REACH-Verordnung Verkürzte Übergangsfrist: Textilverband kritisiert EU

Früher als gedacht hat die EU den Einsatz von Fluorpolymeren eingeschränkt. Statt der geplanten Übergangsfrist bis 2023 greift die neue Gesetzgebung für Schutzbekleidung von Feuerwehr und medizinischem Personal schon diesen Dezember 2020. Ein fatales Signal, findet der Verband nordwest textil+mode und sieht die heimische Produktion in Gefahr.

nordwest textil+mode kritisiert neue Übergangsfrist der EU-REACH-Verordnung
Der Einsatz von Fluorpolymeren bei der Produktion von Schutzbekleidung wird früher beschränkt als gedacht. - © Rofa Bekleidungswerk

Der Verband der Nordwestdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie nordwest textil+mode kritisiert die Einschränkung zum Einsatz Fluorpolymeren, die in der EU-Chemikalienverordnung REACH geregelt sind: Das Verbot gefährde die Sicherheit der Anwender und die Wettbewerbsfähigkeit heimischer Produzenten. Anlass für die Kritik gab der Zeitplan der EU.

REACH: EU verkürzt Übergangsfrist für Chemikalien

Die ursprünglich vorgesehene Übergangsfrist für die C8-Chemie genannte Hilfsmittelgruppe wurde deutlich verkürzt: Für Medizinprodukte war eine Übergangsfrist bis 2032 vorgesehen, für persönliche Schutzausrüstung bis 2023. Nun gilt die Einschränkung für die Verwendung von Fluorpolymeren bei der Herstellung von Textilien bereits in diesem Jahr – also ab Dezember 2020.  

Ausreichend Schutz ohne Fluorpolymere?

Fluorpolymere verleihen Gewebe wasser-, schmutz- oder ölabweisende Eigenschaften. Da sie darüber hinaus vor Gefahrstoffen schützen können, kommen sie bei der Herstellung von Arbeitsschutzbekleidung für Polizei, Feuerwehr oder medizinischem Personal zum Einsatz – etwa in schusssicheren Westen, bei Feuerwehranzügen oder in OP-Textilien, die vor Viren- und Bakterien schützen.

Während zum Schutz vor Regen – gerade für Freizeitbekleidung – alternative Stoffe mit vergleichbarer Wirkung eingesetzt werden können, gibt es für persönliche Schutzausrüstung (PSA) bislang keine andere Verfahren, die ein ähnlich hohes Schutzniveau bieten, sagt Dr. Markus Strauß, Leiter der Umweltabteilung von nordwest textil+mode. Die Produktion innerhalb so kurzer Zeit auf bislang unbekannte und noch nicht erprobte Ersatzstoffe umzustellen, sei nicht möglich. Bemühungen der Industrie, Ersatzchemikalien zu entwickeln, könnten darüber hinaus zunichte gemacht werden, etwa mit weiteren Restriktionen, die dann auch diese Ersatzstoffe verbieten.

Herstellung von Schutzbekleidung sichern: Verband appelliert an Politik

Die EU begründet ihr Vorgehen mit dem Schutz der Umwelt. Für Strauß ein Scheinargument: "Die Maßnahmen sind nicht verhältnismäßig." Der Eintrag von Chemikalien in die Umwelt liege im Nanogramm-Bereich, also im Verhältnis von eins zu einer Milliarde. Durch diesen Schnellschuss werde die Industrie ihrer Wettbewerbsfähigkeit beraubt. "Wir sehen die Gefahr, dass Teile der Branche durch diese restriktive Chemikalienpolitik ihre Wettbewerbsfähigkeit verlieren", betont Strauß. Er sieht darin das Risiko, dass in Europa überhaupt keine Schutzbekleidung mehr verkauft werden dürfe, die die bisherigen Standards erfülle.

Mindestens aber drohe seiner Meinung nach, dass Produktionen verlagert würden und dadurch die Abhängigkeit vom asiatischen Markt steige. Strauß sieht darin zwei Probleme: Die Produkte würden dort unter weit schlechteren Umweltbedingungen und teilweise ohne entsprechende Qualitätsstandards hergestellt. Und: Die Coronakrise zeige, wie wichtig es ist, unabhängiger von Importen zu werden. "Wir müssen die heimischen Produktionskapazitäten stärken", betont Strauß – die EU-Vorgaben bewirkten das Gegenteil. Der Verband appelliert deshalb an die Entscheidungsträger, die bislang geltenden Übergangsfristen einzuhalten.