Reparatur von Berufsbekleidung Wenn’s gekracht hat

Ein altes deutsches Sprichwort sagt: "Besser ein Flick als ein Loch." Dem Textilservice dürfte diese Weisheit geläufig sein. Zu der angebotenen Dienstleistung gehört in der Regel auch die Reparatur der Arbeitsbekleidung. Das dafür benötigte Handwerkszeug ist umfassend. Die Fachmesse Texprocess, die vom 4. bis 7. Mai 2015 in Frankfurt am Main stattfindet, wird diese Vielfalt widerspiegeln.

  • Bild 1 von 5
    © Hoechstmass Balzer
    Die Genauigkeit eines Maßbands entscheidet über den Verschnitt, der bei hochwertigen Materialien wie Schutzbekleidungsgeweben auf Dauer teuer werden kann. Foto: Hoechstmass Balzer
  • Bild 2 von 5
    © Fischer Automation
    Das Etikettiersystem von Fischer Automation druckt, schneidet, ­spendet und näht Etiketten zur Kennzeichnung von Arbeits­bekleidung direkt am Arbeitsplatz und in einem Arbeitsgang. Foto: Fischer Automation
  • Bild 3 von 5
    © Coats
    Bei der Reparatur von Schweißer,- Hitze- und Flammschutzbekleidung werden leasingtaugliche, schwer entflammbare Reißverschlüsse gefordert. Foto: Coats
  • Bild 4 von 5
    © Pfaff Industriesysteme und Maschinen
    Um eine maximale Dichtigkeit von Nähten zu gewährleisten, wird Berufsbekleidung aus technischen Textilien, wie sie etwa bei OP-Bekleidung eingesetzt werden, immer häufiger mit Ultraschall geschweißt. Foto: Pfaff Industriesysteme und Maschinen
  • Bild 5 von 5
    © Gunold
    Stickgarne müssen leasingtauglich und – für Schweißer-, Flamm- und Hitzeschutzbekleidung – auch schwer entflammbar sein. Foto: Gunold

Das Prinzip des textilen Mietservices beruht auf einer ganzheitlichen Dienstleistung, die dem Kunden die gesamte Handhabung der Mitarbeitergarderobe abnimmt. Zu diesem Service gehört neben der Bereitstellung und Pflege auch die fachmännische Reparatur eines Bekleidungsstücks. Geplatzte Nähte werden wieder geschlossen, kleinere Löcher gestopft, größere Löcher und Risse geflickt. Nieten, Schnallen und Reißverschlüsse werden ersetzt oder ein Emblem wird ausgetauscht. Damit das reparierte Teil dann letztendlich auch den Glätteanforderungen des Kunden entspricht, muss es gegebenenfalls gebügelt oder gepresst werden. Für all diese Arbeiten werden geeignete Werkzeuge und Maschinen sowie Zubehör benötigt, das den Bedingungen einer industriellen Textilpflege gewachsen ist.

Ein scharfer Schnitt 

Die Reparatur einer Berufsbekleidung fängt mit kleinteiligen Helfern an. Ein Maßband ist immer dann nützlich, wenn beispielsweise Flicken auszumessen sind oder Reflexstreifen ersetzt werden sollen. „Weil der Verschnitt bei hochwertigen Materialien grundsätzlich teuer wird, kommt es auf die Genauigkeit des Maßbands an“, weiß Anton Fleck, Geschäftsführer von Hoechstmaß Balzer aus Sulzbach/Taunus. Das Unternehmen ist nach eigenen Angaben Europas einziger Hersteller von Maß- und Rollmaßbändern. Sie werden wegen ihrer Präzision insbesondere in der Maßschneiderei geschätzt.

Im nächsten Schritt müssen die Flicken aus der gelagerten Rollenware ausgeschnitten werden. Dabei sind Scheren die erste Wahl. Sie sollten aber unbedingt auf die Textilien abgestimmt werden, denn die Klingen werden bei bestimmten Materialien wie hitzebeständigen Aramidgeweben oder Stoffen mit einem hohen Warengewicht schnell stumpf. Als Alternative können auch Rundmessermaschinen von Topcut-Bullmer (Mehrstetten) oder Hoogs Cutting System (Bonn) genutzt werden, deren Kreismesser unter anderem von Maier Unitas (Köngen) angeboten werden.

Stabiles Nahtmaterial 

Berufs- und Schutzbekleidung wird im Arbeitsalltag stark beansprucht. Häufiges Knien, Bücken oder andere Extrembewegungen gehören in vielen Berufen zum täglichen Ablauf. Dadurch werden die Nähte und die Gewebe der im Job getragenen Bekleidung stark belastet. Und obwohl die Konfektionäre von Berufs- und Schutzbekleidung besonders haltbare Nahttechnologien nutzen, gibt eine Naht auch manchmal nach. „Für die Reparatur von Materialbeschädigungen werden im Mietservice geeignete Nähgarne benötigt“, weiß Barbara Binder von Amann & Söhne in Bönnigheim. „Unabhängig von ihrer Zusammensetzung müssen sie hinsichtlich ihrer Beständigkeiten auf die industriellen Wasch- und Trockenbedingungen abgestimmt sein. Die zur Reparatur von Schutzbekleidung benötigten Spezialgarne müssen darüber hinaus der Normerfüllung von Schutzbekleidung – etwa solcher für Flamm- und Hitzeschutz – dienen.“ Das Unternehmen wird – ebenso wie Gütermann (Gutach/Breisgau) – die Bandbreite seiner Produktpalette auf der Texprocess ausstellen.

Beständige Accessoires 

Darüber hinaus werden aber auch branchenspezifische Stickgarne benötigt: Falls ein Bekleidungsteil nicht mehr reparabel ist, werden für das Ersatzteil Namensembleme oder Firmenlogos angefertigt. „Die Stickgarne müssen besonders robust und chlorecht sein und darüber hinaus eine Kochwäsche aushalten“, sagt Stefan Gunold vom gleichnamigen Unternehmen in Stockstadt. Dasselbe gilt natürlich auch für Schnallen, Träger und Gurte, Druckknöpfe und Nieten. Auch Carmen Wiegand von Coats aus Bräunlingen kennt solche Anforderungen: „Bei der Reparatur von Schweißer,- Hitze- und Flammschutzbekleidung werden leasingtaugliche, schwer entflammbare Reißverschlüsse gefordert. Deren Farbpalette soll darüber hinaus die Standardfarben der Branche abdecken.“

Durch dick und dünn 

Da sich die Farbwelt von Berufs- und Schutzbekleidung schon lange nicht mehr auf einige wenige Töne beschränkt und Kollektionen meistens zweifarbig gestaltet sind, müssen die zur Reparatur eingesetzten Nähmaschinen, die beispielsweise von Dürkopp Adler aus Bielefeld kommen, Flexibilität bieten. Auf einem Garnrollenständer finden daher mehrere Nähgarn-Kopsen Platz. Bei Bedarf kann die Zahl der bereitgestellten Nähfäden an einem Näharbeitsplatz durch weitere Garnständer erhöht werden.

Eine deutlich größere Herausforderung stellen aber die unterschiedlichen Textilqualitäten im Mietservice dar. „Gerade die Schweißer-, Hitze- und Flammschutzgewebe sind häufig ziemlich schwer. Die Industrienähmaschinen müssen in ihrer Ausführung auf die hohen Warengewichte angepasst werden“, erklärt Martin Schmidt, Leiter Sales Promotion bei Pfaff Industriesysteme und Maschinen aus Kaiserslautern. „Auch spezielle Nähtransport-Arten tragen maßgeblich zu einem optimalen Nähergebnis bei. Bekleidung aus technischen Textilien (z.B. Schutzbekleidung oder OP-Bekleidung) wird immer häufiger mittels Ultraschall geschweißt statt genäht. Bei dieser Verbindungstechnik hat man keine Verbrauchsmaterialien (Nadel/Faden) und eine maximale Dichtigkeit der Naht ist gewährleistet. Mittels Bandschweißmaschinen können Nähte zusätzlich abgedichtet werden. Bei diesem Verfahren wird eine kontinuierliche Nahtabdichtung von wasserabstoßenden, wasserdichten und atmungsaktiven Materialien realisiert.“

Nähanlagen nach Maß 

Wer hingegen einen komplett eingerichteten Reparaturarbeitsplatz für Berufsbekleidung oder Hoteltextilien sucht, kann sich an Fischer Automation aus Köditz wenden. Entsprechend der Spezifikation des Kunden entwickelt das Unternehmen semiautomatische Nähanlagen. Dazu gehört beispielsweise auch ein Etikettiersystem, das alle Arbeitsgänge in einem Prozess erledigt. Es druckt, schneidet, spendet und näht das Etikett an einem Arbeitsplatz – und zwar ohne Mengenbegrenzung, d.h., die Anlage druckt auch nur ein einzelnes Etikett. „Dadurch gewinnt das Mietserviceunternehmen viel Zeit“, erläutert der Inhaber Karlheinz Fischer. „Mitunter sind die verschiedenen Arbeitsschritte nämlich räumlich voneinander getrennt und das Personal muss für die Kennzeichnung einer Bekleidung von einer Stelle zur nächsten laufen. Durch die Automation wird der Prozess deutlich effektiver.“

Für die Qualität einer Naht ist aber auch die richtige Nähnadel wichtig. Sie muss auf das zu verarbeitende Textil abgestimmt sein, um Materialbeschädigungen, thermische Schäden, Fadenbrüche oder Nahtkräuselungen zu verhindern. Eine genaue Nadelbestimmung verringert Stillstandszeiten und die damit verbundenen Folgekosten. Die beiden Hersteller Groz-Beckert aus Albstadt und Ferd. Schmetz aus Herzogenaurach werden auf der Techtextil bzw. der Texprocess ihr umfangreiches Nähnadelprogramm präsentieren.

Faltenfrei in die Auslieferung 

Nach einer Reparatur müssen hochwertige Bekleidungsteile oder solche aus reiner Baumwolle aufgrund ihrer Knitteranfälligkeit oder ihres optischen Anspruchs gebügelt oder gepresst werden. Für das Glätten von Hemden, Blusen, Apothekermänteln, Baumwollkochjacken und -hosen bietet Veit in Landsberg am Lech die dafür benötigten Apparaturen und Anlagen. Diese reichen vom professionellen Bügeleisen über Industriebügeltische und Bügelplätze bis zum Formfinisher und Hosentopper. Die hinter der Vielfalt stehende Philosophie erläutert der Geschäftsführer des süddeutschen Maschinenbauers, Günter Veit: „Berufsbekleidung ist die sichtbare Visitenkarte eines Unternehmens. Bei ihrer Auslieferung muss daher nicht nur die Sauberkeit stimmen, sondern auch das Gesamtbild. Unsere Maschinen und Anlagen sind auf die vielfältigen Materialien und Kundenanforderungen der Branche abgestimmt. So sorgen sie für den passenden Glättegrad – und zwar vor und nach der Reparatur.“

Die komplette Bandbreite an Nähgarnen, Anlagen, Werkzeugen und Maschinen zeigt vom 4. bis 7. Mai 2015 die Fachmesse Texprocess. Zur internationalen Leitmesse für die Verarbeitung von textilen und flexiblen Materialien haben sich viele internationale Marktführer angekündigt. Parallel dazu findet die Techtextil statt, internationale Leitmesse für technische Textilien und Vliesstoffe, die für 2015 eine zusätzliche Halle speziell für Anbieter von funktionalen Bekleidungstextilien geöffnet hat.

Weitere Infos zu den Messen finden Sie online unter www.techtextil.de sowie www.texprocess.de - und auch im Blog zur Texprocess .

Autor: Michael Jänecke, Director der Techtextil und Texprocess