Einhaltung der Corona-Schutzmaßnahmen Mitarbeiter missachten Corona-Regeln: Wie Arbeitgeber handeln können

Die Corona-Krise veranlasst Unternehmer, besondere Schutzmaßnahmen zu treffen. Auch ihre Mitarbeiter sollten sich an diese halten. Welche Möglichkeiten und Pflichten Chefs haben, wenn ihre Angestellten die Hygieneverordnung missachten, klärt ein Rechtsexperte im Interview.

Hygienevorgaben
Regelmäßig die Hände desinfizieren und bei der Arbeit Schutzmasken tragen: Aufgrund der Corona-Krise gelten für die Mitarbeiter einiger Handwerksbetriebe besondere Hygienevorgaben. - © pixelkorn - stock.adobe.com

Mundschutz, Handcreme, Desinfektionsmittel, Latexhandschuhe: Neben der üblichen Sicherheitsbekleidung gehören diese Schutzmittel in vielen Handwerksbetrieben aktuell zum Hygienestandard. Doch was ist zu tun, wenn ein Mitarbeiter die im Unternehmen aufgestellte Schutzmaßnahmen nicht befolgt und wiederholt gegen die Hygieneverordnung verstößt? Das fragte ein Leser die DHZ-Redaktion. Was Handwerkschefs in diesem Fall tun sollten, erklärt Rechtsanwalt Alexander von Chrzanowski von Rödl & Partner   im Interview mit der Deutschen Handwerks Zeitung.

DHZ: Welche Möglichkeiten und Pflichten haben Arbeitgeber, um das Tragen von Schutzkleidung und die Einhaltung von Hygienemaßnahmen bei ihren Mitarbeitern durchzusetzen?

Alexander von Chrzanowski: Das funktioniert über das Direktionsrecht des Arbeitgebers. Hierüber können Arbeitgeber unter anderem die Ordnung und das Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb nach billigem Ermessen festlegen, sofern das nicht bereits durch Gesetz, kollektive Regelungen wie Betriebsvereinbarungen oder vertragliche Vereinbarungen bestimmt ist. Auf diese Weise können insbesondere kurzfristige Verhaltensänderungen einseitig durch den Arbeitgeber bestimmt werden, sofern diese nicht anderweitig (Gesetz, Betriebsvereinbarung, Arbeitsvertrag) festgelegt sind.

DHZ: Was gilt hierbei bei Unternehmen mit einem Betriebsrat?

 von Chrzanowski: In Unternehmen mit Betriebsrat ist zu beachten, dass die Ordnung im Betrieb nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ein mitbestimmungspflichtiges Thema ist. Hierzu müssen Regelungen daher in Abstimmung mit dem Betriebsrat eingeführt werden – regelmäßig in Form einer Betriebsvereinbarung.

DHZ: Welche Konsequenzen drohen möglicherweise dem Arbeitgeber, wenn sich seine Mitarbeiter nicht an die Vorgaben halten und er sie nicht durchsetzt?

von Chrzanowski: Eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Anordnung und Überwachung der Einhaltung von Schutzmaßnahmen besteht sowohl aus dem Arbeitsvertrag als auch aus dem öffentlichen Recht. Vertraglich ist der Arbeitgeber verpflichtet, Gesundheitsgefahren für alle Arbeitnehmer zu vermeiden. Hierzu dürfte jedenfalls die Einhaltung der Mindestanforderungen zählen, die das Robert-Koch-Institut selbst vorgibt.

Bei Verstößen dagegen ist der Arbeitgeber gegenüber erkrankten Arbeitnehmern schadenersatzpflichtig, auch wenn sich die Höhe eines Schadenersatzanspruches gegebenenfalls nur schwer beziffern lässt. Darüber hinaus haben verschiedene Bundesländer, Landkreise und kreisfreien Städte Rechtsverordnungen beziehungsweise Allgemeinverfügungen erlassen, die auch für Arbeitgeber teilweise weitergehende Anforderungen aufstellen und für den Fall eines Verstoßes Bußgelder androhen. Das Infektionsschutzgesetz selbst sieht bei Verstößen gegen die auf seiner Grundlage erlassenen Anordnungen und Rechtsverordnungen Bußgelder vor, zudem sind in den einzelnen Bundesländern bereits entsprechende Bußgeldkataloge erlassen worden.

DHZ: Welche arbeitsrechtlichen Konsequenzen kann ein Arbeitgeber folgen lassen, wenn Mitarbeiter Schutzbekleidung nicht anlegen und gegen Hygienemaßnahmen verstoßen?

 von Chrzanowski: Arbeitgeber können Arbeitnehmer, die den berechtigten Weisungen des Arbeitgebers zuwiderhandeln, zunächst abmahnen. Im Widerholungsfall und abhängig von der Intensität des Verstoßes könnte als letztes Mittel sogar eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses in Betracht kommen.

DHZ: Wie geht ein Arbeitgeber hier rechtlich richtig vor?

 von Chrzanowski: Vor einer außerordentlichen Kündigung sollte geprüft werden, ob eine Beseitigung der von dem Arbeitnehmer ausgehenden Gefahr, abhängig von dem gegebenenfalls wiederholten Verhalten, anderweitig möglich ist – beispielsweise durch eine unbezahlte Freistellung. Das wäre ein zumindest weniger einschneidendes Vorgehen zur Beseitigung der Gefahr. Obwohl das beharrliche Nichtbefolgen berechtigter Weisungen des Arbeitgebers selbst – ganz ohne Gefährdung – einen außerordentlichen Kündigungsgrund darstellen kann, spielen hier immer die Umstände des Einzelfalls (Beschäftigungsdauer, Vorverhalten, Auswirkungen, das Verhalten erklärende gesundheitliche Beeinträchtigungen des Mitarbeiters) eine Rolle, sodass immer eine Abwägung im Einzelfall erforderlich ist.

DHZ: Welche versicherungstechnischen Folgen können die Missachtungen für die Mitarbeiter haben?

 von Chrzanowski: Die gesetzliche Krankenversicherung wird selbst durch sorglosestes Verhalten von Arbeitnehmern nicht aufs Spiel gesetzt. Allerdings gilt bei der Verpflichtung des Arbeitgebers zur Entgeltzahlung im Krankheitsfall des Arbeitnehmers die Voraussetzung, dass den Arbeitnehmer an der Erkrankung kein Verschulden trifft. So kann ein Verschulden des Arbeitnehmers bei Arbeitsunfällen vorliegen, wenn dieser die seiner Sicherheit dienenden Anordnungen des Arbeitgebers in grober Weise nicht beachtet hat und es deshalb zu einem Unfall mit anschließender Arbeitsunfähigkeit kommt. Problematisch wird es für den Arbeitgeber sein, einen entsprechenden Nachweis zu führen – schließlich dürften dafür mindestens zwei Mitarbeiter im Unternehmen die Schutzmaßnahmen missachtet haben (der bereits unerkannt Infizierte und der Mitarbeiter, der sich bei diesem angesteckt hat).