Textilpflege d’Heureuse in Markkleeberg: Umweltbewusster Erfindergeist

Hans-Joachim d’Heureuse entwickelte ein lösungsmittelfreies Nassreinigungsverfahren, das zugleich die Umwelt schont und spürbar die Betriebskosten senkt. Dafür wurde der Erfinder im 50. Jahr des Firmenbestehens der Textilpflege d’Heureuse von zwei Handwerkskammern mit dem Innovationspreis ausgezeichnet.

Wurde für ein innovatives Reinigungsverfahren von den Handwerkskammern Halle und Leipzig ausgezeichnet: Textilreinigermeister Hans-Joachim d’Heureuse. Foto: Wylegalla - © Wylegalla

Umweltbewusster Erfindergeist

Nein, hätte der Garderobier nur geahnt, dass Hans-Joachim d’Heureuse im Nassverfahren ohne chemische Keule reinigt, hätte er die sündhaft teure Kleidung von Herbert Grönemeyer und seiner Crew nie und nimmer der Textilpflege in Markkleeberg bei Leipzig anvertraut. Bei genauerem Hinsehen musste er aber doch zugeben, dass die Qualität einfach spitze war.

Schmunzelnd erinnert sich Joachim d’Heureuse an die Begegnung mit diesem Berufskollegen, der auf der Tournee Grönemeyers dafür verantwortlich war, dass der Sänger aus dem Ruhrpott stets wie aus dem Ei gepellt auftrat. Die Entwicklung eines sanften Reinigungsverfahrens hat dem Textilreinigermeister d’Heureuse seinen Betrieb gerettet. Noch zwei Jahre zuvor hätte er beinahe kapituliert, weil ihm die Umweltbehörde immer wieder das Leben schwer gemacht hatte.

Hans-Joachim d’Heureuse beherrscht nicht nur sein Handwerk aus dem Effeff, sondern ist auch passionierter Tüftler. Im Februar dieses Jahres wurde der mittlerweile 76-Jährige durch die Handwerkskammer Leipzig und die Handwerkskammer Halle mit dem Innovationspreis ausgezeichnet. Exakt 50 Jahre nach der Betriebsgründung war das die schönste Bestätigung für den Unternehmer, die ihm bewies, dass sich unternehmerisches Engagement doch lohnt.

Als Berufsoptimist denkt der Textilreinigermeister schon an weitere Projekte: „Ich arbeite gerade an der Entwicklung einer speziell auf dieses Verfahren abgestimmten Maschine, für deren Serienherstellung sich dann hoffentlich ein Produzent finden wird.“ Allerdings kann die Reinigung à la d’Heureuse auch in konventionellen Maschinen angewendet werden. „Es ist lediglich eine Umprogrammierung erforderlich“, versichert der Erfinder.

Tochter Birgit d’Heureuse, die den Betrieb 2001 übernommen hat, arbeitet bereits seit Beginn letzten Jahres mit einer Böwe-Perchlorethylen-Reinigungsmaschine nach dem neuen, von ihrem Vater entwickelten Verfahren. Die Textilreinigermeisterin ist erleichtert, denn die Kosten konnten dadurch um rund 30 Prozent gesenkt werden. „Es gibt keinen Qualitätsunterschied zu konventionellen Verfahren“, versichert Birgit d’Heureuse. Sogar mit der Reinigung von Leder hat sie gute Erfahrungen gemacht.

Die Inhaberin räumt indessen ein, dass beim Finishing etwas mehr Handarbeit erforderlich ist. Sehr stark verschmutzte Garderobe sollte ihrer Meinung nach besser gewaschen als gereinigt werden. Genaugenommen habe der Senior schon vor 30 Jahren den Innovationspreis verdient. Damals habe er bereits an dieser Idee gearbeitet, konnte sie aber nicht verwirklichen, und so landete sie schließlich in der Schublade. Hans-Joachim d’Heureuse wurde 1932 in Braunschweig als Nachkomme einer französischen Hugenottenfamilie geboren. Zwei Jahre nach der Meisterprüfung gründete Hans-Joachim d’Heureuse mit Stiefvater Rinze Schermer 1958 in Markkleeberg eine Textilreinigung. Ab 1960 war der Betrieb auch ein Geheimtipp für die professionelle Pflege von Lederkleidung und -färbung. D’Heureuse erinnert sich daran, dass „die Kunden weite Strecken zurücklegten und sogar Messegäste aus der alten Bundesrepublik uns ihre Ledergarderobe anvertrauten“.

1979 schied er aus dem Familienunternehmen aus und arbeitete ein Jahr in einem volkseigenen Betrieb als Schichtmeister. „Es war eine schöne Zeit. Aber ich hatte Sehnsucht nach der Selbstständigkeit“, berichtet der Textilreinigermeister. Kurzerhand baute er ein Gerät, mit dem er bei den Kunden Teppiche und Polstermöbel nach dem Sprühextraktionsverfahren reinigen konnte. „Natürlich wollte ich meine Erfindung zum Patent anmelden“, so Hans-Joachim d’Heureuse. Doch dann sah Tochter Birgit zufällig im „Westfernsehen“, dass es in der alten Bundesrepublik bereits solche Geräte gab. Doch in Sachsen garantierte die innovative Technik dem Unternehmer volle Auftragsbücher: „Ich reinigte sogar stark verschmutzte Teppiche, die Kollegen aufgegeben hatten“, erinnert er sich an seine Unternehmung mit zwei Mitarbeitern. Hätten ihm die Behörden mehr Bewegungsfreiheit gewährt, so hätte er damals noch mehr Aufträge akquirieren können: „Mir wurde aber nur ein Gewerbeschein für den Kreis Borna ausgestellt.“ Wenngleich in Leipzig seine Einsätze offiziell nicht erwünscht waren, wurde er doch „hinter vorgehaltener Hand“ beauftragt, im Leipziger Rathaus und in den Messehallen Tausende Quadratmeter Teppichboden zu reinigen. „Ich habe sogar im Gästehaus am Clara-Zetkin-Park aus den wertvollen Teppichen in Erich Honeckers Appartement Flecken entfernt“, schmunzelt der Unternehmer. 1987 bekam er schließlich auch offzilell den Gewerbeschein, „den man mir jahrelang verweigert hatte“.

Nach der Wende brachen die öffentlichen Auftraggeber weg. Doch Hans-Joachim d’Heureuse resignierte nicht, sondern kaufte eine Reinigungsmaschine und baute kurzerhand seine Garage um. Seitdem wird hier vorwiegend Garderobe von Privatkunden gereinigt. Die Pflege von Heimtextilien, Kissen und Federbetten sind weitere Standbeine wie auch die Teppich- und Polstermöbelpflege bei den Kunden.

Heute ist die Textilpflege d’Heureuse in der 20.000-Einwohner-Stadt Markkleeberg der einzige Handwerksbetrieb seiner Branche. Vier Mitarbeiter stehen in Lohn und Brot. Das gute Renommee des Unternehmens lockt sogar Kunden aus Leipzig entweder in das Stammhaus oder aber in die Annahmestelle, die d’Heureuse in einem Supermarkt platzieren konnte. Obwohl er ganz bewusst in umweltfreundliche Technik mit Emissionswerten unter dem gesetzlichen Limit investiert hatte, ließ die Behörde den Unternehmer nie in Ruhe: „Mir wurde aufgetragen, einen Schornstein zu errichten, der die Höhe der dreistöckigen Häuser in der Nachbarschaft überragt.“

1997 ließ er die Maschine nach Euronorm auf KWL umrüsten. Seitdem wurde nie die Füllung gewechselt, sondern nur das Volumen wieder aufgefüllt. Warum? „Ich habe keinen Reinigungsverstärker zugesetzt“, verrät Hans-Joachim d’Heureuse. Als dann 2006 ein Nachweis verlangt wurde, dass kein Explosionsrisiko besteht, hatte er „die Schnauze bis zum Stehkragen voll, weil der Handwerker, der die Maschine installiert hatte, längst im Ruhestand war und der Kauf einer neuen Anlage nicht in Frage kam“.

Nun besann sich der gestandene Unternehmer wieder auf seine Idee von der lösungsmittelfreien Nassreinigung. Nach erfolgreichen Versuchen mit eigener Garderobe – „Ich habe nach jedem Reinigungsgang akribisch die Nähte nachgemessen und selbstkritisch die Qualität beurteilt“ – begann er schließlich, das Verfahren auch in der Produktion einzusetzen.

Als Hans-Joachim d’Heureuse sich in der Handwerkskammer zu Leipzig über das Patentierungsverfahren informierte, wurde man auf ihn aufmerksam, wie er zufrieden erzählt: „Der Berater schlug mich für den Innovationspreis 2008 vor, genau 50 Jahre nach der Firmengründung.“ Von 16 eingereichten Ideen wurden seine Erfindung sowie die Entwicklung einer mobilen Beregnungseinrichtung für Pflanzentransportwagen eines Metallbauers aus Niemberg/Eismannsdorf ausgezeichnet. Reinhard Wylegalla