Reform des Betriebsanlagenrechts Neuausrichtung für Qualität und Qualifikation

Der Wegfall der Kosten für eine Gewerbeanmeldung im Rahmen der Gewerbeordnungsreform stellt für die Wirtschaftskammer Österreich eine „sichtbare Entlastung“ für deren Mitgliedsbetriebe dar. Foto: Stockfotos-MG, Fotolia.com - © Stockfotos-MG, Fotolia.com

Als „großen Wurf“ bezeichnete der Präsident der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), Christoph Leitl, das nun vorliegende Deregulierungspaket im Betriebsanlagenrecht im Rahmen der Gewerbeordnungsreform. „Damit werden sich Investitionsbremsen lösen und der Weg zu mehr Beschäftigung wird freigegeben. Denn künftig sind weniger Verfahren erforderlich, Genehmigungen wirken umfassend und Verfahren kommen rascher zum Ende“, zeigte sich Leitl erfreut.

Die Gewerbeordnungsreform sei eine gute Lösung für den Wirtschaftsstandort Österreich. So seien die Neuausrichtung der Gewerbeordnung, in der künftig nur mehr zwischen freien und reglementierten Gewerben unterschieden wird, und das Berufsausbildungspaket, das die gewerbliche Ausbildung nun höher stuft, wichtige Eckpfeiler für „die Relevanz von Qualifikation am heimischen Standort“. Die Gewerbeordnungsreform entlaste die einzelnen Betriebe sowohl in der Verwaltung als auch bei der Gewerbeanmeldung sowie bei der wirtschaftsnahen Durchführung von Nebentätigkeiten. Mit Blick auf Deutschland, wo Liberalisierungen in der Gewerbeordnung wieder zurückgenommen werden sollen, habe die Bundesregierung die Reforminhalte der Gewerbeordnung immer auch unter den Aspekten Qualifikation, Qualität und kollektivvertragliche Lohnabschlüsse vernünftig und umsetzbar gestaltet.

Meister und duale Ausbildung aufgewertet

Der Meister und die duale Berufsausbildung werden aufgewertet, der Fachkräftestandort Österreich kann weiterhin auf die herausragende Ausbildung der heimischen Betriebe bauen. Dass für Betriebe nun die Kosten einer Gewerbeanmeldung entfallen, sei eine „sichtbare Entlastung“, die Ausweitung der Nebenrechte auf 30 Prozent bei den freien Gewerben und auf 15 Prozent bei den reglementierten Gewerben wird zu mehr Wettbewerb führen. „Die Wirtschaft hat immer betont, bei der Reform gesprächsbereit zu sein, solange Qualität und Qualifikation gesichert sind. Gleichzeitig bemüht sich die Wirtschaftskammer Österreich um eine weitere Entlastung der Betriebe. Dies wird im Rahmen einer Reform der Wirtschaftskammerorganisation geschehen, wo auch organisatorische und finanzielle Auswirkungen der Gewerbeordnung zu berücksichtigen sind“, sagt Leitl.

Das neue Betriebsanlagenrecht trage den jahrelangen Forderungen der Unternehmen Rechnung. Eckpfeiler der Reform ist der Ausbau des One-Stop-Shops für Anlagenbewilligungen. Bisher musste der Projektwerber meist ein Labyrinth gestaffelter oder paralleler Verfahren durchlaufen, um an das Ziel zu kommen. Nun übernimmt die Gewerbebehörde die Koordination aller relevanten Bereiche einschließlich Bau- und Naturschutzrecht und erlässt einen einzigen Genehmigungsbescheid nach allen anzuwendenden Vorschriften. Das Problem widersprüchlicher Auflagen sollte ebenso wegfallen wie die Mehrfachbegutachtung derselben Sachverhalte durch verschiedene Behörden. „Für Investoren wird die Verwaltung transparenter, weil es nur noch eine Ansprechstelle gibt, böse Überraschungen wegen eines übersehenen Gesetzes sollten nicht mehr vorkommen“, sagt Leitl. Bisher separate Verfahren fallen in einer Größenordnung von 10.000 Fällen pro Jahr weg.

Unternehmerische Freiräume erweitern

Der zweite Pfeiler der Reform ist die Erweiterung unternehmerischer Freiräume. Nicht für „Alles und Jedes“ ist künftig ein behördlicher Stempel einzuholen, sondern für Maßnahmen, die Auswirkungen auf die Umgebung haben. Das Korsett werde an zwei Stellen gelockert: Die erste Maßnahme betrifft temporäre Tätigkeiten, Stichwort Großereignisse, bei denen Anlagengenehmigungen oftmals länger dauerten, als der Event selber. Die zweite Anpassung ermöglicht die rasche Adaptierung von Anlagen wegen geänderter Anforderungen ohne Genehmigungs- und Anzeigeverfahren. Somit können auch zeitkritische Aufträge, die Anlagenumstellungen erfordern, ohne die Sorge um eine rechtzeitige behördliche Freigabe angenommen werden. Diese Maßnahmen bewirken, dass rund 1.000 Verfahren pro Jahr entfallen können.

Bei Klein- und Mittelbetrieben mit geringerer Umweltrelevanz soll künftig das vereinfachte Genehmigungsverfahren wieder regel­mäßig einsetzbar sein. Die Verfahrenskosten bei Großprojekten werden reduziert. Der Wegfall der Vorlage von Liegenschafts­eigentümerverzeichnissen komme allen genehmigungspflichtigen Betrieben bei der Projekteinreichung zugute. Investoren, die unter hohem Zeitdruck stehen, können künftig auf nichtamtliche Sachverständige ausweichen, wenn Amtssachverständige nicht rechtzeitig zur Verfügung stehen. Die Erledigungsfristen werden um ein Drittel verkürzt, im ordentlichen Verfahren von sechs auf vier Monate, im vereinfachten Verfahren von drei auf zwei Monate. Ein österreichweit einheitliches Monitoring wird für prompte Rückkoppelungen sorgen, sollten die tatsächlichen Verfahrensdauern einzelner Behörden von den Benchmarks abweichen.

Infos: www.wko.at

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