Wäscheschäden und deren Ursachen Wer ist schuld am Schaden?

Studien oder Untersuchungen im Bereich textiler Schadensfälle sind rar. Der Sachverständige Meinrad Himmelsbach hat sich im Rahmen der International Detergency Conference 2013 mit Wäscheschäden und deren Ursachen systematisch beschäftigt und gibt im Folgenden einen Überblick.

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    Bei der Kochjacke ist die rote Farbe der Paspelierung im Waschprozess ausgeblutet. Fotos: Himmelsbach
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    Losgelöste, atmungsaktive Membrane bei Funktionsbekleidung kann zum Problem werden.
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    Wolle als Problem z.B. bei Bewohnerwäsche: Ein verfilztes Wolloberteil nach der Nassbehandlung.
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    Das Etikett warnt: Dieser Blazer kann bis zu fünf Prozent eingehen. Hier sind Probleme programmiert.
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    Gerade bei Wellnesswäsche mit Ölverfleckungen besteht die Gefahr der Selbstentzündung. Foto: psdesign1, Fotolia.com
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    Grafik Verursachung von Schädigung an Textilien

Wer ist schuld am Schaden?

Warum sind Wäscheschäden so interessant? Mit Sicherheit hat es damit zu tun, dass naturwissenschaftliche Aspekte, betriebswirtschaftliche und oft auch psychologische Herausforderungen aufeinandertreffen. Erkenntnisse, die mit starken Emotionen verbunden sind, sind wesentlich einprägsamer. Jedes Kind, das sich die Finger an der Herdplatte oder am Backofen verbrennt, macht eine Erfahrung für das Leben. Im Zusammenhang mit einem eingetretenen Schaden an einer Textilie können Emotionen zu Tage treten, die eine sachliche Klärung der Schadensursache erschweren. Aber wer ist denn nun schuld, wenn das Lieblingsteil kaputtgeht? Wie können Verantwortlichkeiten für Wäscheschäden eingeordnet werden? Ganz ohne Emotionen.

Leider gibt es bis heute noch keine bekannte Studie, die die Anzahl der Textilien ermittelt hat, die jedes Jahr in Deutschland Schaden nehmen. Einen ersten Versuch zur Einordnung von Schadensfällen soll im Folgenden präsentiert werden (siehe auch Grafik „Verursachung von Schädigungen an Textilien“):

- Privathaushalt: Geschätzte 95 Prozent aller Schadensfälle werden von Verbrauchern verursacht. An erster Stelle steht mit Sicherheit der normale Verschleiß der Textilien. Weitere Schadensursachen im Haushalt bestehen in der fehlerhaften Sortierung der Wäsche, der falschen Anwendung von Waschprogrammen, Fehldosierungen von Waschmitteln und dem allgemeinen, fehlerhaften Umgang mit Textilien.

-Bei einem kleinen, aber mit geschätzten 4,99 Prozent doch noch erheblichen Anteil an der Gesamtzahl aller Schadensfälle besteht die Ursache in material- oder herstellungsbedingtem, vorzeitigem Schadenseintritt: verursacht beispielsweise durch mangelnde Nutzungsbeständigkeit, vorzeitige Alterung (Kleber, Beschichtungen etc.), ungeeignete Materialkombinationen, nicht pflegbare Zutaten, fehlerhafte Materialkennzeichnung. Von diesen landet als Reklamation innerhalb der gesetzlichen Gewährleistungsfristen allerdings nur die verschwindend geringe Menge von max. 0,05 Prozent beim Verkäufer.

- Wäschereien, Textildienstleister, Textilreinigungen müssen sich maximal 0,01 Prozent aller Schadensfälle - wenn man wie gesagt auch den normalen Verschleiß von Textilien mit einbezieht zurechnen lassen, verursacht durch fehlerhafte Sortierung, falsche Anwendung von Wasch- und Reinigungsprogrammen, Fehldosierung von Wasch- und Ausrüstungsmitteln, Maschinenstörungen sowie, nicht zu vernachlässigen, Verlust durch Logistikfehler.

Die Gesamtzahl der in der Textilreinigungs-/Wäschereibranche eingetretenen Schädigungen, hier ohne die Berücksichtigung des normalen Verschleißes, ist noch nicht ermittelt worden. Auch hier gibt es keine belastbaren Erhebungen. Anhand einer Befragung des Marktführers für Wäscheschadensversicherungen ergeben sich durch Hochrechnung auf den Gesamtmarkt in Deutschland rund 40.000 Schadensfälle pro Jahr, also Schäden inklusive Verlust an kundeneigener Wäsche und Bekleidung. Leasingtextilien sind davon ausgenommen, da diese als unternehmenseigene Textilien über diese Art der Versicherung nicht abgesichert werden können. Sicherlich müsste diese Zahl noch nach oben korrigiert werden, wenn man auch die Bagatellschäden hinzurechnet, die aufgrund der geringen Schadenshöhe von den Unternehmen direkt geklärt und mit Reinigungsgutschrift oder dergleichen entschädigt werden.

An den von mir in den letzten Jahren untersuchten Schadensfällen und aus Gesprächen mit Kunden und Kollegen habe ich vier Trends, die mit einem erhöhten Risiko für Schädigungen behaftet sind, identifiziert.

Schädigungspotenzial 1

Der Trend zur individuellen Berufsbekleidung (Corporate Fashion, Design Fashion): Egal ob Arztpraxen, Restaurantküchen, Autowerkstätten etc. - tendenziell möchte jede Firma eine eigene, der Corporate Identity angepasste Corporate Fashion. Neben der Bereitstellung unterschiedlicher Modelle für Frauen und Männer werden zunehmend auch weitere Differenzierungen nachgefragt, besonders dort, wo auch Kundenkontakt stattfinden soll (Der schlanke Mitarbeiter, der Mitte 20 im Poloshirt noch flott aussieht, hat Mitte 50, nun vollschlank, vielleicht doch besser ein Hemd an.). Dies führt nahezu zwangsläufig zu Farb- und Materialmixturen und damit zu einem erhöhten Sortieraufwand mit Fehleranfälligkeit sowie teilweise zu unvereinbaren Anforderungen an den Waschprozess: Farb- und Materialschonung stehen der Entfernung der Verschmutzung gegenüber.

Das Beispiel einer Kochjacke zeigt, dass bereits eine rote Paspelierung zu ungeahnten Folgen führen kann. Bei dem Schadensfall war zu sehen, dass die rote Farbe der Paspelierung im Waschprozess ausblutet und der angelöste Farbstoff die Umgebung verfärbt (siehe Foto oben rechts).

Schädigungspotenzial 2

Neue Warensortimente im Bereich Mietwäsche, wie beispielsweise Funktionstextilien oder Outdoorjacken: Der Bereich Funktionstextilien ist ein weites Feld für mögliche Schädigungen. Bei polyurethanhaltigen Artikeln kann sich ein Schaden bereits ausschließlich durch den Alterungsprozess manifestieren, auch unabhängig von Gebrauchs- und Pflegeinflüssen - eine Tatsache, die man aus dem Bereich der Polyesterfasern und Baumwollartikel nicht kennt.

Bei Funktionstextilien ist leider auch immer wieder zu beklagen, dass Verklebungen und Schweißnähte durch einen vorzeitigen Alterungsprozess bzw. durch nicht ausreichende Verarbeitungsqualität Schaden nehmen. Diesbezüglich neigen einige Hersteller aus Gründen, die man zu erahnen glaubt, dazu, bei diesen Artikeln das Wäschetrocknersymbol durchzustreichen. Artikel, die jedoch nicht im Trockner bearbeitet werden dürfen, verlangen nach einer vergleichsweise teuren, hängenden Trocknung, die meist über mehrere Stunden andauert. Manche Betriebe versuchen, den Prozess durch Tunnelfinishen mit entsprechend eingestellten Programmen aufzufangen. Hier scheint es interessante Lösungsansätze zu geben, die sich jedoch noch nicht durchsetzen konnten.

Schädigungspotenzial 3

Kundeneigene Wäsche, insbesondere „Bewohnerwäsche“: Die Zunahme von Bewohnerwäsche aus Pflegeheimen und dem betreuten Wohnen stellt den Textilservice wieder vor handwerkliche Herausforderungen, die mit der Mietwäsche eigentlich überwunden waren. Bei kundeneigener Wäsche ist das Schädigungspotenzial aus verschiedenen Gründen wesentlich größer. Neben der größeren Ausdifferenzierung des Warenpools kann auf den Kauf besonders pflegegerechter Textilien kaum Einfluss genommen werden.

Durch die gelegentliche Bearbeitung der Bewohnerwäsche im Haushalt von Angehörigen können ebenfalls Probleme in die Wäschereibetriebe getragen werden. In der Praxis sind bei der Bearbeitung von Schurwollpullovern aus Bewohnerwäsche immer wieder Verfilzungen zu beobachten, denen ursächlich eine vorgelagerte private Handwäsche mit nicht ausreichend ausgespültem Wollwaschmittel zugrunde liegt. Die verbliebenen Waschmittelreste stören anscheinend die Prozessparameter der professionellen Nassreinigung, so dass es zu Verfilzungen kommt, die der betroffene Kunde anschließend der Wäscherei anlastet.

Schädigungspotenzial 4

Schadensfälle durch Verlagerung von Produktionsstufen der Textilhersteller in die Wäscherei: Der Textilmarkt ist in Teilen sehr preisorientiert, gerne werden Kosten eingespart. Dabei gehen einige Hersteller den Weg, diverse Produktionsstufen, die eigentlich bei der Textilproduktion zu erledigen wären, nicht durchzuführen und sie den Verwendern bzw. deren Wäscherei oder Textilreinigung aufzubürden - und das meist auch noch, ohne entsprechende Informationen weiterzugeben.

Dokumentiert und fotografiert (siehe oben rechts) ist ein Fall, bei dem der Hersteller auf dem Etikett eines Blazers den Hinweis angebracht hat, dass dieses Teil fünf Prozent eingehen kann; auf 38cm sind das immerhin 1,9 cm. Dies wirkt sich enorm auf die Passform in der Schulterkugel beim Zuknöpfen und an den Armen aus. Bei Übergardinen findet man gelegentlich den Hinweis, dass der Stoff bis zu zehn Prozent einlaufen kann. Bei einer Gardine mit 2,40 m Länge sind 24 cm länger oder kürzer „gut sichtbar“. Eine Sanfor-Ausrüstung oder zumindest ein Dekatieren der Stoffe am Ende des Herstellungsprozesses kann diese Probleme minimieren. Ein ähnliches Phänomen gibt es auch im Wäschereibereich. Als Beispiel können die bereits erwähnten Kochjacken mit roten Einfassungen dienen. Obwohl die Kochjacken getrennt von anderen Artikeln mit Buntwaschmittel ohne Aufheller gewaschen wurden, ist rote Farbe von den Einfassungen in den weißen Stoff migriert. Hier hätte eine bessere Fixierung und anschließend gründliches Ausspülen des roten Gewebes im Rahmen der Produktion den Schaden verhindern können. Durch den Zusatz von Farbinhibitoren oder dergleichen beim „Einwaschen“ durch die Wäscherei kann man diesen Schaden zwar vermeiden, jedoch handelt es sich dabei eigentlich um eine Aufgabe des Herstellers.

Der Hersteller hatte in der Vergangenheit bereits Probleme mit seiner Ware bekommen und ist nun seinerseits dazu übergegangen, die Jacken anders auszuzeichnen. Das Dreieckssymbol der internationalen Pflegekennzeichnung wurde einfach durchgestrichen. Nun darf die Kochjacke laut Hersteller keine Bleichbehandlung mehr erfahren. Das geht natürlich nicht, da die Jacke ansonsten bereits bei einmaliger Verschmutzung unbrauchbar wäre. Also wird in der Wäscherei weiterhin gebleicht. Entsteht nun aber eine Schädigung, beispielsweise eine Verfärbung, fällt es leicht, dem Textilpfleger eine Fehlbehandlung nachzuweisen. Aufgrund der Fehlbehandlung besteht im Weiteren auch keine Verpflichtung des Herstellers, eine Ersatzleistung zu gewähren. Ein ähnlicher Streitfall läuft derzeit zwischen einem Restaurant, einer Wäscherei und einem Hersteller von Tischwäsche. Hier ist, nach mehr als 200 Waschzyklen, der Hersteller dazu übergegangen, die Wäscherei für die Flusenbildung der verwendeten Tischwäsche verantwortlich zu machen. Die Begründung lautet: Die Wäsche dürfe keiner Bleichbehandlung unterzogen werden (mehr zu diesem Schadensfall lesen Sie in RWTextilservice Ausgabe 3/2013).

Meinrad Himmelsbach