RFID in der Modebranche Von Chips, Tags und Textilien

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RFID-Technologie

Radio Frequency Identification, die Identifizierungstechnologie mit Hilfe elektromagnetischer Wellen, ist nicht nur im Textilservice, sondern auch in der Textil- und Bekleidungsindustrie ein großes Thema. RWTextilservice hat recherchiert, wo die Sender-Empfänger-Systeme zum automatischen und berührungslosen Identifizieren und Lokalisieren von Objekten schon im „textilen“ Einsatz sind.

Radio Frequency Identification (RFID) ist nicht nur im Textilservice, sondern auch in der Bekleidungsindustrie ein großes Thema. - © Ideeah Studio, Fotolia.com

RFID, EPC, NFC, UHF – wer sich mit Identifikationssystemen beschäftigt, taucht schnell in eine spezielle Welt ein. RFID ist ein Trend, nicht nur im Textilservice, sondern auch in der Modebranche. Im Bekleidungsbereich hat RFID z.B. gegenüber Barcodes einige Vorteile. So gewährleistet RFID die Traceability (Rückverfolgbarkeit) über die gesamte Lieferkette hinweg, erleichtert die Bestandskontrolle und unterstützt in den Bereichen Produktion, Transport und Verkauf. Trotzdem hat die Technologie auch ihre Tücken – so wird z.B. der Datenschutz von manchen kritisch gesehen, aber auch die Auswahl des richtigen Systems kann schwierig sein.

Auf der deutschen Website des Wall Street Journal berichtet ein Artikel vom September 2014 über verschiedene Unternehmen, die sich bereits an die RFID-Geschichte herangewagt haben. Inditex, eine spanische Modekette und Mutterkonzern der Marke Zara, will demnach bis 2016 in mehr als 1.000 der weltweit rund 2.000 Zara-Geschäften in 88 Ländern RFID-Technologie einführen. Inditex verstecke die Chips in den Sicherheitsetiketten aus Plastik – so sollen die Chips wiederverwertet werden, wenn die Sicherheitsetiketten an der Kasse abgenommen werden. Aber auch ein US-Kaufhaus wird beispielhaft aufgeführt: „Penney“ hatte Ärger mit den Funkchips, weil deren Funksignale die Sensoren des bestehenden Diebstahlschutzes störten.

Pflegeetikett wird zum RFID-Etikett

In Deutschland gehörte die Modefirma Gerry Weber zu den RFID-Pionieren. Der Website des Unternehmens ist zu entnehmen, dass es Ende 2009 mit einer umfangreichen Erprobungsphase startete. Im Rahmen dieses Projektes wurde RFID zur Optimierung der Logistikabläufe und der Prozesse im Einzelhandel sowie gleichzeitig als neue Form der Warensicherung eingesetzt. Im Laufe dieses Entwicklungsprozesses kam die Idee zu einer weiteren Innovation: Das „normale“ Pflegeetikett wurde zum textilen RFID-Etikett erweitert, welches Warensicherung, Herstellerangaben zur Pflege und den EPC („Electronic Product Code“) vereint. Aus Komfortgründen könne vor dem ersten Tragen der Bekleidungsstücke das Etikett entfernt werden. Die Kunden können den RFID-Chip, der laut Gerry Weber sichtbar eingenäht ist, auf Wunsch direkt an der Kasse entfernen lassen oder ihn eigenhändig entfernen. Die Informationen über Pflege und Produktzusammensetzung bleiben dem Unternehmen zufolge dabei erhalten. Die Testphasen seien erfolgreich gewesen, sodass die Lösung mittlerweile in allen eigenen „Houses of Gerry Weber“ im In- und Ausland umgesetzt wurde. Mehr als 26 Millionen der jährlich produzierten Bekleidungsstücke werden seit Januar 2011 mit der RFID-Technik ausgestattet, so die Modefirma.

So weit, so gut. Doch Datenschützer sehen in der Chiptechnologie nicht nur Vorteile ...

Focus online schrieb im Januar 2012: „Datenschützer schlagen Alarm – Gerry Weber verwanzt Kleidung mit Schnüffelchips.“ Per Funk könne jeder, der ein entsprechendes Lesegerät nutzt, eine Identifikationsnummer abrufen, und zwar ohne direkten Kontakt zur Bekleidung, erklärte das Onlinemagazin. So sei es theoretisch möglich, ein Bewegungsprofil des Käufers zu erstellen. Gerry Weber reagierte auf die Kritik u.a. mit vielen Informationen zum RFID-System auf der Unternehmenswebsite, um Transparenz für die Verbraucher zu schaffen und die Sorgen der Datenschützer zu entkräften.

Weitere Modeunternehmen in Deutschland folgten dem RFID-Trend in letzter Zeit. Bei C&A ist die Technologie seit 2012 im Einsatz, seit 2014 auch in Adler Modemärkten. In Pressemitteilungen erläutern die Firmen die Vorteile und Vorgehensweisen. „RFID soll das Angebot in unseren Filialen noch weiter verbessern“, so C&A im Juni 2012. Man wolle erreichen, dass die Kollektionen den Kunden auch wirklich in den nachgefragten Farben und Größen zur Verfügung stehen. Adler teilte im Mai 2014 mit, dass nach einer „intensiven Pilotphase“ das „RFID-Rollout in 170 Adler Modemärkten erfolgreich abgeschlossen“ sei. Dabei ging es um die Einführung der RFID-Technologie im Warenwirtschaftssystem und bei der Artikelauszeichnung. Die Investition in Höhe von rund acht Millionen Euro wird sich dem Unternehmen zufolge durch Zuwächse bei Umsatz, Prozesseffizienz und Kundenzufriedenheit bereits ab 2015 amortisieren. Zudem biete sich die Technologie als Basis für künftige automatisierte Prozessschritte in der internen Warenlogistik an.

Vergleichbarkeit von RFID-Systemen

Der RFID-Markt wächst also. Das Angebot an RFID-Technologie ist mittlerweile umfassend, ebenso die Anforderungen der Unternehmen. Um die Modeunternehmen bei der Auswahl des richtigen Systems zu unterstützen, gibt es seit Februar 2015 eine Zertifizierung, die RFID-Tags für die Fashion-Industrie vergleichbar machen soll. Entwickelt hat sie das Euopean EPC Competence Center (EECC). Das Unternehmen wurde 2004 von GS1 Germany, der Deutschen Post DHL und der Metro Group gegründet und gilt als europäischer Marktführer für Lösungen und Services rund um EPC. Der EPC ist ein international verwendetes Schlüssel- und Codesystem für eine eindeutige Identifikationsnummer, mit dem Produkte weltweit eindeutig gekennzeichnet und identifiziert werden können (Definition von Wikipedia). Die Zertifizierung des EECC soll alle Prozesse von Tag-Produktion über Textildistribution und -aufbereitung bis zur Inventarisierung und Erfassung am „point of sale“ abdecken. Sie gelte zudem für beide weltweit genutzten Frequenzbänder ETSI und FCC und berücksichtige die Beeinflussung durch unterschiedlichen Hardwareeinsatz. „Auch Taghersteller freuen sich über das Zertifizierungsprogramm – sie können anhand des Zertifikats einfach und detailliert die Performance ihrer Tags nachweisen“, so Christian von Uechtritz, verantwortlicher Business Development Manager beim EECC.

Der wachsende Einsatz von RFID beeinflusst die Textilindustrie aber auch in anderer Hinsicht ...

Da Kurzdistanzdatenverbindungen wie RFID oder NFC (Near Field Communication) auch Anwendung bei Reisepässen, Kreditkarten oder Smartphones finden, können Sicherheitslücken entstehen. Mit mobilen Scannern könnten Kriminelle „im Vorbeigehen“ Daten entwenden oder sogar Geld stehlen, so die Befürchtung einiger Sicherheitsexperten. Um Kreditkarten, Mobilgeräte oder Reisepässe besser vor Hackern zu schützen, haben sich der Bekleidungshersteller Betabrand und das IT-Sicherheitsunternehmen Symantec zusammengetan und spezielle Bekleidungsstücke entwickelt. Eine Jeans für Männer und ein Blazer für Frauen sind mit Taschen ausgerüstet, die darin befindliche RFID-Chips vor Angriffen schützen sollen. Die Bekleidungsteile sind aus speziellem, RFID-blockendem Gewebe, das mobile Scanner nicht durchdringen können, so der Hersteller. Übrigens: Der „Datenschutzblazer“ ist mit „dryclean only“ (nur trockenreinigen) gekennzeichnet. Potenzial für Textilreiniger gibt es also auch beim Datenschutz.

Onlinetipp: Als besonderen Onlineservice bietet RWTextilservice seit einiger Zeit auch Themenseiten. Hier gibt es Fakten, Hintergründe und praktische Arbeitshilfen zu aktuellen Schlagwörtern auf einen Blick. Eine Themenseite beschäftigt sich ausschließlich mit der RFID-Technologie in der Textilpflege. Wenn Sie sich also umfassend zu dem Thema informieren wollen, klicken Sie rein!