Start-up CosaVita Mit Wäschesack und App neue Kunden finden

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Kunden generieren, ohne vorhandene Prozesse zu verändern – das verspricht die neue App CosaVita. Das Start-up richtet sich zwar in erster Linie an Pflegebedürftige, birgt aber ein neues Geschäftsfeld für Textilpfleger. Wie Gründer Frank Schmitz das Konzept der Bewohnerwäsche für ambulante Pflege adaptiert.

Wäscheservice für Senioren mit CosaVita App
Das Start-up CosaVita will mithilfe einer App einen Wäscheservice für Pflegebedürftige, die zuhause versorgt werden, ins Leben rufen. - © Kzenon - stock.adobe.com

Vier von fünf Pflegebedürftigen werden zuhause versorgt. Der Wert aus der Pflegestatistik 2019 heißt auch: Nur einer von fünf trägt professionell gewaschene Wäsche. Genau dieser Anteil könnte künftig steigen – und zwar mithilfe einer App. Das Start-up CosaVita verknüpft Haushalte und Großwäschereien – und zwar über Pflegedienste mit Wäschesäcken. Beinahe ohne Mehraufwand für alle Beteiligten, sagt Gründer Professor Dr. Frank Schmitz und betont: "Auf die Wäschereien kommen keine Kosten zu." Im Prinzip funktioniert das System wie Essen auf Rädern. Nur andersherum. Statt den Pflegebedürftigen warme Mahlzeiten zu bringen, wird getragene Wäsche abgeholt und professionell gereinigt.

Was auf Textilpflegebetriebe im ersten Moment kompliziert wirken kann, gestaltet sich im Alltag denkbar einfach: Ambulante Pfleger bringen bei ihrem Besuch Wäschesäcke mit. Die gesammelte Schmutzwäsche werfen sie dann beim Sitz des Pflegedienstes in einen Rollcontainer. Dort lädt sie ein Wäschefahrer bei seiner Route auf. In der Wäscherei werden die Textilien bearbeitet und nehmen gut zehn Tage später den umgekehrten Weg zur Privatperson zurück.

" Es darf nicht zeitaufwändig sein", beschreibt Schmitz seinen Ansatz. Nicht für die Textilpflegebetriebe, nicht für den Pflegedienst. Das Unternehmen ordnet den Kunden daher – anders als in stationären Einrichtungen – keine festen Wäschesäcke zu. "Es läuft dynamisch." Wird ein Beutel befüllt, scannt die Pflegekraft den Barcode des Wäschebeutels ein und ordnet ihn über die App dem jeweiligen Kunden zu. Im häuslichen Umfeld wird nur der Wäschesack festgehalten, die einzelnen Textilien werden nicht erfasst. Landet die Wäsche aus der ambulanten Pflege im Textilpflegebetrieb, werde sie dort wie Bewohnerwäsche bearbeitet, die Teile aus dem Beutel werden gekennzeichnet. Ob mit Barcode oder RFID-Chip sei den Betrieben überlassen. "Wir ändern keine Prozesse", sagt Schmitz. "Wir erfassen nur den Wäschesack." Für die Wäschereien heißt das, alle eingehenden Textilien zählen zu einem Kunden: CosaVita.

Das Start-up CosaVita in der Wäscherei

Die ersten Wäschesäcke über die App landeten 2018 im Wareneingang der Wäscherei Brüx . "Es ist gut organisiert", sagt Inhaberin Simone Brüx. Das Pilotprojekt hatte die Unternehmerin neugierig gemacht. "Es ist ein interessanter Ansatz für die häusliche Pflege – und ein mögliches neues Geschäftsfeld." Die Wäschepakete für den Betrieb in Sonsbeck, Nordrhein-Westfalen, der sowohl Kunden aus dem Gesundheitswesen und der Hotellerie als auch Privatkunden bedient, lieferte der Caritasverband in Geldern-Kavelaer, einer von fünf Kunden des Testlaufs. "Anfangs haben wir jeden Wäschesack beobachtet", sagt Schmitz. Einerseits, um zu sehen, ob sich das Konzept der Bewohnerwäsche tatsäch lich auf ambulante Dienste übertragen lässt, und andererseits, um Fragen vom Datenschutz und bis hin zur Abrechnung zu klären.

So läuft die Abrechnung

Prof. Dr. Frank Schmitz
Prof. Dr. Frank Schmitz, Gründer von CosaVita - © CosaVita

Neben den Kosten für die Waschleistung fällt eine kleine Provision für CosaVita an. "Die Betonung liegt auf klein", sagt Schmitz. Ihn treibe nicht das Geld an, sondern die Idee. Er ist überzeugt davon, dass Pflegebedürftige mithilfe der App länger zuhause versorgt werden könnten. Seiner Einschätzung nach rückt der Zugang zu professionell gepflegter Wäsche in den nächsten Jahren immer stärker in den Fokus. Die Gesellschaft wird älter. In zehn Jahren wird jeder Dritte über 65 Jahre alt sein. Genau mit diesem Thema beschäftigte sich der Ökonomieprofessor der Hochschule Rhein-Waal, der schon Kliniken und Senioreneinrichtungen beriet, in einem Projekt. Als Leiter des Studiengangs Gesundheitsmanagement stellte er seinen Studierenden die Frage: Wie lässt sich der Alltag von älteren Menschen erleichtern? Ihr Einfall: ein Wäscheservice. Das angedachte Modell ließ Schmitz nicht mehr los. "Warum macht das keiner?", fragte er sich. Keiner der Beteiligten habe das Projekt umsetzen wollen. Also schritt er selbst zur Tat, holte sich einen Informatiker zur Seite, beleuchtete die Strukturen der Pflegedienste sowie Großwäschereien und entwickelte die App.

HĂĽrden in der Praxis

Die Theorie klingt simpel, ebenso sind es die Schritte, um die App zu nutzen. Pflegedienste bekommen Wäschesäcke gestellt, laden sich die Anwendung auf das Smartphone und lassen Kunden einmalig eine Datenschutzerklärung unterschreiben. Wäschereien stimmen über CosaVita die Logistik ab und bauen den Pflegedienst in ihre Route ein. In der Praxis stieß Schmitz auf eine Hürde. "Es ist eine Überwindung für ältere Menschen, eigene Wäsche in fremde Hände zu geben." Obwohl der Wäscheservice für sie unterm Strich effizienter und hygienischer wäre. "Bei Essen auf Rädern schickt man ja auch nicht den Koch", vergleicht er. Statt eine Reinigungskraft zu zahlen, die im Keller die Waschmaschine anschaltet, könnte CosaVita selbst Menschen mit angegriffenem Immunsystem Sicherheit bieten: In professioneller Hand werde die Wäsche in zertifizierten Verfahren bearbeitet. Das Zögern der Betroffenen spürte auch Brüx. Ob das mit am ländlichen Raum liegt, also in städtischer Umgebung besser greift, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen. Regional gebunden ist CosaVita jedenfalls nicht.

Mitmachen kann jeder

"Mitmachen kann jeder", sagt Schmitz. In der Regel gehe er aber zuerst auf Pflegedienste zu und erst dann auf umliegende Wäschereien. Spreche ein Betrieb allerdings von sich aus Bestandskunden an, die neben der stationären eine ambulante Pflege betreiben, könne die Zusammenarbeit auch auf diesem Wege entstehen. Aktuell führt er Gespräche in Berlin und Hamburg. Es geht nur langsam voran. Mit der Pandemie vermeiden viele Pflegedienste Kontakte von außen. Gleichzeitig aber wachse das Bewusstsein für hygienische Wäsche – das wiederum könnte dem Start-up den nötigen Antrieb geben.

"Die Strukturen sind da", sagt Schmitz. 14.700 ambulante Pflegedienste versorgen laut dem Statistischen Bundesamt ein Viertel der 3,3 Millionen Pflegebedürftigen in ihrem Zuhause. Allerdings werden eben diese Strukturen – insbesondere im Bereich Wäsche – noch nicht ausreichend genutzt. Ein Fehler, findet Schmitz. Die Vorbehalte erinnern ihn an die Anfänge von Essen auf Rädern. Vor 50 Jahren bekamen in Berlin die ersten 20 Rentner ein Mittagessen nach Hause geliefert. Für den ländlichen Raum damals ein abwegiges Modell – trotzdem setzte es sich durch: 17 Jahre später wurde die erste Frikadelle im bayerischen Augsburg auf Rädern geliefert. Heute ist die Dienstleistung gang und gäbe. Genau diese Akzeptanz will Schmitz für professionelle Pflege häuslicher Wäsche erreichen. Das Konzept jedenfalls lasse sich sogar auf andere Kunden und Bereiche übertragen: auf betreutes Wohnen und Mietwäsche.