Skihose eingegangen „Natürliche Umformung“ als mögliche Ursache

Eine weiße Skihose der Marke Bogner landet in der Textilreinigung. Die Kundin reklamiert nach erfolgter Reinigung, die Hose sei eingegangen. Der zu Rate gezogene Sachverständige kann die Reinigung entlasten und vermutet „natürliche“ Ursachen als Hintergrund der Reklamation.Eine weiße Skihose von Willy Bogner kommt sauber aus der Textilreinigung – laut Kundin ist sie aber eingegangen. Ganz klar, auf einer weißen Skihose sieht man jeden Fleck und jede Verschmutzung – wie bei eigentlich allen weißen Textilien. Aber sie sind in sauberem Zustand auch ein besonderer „Hingucker“ auf der Piste oder beim Après-Ski. Im vorliegenden Fall geht es um eine weiße Skihose, die nicht wie üblich und empfohlen am Ende der Wintersaison in die Reinigung gegeben wurde, sondern erst zu Beginn der darauffolgenden Skisaison. Die Skihose stammt von der Marke Willy Bogner. Die 1932 von Willy Bogner Senior, einem erfolgreichen Skisportler, gegründete Firma fertigt neben anderen Bekleidungstextilien auch von Anfang an Skimode. Besonders eine Keilhose, auch als Steghose bekannt, aus „modernen Materialien“ (ab 1948) und ein Reißverschlussanhänger in Form des Buchstabens „B“ (ab 1955) wurden zu Markenzeichen des Unternehmens. 1977 ging das Unternehmen an Willy Bogner junior, der ebenfalls erfolgreicher Wintersportler war und zudem im Filmgeschäft Akzente setzte. Das Unternehmen ist in der Textilpflegebranche u.a. durch sein Engagement im Dialog Textil-Bekleidung (DTB) bekannt. Das Wissensnetzwerk bestehet aus Firmen der gesamten textilen Kette. Anna Nieß von Bogner war jahrelang Geschäftsführerin des DTB und auch in der Textilreinigungsbranche durch ihre Vorstandstätigkeit bei der Europäischen Forschungsvereinigung Innovative Textilpflege (EFIT) und ihre Vortragstätigkeiten bei mehreren Sachverständigentreffen bekannt. Susanne Paß, ebenfalls von Bogner, ist die Nachfolgerin von Nieß als DTB-Geschäftsführerin. SchadensbildDie weiße Skihose von Bogner wurde also professionell gereinigt. Nach dem Abholen der Hose reklamierte die Reinigungskundin, dass diese durch die Bearbeitung nun erheblich eingegangen sei und deshalb nicht mehr passen würde. Die Kundin legte auch ein Bild bei, auf dem zu sehen war, dass der Hosenbund nicht mehr zu schließen ist – verbunden mit der Versicherung, dass keine Gewichtszunahme erfolgt sei. Deshalb sehe sie sich veranlasst, eine entsprechende Ersatzforderung zu erheben. Die Textilreinigung konnte keine Fehlbehandlung feststellen. Um Klarheit zu bekommen und um bestenfalls die Ersatzforderungen abweisen zu können, beauftragte die Textilreinigung ein Gutachten. Die Textilkennzeichnung der Skihose.SchadensanalyseBei einem orientierenden Vergleich mit einer allgemeinen Größentabelle ergibt sich kein Ansatz einer Krumpfung. Auch die Hose selbst hat keine Anzeichen einer Fehlbehandlung durch die Textilreinigung. Ermuntert durch die jahrelangen, federführenden Aktivitäten von Bogner im DTB wurde die Hose zum Maßabgleich in das Kundendienstzentrum von Bogner nach Heimstetten bei München gesandt. Bogner bescheinigte in einer schriftlichen Stellungnahme, dass d ie Hose die Originalgröße aufweist, also nicht eingegangen ist. Mit dieser Bestätigung fällt es leicht, die Reklamation als unbegründet abzuweisen. SchadensklärungFür die Reklamation der Kundin gibt es mindestens drei Erklärungsansätze: Der Kundin gefällt die alte Hose nicht mehr, sie möchte eine neue. Diese Erklärung finden die meisten Textilreiniger die wahrscheinlichste; die Häufigkeit, dass diese Erklärung zutrifft, wird jedoch überschätzt.Die Kundin ist im Skiurlaub nicht nur Ski gefahren, sondern hat auch mehr Kalorien zu sich genommen, als sie verbraucht hat. Diese Erklärung erfreut sich ebenfalls großer Zustimmung im Kreise der Fachwelt.Weniger bekannt ist, dass sich, auch bei gleichbleibendem Körpergewicht, im Laufe der Jahre der Körper umformt. Deshalb weisen beispielsweise Bekleidungsstücke für junge Frauen mit Größe 34 einen anderen Zuschnitt auf als Bekleidungsstücke, die sich an ältere Damen richten. Unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände ist die natürliche Umformung für diesen „Schadensfall“ die wahrscheinlichste Ursache – zumal zwischen der letzten Benutzung und der Anprobe nach erfolgter Reinigungsbehandlung acht Monate lagen. Bedauerlich für die Kundin, entlastend für die Textilreinigung.