DTV-Sachverständigentagung Schaden ins rechte Licht rücken

Höhepunkt der diesjährigen Sachverständigentagung des DTV war die Ehrung Heinrich Kreipes. Im Seminar haben die Teilnehmer den richtigen Einsatz der UV-Lampe erlernt und erfahren, welche Hürden es bei der Erstellung eines Gutachtens zu überwinden gibt.

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    Die Sachverständigen gratulierten Heinrich Kreipe zur Auszeichnung.Fotos: Stelter
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    Prof. Dr. Hans Hloch führte durch das wfk-Technikum. Foto: Mohseni
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    Die UV-Lampe zeigt, was das bloße Auge nicht sehen kann.
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    Kursteilnehmerin Maren Wehrmann untersucht die Struktur eines Teppichs.

Schaden ins rechte Licht rücken

Aus dem gesamten Bundesgebiet versammelten sich Mitte Juli 35 Sachverständige für das Textilreiniger-Handwerk im wfk-Forschungsinstitut in Krefeld zum alljährlichen Sachverständigentreffen des Deutschen Textilreinigungs-Verband (DTV). An zwei Tagen konnten die Sachverständigen, die zum größten Teil hauptberuflich eine Wäscherei oder Textilreinigung leiten, angewandte Methoden verfeinern. Daneben lernten sie, wie ein Vertrag für ein Privatgutachten oder das Gutachten professionell gestaltet wird.

Nach der Begrüßung durch Dr. Jürgen Bohnen vom wfk-Forschungsinstitut und Heike Fritsche vom DTV erhielten die Teilnehmer Einblicke in die Arbeitswelt des Forschungsinstituts. Bei einer Führung durch die Einrichtung zeigte Prof. Dr. Hans Hloch das Technikum, in dem die Sachverständigen einen Überblick erhielten, mit welchen Maschinen und welcher Ausstattung das Institut arbeitet. Die zweite Station der Führung eröffnete den Teilnehmern Einblicke in eines der Labore der Abteilung „Hygiene und Mikrobiologie“, das Dr. Lutz Vossebein vorstellte. Er erklärte, wie hier aktuell mit Hilfe von eingesetzten Biomonitoren an einer Verfahrensverbesserung hinsichtlich der hygienischen Leistung von Reinigungsverfahren gearbeitet wird. Das Ziel ist es, die humanpathogenen Keime vollständig abzutöten bzw. zu inaktivieren, um eine desinfizierende Wirkung zu erreichen.

„Optische Aufheller und ihre Wirkung“ behandelte Dr. Manfred Huppertz von Büfa in seinem Vortrag. Er erklärte, dass ein Aufhellen der Wäsche durch „Bläuen“ mit Indigocarmin und Ultramarin möglich sei. Jedoch lässt eine durch Faserbeschädigung verstärkte Absorption von blauem Licht die Wäsche gelb erscheinen. Als Komplementärfarbe zur aufgetretenen Vergilbung müsse dann blauer Farbstoff verwendet werden. Der Stoff erscheine danach weißer, aber grauer als im Originalzustand. Verbesserte Bedingungen gebe es durch Fluoreszenzphänomene.

Huppertz erklärte die Theorie der Farbwirkung und warum Stoffe farbig erscheinen, er tauchte ein in die Chemie der Aufheller und konnte anhand dieser Erklärungen deren Wirkungsweise erklären. „Die Funktion der Waschmittelaufheller besteht im Ersetzen von Aufhellern, die ausgewaschen oder während des Tragens fotochemisch abgebaut werden“, so Huppertz, „auf diese Weise wird eine zunehmende Vergilbung und Verblassung der Textilien verhindert und so die Nutzungsdauer erhöht.“ Optisch aufgehellten Textilien wird aufgrund des direkten Hautkontakts unter Übernahme in den Körper eine schädigende Wirkung zugeschrieben, hieß es im Vortrag weiter. Das sei auch der Grund, warum ökologisch arbeitende Textil- und Waschmittelhersteller auf optische Aufheller verzichteten.

Unterstützt von Emine Demir vom wfk-Forschungsinstitut und Peter Schwarz von Büfa ging Rudolf Kreckel zunächst auf die Grundkenntnisse ein, über die Sachverständige verfügen sollten. Seiner Erfahrung nach „fehlen zu oft entweder Kenntnisse über das Material oder darüber, auf welche Weise Flecken zu entfernen sind“. Für den Sachverständigen sei das Wissen über die Eigenschaften der Fasern Grundvoraussetzungen. Kreckel erklärte anhand von beispielhaften Schadensfällen die Funktionsweise von Weißtönern, woraus sich erschließen lassen konnte, dass Farbveränderungen durch Aufheller eine nicht zu unterschätzende Schadensursache sind. Der Sachverständige solle auch immer Faktoren wie Alterserscheinungen, Hitzeempfindlichkeit oder das Trageverhalten beachten. Kreckels Vorschlag, ein Textil einzubehalten, sofern der Reiniger für den Schaden aufkommen musste, wurde von Hans-Peter Schneider von der Versteegen-Assekuranz aufgegriffen. Bei einem geleisteten Schadensersatz hat – rechtlich betrachtet – noch keine Eigentumsübertragung stattgefunden, auch wenn das Stück „total zerstört“ sei, denn auch die ideellen Werte, die der Besitzer mit dem Stück verbindet, „haben ihre Berechtigung“, so Schneider.

Peter Schwarz ging in seinem Vortrag auf die UV-Licht-Analyse ein, durch die oftmals verborgene Schäden schnell entdeckt werden könnten und damit auch der Schadensverursacher ermittelbar sei. Vor dem Hintergrund der Gutachtenerstellung stellte er die Methode vor, da die Handwerkskammern bei den Gutachten auf die Untersuchungsmethode großen Wert lege. Die Begründung des Ergebnisses müsse in Bezug zur Untersuchung stehen. „Ich arbeite sehr viel mit Licht, man kann damit viele logische Bezüge herstellen“, so Schwarz. Er erklärte die verschiedenen Lichtarten und zeigte, wie schon im Gegen- und Durchlicht viele Schäden erkennbar seien. Im Anschluss an diese Ausführungen konnten die Seminarteilnehmer die mitgebrachten UV-Lampen einsetzen, Funktionsweisen vergleichen und verschiedene Verfleckungen untersuchen.

Hans-Peter Schneider, Prokurist der Versteegen-Assekuranz, sprach über die Werterfassung von Textilien. Wenn ein Vorschaden erst nach der Reinigung zu sehen sei, sei ein Anspruch auf Schadensersatz unberechtigt, da es sich dabei um eine nicht zu rechtfertigende Bereicherung des Geschädigten handele. Wenn Ersatzansprüche rechtens sind, muss nach § 249 BGB der Geschädigte durch den Ersatz so gestellt werden, als wäre das schädigende Ereignis nicht eingetreten. Das bedeutet, dass kein Neupreis angerechnet werden könne, sondern nur der Wert des Textils zum Zeitpunkt, zu dem der Kunde das Textil an den Reiniger gibt. „Lasst den Kunden nicht zum Schnäppchenjäger werden“, warnte Schneider. Wichtig bei der Feststellung einer Wertminderung sei ferner die Beachtung der Funktion. Handele es sich beispielsweise um Schutzkleidung, so wäre ein optischer Mangel gegebenenfalls als weniger bedeutsam zu betrachten und deshalb für den Kunden zumutbar. Bei einer ästhetischen Beschädigung hänge die Bewertung vom Grad der Augenfälligkeit des Mangels ab. So genügten auch schon relativ kleine Schäden für einen kompeltten Schadensersatz. Zumutbar ist, so Schneider, eine Wertminderung, wenn ein Schaden beim normalen Tragegebrauch nicht auffällt. „Der Grad zwischen zumutbarer Wertminderung und Totalschaden ist sehr schmal“, so Schneider, „aber für beide Parteien muss gleiches Maß angewandt werden“, bestärkte er die Anwesenden.

Eine rege und umfassende Diskussion unter aktiver Beteiligung der Teilnehmerschaft entfaltete sich bei der Besprechnung der aktuellen Zeitwerttabelle des DTV. Bezüglich der Lebensdauer verschiedener Textilien herrschte unter den Sachverständigen, die zum Teil auf Spezialgebieten tätig sind, zunächst Uneinigkeit. Dabei kam der Vorschlag auf, sich bei der Lebensdauer der Textilien nicht auf Jahre, sondern Waschzyklen festzulegen – diese Idee wurde jedoch wieder verworfen. In einer ausführlichen Auseinandersetzung mit den einzelnen Posten und Formulierungen der Tabelle konnte sich das Plenum auf neue, als angemessen erachtete Zeitwerte einigen. Der Vorschlag, eine entsprechende, eigene Tabelle für die gewerbliche Pflege im Rahmen eines kleineren Personenkreises zu erstellen, fand großen Anklang.

Die rege Beteiligung der Seminarteilnehmer nahm auch am zweiten Veranstaltungstag nicht ab. Als sehr nutzwertig stellte sich für die Sachverständigen der Vortrag von Rechtsanwalt Dr. Peter Bleutge aus Wachtberg dar. Er sprach zunächst die Vertragsgestaltung des Sachverständigen bei einem Privatauftrag an und erläuterte detailliert, welche Klauseln unabdingbar oder zu vermeiden seien. Rein rechtlich sei zwar schon eine mündliche Absprache wirksam, in der Regel werde zur Sicherheit diese Vereinbarungen schriftlich fixiert. Bei unkonkreten Angaben greife das Werksvertragsrecht, das auch das schriftlich Festgehaltene ergänzt. Bereits die genauen Angaben des Auftragsgebers seien wichtig, da es Fälle gab, in denen sich herausstellte, dass der Auftragsgeber keinerlei Rechte an der Textilie hatte bzw. nicht befugt war, einen Vertrag zu schließen. Zudem sei eine genaue Zweckbestimmung von Bedeutung, um eine spätere Haftung zu minimieren, so Bleutge. „Ungeheuer wichtig“ sei die Definition des Auftrags und die Ausschließung dessen, was nicht Gegenstand des Gutachtens sei. Welche Auskünfte vorliegen, mündlich und schriftlich, Nutzungsrechte des Gutachtens, Vergütungsklauseln – Bleutge brachte die Sachverständigen auf den neuesten Stand. Im zweiten Part seiner Ausführungen ging er auf den Aufbau eines Gutachtens ein. Dabei hatten die Sachverständigen zahlreiche Fragen, die der Rechtsanwalt kompetent beantworten konnte. So sei eines der häufigsten Probleme, dass die Geschädigten oftmals unangekündigt mit dem zu begutachtenden Teil „im Laden stehen“. Rechtlich müssen bei der Übergabe beide Parteien zugegen sein. „Ich habe bei diesem Verhalten größte Bedenken“, so Bleutge, „schließlich könnte eine Beeinflussung stattfinden.“ Die Sachverständigen müssten auf jeden Fall den Anschein der Parteilichkeit vermeiden. Der Richter und die Gegenseite seien auf jeden Fall zu informieren. Möglich wäre es auch, einen Angestellten zu beauftragen, das Gut anzunehmen, der Gutachter selbst solle sich im Hintergrund halten.

Ein Gutachten könnte zurückgewiesen werden, wenn sich der Gutachter nicht strikt an den Auftrag gehalten hat. Bei Unsicherheiten bezüglich der Fragestellung sollte dieser sich nicht scheuen, den Richter zu kontaktieren. Zivilrechtlich sei sogar verordnet, dass der Richter den Sachverständigen zum Beweisbeschluss hinzuzuziehen habe.

Außerdem sei ein Gutachten nur dann vollständig, wenn das Objekt im Text beschrieben sei. Der Verweis auf ein beigelegtes Foto genüge nicht, da dieses nur zur zusätzlichen Veranschaulichung diente. Bezüglich einer Besichtigung stellte Bleutge klar, dass der Sachverständige den Ort festlege – nicht die Parteien.

Wichtig war dem Rechtsanwalt auch zu erwähnen, dass die Tätigkeit als Gutachter streng von der übrigen Tätigkeit getrennt wird. So sollten Textilreiniger, die außerdem als Sachverständige tätig sind, zwei Arten Briefköpfe und Visitenkarten führen, in eigener Sache dürfe man außerdem nie als Sachverständiger auftreten. Das allerdings passiert schnell, wenn ein Kunde sich z.B. nach einer Schadensursache erkundigen will.

Einen Überblick über die Begutachtung von Teppichen gab Lothar Amm, Geschäftsführer der Teppichwäscherei Amm in Langezenn. Er stellte heraus, dass die meisten Streitigkeiten bei Waren entstehen, die über Absatzmittler in den Betrieb gelangen. Die meisten Reklamationen gebe es im Bereich der Tuftingteppiche mit 20 Prozent, die aber insgesamt nur einen Anteil von fünf bis zehn Prozent des Reinigungsguts ausmachen. Ähnlich verhalte es sich bei Bordürenteppichen, umgekehrt jedoch bei Orientteppichen, mit 15 Prozent der Reklamationen. In den meisten Fällen genüge es, den Sachverhalt dem Kunden zu erklären, durch eine nochmalige Reinigung oder einen Preisnachlass werden ebenfalls die meisten dieser Fälle geregelt. Amm erläuterte Maßnahmen seines Betriebes, um sich im Vorfeld gegen Reklamationen zu schützen. Zur Begutachtung brachte er aktuelle Schadensfälle aus seinem Betrieb mit. Die Sachverständigen konnten so selbstständig die Waren begutachten, um zu einem Ergebnis zu kommen. Ferner präsentierte Amm ein Verkaufsvideo eines Teppichherstellers, der das „einfache“ Reinigen seiner angebotenen Ware propagiert. Die Teilnehmer konnten anhand des Videos erfahren, dass unwissende Kunden fehlerhafte und verfälschte Auskünfte seitens der Hersteller erteilt bekommen. Beschädigungen, die bei einer sachgemäßen Behandlung entstehen können, steht der Kunde nach einer solchen Präsentation natürlich kritisch gegenüber. Eine ausführliche Beratung des Kunden sei daher wichtig. Bevor die Sachverständigen zum Abschluss eigene Schadensfälle zur Begutachtung und Diskussion freigaben, erwähnte Fritsche noch weitere Pläne wie die Gründung einer Sachverständigenkommission, um gemeinsam an Projekten arbeiten zu können, sowie die Etablierung einer Prüfungskommission für die fachliche Prüfung. Iris Stelter