Textilrecycling auf der ITMA 2015 Neue Maschinen, neue Chancen

Am 19. November 2015 schloss in Mailand die Fachmesse für Textilmaschinenbau, ITMA, zum 17. Mal ihre Pforten. Zu den Schwerpunktthemen zählten klassische Textilfertigungsprozesse vom Weben und Wirken bis zur Ausrüstung und Veredlung. Eine kleine Gruppe von Ausstellern widmete sich der Wiederaufbereitung gebrauchter Textilien und Bekleidung. Bernd Gulich, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Sächsischen Textilforschungsinstitut, hat die aktuellen Trends für RWTextilservice zusammengefasst.Bernd Gulich, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Sächsischen Textilforschungsinstitut in Chemnitz, ist dem Trend Textilrecycling auf der Messe ITMA nachgegangen. Foto: STFI3 Die Maschinen für Textilrecycling nehmen in der gesamten Branche nur einen vergleichsweise kleinen Anteil ein. Und obschon – oder gerade weil – in der Sparte ausschließlich europäische Maschinenbauer tätig sind, gibt es durchaus Berichtenswertes von der Messe ITMA 2015 in Mailand. So ging es den Maschinenbauern aus der Altkleiderverwertung und dem Textilrecycling in diesem Jahr weniger um die Leistungssteigerung. Vielmehr standen, dem ITMA-Motto „Sustainability“ folgend, Effizienz und Modularität in Maschinen- und Anlagenkonzepten als Trends im Fokus. Daneben waren auch die allgemein zu beobachtenden Haupttrends des Textilmaschinenbaus, wie Energieeffizienz durch frequenzgesteuerte Antriebe oder der Ersatz von Riemen und Ketten durch Einzelantriebe, an der Tagesordnung. Altkleider werden als Rohstoff immer bedeutender. Im Gegensatz zu den in der textilen Flächenfertigung und Konfektion entstehenden Produktionsabfällen weisen sie aber ein deutlich größeres Spektrum an Merkmalen wie Zusammensetzung und Farbe auf. Deshalb erfordern sie eine intensivere Sortierung. Das Recycling von Altkleidern beginnt daher mit der Erfassung und wirtschaftlichen Sortierung der Abfälle. Auf der ITMA zeigten die Aussteller beispielsweise ein Schachtabwurfsystem mit 28 Sortierkriterien und ein sprachgesteuertes Bandabwurfsystem mit quasi unbegrenzter Anzahl an Sortierkriterien. Als Ergebnis eines Gemeinschaftsprojektes wurde das automatische Sortiersystem FIBERSORT vorgestellt. Mittels Nahinfrarotspektroskopie (NIR) sortiert es Textilabfälle entsprechend des Faserstoffs. Bei Fasermischungen lässt sich der Hauptbestandteil detektieren, wenn dessen Anteil bei wenigstens 60 Prozent besteht. Eine erste „fasererkennende“ Testanlage soll jährlich bis zu 5.000 t Textilien sortieren. Schneiden und ReißenDas Vorzerkleinern von Textilabfällen bildet den nächsten Schritt in der Prozesskette. Hierzu verwendete Schneidmaschinen arbeiten nach dem Rotations- oder nach dem Fallmesserprinzip. Moderne Fallmessermaschinen erreichen, abhängig von der Schnittlänge, Durchsatzmengen von bis zu 10 t/h. Die zerschnittenen Textilien werden im Anschluss durch Reißen weiter zu Fasern zerkleinert. Die dafür verwendeten Maschinen sind aus technischen Gründen auf eine Arbeitsbreite von höchstens 2 m begrenzt, was den stündlichen Durchsatz auf maximal 2 t begrenzt. Immerhin sind Betreiber von Reißanlagen dank der Weiterentwicklung im Maschinenbau inzwischen in der Lage, ihre Prozesse effektiver und intensiver zu betreiben, als dies noch vor vier Jahren auf der letzten ITMA zu verzeichnen war. Dank frequenzgesteuerter Antriebe können die Energieeffizienz gesteigert und die Qualität des Produktes „Reißfaser“ positiv beeinflusst werden. Einzelmotorantriebe an den Aggregaten des Materialtransports erlauben den materialgerechten Betrieb von Reißanlagen und reduzieren gleichzeitig Wartungsaufwand und Unfallgefahr. Die motorische Verstellung des technologisch bedeutsamen Abstandes zwischen dem Materialeinzugswerk und der Reißtrommel (Tambour) ermöglicht eine kurzfristige Reaktion auf Veränderungen von Rohstoff- und Reißfaserqualität. Die neue Generation von Altkleideraufbereitungsanlagen wurde außerdem im Hinblick auf verkürzte Wartungs- und Stillstandszeiten sowie eine kompakte Bauweise optimiert. So ermöglichen leistungsfähige Komplettanlagen unter anderem die Separierung von Fremdteilen wie Knöpfe, Schnallen oder Reißverschlüsse. Kompakte AnlagenDer Trend zu Komplettsystemen macht gleichzeitig auch eine innerbetriebliche Verwertung von Produktionsabfällen interessant: Spezielle Anlagen übernehmen die Abfallaufbereitung und die Reißfaserverarbeitung. Linien für das innerbetriebliche Recycling von Produktionsabfällen brauchen außerdem nicht viel Platz. Sie bestehen bei Arbeitsbreiten zwischen 0,5 und 1 m aus bis zu drei Einheiten. Reißfasern werden anschließend überwiegend zu Vliesstoffen verarbeitet, Teilmengen gehen aber auch in die Garnherstellung. Für die Vliesstofffertigung bietet die Maschinenbauindustrie eine umfangreiche Anlagentechnik. In den Fokus rücken dabei die unterschiedlichen Verfahren der Wirrvliesbildung. Sie stellen wirtschaftlich die effektivste Möglichkeit dar, große Materialmengen zu Produkten mit hohen Flächenmassen, Dicken und in verschiedenen Dichten zu verarbeiten. Darüber hinaus ist die Wirrvliesbildung weniger sensibel als ähnlich geartete Prozesse (z.B. Krempeln), denn sie lässt auch die Verarbeitung von weniger gut aufgelöstem Fasermaterial zu. Infos: www.stfi.de, www.itma.com