Sterr Wäscherei-Reinigung, München Textilservice: "Wir sind Problemlöser"

Textilreiniger sind Handwerker. Genau das sollten sich Unternehmer vor Augen halten, findet Richard Sterr von der Sterr Wäscherei-Reinigung. Wie er das in seinem Betrieb in München tagtäglich umsetzt und weshalb er für seine Arbeit ein Lochbrett, eine Autodichtung und einen Küchengriff braucht.

Monika Achternbusch und Richard Sterr
Die Geschwister Monika Achternbusch und Richard Sterr betreiben in München den Familienbetrieb Sterr Wäscherei-Reinigung. - © Schindele

Die Schiebetür zu seinem Betrieb entsperrt Richard Sterr nur dreimal in der Woche: am Montag von 8 bis 12 Uhr und Dienstag und Donnerstag von 13.30 bis 17 Uhr. Hinter den kurzen Öffnungszeiten steckt nicht etwa Corona, sondern ein klares Signal an seine Kunden: "Wir sind nicht der Supermarkt um die Ecke", sagt er. "Wir sind Problemlöser." Er helfe Kunden bei heiklen Stoffen, hartnäckigen Flecken oder Heimtextilien. Wer die Dienstleistung der Sterr Wäscherei-Reinigung in Anspruch nimmt, muss sich den Besuch einplanen – genauso wie einen Termin in der Autowerkstatt.

Als der Unternehmer 2017 seine Öffnungszeiten reduzierte, stieß Sterr auf Unverständnis, erzählt er. "Du spinnst, meinten viele Kollegen." Fünf Jahre später gibt ihm der Zulauf seiner Kunden recht. Eines hat sich Sterr noch von den Mechanikern abgeschaut: "Der Meister muss mit den Kunden sprechen." In der Werkstatt gebe man das Auto nicht einfach bei einer Empfangsdame ab, sondern kläre mit dem Meister: Was muss gemacht werden? Welche Kosten kommen auf den Kunden zu und welche Vorschäden hat das Auto? Genau so sollte es jeder Textilpflegebetrieb auch handhaben, findet er. "Das kann ich aber nur machen, wenn ich das Fachwissen habe." In der Praxis gestalte sich das deshalb oft schwierig, besonders, wenn eine Reinigung viele Annahmestellen betreibt. Sterr spricht aus Erfahrung. Noch in den 1980er-Jahren hatte der Münchner Familienbetrieb elf Annahmestellen. 2022 begrüßen in der Oberauer Straße seine Schwester Monika Achternbusch oder er jeden Kunden persönlich. "Alles, was reinkommt, geht durch unsere Hände."

Bei Sterr sind Kunden Meistersache

Die Betreuung durch den Meister hat einen Vorteil: "Die Kunden wissen, woran sie sind und dass wir unser Bestes tun", sagt er. Das beuge Beschwerden vor. In seiner Funktion als Präsident des Bayerischen Textilreinigungsverbands (Baytex) führt er etliche Reklamationsgespräche und resümiert: "Viele beschweren sich, weil sie falsche Vorstellungen hatten, was möglich ist und was nicht." Das könne jeder Betrieb vermeiden, indem man vorab bespricht, dass eventuell Ränder zurückbleiben oder der Stoff beim Waschen eingehen könnte. Aus diesem Grund hält er solche Fakten schriftlich fest. "Wir gehen mit dem Kunden einen Fragebogen durch." Das Besprochene notiere er und lasse den Kunden vor dem Bearbeiten das Formular unterschreiben. "Ja, das ist aufwendig", sagt er. Aber es lohne sich, besonders im Streitfall. Will ein Kunde nicht zahlen, weil der Fleck nicht ganz rausging, habe er den quittierten Auftrag mit seiner vorherigen Einschätzung als Beweis für die Aufklärung in der Hand.

Trockner-Trennwand von Richard Sterr
Mit der selbst entwickelten Trennwand spart Sterr Strom. - © Schindele

Energie sparen

Die abgegebenen Textilien bearbeitet Sterr mit seinen fünf Angestellten an vier Tagen in der Woche. Am Freitag nimmt sich der Unternehmer Zeit für die Buchhaltung, zum Reparieren – oder zum Tüfteln. "Ich bin immer am Basteln", sagt Sterr. Er isoliert Rohre, leitet warme Luft um oder entwickelt sparsamere Verfahren. "Die Energie, die ich nicht aufwende, muss ich nicht zahlen." Nach diesem Motto nahm er beispielsweise den Trockner unter die Lupe: Er habe viele kleinere Posten. Um diese zu trocknen, bräuchten die Geräte länger, weil zu viel Luft an der wenigen Belademenge vorbeiziehen kann. Eine halb so große Trommel, hätte dieses Problem nicht, überlegte er und fuhr in den Baumarkt. Zurück kam der Unternehmer mit Lochblechen, einer Dichtung für Autotüren und einem Griff für Küchenschränke. Die selbst gebaute Trennwand aus zwei Teilen funktioniert wie ein Fächer, den Sterr in der Trommel aufspannt und mit einer Flügelschraube fixiert. Das Patent hat er schon angemeldet. "Jeder bräuchte so eine Trennwand", findet er. Sie spare Energie – und das sogar doppelt. Mit der Konstruktion kann er zwei Posten gleichzeitig trocknen. "Beispielsweise rote mit weißer Wäsche", sagt er. Die Flusen übertragen sich nicht.

Schon als Jugendlicher mit 14 Jahren habe ihn die Technik im Betrieb begeistert. "Waren Monteure da, bin ich denen nicht von der Naht gegangen." Jeden Handgriff beobachtete er genau. Selbst in der Woche vor seiner Meisterprüfung 1987 flieste er lieber mit dem Blaumann das Waschhaus, statt Bügeln zu üben. Drei Jahre später schraubte er an einem weiteren Projekt: einen (Sessel-)Lift für Wäsche. Der Betrieb liegt mitten in einem Wohngebiet. "Wir sind seit 1952 hier", sagt Sterr. Jeder Winkel muss optimal genutzt werden: Im ersten Stock wohnen seine Eltern, im Erdgeschoss reinigt und bügelt Sterr, gewaschen wird im Keller. Die schweren Wäschekörbe mussten die Mitarbeiter über Betontreppen nach unten schleppen. Zumindest bis Sterr die Schienen montierte. Sie führen von der Hofeinfahrt in den Keller. Das funktioniert wie ein Sessellift. Statt einer Sitzgelegenheit für Skifahrer, bietet Sterrs Bahn jedoch Platz für einen Wäschekorb. Das Gestänge, an dem die Metallvorrichtungen hängen, führt in den Keller und u-förmig durch die Räume. An jeder Waschmaschine kann der Lift zum Ein- und Ausladen stoppen. Nur wenn Schulklassen seinen Betrieb besuchen, befördert der Lift etwas anderes als Wäsche. Jedes Kind darf auf der Metallplatte Platz nehmen und einmal runter und wieder herauf fahren.

Sterrs
Der "Sessel"-Lift befördert Wäschekörbe in den Keller. - © Schindele

Nachhaltig arbeiten

Sterr werkelt nicht nur an Maschinen, er testet auch Verfahren. Seit 1,5 Jahren rückt er in seiner Arbeit das Thema Nachhaltigkeit in den Fokus. "Wir verwenden wenn möglich Bioprodukte", sagt er und schwenkt einen Messbecher mit einer milchigen Flüssigkeit. "Das ist normale Maisstärke." Die gibt er zum letzten Spülbad von Tischdecken in die Waschmaschine. "Sie bekommen so einen richtig schönen Griff beim Mangeln." Andere Waschmittel tragen Label von OEKO-TEX oder das nordische Umweltzeichen "Nordic Swan Ecolabel". Aktuell probiert er neue flourfreie und biologisch abbaubare Imprägnierungen aus. "Ich teste erst an meinen eigenen Jacken, dann weiß man, ob’s funktioniert", sagt er und fügt hinzu: "Man kann sich in seiner Arbeitsweise immer verbessern." Umweltfreundlicher. Effektiver. Kostengünstiger. Denn eines steht für den Geschäftsmann bei seiner Arbeit klar an erster Stelle: "Ehrliche und saubere Arbeit soll und muss sich lohnen."