ETSA-Umfrage Wie steht es um die Textilpflegebranche in Europa?

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Trotz Krieg und Pandemie zeigen sich Europas Textilpflegebetriebe vorsichtig optimistisch, wie eine aktuelle Umfrage der ETSA ergab. Mit gutem Grund: Der Textilservice hat eines der ältesten Kreislaufmodelle, die es zurzeit gibt, und ist auf dem Weg zu einer umweltfreundlicheren, digitaleren sowie kompetenzorientierten Branche. Dennoch, so warnt ETSA, stehen die Unternehmen und Verbände vor einer harten Realität.

ETSA-Umfrage
Trotz Pandemie und Krieg zeigen sich europäische Textilservicebetriebe vorsichtig optimistisch. Das ergab eine Umfrage der ETSA. - © JackF – stock.adobe.com

Innerhalb von 12 bis 18 Monaten erwarten Textilpflegebetriebe, dass sie zum Betrieb und zu den Umsätzen von vor der Krise zurückkehren. Das ergab eine kürzlich von der European Textile Services Association (ETSA) durchgeführte Umfrage bei den wichtigsten nationalen Textilpflegeverbänden in Europa.

Textilservicebranche: Stärker im Verband

Einige Unternehmen (vor allem KMU) haben laut der Umfrage mehr gelitten als andere, aber die EU und die Konjunkturpakete der nationalen Regierungen hätten den Betrieben geholfen, das schlimmste Szenario abzuwenden. Auch ETSA unterstützte seine Mitglieder und nationalen Verbände in den vergangenen zwei Krisenjahren.

Die Stärke der nationalen ETSA-Verbände und ihre gemeinsame Arbeit auf der ETSA-Plattform wurden eigenen Angaben zufolge besonders in einer so schwierigen Zeit wie der Pandemie deutlich. Die nationalen Verbände durchlebten ihre eigenen, jeweils sehr intensiven Momente, in denen sie ihre Strategie überdenken, ihre Arbeit auf nationaler Ebene verstärken, aber auch die Zusammenarbeit auf europäischer Ebene und weit darüber hinaus ausbauen mussten.

Die ETSA hat nationale Verbände in
  • Belgien,
  • Dänemark,
  • Deutschland,
  • Finnland,
  • Frankreich,
  • Italien,
  • Norwegen,
  • Schweden,
  • der Schweiz,
  • der Tschechischen Republik,
  • den USA und dem
  • Vereinigten Königreich.

Wie ist die Lage des Textilservicesektors?

"Unser ganzer Sektor kämpft – trotz großflächigen Öffnungen und Lockerungen von Maßnahmen – immer noch gegen die Pandemie", betont die ETSA obwohl die aktuelle Virusvariante aus gesundheitlicher Sicht ein geringeres Risiko darstelle. Ihre Einschätzung beruht auf neuste Informationen aus Deutschland, Italien, Frankreich, der Schweiz und dem Vereinigten Königreich.

Russischer Krieg verschärft die Lage

Neben der Pandemie und ihren Auswirkungen gibt es seit Februar 2022 ein weiteres Thema, mit dem sich die Textilpflegebranche auseinandersetzen muss: den russischen Angriffskrieg.

Abhängigkeit von Gas

Da Länder wie Deutschland, Finnland und Italien in hohem Maße von russischem Gas abhängig sind, haben die internationalen Sanktionen gegen Russland zu einem Rekordanstieg der Energiepreise geführt. So erreichten beispielsweise die Preise für Diesel und Benzin in Deutschland im März 2022 Rekordhöhen. Darüber hinaus werden die mehr als 3 Millionen ukrainischen Flüchtlinge, die aus der Ukraine fliehen und die Grenzen des Schengen-Raums erreichen, den europäischen Arbeitsmarkt in Zukunft drastisch beeinflussen.

Auch wenn es unmöglich ist, die Dauer und das Ausmaß des Konflikts vorherzusagen, ist laut ETSA klar, dass die Abhängigkeit Europas von russischen fossilen Brennstoffen unhaltbar ist. Der Verband rechnet mit einem weiteren Anstieg der Energiepreise, da die europäischen Staats- und Regierungschefs versuchen werden, die Kosten auszugleichen und in grüne, nachhaltige und zirkuläre Geschäftsmodelle zu investieren.

Preisanstieg setzt Branche unter Druck

Diese Umstellung lässt sich jedoch nicht von heute auf morgen bewerkstelligen: Der Preisanstieg (sowohl aufgrund der Benzinsanktionen als auch der Inflation) hat bei vielen ETSA-Mitgliedern zu erheblich höheren Kosten geführt.

In Italien beispielsweise sind die Rechnungen für Gas und Methan seit Januar 2022 im Vergleich zum Januar 2019 um 110 Prozent gestiegen, und im Februar 2022 betrug der Unterschied bei den Rechnungen im Vergleich zum selben Zeitraum des Jahres 2019 sogar 85 Prozent.

Diese Situation ist nicht nur in Italien oder Südeuropa anzutreffen, auch der britische Verband TSA meldet steigende Kosten. Nach Einschätzung der TSA werden viele Textildienstleister ohne staatliche Intervention nicht in der Lage sein werden, ihre Tätigkeit fortzusetzen, ohne die Kosten für die Verbraucher zu erhöhen.

Droht ein Versorgungsengpass textiler Dienstleistungen?

Sowohl im Norden als auch im Süden Europas hat die Reaktion der nationalen Regierungen und der EU nicht ausgereicht, um diese Kosten auszugleichen, und wenn die Situation unverändert bleibt, betont ETA und ruft in Erinnerung, dass fehlende finanzielle Hilfe dazu führen könnte, dass wesentliche Textildienstleistungen in vielen Teilen Europas zurückgehen könnten. Sie unterstreicht aber auch, dass die Textildienstleistungsbranche ihren dynamischen Elan nicht verloren hat und ebenso wenig ihre Bereitschaft, auch unter Zwängen und nicht idealen Bedingungen weiter tätig zu sein.

Wie eingangs erwähnt, ergab eine kürzlich durchgeführte Umfrage bei den wichtigsten nationalen Verbänden des Textilservice in Europa in den letzten Monaten des Jahres 2021, dass die Branche nach zwei aufeinanderfolgenden Krisenjahren vorsichtig versucht, innerhalb eines Zeitrahmens von 12 bis 18 Monaten zu den Geschäften und Umsätzen von vor der Krise zurückzukehren.

Es überrascht nicht, dass die Mehrheit der befragten Personen einen erheblichen Volumenrückgang (zwischen 31 Prozent und 90 Prozent) im Jahr 2021 im Vergleich zu Januar 2020 mit einem starken Gesamtumsatzverlust zwischen 30 und 60 Prozent in der ersten Hälfte des Jahres 2021 verzeichnen musste. Dies unterstreicht die ständige Herausforderung, mit der einige der nationalen Verbände in den letzten beiden Jahren des strengen staatlichen Lockdowns konfrontiert waren.

Die Umsatzerwartungen für 2021 sind dennoch positiv: In der gleichen Zeitspanne wie im Jahr 2020 (zwischen 90 und 120 Tagen) blieb die Umsatzprognose für das Jahr 2021 gleich. Dies ist sicherlich der Widerstandsfähigkeit der Branche und der Unterstützung der Regierungen bei der Bewältigung der Pandemie zu verdanken, so ETSA.

Die wichtigsten Märkte

Die wichtigsten Märkte des Sektors, das bestätigen auch die Zwischenergebnisse der ETSA-Umfrage, stellen nach wie vor das Gesundheitswesen, das Gastgewerbe und die Industrie dar. Teilweise, etwa in Italien, gibt es erhebliche Unterschiede zwischen dem touristischen Wäschereisektor und dem Gesundheitssektor, die im Gesamtbild und bei der Analyse nicht unterschätzt werden dürfen.

Entscheidende Faktoren der wirtschaftlichen Erholung

Darüber hinaus spielen wahrscheinlich auch andere Schlüsselvariablen wie unterschiedliche Energiekosten, die Mobilität der Arbeitskräfte und Vorschriften eine große Rolle bei der unterschiedlich schnellen wirtschaftlichen Erholung der Textilpflegebranche.

Der grüne und digitale Wandel, der für den Aufschwung in der Europäischen Union von zentraler Bedeutung war, hat strategische Innovationen und ein Krisenmanagement ermöglicht, dank denen sich die Unternehmen inklusive jene der Textilpflegebranche anzupassen vermochten.

Schlüsselelement Personal

ETSA-Umfrage
Der Großteil der Arbeitskräfte im Textilservice sind Frauen im mittleren Alter. Das Problem: Gehen sie in den nächsten zehn Jahren in Rente, verschärft sich die Personalsituation drastisch. - © ETSA

Ein weiteres Schlüsselelement der Umfrageergebnisse: das Personal. Die Lage bezüglich Fachkräften hat sich laut der Umfrage noch nicht vollständig normalisiert. Außerdem werden Arbeitskräfte immer älter. Und: Während die durchschnittliche Anzahl der Beschäftigten im Jahr 2019 bei 131 Personen pro Unternehmen lag, sank diese Zahl im Jahr 2020 auf 115 pro Unternehmen. Der Sektor hat diesen Rückgang sowohl im Gesundheitswesen als auch im Bereich der touristischen Wäscherei zu spüren bekommen.

ETSA-Kongress in Rom

Unter dem Motto "Breathing Circularity" fand vom 11. bis 12. Mai 2022 in Rom der diesjährige ETSA-Kongress statt.

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