Digitalisierung Wäscherei: Mit smarter Technik Textilien schonen

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Vernetzte Maschinen und automatische Prozesse – am neuen Standort der Fleischmann Mietwäsche GmbH nutzt das Familienunternehmen und Servitex-Mitglied die digitale Lösung "SmartLaundry" von Kannegiesser. Wie das in der Praxis funktioniert und welche Vorteile das System bietet, erklärt Unternehmer Pascal Fleischmann.

Pascal Fleischmann
Pascal Fleischmann führt durch den neuen Standort der Fleischmann Mietwäsche in Bruckmühl. - © Schindele

Es klackt. Ein Stopper weicht und ein blauer, prall gefüllter Wäschesack setzt sich ruckelnd in Bewegung. Sein Gewicht zieht ihn an Deckenschienen entlang und ein Steigförderer hievt ihn vom Hängespeicher auf die Bahn vorwärts zur Faltmaschine.

Am Boden steht Pascal Fleischmann. Schon als Kind faszinierte den heute 30-jährigen Unternehmer in der Wäscherei seines Vaters, der Fleischmann Mietwäsche GmbH in Hersbruck (Nürnberger Land), alles, was klackert und zischt. Mit der Technik von damals haben die Maschinen am neuen Standort des Familienbetriebs in Bruckmühl im Landkreis Rosenheim (Bayern) allerdings nichts mehr gemein: Die Geräte sind smart und vernetzt.

"SmartLaundry" in der Praxis

Hinter dem neuen Konzept steckt "SmartLaundry". Eine Datenbank des Herstellers Kannegiesser, die mit den angeschlossenen Maschinen kommuniziert. Fährt die schmutzige Wäsche in die Waschstraße, fragt die Waschmaschine über die Funktion "SmartConnect" Informationen zu den Textilien, etwa wie der Posten bearbeitet werden muss, ab. Darauf abgestimmt stellt das Gerät automatisch das passende Programm mit Temperatur und Waschdauer ein.

In Bruckmühl werfen an diesem ersten Mittwoch im Oktober die grauen Schmutzwäschesäcke weiße und beigefarbene Frotteehandtücher ab. Nach einem Bad in den 18 Kammern der Waschstraße schleust das System die Textilien zum Trocknen. Währenddessen fließt das gebrauchte Wasser durch einen Wärmetauscher zurück und wärmt das Frischwasser für die nächste Ladung. Selbst am nächsten Tag starte die gasbetriebene Flotte so mit 40 °C warmem Wasser, so Fleischmann.

Misst Feuchtigkeit im Garn: "InfraTouch"

Indes landet die Flachwäsche in einer Textilpresse. Sie drückt mit 56 bar das Wasser aus den Fasern und leitet den Wäschekuchen weiter in den Trockner. "Je weniger Wasser, desto kürzer die Trocknungszeiten", sagt Fleischmann. Das spare Energie und Zeit. Die Frotteeware trocknet in etwa zwölf Minuten. Eine exakte Zeit ist im Gerät nicht eingestellt. Der Trockner nutzt "InfraTouch", eine smarte Technologie. "Er misst die Feuchtigkeit des Garns." Das hat zwei Vorteile: Die Maschine trocknet nur so lange wie nötig. Das spart Energie. Und: Fasern werden nicht übertrocknet. Die Wäsche wird somit geschont und bleibt länger im Kreislauf. Eine neuartige Trommel durchflute die Textilien beim Trocknen zudem besser mit Luft.

Förderband ruft Informationen aus Datenbank ab

Die angetrockneten Textilien transportiert ein Förderband zur nächsten Station: dem Mangeln. "Das Band denkt sozusagen mit", sagt Fleischmann. Sprich, es ruft die gespeicherten Informationen aus der Datenbank ab und bestimmt so den Weg durch die Wäscherei. An den Maschinen selbst kontrollieren die Mitarbeitenden über Displays und wechseln per Knopfdruck zu neuen Kunden. Fleischmann chippt nicht jedes Textil. Es wäscht kundenbezogen. Das verhindere ein Vertauschen und er könne Kunden mit hochwertigeren Textilien ausstatten sowie beim Bearbeiten bessere Qualität liefern als bei Poolwäsche.

Frau an Faltmaschine
Die getrockneten Handtücher legt das Personal in die Faltmaschine ein. - © Schindele

Servietten und Kopfkissen landen in der Kleinteilemangel, Laken und Bezüge in der Großteilemangelstraße. Greifarme ziehen die Textilien hoch. Mitarbeitende spannen die Ecken ein. Die Maschinen arbeiten mit Zwischenspeichern. Mehr als 100 Laken können auf die Eingabe warten. Müssen Mitarbeitende austreten, läuft der Prozess kontinuierlich weiter. Das erhöht die Produktivität. Auch, weil die Textilien schneller durchlaufen können. "Wir schaffen doppelt so viel Wäsche", berichtet Fleischmann. Das spare Zeit und somit Energie. Kleinteile nehmen einen anderen Weg. Bevor sie ein Mitarbeitender in die Mangel legt, landen sie in einem Schacht. Im Inneren rotiert ein Motor. "Das funktioniert ähnlich wie ein Heuwender", erklärt der Unternehmer. Es lockere die Wäsche auf, vereinzele sie.

An diesem Nachmittag stehen die Mangeln schon still. Es gab nur Arbeit bis 13 Uhr. Auswirkungen der Corona-Pandemie. Beschweren will er sich aber nicht. Es laufe gut. Trotz Verlusten und Einbrüchen konnte das Unternehmen selbst im Corona-Jahr 2020 und in diesem Jahr Kunden gewinnen. Allein in dieser Woche habe Fleischmann in Ostbayern und in München zwei Objekte mit insgesamt 400 Hotelzimmern neu unter Vertrag genommen. Mit weiteren führe man Gespräche.

Schwerpunkt: Geschäftsreisen

Die Nachfrage nach professioneller Textilpflege steigt wieder. Vor Corona spürte Fleischmann dieses Interesse besonders in der Hotellerie deutlicher: Die Kapazität im Unterschleißheimer Betrieb wurde knapp. "München ist der Standort mit den meisten Dax-Unternehmen", erläutert Fleischmann. Das gelte selbst nachdem der deutsche Leitindex auf 40 Unternehmen aufgestockt wurde. Bis September 2021 waren von den 30 wertvollsten deutschen Unternehmen acht in der bayerischen Landeshauptstadt angesiedelt. Der Schwerpunkt liegt daher auf Geschäftsreisen. Fleischmann betreut u.a. Messe- und Flughafenhotels. Ein Markt, der vor Corona wuchs. "Wir mussten in die Zukunft investieren", sagt er. Dazu gehört für ihn ein neuer Standort, der Kunden vom Starnberger Land über Österreich bis Berchtesgaden umspannt, genauso wie der neueste Stand der Technik.

Nach langer Suche kaufte der Familienbetrieb 2018 den neuen Standort südlich von München und entkernte das Gebäude. Ende 2019 schob ein Fahrer die ersten Rollwagen mit Schmutzwäsche von einer der Laderampen in die ehemalige Umverpackungsstätte einer Pharmafirma. An den ehemaligen Reinraum erinnert lediglich der Farbverlauf am Balken. Die Säule wechselt von Weiß zu Betongrau. Die Decke musste weichen, ebenso die vielen abgetrennte Räume. Die Produktion teilt sich in zwei Bereiche: unreine und reine Seite; in eine rechte und eine linke Halle. Fleischmann schleust die Textilien im Kreis durch die Produktion.

Der Start war akribisch durchdacht. Die ruhigen Wintermonate wollten sein Vater Rudolf und sein Bruder Christian (37) nutzen, um Probe zu waschen und zu analysieren, ob der neue digitale Prozess wie gewünscht funktioniert. "In der Sommersaison 2020 wollten wir durchstarten", erinnert Fleischmann sich zurück. Im März 2020 kam Corona. Die Rampe blieb vermehrt zu. "Da fragst du dich: Hast du alles richtig gemacht?"

Fleischmann: Neuer Standort in Bruckmühl

Ein gutes Jahr später reihen sich die Rollwagen. Es läuft wieder an. "Bis Dezember finden allein ab Oktober wieder 15 Messen in Nürnberg statt", freut sich Fleischmann. Einige Hotels verzeichnen noch ein Minus von 50 Prozent, manche haben im Vergleich zu 2019 sogar bessere Belegungszahlen. Für Wäschereien bedeutet das: Der Markt ist umkämpft. Mehr denn je.

Hinzu kommt, dass manche in der Ausnahmesituation getroffene Entscheidungen nachwirken, beobachtet Fleischmann. Viele Wäschereien legten Touren zusammen, fuhren Häuser statt fünfmal in der Woche nur noch punktuell an. "Das hat viele verärgert." Seine Familie hingegen ging einen anderen Weg. Sie versuchten trotz Krise flexibel und kundenorientiert zu reagieren. "„Manche riefen dienstags an und wollten mittwochs Wäsche." Ein kostspieliger Kraftakt.

Das Entgegenkommen zahle sich nun aus – buchstäblich: Fleischmann erhöht die Preise. "Teilweise bis zu 15 Prozent", sagt er. Im Gegensatz zu sonst verdrei- bzw. vervierfache sich der Anstieg. Probleme gebe es deswegen bisher wider Erwarten nicht. "Die meisten zeigen Verständnis." Erhöhungen sind unausweichlich: Die Energiepreise explodieren, ebenso die Kosten für Baumwolle. Und: Der Textilpflegebranche fehlen Mitarbeiter. Das mittelständische Unternehmen sucht händeringend Arbeitskräfte.

200 Mitarbeiter arbeiten in zwei Schichten

Vor der Krise plante Fleischmann an den drei Standorten (Bruckmühl, Unterschleißheim und Hersbruck) seine gut 200 Mitarbeiter in zwei Schichten ein. Im Sommer 2021 füllte erst die Arbeit diese Schichten nicht mehr und dann gab es teilweise nur noch Leute für eine Schicht. Die Krise habe die Fluktuation beschleunigt. In der Regel liege sie zwischen 2-5 Prozent. Mit den anderen Mitgliedern des Verbunds von Großwäschereien Servitex und der Textile Service Allianz (TSA) tauschte sich Fleischmann über solche Probleme und mögliche Lösungen aus: "Wie bekommt ihr die Wäsche vom Hof?" Und: "Welche Strategie nutzt ihr, um Personal zu binden?" Um seine Mitarbeitenden zu halten und neue zu locken, zahlt Fleischmann neben Löhnen, die über dem Mindestlohn liegen, Prämien. 700 Euro fließen, wenn Angestellte neue Kräfte werben. Und Boni landen auf dem Konto von besonders Fleißigen.

Mitarbeitende binden: Leistung lohnt sich

Leistung belohnt das Unternehmen aber nicht nur monetär. Jeder Mitarbeitende kann aufsteigen: zum Schichtleiter oder in die Kommission. Gerade mit Nichtmuttersprachlern erziele das Unternehmen gute Ergebnisse. Sei die Sprachbarriere erst einmal überwunden, kämen Talente und Fähigkeiten zum Vorschein. "Wir haben deshalb flache Hierarchien", beschreibt Fleischmann. Wer neue Aufgaben übernehmen wolle, könne das leicht umsetzen. Allerdings wolle nicht jeder seinen Arbeitsplatz wechseln. Manche hängen regelrecht an bestimmten Maschinen. "Sie sehen sie als ihre an", sagt Fleischmann. Als Chef brauche er deshalb ein besonderes Gespür und Ansätze, die den Mitarbeitenden als Menschen in den Fokus rücken: Auf der Dachterrasse steht ein Grill für gemeinsame Feste bereit. Im Aufenthaltsraum können die Angestellten kochen oder sich im Liegestuhl ausruhen. Sogar Bowlen oder Paintball-Spielen mit den Chefs steht immer wieder auf dem Programm.

Förderband Wäscherei
Über Förderbänder kommt die Wäsche zum Arbeitsplatz. - © Schindele

Mehr Kapazität und ergonomische Arbeitsplätze

"Die Wäsche soll zum Mitarbeitenden kommen", sagt Fleischmann. An der Faltmaschine öffnet sich ein blauer Sack. Handtücher fallen in einen Schacht. Eine Mitarbeiterin greift ein Textil und legt es auf das Eingabeband. Müsste sie erst einen Wäschecontainer quer durch die Halle schieben und dann nachsehen, zu welchem Kunden die Ware gehört und wie sie weiterbearbeitet werden muss, belaste das den Rücken und erhöhe das Risiko für Fehler, führt der Unternehmer aus. Das System in Bruckmühl erhöhe die Produktivität der 30 Mitarbeitenden und schaffe im Vergleich zu herkömmlichen Betrieben Kapazität für mehr Wäsche. In diesem Jahr liefen bis zu 25 t täglich durch die Hallen. Mit den installierten Maschinen könnten es doppelt so viel sein. Theoretisch könnte der neue Standort sogar noch mehr bewältigen, sagt Fleischmann: "Nach dem Lego-Steck-System lässt sich der Maschinenpark einfach erweitern."

Digitalisierte Prozesse: Schwachstellen?

Noch bleibt diese Möglichkeit ein Gedankenspiel. Selbst eine "SmartLaundry" arbeitet nicht ganz ohne Zutun. Wie in jedem Betrieb müssen Kunden aufgenommen und Abläufe erprobt und optimiert oder Störungen behoben werden. "Je moderner der Betrieb, desto anfälliger die IT", bemerkt Fleischmann. Beunruhigt zeigt er sich nicht. Die Vorteile überwiegen: "Mitarbeitende können an ihren Platz gehen und sofort loslegen." Die automatisierten Abläufe entlasten seine Angestellten und erhöhen die Produktivität des Unternehmens. Statt fünf Millionen Euro Umsatz vor einigen Jahren nähert sich der 1933 gegründete Betrieb mit den nun vorhandenen Kapazitäten insgesamt dem Vierfachen.

In der Produktion bei Fleischmann Mietwäsche

In der Halle bei Rosenheim bringt eine Mitarbeiterin einen Stapel Handtücher zurück und legt ihn auf die Wäsche im Abwurffach. Die Faltung passt nicht. Ein Blick auf das Handtuch zeigt eine Kundennummer. Beim Einwurf der Schmutzwäsche ordnet ein Textilpfleger der Ware eine Kategorie – von Tischwäsche bis Handtücher – und eine Route zu. Diese kann die für die Wäscheart automatisierten üblichen Stationen beinhalten oder eine manuelle Expressvariante sein. Im Hintergrund greift die Datenbank dann auf Informationen zu Waschtemperatur und -dauer, aber auch auf Faltbilder zurück. Das kann zwei Schwachpunkte bergen: Der Anwender hinterlegt einen falschen Schlüssel oder die Kommunikation zwischen den Maschinen stottert. "Kinderkrankheiten", erklärt Fleischmann. Die meisten Fehler ließen sich schnell beheben. In manchen Fällen muss ein Techniker nachhelfen.

"Einmal hat sich ein Sack verfahren", erinnert er sich. Das war ganz am Anfang, als die Schienen 2019 neu montiert waren. Der mit zu faltender Wäsche gefüllte blaue Sack fuhr nicht wie geplant vom Speicher unter der Decke nach links zur Faltmaschine, sondern bog rechts ab. Weit sei der Ausreißer allerdings nicht gekommen: "Das System hat den Fehler erkannt und den Sack gestoppt." Er wurde dann manuell auf die richtige Bahn gelenkt.

Fehler wie dieser seien bisher die Ausnahme. Das bestätigt ein Blick auf den Handtuchstapel. Nach kurzem Beraten und einen Knopfdruck später zieht die Faltmaschine die retournierten Handtücher schon wieder ein. In Fünferstapeln getürmt gleiten sie aufs Band, das sie zur nächsten Station befördert, bei der sie über eine Rollenbahn zur Kommissionierung rutschen. Eine Mitarbeitende greift die Teile und schichtet sie in einen Rollwagen. Wenige Schritte entfernt steht ein Tisch mit Auftragszetteln: für den Expedienten. Der Warenausgang läuft manuell. Im Moment lasse sich der Prozess nicht automatisieren. Die Schnittstelle zwischen dem ERP-System und den Maschinen fehle. Noch. Langfristig will Fleischmann auch das umstellen.