Mehrweg-OP-Textilien sind im Einkauf oft preisgleich oder teurer als Einwegprodukte. Berücksichtigt man jedoch die verdeckten Kosten, erweisen sich die wieder verwendbaren Produkte in der Regel als günstiger. Mit einem breiten Informationsangebot möchte die Initiative intex med des Industrieverbands Textilservice e.V. (intex) den Mehrwegbereich stärken.
Fortschritte, doch längst kein Trend
Eine alle Faktoren einbeziehende Gesamtbetrachtung an Stelle des oberflächlichen Preisvergleichs – würden Budgetplaner und Einkaufsverantwortliche in Krankenhäusern diese Maxime berücksichtigen, stünde einem höheren Marktanteil von Mehrwegtextilien im OP-Bereich vermutlich nichts im Weg. Doch die Praxis sieht bislang anders aus: Wie eine Befragung des Centrums für Krankenhausmanagement (CMK) der Universität Münster ergab, orientiert sich die Mehrheit der deutschen Krankenhausmanager bei der Beschaffung ausschließlich am reinen Einkaufspreis. Der zunehmende Kostendruck im Gesundheitswesen scheint diese Einstellung zusätzlich zu verstärken.
Als Arbeitsgemeinschaft von Mitgliedern des Industrieverbands Textilservice (intex) e.V., die sich auf die Versorgung des Gesundheitswesens spezialisiert haben, engagiert sich die Initiative intex med für eine umfassende Information der Entscheider in Krankenhäusern über die betriebswirtschaftlichen Vorteile der Mehrwegtextilien.
Noch ist viel Aufklärungsarbeit zu leisten: „Bislang haben wieder verwendbare textile Medizinprodukte nur einen Marktanteil von 40 Prozent“, schätzt Andreas Schumacher, Referent von intex und Koordinator des Arbeitsgremiums intex med. Einwegprodukte kommen laut Schumacher auf 50 Prozent, zu einem Zehntel werden auch noch Baumwollmaterialien verwendet, obwohl dies gemäß den Anforderungen der EN 13795 nicht mehr zulässig ist.
Das Arbeitsgremium intex med trifft sich drei- bis viermal im Jahr. Schwerpunkt ist die Herausgabe von Informationsangeboten über textile Mehrwegmedizinprodukte, außerdem ist die Initiative auch in der Normungsarbeit aktiv.
Die Informationsbroschüren und Infodienste werden auf Tagungen und Messen verteilt sowie an Entscheider in Krankenhäusern direkt versandt. Sie sollen nach Anspruch der Initiative aktuell und objektiv über die Vorteile der Mehrwegprodukte aufklären. Die geforderte Objektivität werde dabei durch die Zusammenarbeit mit Forschungsinstituten, aus der repräsentative Studien zum betriebswirtschaftlichen Vergleich von Einweg- und Mehrwegprodukten entstehen, gewährleistet. Dass die Informationsangebote von den Krankenhausmanagern angenommen werden, bestätigen Erfahrungen aus der Praxis: „Der Infodienst über die betriebswirtschaftliche Studie des CMK zum Kosten-Nutzen-Vergleich von OP-Abdeckungen und -Mänteln war für unsere Branche sehr hilfreich“, sagt Thomas Neyers, Beauftragter für Qualitätsmanagement beim Textildienstleiser Larosé in Köln. „Die Beschaffer fangen langsam an umzudenken, die Notwendigkeit des Einbezugs der gesamten Prozesskosten wird ihnen allmählich bewusst.“
Doch welches sind die entscheidenden Vorteile, die Mehrwegtextilien im OP- und Krankenhausbereich bieten? In erster Linie sind das Kostenvorteile, die sich jedoch – zum Leidwesen der Mehrweganbieter – nicht auf den ersten Blick zeigen. Denn vom reinen Anschaffungspreis betrachtet, sind Mehrwegtextilien in der Regel preisgleich mit Einwegprodukten. Der reine Stückkostenvergleich erweist sich aber bei genauerer Betrachtung als fehlerhaft für die Gesamtkostenplanung des Krankenhauses, da Folgekosten durch falsche Tuchgrößen oder mangelnde Qualität der textilen Produkte nicht berücksichtigt werden. Daher sollten bei Ausschreibungen nicht nur Set-, Tuch- und Mantelpreise abgefragt, sondern auch der genaue Setinhalt, die Tuchgrößen und die Produktqualität beachtet werden. Verdeckte Kosten entstehen beim Verwenden ungeeigneter OP-Textilien aus verschiedenen Gründen: Funktionale Mängel oder schlecht passende Tuchgrößen führen vor allem bei Eingriffen, bei denen viel Feuchtigkeit freigesetzt und die Abdeckung starken mechanischen Belastungen ausgesetzt wird, schnell zum zusätzlichen Verbrauch von Materialien.
Folgekosten entstehen auch durch Infektionen, die sich durch die zuverlässige Barrierewirkung hochwertiger Operationstextilien vermeiden lassen. Zwar schreiben Medizinproduktegesetz und EN 13795-1/3 hier bestimmte Werte vor, die alle im OP verwendeten Textilien erfüllen müssen. Doch bei diesen Eigenschaften sind Mehrweg-OP-Textilien Einwegprodukten in der Regel überlegen. Auch beim Handling, der Passform und nicht zuletzt dem Tragekomfort der OP-Kleidung weisen Mehrwegprodukte oft entscheidende (Kosten-)Vorteile auf. Nach der bereits erwähnten Studie des CMK sind zum Beispiel die Tuchgrößen vieler Einwegsets zu klein und müssen durch Zusatzelemente miteinander verbunden werden. Müssen dafür zusätzliche Tücher geholt werden, kann es zu Verzögerungen, sogenannten OP-Blockierzeiten, kommen. Darüber hinaus lassen sich Einwegprodukte aufgrund ihrer geringeren Materialdichte schwieriger auf dem Patienten anbringen, was wiederum zu Verzögerungen führen kann.
Auch logistisch sind Mehrwegtextilien den Einwegangeboten überlegen: Einwegprodukte benötigen viel Lagerplatz, da größere Chargen bestellt werden müssen. Im Mehrwegbereich passt der Textildienstleister dagegen die Sets flexibel auf den individuellen Bedarf des Krankenhauses an. Das bedeutet, dass sowohl Stückzahlen als auch die Setzusammensetzung und Größen individuell wählbar sind. Nicht zuletzt ist die Verwendung von Mehrwegtextilien ein wirkungsvoller Beitrag zum Schutz der Umwelt. Doch gerade bei diesem Argument, das heutzutage eigentlich eine maßgebliche Rolle spielen sollte, zeigt sich, wie eng Krankenhausmanager sich nach wie vor an den offen ersichtlichen Kosten orientieren. Umweltschutz und Nachhaltigkeit werden nur ansatzweise in Beschaffungsentscheidungen einbezogen. „Das ist eine Philosophiefrage“, sagt Thomas Neyers von Larosé, „wenn dem Einkäufer oder der Pflegedirektion der Umweltgedanke wichtig ist, bevorzugen sie ressourcenschonende Produkte.“ Von einem Trend zur Nachhaltigkeit sei man hier noch weit entfernt.
Ein noch ausbaufähiger Mehrweganteil, Krankenhausmanager, die um die Kostenvorteile der Mehrwegprodukte wissen – wie gestaltet sich also der Markt für die Wiederaufbereitung von OP- und Krankenhaustextilien?
Lohnt es sich für Unternehmen, in dieses Segment einzusteigen? Eher nicht, lautet hier die Antwort von intex med und Vertretern aus der Praxis. „Die Wäscherei sollte bereits im OP-Geschäft tätig sein“, sagt etwa Andreas Schumacher von intex med. „Ein Neueinstieg lohnt kaum.“ Zu hoch seien die Anfangsinvestitionen und die laufenden Prozesse erforderten eine aufwändige Kontrolle sowie qualifiziertes Personal.
Der Trend gehe sogar dahin, „dass viele Wäschereien diesen Bereich nicht mehr bearbeiten werden“.Sandra Rauch