen in oder auf die Wäsche im Mittelpunkt. Dabei sind Maschinen, Betriebsmittel und Mitarbeiter in die Analyse einzubeziehen und eine Gefährdung nach Risikoklassen vorzunehmen. Diese sind eingeteilt in geringes, mittleres, hohes und sehr hohes Risiko.

Auf ein besonderes Risiko ging der Mikrobiologe und Veranstalter des Workshops Dr. Lutz Vossebein von der wfk besonders ein: die Keimübertragung durch die Hände. Gerade durch Hautkontakt kann eine Vielzahl für den Menschen ungesunder Keime auf die gewaschene und auf die getrocknete Kleidung übertragen werden. Dort finden sie zum Teil ideale Bedingungen für ihre Vermehrung vor oder sie können von dort zumindest auf diese warten. Aber auch verschmutzte Wäschetransportwagen, Wäschesäcke, die Berufskleidung der Wäschereimitarbeiter oder die Auslieferungsfahrzeuge sind potenzielle Kandidaten für die Weitergabe von ungewollten Mikroorganismen. Den Kontrollmaßnahmen kommt daher eine besondere Aufgabe zu. Sie sollen helfen, die als risikobehaftet eingestuften Bereiche wie etwa die Hände der Mitarbeiter oder das Brauchwasser regelmäßig mit geeigneten Mitteln wie etwa dem Abklatschtest zu überprüfen.

Grundsatz 2: Bestimmung der Kontrollpunkte: Wenn die Gefahren ausgemacht und die Kontrollmaßnahmen festgelegt sind, müssen die Stellen bestimmt werden, an denen eine regelmäßige Überprüfung stattfinden muss. Sie sind in fest definierten zeitlichen Abständen durchzuführen, die festgeschrieben sein müssen. Auch Mausefallen oder andere Schädlingsfallen sind in die Kontrollpunkte einzubeziehen, wenn die Risikoanalyse die Kleintiere als potentielle Gefahr erkannt hat. Zusätzlich sind alle durchzuführenden Desinfektionsmaßnahmen wie etwa die Hände- oder Flächendesinfektion festzulegen. Dabei sollten Angaben zur Konzentration und der Einwirkzeit eines Desinfektionsmittels nicht fehlen.

Grundsatz 3: Zielgrenzwerte und Toleranzen für jeden Kontrollpunkt definieren: Dieser Grundsatz ist leichter gesagt als getan. Denn die EN DIN 14065 sieht aus Rücksicht auf die europäischen Mitgliedsstaaten keine festen Grenzwerte vor. Daher hat der Industrieverband Textil Service in Eschborn das Intex-RABC-Handbuch erarbeitet. In diesem sind neben den Anforderungskatalogen für Textilien aus Lebensmittelbetrieben, Krankenhaustextilien, kundeneigener Wäsche aus dem Gesundheitswesen und sonstiger Wäsche auch Grenzwerte angegeben, mit denen eine Biokontamination verhindert und kontrolliert werden kann. Sie sind unterteilt in zwingend erforderliche Grenzwerte, in notwendige Maßnahmengrenzwerte und in Orientierungswerte. Solche Werte sind für alle als kritisch bekannten Bereiche einer Wäscherei angegeben. So gibt das Handbuch etwa Auskunft, dass bei trockener Kleidung für den Lebensmittelbereich bei neun von zehn Proben nicht mehr als 50 keimbildende Einheiten pro Quadratdezimeter gefunden werden dürfen (Grenzwert: 50 KBE/dm2). Auch für Betriebswasser sind Werte genannt: Als Maßnahmengrenzwert von Rohwasser gilt etwa eine Grenze von 100 KBE/ml.

Grundsatz 4: Festlegung eines Überwachungssystems: Wie auch in Qualitätsmanagement-Systemen muss das RABC-System Kontrollen für die festgelegten Maßnahmen bestimmen. Zu diesen gehören z.B. Warnsysteme an Waschmaschinen oder Dosierpumpen. Bei Unterschreiten der Waschtemperatur für eine desinfizierende Wäsche oder bei Leerlaufen der Pumpen muss ein Alarmton auf den Fehler hinweisen. Aber auch Reinigungs- und Desinfektionspläne, deren Durchführung öffentlich dokumentiert wird, gehören zu den Überwachungssystemen.

Grundsatz 5: Festlegung von Korrekturmaßnahmen: In diesem Punkt werden Maßnahmen festgelegt, die eingeleitet werden müssen, wenn bei der Überwachung nicht tolerierbare Abweichungen festgestellt werden. Eine solche Maßnahme könnte etwa lauten: Bei Überschreiten der Keimbelastung auf den Händen der Mitarbeiter muss eine Nachschulung zur Händedesinfektion erfolgen. Bei fehlerhaften Waschprogrammen, so eine weitere Maßnahme, ist der Servicetechniker zu informieren. Durch diese Festschreibung von Korrekturmaßnahmen sollen die Mitarbeiter im Betrieb in die Lage versetzt werden, schnell und angemessen auf Abweichungen zu reagieren, um so die hygienische Qualität eines Betriebs gewährleisten zu können.

Grundsatz 6: Festlegung der Kontrollverfahren des RABC-Systems: Ein System ist nur so gut, wie es funktioniert. Aus diesem Grund ist auch eine regelmäßige Überprüfung des RABC-Systems notwendig. Sie soll ans Licht bringen, ob ein Betrieb tatsächlich lebt, was in puncto Hygiene festgeschrieben ist. Daher muss in dem System auch eine Überprüfung desselben vorgesehen sein. Diese legt fest, in welchen Zeitabständen welche Art der Überprüfung durchzuführen ist. Dazu zählen etwa interne Audits, ein „Monitoring“ – also eine Kontrollüberwachung – oder die Revalidierung, also die Überprüfung der Wirksamkeit des Gesamtsystems.

Grundsatz 7: Festlegen eines Dokumentationssystems: Wie bei Qualitäts-Managementsystemen gehört auch im RABC-System ein Leitfaden dazu, in dem die ergriffenen Mittel und Methoden zur Erreichung einer einwandfreien Hygiene festgehalten sind. Die Dokumentation ist abhängig von der Größe und der Art der Wäscherei und muss in jedem Fall schriftlich erfolgen. Hilfe bei der Dokumentation bietet auch die im Intex-Handbuch beigelegte CD-ROM.

Für Wäschereien, die nach den sieben Grundsätzen des RABC-Systems vorgehen und auf diese Weise eine festgeschriebene Hygienequalität dokumentieren können, stellt das RABC-Zertifikat den letzten Schritt bei der Umsetzung der EN DIN 14065 dar. Denn mit dieser Urkunde wird amtlich, dass ein Betrieb in puncto einwandfreie Berufs- und Schutzkleidung für die Lebensmittelsmittelsicherheit aktiv ist. Das RABC-Zertifikat wird von autorisierten Instituten – unter ihnen die wfk – für drei Jahre vergeben. Es bietet den Vorteil, dass es europaweit gültig ist. Damit wird es für Wäschereien interessant, die über die Landesgrenzen hinaus tätig sind oder die internationale Kunden bedienen. Wer allerdings lokal tätig ist und das Gütezeichen „Sachgemäße Wäschepflege“ gemäß RAL 992/1-3 trägt, braucht sich nicht zu sorgen. Das RAL-GZ 992 wird nicht durch das RABC-System ersetzt – es hat lediglich eine große Schwester mit EU-Staatsangehörigkeit bekommen.

Dipl.-Ing. Sabine Anton-Katzenbach