Zwischen Tradition und Innovation Neue Studie zur Digitalisierung in Handwerksbetrieben

Eine neue Studie des Digitalverbandes Bitkom und des Zentralverbandes des deutschen Handwerks zeigt, dass sich bereits viele Handwerksbetriebe auf die Digitalisierung eingestellt haben. In einigen Punkten, wie beispielsweise dem Einsatz von Trackingsystem, gibt es jedoch noch Nachholbedarf.

Digitalisierung
Laut einer aktuellen Studie haben einige Handwerksbetriebe bereits auf digitale Technologien umgestellt. Auch Textilpflegebetriebe könnten für Büro- und Verwaltungsarbeiten beispielsweise eine Software nutzen. - © auremar, Fotolia.com

Die Digitalisierung der Wirtschaft hat längst das Handwerk erreicht – das zeigt eine Untersuchung im Auftrag des Digitalverbands Bitkom in Zusammenarbeit mit dem Zentralverband des deutschen Handwerks (ZDH). Für die Studie wurden 504 Handwerksbetriebe aus Deutschland befragt. Demnach verfügen bereits 95 Prozent der Betriebe über eine eigene Website, 58 Prozent setzen Softwarelösungen für die Steuerung ihrer betrieblichen Abläufe ein und ein Viertel nutzt digitale Technologien, wie beispielsweise 3D-Drucker zur Herstellung von Ersatzteilen oder Trackingsysteme für Maschinen und Werkstoffe.

Digitale Technologien für Wettbewerbsfähigkeit wichtig

"Handwerksbetriebe, die konsequent digitale Technologien einsetzen, gewinnen Zeit für ihre eigentliche Aufgabe: das Handwerk", sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder. ZDH-Geschäftsführer Karl-Sebastian Schulte erklärt: "Die Chancen der Digitalisierung sind groß. Wir helfen unseren Betrieben dabei, sie zu nutzen. So sichern wir langfristig die hohe Qualität und die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Handwerks." Das Interesse des deutschen Handwerks an digitalen Technologien ist laut der Studie groß. So sagen vier von fünf Handwerksbetrieben (81 Prozent), dass sie gegenüber dem Thema Digitalisierung generell aufgeschlossen sind. Gut zwei Drittel der Betriebe (69 Prozent) nehmen die Digitalisierung als Chance wahr. Den größten Vorteil sehen Handwerker in der optimierten Lagerung und Verteilung von Betriebsmitteln (91 Prozent).

Digitalisierung spart Zeit und Kosten

Dachdecker können z.B. ein Haus mit einem 3D-Scanner ausmessen, mittels Datenanalyse die exakte Anzahl der notwendigen Dachziegel bestellen und zum richtigen Zeitpunkt an die Baustelle liefern lassen. Das Ergebnis sind laut der Studie geringere Kosten, weil die Ziegel kürzer gelagert werden, weniger Reste anfallen und der Arbeitsaufwand sinkt. Mit einer intelligenten Software plant der Dachdecker den Einsatz seiner Mitarbeiter, bekommt einen schnellen Überblick über seine Ein- und Ausgaben und spart wertvolle Arbeitszeit. 81 Prozent der Betriebe sehen Zeitersparnis als wichtigen Vorteil von digitalen Anwendungen im Handwerk. Eine flexible Arbeitsorganisation nennen 78 Prozent der Befragten. Auch in Textilpflegebetriebe wäre der Einsatz einer intelligenten Software möglich.

Viele Betriebe setzen noch auf althergebrachte Lösungen

Trotz der großen Offenheit gegenüber digitalen Anwendungen kommen sie noch längst nicht in allen Handwerksbetrieben zum Einsatz. Nach den Ergebnissen der Untersuchung verwendet nur jeder zehnte Betrieb (zehn Prozent) so genannte Trackingsysteme. Damit können zum Beispiel Lagerbestände von Werkstoffen ermittelt und Lieferwege am Computer nachverfolgt werden. Nur neun Prozent nutzen 3D-Technologien wie etwa 3D-Drucker oder 3D-Scanner. Erst drei Prozent der Betriebe setzen Roboter ein, Drohnen werden von zwei Prozent der Handwerksbetriebe genutzt. "Für Handwerksbetriebe lohnt sich eine Zusammenarbeit mit IT- und Internetunternehmen, um die Potenziale digitaler Technologien auszuschöpfen", sagt Rohleder. Bislang hat erst jeder fünfte Handwerksbetrieb (18 Prozent) eine Partnerschaft mit Unternehmen aus der Digitalwirtschaft geschlossen.

Mehr als die Hälfte der Handwerksbetriebe (58 Prozent) hat Teile seiner Büro- und Verwaltungsarbeiten bereits digitalisiert und nutzt spezielle Software. So kann z.B. ein Kunde den Auftrag für das Verlegen eines neuen Fußbodenbelags direkt vor Ort auf dem Smartphone des Handwerkers unterschreiben. Mittels einer Software für das Management von Kundenbeziehungen (CRM) wird der Auftrag erfasst und digital archiviert. Eine solche CRM-Software ist bereits in 46 Prozent der Handwerksbetriebe im Einsatz. Die Rechnung wird später per E-Mail versendet.

Handwerksbetriebe profitieren von Softwarelösungen

Knapp jeder fünfte Handwerksbetrieb (22 Prozent) nutzt eine Software zur digitalen Organisation von Dokumenten (ECM-Software). Zwölf Prozent der Branche nutzt ein Programm zur Planung und Steuerung von Unternehmensressourcen (ERP-Software). Damit wird z.B. der Auftrag für den Badezimmerboden per Computer an einen verfügbaren Fliesenleger gesendet. Die Fliesen werden online beim Großhändler bestellt und zum gewünschten Zeitpunkt zur Baustelle geliefert. Mit einem so genannten CAD-Programm kann z.B. ein Tischler auf seiner Webseite einen 3D-Konfigurator für Möbel anbieten, mit dem die Nutzer passgenaue Tische, Regale oder Schränke entwerfen und bestellen können. "Besonders für kleine Handwerksbetriebe sind Büro-, Verwaltungs- und Planungsarbeiten echte Zeitfresser. Software-Lösungen können die Organisation eines Betriebs enorm vereinfachen", sagt Schulte. Viele Handwerksbetriebe nutzen das Internet oder soziale Medien zur Kommunikation. 89 Prozent der Betriebe sind in Onlineverzeichnissen zu finden, etwa bei Google Maps , Gelbeseiten.de oder werliefertwas.de . Ein Viertel (26 Prozent) nutzt soziale Netzwerke für die Kommunikation mit den Kunden. 16 Prozent bezahlen für Werbeanzeigen im Internet. 10 Prozent sind auf Onlineplattformen wie zum Beispiel MyHammer , Treatwell oder Ebay Kleinanzeigen vertreten.

Digitalisierung ist für viele Betriebe eine Herausforderung

Noch haben viele Handwerksbetriebe Schwierigkeiten, eine Digitalisierungsstrategie zu entwickeln und umzusetzen. Laut Befragung sagt mehr als die Hälfte der Handwerker (56 Prozent), dass die Digitalisierung für ihren Betrieb eine große Herausforderung darstellt. Drei von zehn (29 Prozent) haben Probleme, die Digitalisierung zu bewältigen. Rund ein Viertel (23 Prozent) gibt sogar an, dass sie die Existenz ihres Betriebes als Folge der Digitalisierung gefährdet sehen. "Die Digitalisierung ist für viele Unternehmen schwer zu durchblicken", sagt Rohleder. "Umso wichtiger ist es, Hilfe anzunehmen, sich beraten zu lassen und in digitale Lösungen zu investieren."

Verbände wollen Handwerksbetriebe unterstützten

Externe Unterstützung ist auch deshalb von Bedeutung, weil das Handwerk unter einem Mangel an Mitarbeitern mit Digitalkompetenz leidet. So sagt jeder fünfte Betrieb (21 Prozent), dass er mehr Mitarbeiter mit Digitalkompetenz braucht. „Um das Handwerk für die Zukunft zu rüsten, arbeiten wir mit Hochdruck daran, digitale Aspekte noch stärker in die berufliche Aus- und Weiterbildung zu integrieren“, sagt Schulte. Um die Digitalisierung in kleinen und mittleren Handwerksunternehmen voranzutreiben, hat der ZDH das Projekt Kompetenzzentrum digitales Handwerk initiiert. Auch Bitkom bietet unter der Mittelstandstour verschiedene Workshops zum Thema "digitale Transformation" an.