Neues Öko-Tex-Nachhaltigkeitslabel für Textilien Viele Zertifikate für ein Ziel

Die in Zürich ansässige Öko-Tex-Gemeinschaft hat jüngst ein neues Nachhaltigkeitslabel vorge-stellt. Es zeichnet unbedenkliche Textilien aus sozialverantwortlicher und ökologischer Produktion aus und löst die beiden Systeme Öko-Tex Standard 100plus und das spanische „Made in Green by Aitex“ ab. Nach Übernahme der Namensrechte ist Öko-Tex exklusiver Herausgeber des „Made in Green“-Labels.3 Das Nachhaltigkeitslabel „Made in Green by Oeko-Tex“ der Öko-Tex-Gemeinschaft kommt nicht von ungefähr. In Bereichen wie der Sportswearindustrie ist das Kundeninteresse an nachweisbar nachhaltig hergestellten Bekleidungsartikeln groß. Und auch in der Textilpflegebranche mehren sich die Kundenanfragen nach Nachweisen einer nachhaltigen Produktion. In Konsequenz steigt auch die Zahl der Anfragen bei den vorgelagerten Stufen. Hersteller und Lieferanten von Wäsche, Berufs- und Schutzbekleidung sowie deren Vorstufen werden aufgefordert, ihre gesellschaftliche Verantwortung nachzuweisen. Dazu kommt politischer Druck: Von ministerialer Seite besteht die Absicht, möglichst schnell eine große Transparenz in die textile Kette zu bringen. 200 verschiedene StandardsDie aktuellen Rahmenbedingungen haben das Bewusstsein gegenüber unserer Umwelt und den Menschen, die für unsere Bekleidung sorgen, verändert. Neu ist es jedoch nicht. Im Jahr 1992 wurde beispielsweise das EU-Ökolabel als freiwilliges Zeichen für umweltfreundlichere Produkte und Dienstleistungen eingeführt. Fünf Jahre später nahm die Global Reporting Initiative (GRI) mit Hauptsitz in Amsterdam auch die sozialen Aspekte auf und machte sie zum festen Bestandteil einer Nachhaltigkeitsberichterstattung. Noch einen Schritt weiter ging Bluesign (Bluesign Technologies, St. Gallen) mit dem Gründungsjahr 2001. Bei einer Zertifizierung werden sowohl der Betrieb als auch dessen Zulieferer hinsichtlich der umweltrelevanten und sozialen Parameter bewertet. Neben diesen weitverbreiteten Labeln gibt es zahlreiche andere Nachhaltigkeitssysteme für die Textil- und Bekleidungsindustrie. Die Zahl der ernstzunehmenden Standards liegt inzwischen bei 200. Zu den im deutschsprachigen Raum bekannten Nachhaltigkeitszertifikaten gehört der Öko-Tex Standard 100plus. Er wird nun durch das Label „Made in Green by Oeko-Tex“ abgelöst. Der Generalsekretär von Öko-Tex, Dr. Jean-Pierre Haug, bezeichnet diesen Schritt als konsequente Erweiterung des Produktportfolios, der „(…) den Unternehmen der Textilbranche ein optimales Instrument bietet, um ihr Engagement in Sachen Nachhaltigkeit direkt am Endprodukt gegenüber dem Konsumenten zu kommunizieren. Anhand der darauf (Anm. d. R.: auf dem Label) angegebenen Prüfnummer und eines QR-Codes lässt sich der Herstellungsprozess damit ausgelobter Textilien eindeutig zurückverfolgen.“ Im Vergleich zu seinem Vorgänger läge der Mehrwert des „Made in Green“-Labels, so Haug weiter, also in der Transparenz für den Kunden. Die auf dem Label angegebene Produktkennung bzw. ein Quick Response (QR) Code ermöglicht die Rückverfolgung eines Artikels. Das Labellingsystem soll Informationen darüber liefern, in welchen Produktionsbetrieben entlang der textilen Kette das Textil produziert wurde, welcher Produktionsstufe die beteiligten Fabriken angehören und in welchen Ländern die Fertigung stattfand. Ein Konsument kann also alle nachhaltigkeitsrelevanten Informationen online abrufen. Geschlossener ZertifizierungskreislaufDamit das System funktioniert, müssen vor der Zertifizierung allerdings verschiedene Bedingungen erfüllt sein. Grundvoraussetzung für die Vergabe des „Made in Green“-Labels sind folgende: Die gesundheitliche Unbedenklichkeit ausgelobter Produkte ist durch eine erfolgreich bestandene Laborprüfung und Zertifizierung nach Öko-Tex Standard 100 nachzuweisen.Der Nachweis umweltfreundlicher und sozial verantwortlicher Produktionsbedingungen in den beteiligten Betriebsstätten erfolgt auf Basis eines umfangreichen Assessments und anschließenden Firmenaudits im Rahmen der Zertifizierung nach STeP by Öko-Tex (STeP steht für „Sustainable Textile Production“ und ist ein Zertifizierungssystem der Öko-Tex-Gemeinschaft für eine nachhaltige Textilproduktion. Im Rahmen einer Zertifizierung werden bestehende Produktionsbedingungen analysiert und bewertet. Im Mittelpunkt stehen dabei der Einsatz umweltfreundlicher Technologien und Produkte sowie deren Einfluss auf die Umwelt; weiterhin gehen die Arbeitsbedingungen eines Produktionsbetriebs in die Bewertung ein).Mit diesen Anforderungen setzt das neue Label „Made in Green“ auf eine Fortschreibung der beiden bestehenden Zertifikate der Öko-Tex-Gemeinschaft: Einer Produktzertifizierung nach Öko-Tex-Standard 100 und der Betriebsstättenzertifizierung nach STeP. Um ein „Made in Green“-Label für Textilien zu erhalten, gelten darüber hinaus folgende Mindestkriterien: Jeder Einzelbestandteil, der fünf oder mehr Prozent am Gesamtgewicht des Endprodukts ausmacht, muss in einer STeP-zertifizierten Betriebsstätte hergestellt sein.Mindestens 85 Prozent des Gesamtgewichts (aller Bestandteile) eines bestimmten Fertigartikels stammen aus STeP-zertifizierten Produktionsbetrieben.Der Konfektionsbetrieb, der den gebrauchsfertigen Artikel herstellt und mit dem „Made in Green“-Label auszeichnet, muss nach STeP zertifiziert sein.Sämtliche Betriebsstätten, die chemische Verarbeitungsschritte und Nassprozesse zur Herstellung der Produktbestandteile einsetzen, müssen nach STeP zertifiziert sein. Dies betrifft v.a. die Färberei und Textilveredlung, aber auch das Nassspinnen von Garnen. Zum Zeitpunkt der Markteinführung des „Made in Green“-Labels müssen mindestens zwei als so genannte „Hot Spots“ identifizierte Bereiche die Anforderungen des STeP-Standards einhalten. Dazu gehören die Konfektionierung und sämtliche Nassprozesse, weil sie den größten Einfluss auf mögliche Umweltbelastungen und kritische Arbeitsbedingungen haben. So will es die Öko-Tex-Gemeinschaft. Mittelfristig sollen aber auch sämtliche Betriebe der übrigen Verarbeitungsstufen (Spinnerei, Weberei, Strickerei, Zubehör, Faserherstellung bzw. Produktion von Rohmaterialien) die Anforderungen einer STeP-Zertifizierung erfüllen. Der Zeitpunkt einer breiten Markteinführung des „Made in Green“-Labels wird möglicherweise aber noch ein wenig dauern. Bis zum Redaktionsschlusstermin waren weltweit nur 22 Unternehmen nach SteP zertifiziert (Quelle: www.oeko-tex.com). Zum Angebot der ausgezeichneten Unternehmen zählen u.a. Garne, Maschenwaren, Frottier, Vliesstoffe, Stückfärber oder Hemden und Blusen. Ein leasingfähiges und nachhaltiges Sortiment lässt sich aus diesem Angebot allerdings nicht zusammenstellen. Immerhin gibt es für Textilserviceunternehmen, die es mit der Darstellung ihrer gesellschaftlichen Verantwortung eiliger haben, einen kleinen Trost: Unter den bestehenden 200 Nachhaltigkeitssystemen finden sich auch einige wenige, die für die Zertifizierung einer Dienstleistung geeignet sind. Infos: www.oeko-tex.com