Im Gespräch mit Miriam Paul, Voss GmbH So trennt sich die Spreu vom Weizen

Qualität im Wirtschaftsfeld Textilservice lässt sich nur mit Fachkräften dauerhaft realisieren. Miriam Paul ist verantwortlich für die Produktion und Logistik der Voss GmbH in Wuppertal. RWTextilservice sprach mit der Vizepräsidentin des Deutschen Textilreinigungs-Verbands (DTV) über Qualitätsanforderungen an Leasingtextilien und den dringenden Bedarf an qualifiziertem Nachwuchs.Miriam Paul gehört zur Geschäftsleitung der Voss GmbH und ist Vizepräsidentin des DTV. Foto: Voss GmbHSo trennt sich die Spreu vom Weizen Die Großwäscherei Voss ist ein Familienbetrieb. Rolf-Peter Voss und seine Töchter Miriam Paul und Melanie Voss-Franke leiten das Unternehmen in der Sitex-Gruppe. Gegründet wurde es vom Großvater Günter Voss im Jahr 1925. Anfangs lieferte dieser die Wäsche mit dem Fahrrad aus; die Großmutter wusch sie. Heute stützt eine leistungsstarke Logistik den wirtschaftlichen Erfolg der Voss GmbH in Wuppertal. Miriam Paul gehört seit 1999 zur Geschäftsleitung. Schon als Kind stand für sie fest, dass sie in der Wäschereibranche bleiben würde, um eines Tages im Familienbetrieb gestaltend mitzuwirken. Im Alter von 16 half sie bereits in der Produktion des väterlichen Betriebes aus. Jeden einzelnen Arbeitsplatz kennt sie aus eigener Erfahrung. Ihr Lebenslauf ist ebenso gradlinig wie sie selbst: Nach dem Abitur machte Miriam Paul eine Banklehre, anschließend studierte sie Wirtschaftswissenschaften. Auch während des Studiums arbeitete sie im Familienbetrieb. Um sich im Textilreinigerhandwerk kompetent und überzeugend positionieren zu können, absolvierte sie zusätzlich eine Meisterausbildung. Das habe ihr übrigens weitaus mehr Spaß gemacht, als den trockenen Stoff in der Uni zu lernen. Junge Menschen für eine Ausbildung zum Textilreiniger zu gewinnen, ist eines ihrer persönlichen Anliegen: Einer von vielen Gründen, sich im DTV-Vorstand zu engagieren. Miriam Paul bestätigt, dass in der professionellen Textilpflege hart gearbeitet wird. Dass es keineswegs leicht sei, Branchenfremde für das Handwerk zu sensibilisieren, geschweige denn zu begeistern. Fleiß nennt sie als eine ihrer Eigenschaften. Ohne den ist in der Dienstleistungsbranche Textilpflege sicher niemand erfolgreich. Vorbildlich initiativ in Sachen Ausbildung „Unsere Pflicht als Unternehmen, für die Zukunft unserer Kinder zu sorgen und somit nachhaltig zu wirtschaften, spiegelt sich nicht nur im Thema Umweltschutz wider. Als Ausbildungsbetrieb setzen wir gezielt auf den Nachwuchs aus den eigenen Reihen.“ So lesen es die Besucher der Internetseite über die Voss GmbH. Ein sympathisches Statement und eine Philosophie, die in Wuppertal gelebt wird. „Zurzeit haben wir nur einen Auszubildenden zum Textilreiniger“, erklärt Miriam Paul. „Wir würden gerne drei oder vier im Jahr ausbilden, aber der Beruf ist nicht attraktiv genug.“ Die Voss GmbH geht initiativ mit der Nachwuchsproblematik um. Im Dezember letzten Jahres schloss sie einen Kooperationsvertrag mit einer Wuppertaler Schule. „Wir bieten den gewillten Schülern Betriebsbesichtigungen und Praktikumsplätze an. So können diese den Ausbildungsberuf kennen lernen. Und die Schule hat die Möglichkeit, Einblicke in die Wirtschaft und praxisbezogene Lehrinhalte zu vermitteln. Unsere Zielsetzung ist ganz klar die Förderung des Nachwuchses aus eigenen Reihen und die Schaffung von Ausbildungsplätzen für Jugendliche in Wuppertal.“ In diesem Jahr steht eine weitere Kooperation mit einer Wuppertaler Schule an. Interesse für den Handwerksberuf zu wecken und die Möglichkeiten für qualifizierte Aus- und Weiterbildung zu schaffen, bleiben laut Paul dringende Aufgaben des DTV. Der Fachkräftemangel dürfe sich auf keinen Fall fortsetzen. „Wir müssen es schaffen, den Beruf des Textilreinigers attraktiver zu gestalten.“ Dank reger Öffentlichkeitsarbeit und modernen Marketings sei der Verband derzeit auf dem richtigen Weg. Aufgrund der wachsenden Herausforderungen des Marktes sei es generell wichtig, die Branche in der Öffentlichkeit aufzuwerten und textile Dienstleistungen interessanter zu machen. „Nicht zuletzt, um unsere Attraktivität auf dem Arbeitsmarkt zu erhöhen.“ Verantwortung gegenüber Mitarbeitern Die Anforderungen an textile Dienstleister steigen analog zu den Qualitätsansprüchen ihrer Kunden und einem enormen Kostendruck. Auch das bestätigt Miriam Paul. Im Unternehmen Voss gehe es daher schon lange nicht mehr um das Waschen von Textilien, sondern um ausgereifte Logistik, Personalmanagement, Energieeffizienz, Nachhaltigkeit, Ausbildung und natürlich um Kundenbindung. Sich täglich dem reibungslosen Zusammenspiel aller Aspekte zu widmen, findet Miriam Paul nach wie vor spannend. Bis heute fasziniert es sie, was sich mit Kreativität und engagierten, sozial kompetenten Mitarbeitern erreichen lässt. „Von jedem Einzelnen erwarten wir Einsatz und Leistung. Anerkennung und leistungsorientierte Vergütung sind für uns dabei selbstverständlich. Die Verantwortung gegenüber unseren Mitarbeitern und deren Familien hat für uns einen hohen Stellenwert.“ Zudem seien Verbundenheit und Fairplay gegenüber Kunden und Lieferanten elementare Grundsätze der Unternehmenskultur. „Individuelle Textillogistik.“ So überschreibt die Voss GmbH ihr Dienstleistungsprofil. Mehr als 70 t Wäsche werden täglich an den beiden Standorten in Wuppertal von insgesamt 400 Mitarbeitern bearbeitet. 70 Prozent der Textilien sind Leasingwäsche. Die Produktpalette deckt sämtliche Miettextilien im Gesundheitswesen ab, angefangen von der Stationswäsche (Bett-, Frottier- und Patientenwäsche) bis hin zur Bekleidung der Mitarbeiter. Lückenlose Logistikkette Die Beschaffung und Bearbeitung der Leasingartikel, so Miriam Paul, sei nur ein Teil der textilen Logistik. Größte Relevanz habe die lückenlose Logistikkette bis zum Kunden. Wobei ein Kunde aus diversen Kostenstellen bestehe, die jeweils separat bedient und gesteuert werden müssten. „Wir sind schon lange keine reine Wäscherei mehr, sondern sehen uns als Lieferant, der just in time die benötigten Textilien an den richtigen Ort liefert. Gleichzeitig stehen wir unseren Kunden in allen fachlichen und wirtschaftlichen Fragen beratend zur Seite.“ Auch RWTextilservice hat drei grundsätzliche Fragen: 1. Was spricht dafür, Textilien zu leasen statt zu kaufen? Miriam Paul: Beim Leasing hat der Kunde den Vorteil, dass er sich von der Beschaffung über die Lagerung bis zur Reparatur und Ersatzbeschaffung um nichts mehr kümmern muss. Je nach Vereinbarung bekommt er die Wäsche sogar bis auf die Station geliefert. Dadurch erhält er am Monatsende automatisch ein Kostencontrolling über den Verbrauch pro Kostenstelle bzw. Patient. Das Gleiche gilt für den Bereich Mietberufsbekleidung. Die komplette Logistikkette liegt in einer Hand. Fehlerquellen werden deutlich reduziert, Transparenz und Steuerbarkeit enorm verbessert. 2. Welche Anforderungen müssen Leasingtextilien erfüllen? Miriam Paul: Zunächst einmal müssen die Textilien langlebig und industriewäschegeeignet sein. Das heißt: Sie müssen so konzipiert sein, dass wir sie in unseren hoch automatisierten Prozessen und Maschinen bearbeiten können und ein optimales Qualitätsbild erreichen. Qualitative Eigenschaften wie Farbechtheit, Trocknerbeständigkeit, Thermofixierung von Nähten, geringes Schrumpfverhalten und Formstabilität sind dabei wesentlich. Sie kennzeichnen, ob Textilien wäschereigerecht sind oder nicht. Selbstverständlich müssen sie auch im Preis attraktiv sein. Bei dem heutigen Kostendruck im Gesundheitswesen spielt jeder Cent eine Rolle. Außerdem legen unsere Kunden Wert auf das Design. In der heutigen Zeit wird zunehmend darauf geachtet, dass sich die einzelnen Krankenhäuser oder Altenheime voneinander abheben und das Wäschesortiment aufeinander abgestimmt wird. 3. Woran erkennen Kunden die Qualität von Leasingtextilien und textiler Dienstleistung? Miriam Paul: Der Kunde kann die Qualität zunächst nur nach optischen und haptischen Gesichtspunkten beurteilen. Gefällt mir das Design oder die Farbe, wie fühlt sich das Material an, passen die Maße? Das eigentlich Entscheidende bei der Wahl des richtigen Dienstleistungsunternehmens ist vor allem die konstante Lieferqualität. Hierbei spielen neben den Textilien vor allem die Bearbeitung, Liefertreue und das Reklamationsmanagement zentrale Rollen. Selbst nach Monaten oder Jahren muss das Gesamtbild der umfangreichen Dienstleistung noch stimmig sein. Das Gesamtpaket, das vertraglich vereinbart wurde, muss passen: Qualität, Mengensteuerung, Logistik, Pünktlichkeit und Wirtschaftlichkeit. Textile Dienstleistung erfordert ein permanentes Nachjustieren an vielen winzigen Stellschrauben. Nur so kann der textile Kreislauf reibungslos funktionieren. Genau hier trennt sich unserer Meinung nach die Spreu vom Weizen.Gabriele Rejschek-Wehmeyer