DTV-Verbandstag in Kassel Gemeinsam in die Zukunft

Auf seinem Verbandstag warf der DTV einen Blick auf aktuelle Herausforderungen wie den Kampf gegen den drohenden Mindestlohn, den prognostizierten Konjunkturabschwung oder die Schwierigkeit, in gesättigten Märkten Kunden zu gewinnen. Lösungsansätze zeigten die Fachvorträge auf.

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    Ein erfolgreiches Team: DTV-Präsident Friedrich Eberhard, die Leiterin der Informationsstelle für Unternehmensführung Heike Fritsche und Geschäftsführer Dr. Volker Schmid.Fotos: Ebert
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    Martin Kannegiesser sieht Chancen für die Branche.
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    Prof. Dr. Pircher-Friedrich verriet, was Kunden heute erwarten.
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    Petra Klein vom Forschungsinstitut Hohenstein erklärte, was Textilreinigungen beim Bearbeiten von Hygienewäsche beachten müssen.
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    „Kein Hygieneproblem“, kann Dr. Manfred Huppertz von Büfa in Deutschlands Reinigungen feststellen.
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    Dr. Lutz Vossebein erläuterte, wie die maximale Keimbelastung mittels Schnelltest ermittelt werden kann.
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    Dr. Volker Schmid bekräftigte, dass der DTV auch weiterhin alle Anstregungen unternehmen werde, um den Mindestlohn abzuwehren.
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    Oliver Ludolph informierte die Teilnehmer rund um die Verbandszertifizierung.
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    Andreas Langer von Kannegiesser zeigte Energieeinsparpotenziale auf.

Gemeinsam in die Zukunft

Wer hierzulande schon einmal mit dem Zug von Nord nach Süd oder umgekehrt unterwegs war, kennt den Fernbahnhof Kassel Wilhelmshöhe als Durchgangsstation. Für die Teilnehmer des Verbandstages des Deutschen Textilreinigungs-Verbandes (DTV), vom 19. bis zum 21. September, war die Stadt mit dem zentralen Bahnknotenpunkt Ziel der Reise. In Kassel diskutierten Textilreiniger und Wäscher aus dem gesamten Bundesgebiet über Probleme, die derzeit unter den Nägeln brennen. Zentrales Thema der Delegiertenversammlung: die Mindestlohndebatte. Der DTV und seine Unterorganisation, die Tarifpolitische Arbeitsgemeinschaft (TATEX) werden, das wurde in Kassel erneut deutlich, weiterhin alle Anstrengungen unternehmen, um den vom Industrieverband Textil Service e.V. (intex) geforderten Mindestlohntarif abzuwehren. Sämtliche Mitglieder der Arbeitsgruppe der Bundesregierung, die die Weichen für das Arbeitnehmerentsendegesetz stellen, wurden laut TATEX mit entscheidenden Argumenten gegen die Aufnahme der Wäschereien in das Arbeitnehmerentsendegesetz versorgt. Der DTV appellierte noch einmal an alle Wäschereien, sich der TATEX anzuschliessen.

Nachdem die Amtszeit von Friedrich Habermeyer, der vergangenes Jahr zurückgetreten ist, endete, stand auch die Wahl eines neuen Präsidenten auf der Tagesordnung. Dass der bisherige Vizepräsident Friedrich Eberhard die Wahl für sich entschied, war für die Mitglieder keine Überraschung. Von 240 abgegebenen Stimmen wurden 234 Ja-Stimmen gezählt. Friedrich Eberhard möchte in seiner Amtszeit weiterhin auf die gemeinsam mit dem ehemaligen DTV-Präsidenten gelegten Grundsteine des Verbandskonzeptes aufbauen. ( RWTextilservice stellte Friedrich Eberhard in der September-Ausgabe ab Seite 28 vor.)

Außerdem präsentierte der DTV die geplanten Aktionen für das Jahr 2009. So werde z.B. die Branchenkampagne mit wechselnden Aktionen und Motiven auch im kommenden Jahr weitergeführt. Das Gutscheinbuch wird ebenfalls wieder aufgelegt.

Im Vortragsprogramm fanden sich sowohl Themen allgemeiner Art, wie der sich andeutende Konjunkturabschwung oder die Schwierigkeit, in gesättigten Märkten Kunden zu gewinnen, als auch branchenspezifische Herausforderungen wie Hygieneanforderungen oder Qualitätssicherung. Die Finanzmarktkrise, steigende Rohstoffpreise und die Angst vor einem konjunkturellen Abschwung sind nicht nur in der Branche viel diskutierte Gesprächsthemen. Die Frage, ob wir in Deutschland an einem erneuten Wendepunkt von Konjunktur und Struktur stehen, beantwortete Martin Kannegiesser in seinem Vortrag. Seit dem Jahr 2000 ist der Unternehmer Präsident von Gesamtmetall, dem Arbeitgeberverband für die Metall- und Elektroindustrie „Es wird nicht so weitergehen wie bisher. Wir müssen uns auf Wandel einstellen“, erklärte er in Kassel. Als Indiz für eine rückläufige Konjunktur führt er allen voran die rückläufigen Aufträge in der Automobilindustrie an. In welchem Ausmaß sich die Finanzmarktkrise, ausgelöst durch die Pleite der Lehman-Bank, hierzulande auswirken wird, vermag, so der Unternehmer, heute noch niemand genau zu sagen. Fest stehe jedoch: „Die Boomphase geht zu Ende.“ Ob sich dieser Rückgang als Delle oder tiefes Tal in der Konjunkturkurve darstellen wird, könne heute noch niemand mit Sicherheit sagen.

Den Textilreinigungen und Wäschereien rät Kannegiesser: „Informieren Sie sich über die konjunkturelle Lage, aber lassen Sie sich nicht negativ beeinflussen.“ Trotz angespannter Situation sieht er Chancen für die Branche: „Vor allem Dienstleistungen rund um die Versorgung älterer Menschen sind gefragt. Auch der Markt für Berufsbekleidung befindet sich noch in der Entwicklungsphase und bietet Potenzial.“ Hotellerie und Tourismus würden außerdem eine große Chance auf Mengenwachstum bieten. Zwar sei diese Branche konjunktursensibel, dennoch stiege die Zahl der Reisenden kontinuierlich. Der Schlüssel zum Erfolg, so Kannegiesser, liegt für die Unternehmen in der Produktivitätssteigerung. Auch die Logistik und das Energie- und Wassermanagement sollte jeder Unternehmer in seinem Betrieb optimieren. Unternehmen, die diese Herausforderungen annehmen und lösen, hätten gute Chancen, den Strukturwandel zu meistern.

Gerade in konjunkturell schwierigen Zeiten ist eines besonders wichtig: Neue Kunden gewinnen und bestehende Kunden halten. Wie Textilreiniger und Wäscher ihre Kundschaft durch eine authentische Dienstleistungskultur begeistern können, verriet Prof. Dr. Anna Maria Pircher-Friedrich. Eine erfolgreiche Dienstleistungskultur fängt, wie sie ausführte, schon bei der Sicht an, die ein Unternehmer auf seine Kunden hat: „Der Kunde will ernst genommen werden.“ Unternehmer müssten sich mit verschiedenen Fragestellungen beschäftigen: „Womit können wir den Kunden dienen? Was kann nur unser Betrieb geben? Was würde dem Kunden fehlen, wenn es uns nicht gäbe?“ Das Motto in einem erfolgreichen Betrieb laute „Spirit und Profit“. Wer ständig bemüht ist, menschlichen Mehrwert für seine Kunden zu schaffen, ernte auch wirtschaftlichen Erfolg.

Wesentlicher Wettbewerbsfaktor und ein zentrales Argument im Umgang mit dem Kunden ist die fach- und sachgerechte Aufbereitung der anvertrauten Textilien. Dabei spielt die Hygiene eine große Rolle. Nicht nur das Leistungsspektrum von Wäschereien, auch das der Textilreinigungen kann Textilien umfassen, die besonderen Anforderungen an die Hygiene unterliegen. Der Vortrag von Petra Klein vom Forschungsinstitut Hohenstein zeigte rechtliche Grundlagen im Umgang mit Hygienewäsche in der Reinigung und die damit verbundenen Anforderungen und Verpflichtungen auf. „Hygienewäsche“, so führte die Leiterin des Kompetenzzentrums Wäscherei an den Hohensteiner Instituten aus, „kommt z.B. aus Arzt- und Zahnarztpraxen und deren Laboratorien, aus Dialyseeinrichtungen, Rettungsdiensten, Pflegeeinrichtungen, Tierarztpraxen und aus Lebensmittel verarbeitenden Betrieben.“ Auch Textilien, die beim ambulanten Operieren zur Anwendung kommen, fänden sich darunter. Zur sachgerechten Pflege der Textilien gehöre einerseits, die Eigenschaften der Produkte zu erhalten. Diese sind in der Regel in Normen auf nationaler und internationaler Ebene wie DIN und ISO festgelegt. Andererseits müssten rechtliche Vorgaben eingehalten werden. Rechtliche Grundlagen finden sich z.B. in der Berufsgenossenschaftlichen Regel BGR 500 „Betreiben von Arbeitsmitteln“ im Kapitel 2.6 „Betreiben von Wäschereien“ oder im Kapital 2.14 „Betreiben von Chemischreinigungen“. Auskunft über die Infektionsprävention in Heimen geben die Empfehlungen des Robert Koch-Instituts.

Petra Klein wies darauf hin, dass Schutzbekleidung von den Arbeitnehmern nicht zu Hause gewaschen werden dürfen. Dies müsse der Textilpflegebetrieb seinen Kunden kommunizieren. Außerdem sollte ein Fachmann der Textilpflege seine Kunden informieren, wenn z.B. Rettungsbekleidung oder OP-Textilien ihre maximale Zahl an Einsatzzyklen und somit das „Ende der Verkehrsfähigkeit“ erreicht haben. Zwar liege bei Lohnwäsche die Verantwortung beim Kunden, dennoch erwarte dieser eine fachmännische Beratung von seinem Dienstleister. „Wer sich nicht an Hygienewäsche heranwagt, kann mit einem Betrieb der Gütegemeinschaft für sachgemäße Wäschepflege zusammenarbeiten“, riet Klein. So könnte der Kontakt zum Kunden gehalten und weitere Aufträge würden generiert.

Im Anschluss referierte Dr. Manfred Huppertz, Leiter des Innovationsmanagements von Büfa, über die „hygieneoptimierte Imprägnierung in der Textilpflege“. Ein Hygieneproblem sieht der Chemiker derzeit nicht in Deutschlands Reinigungen, er sprach aber die fehlenden Richtwerte, Standards und Prüfmethoden an. Die Hygiene in Textilreinigungen werde, so Huppertz, durch die RAL 990 A2 beschrieben. „Die dort hinterlegten Grundsätze hinsichtlich Hygiene und Qualität der Dienstleistung sind heute kaum noch bekannt“, erklärte er. Hilfsmittelhersteller würden heute optimierte Produkte und Verfahren bieten, um eine hygienische Aufbereitung zu gewährleisten. Doch die Hygiene in der Textilreinigung werde durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst. „Es reicht nicht, die Ware hygienisch einwandfrei in der Maschine zu behandeln“, erklärte Huppertz. Jeder Textilreiniger müsse in seinem Betrieb ein hygienisches Umfeld schaffen. In Mitarbeiterschulungen könne z.B. das Personal für das Thema Hygiene sensibilisiert werden. Büfa biete z.B. eine hygienisch optimierte Imprägnierung für den Einsatz in KWL. „Die zunächst als Systemkonservanz bestimmten Zusätze für unser Imprägniermittel Secarbon Crystal zeigten in der Praxis, dass nicht nur die beabsichtigte Konservierung des Lösemittels bei destillationsfreien KWL-Anlagen erzielt wurde. Zusätzlich wurden im Zusammenspiel mit der Trocknung die hygienischen Verhältnisse auf der gereinigten Ware verbessert“, erklärte Huppertz.

Wie nachgewiesen werden kann, dass Textilien hygienisch einwandfrei aufbereitet wurden, damit beschäftigt sich Dr. Lutz Vossebein vom wfk-Forschungsinstitut für Reinigungstechnologie. Die maximale Keimbelastung auf Textilien werde in Richtlinien mit Gesetzescharakter oder durch nationale und internationale Normen vorgegeben. „Dies kann mit Hilfe von unterschiedlichen Methoden abgeschätzt werden“, erklärte Dr. Vossebein. Durch „Biomonitoring“ (der Verwendung von Biomonitoren) kann sichergestellt werden, dass Infektionserreger in Prozessen inaktiviert wurden. Biomonitore setzt man dabei nicht nur bei Textilien, sondern z.B. auch bei der Untersuchung von Reinigungs- und Desinfektionsverfahren von Geschirr und medizinischen Instrumenten ein. Im Bereich der Wäschereien funktioniert diese Methode folgendermaßen: Textilläppchen werden mit pathogenen Keimen und Blut versetzt und anschließend dem Reinigungs- und Desinfektionsverfahren unterzogen. Dann wird untersucht, ob sich die humanpathogenen Testkeime auf dem Läppchen befinden. Der Nachteil dabei sind nicht nur die hohen Kosten, sondern auch, dass mit Infektionserregern gearbeitet werden muss. Daher hat das wfk einen Schnelltest entwickelt, der nach Angaben des Institutes wesentlich schneller und kostengünstiger ist als andere Methoden und ohne die Hilfe von Laboratorien durchgeführt werden kann. Die Forscher haben dazu pathogene Bakterienstämme durch ähnliche apathogene Agenzien ersetzt. Ziel ist dabei die einfache, sichere und schnelle Bewertung der Desinfektionsleistung gewerblicher Waschverfahren im Rahmen der innerbetrieblichen Eigenkontrolle. „Durch die Senkung der Überprüfungskosten und die Verkürzung der Zeit, bis die Ergebnisse vorliegen, verbessert sich außerdem die Dokumentationsmöglichkeit von hygienerelevanten Parametern“, so Dr. Vossebein. Derzeit befinden sich die Biomonitore im Praxistest, käuflich zu erwerben sind sie noch nicht. Kunden von Wäschereien und Reinigungen fordern immer häufiger ein zertifiziertes Qualitätsmangement gemäß DIN EN ISO 9001. Vor allem in Ausschreibungen wird dieser Nachweis zunehmend verlangt. Der DTV will mit seinem Projekt der Verbandszertifizierung interessierten Unternehmen die Möglichkeit bieten, schnell, kostengünstig und dauerhaft das Zertifikat ISO 9001 zu erhalten. Dafür hat der DTV zusammen mit seinem Partner, der Intrasys GmbH, ein branchenspezifisches Konzept entwickelt, das selbst kleinen Betrieben einen anerkannten und nachhaltigen Qualitätsstandard und Leistungsnachweis garantieren soll. Dafür schließen sich die Betriebe unter dem Dach des DTV zu einem Verbund (Matrix) zusammen. Der Vorteil liegt darin, dass sich nicht jedes einzelne Unternehmen dem Zertifizierungsprozess unterziehen muss. Auf dem Verbandstag informierten DTV-Geschäftsführer Dr. Volker Schmid und Oliver Ludolph rund um das Thema Qualitätsmanagement. Inzwischen hat der erste Workshop der Pilotgruppe zur Umsetzung der Verbandszertifizierung stattgefunden. Die Zertifizierung durch eine externe Zertifizierungsgesellschaft ist für das Frühjahr/Sommer 2009 geplant.

Besonders vor dem Hintergrund steigender Energiepreise, neuer EU-Richtlinien zur Schonung von Trinkwasser und den Auswirkungen des Klimawandels muss eine Wäscherei heute wirtschaftlich arbeiten. Wie dies gelingen kann, erklärte Andreas Langer von Kannegiesser. Er stellte das dreistufige Konzept der grünen Wäscherei vor. „Die erste Stufe“, erklärte Andreas Langer, „ist eine energieoptimierte Maschinentechnik.“ Hier liege das größte Einsparpotenzial für die Wäscherei. Die zweite Stufe besteht aus prozessübergreifenden Energiemanagement-Systemen. „So lässt sich z.B. durch einen Verbund von Kondensationswärmetauschern, isoliertem Warmwassertank und intelligenter Prozessregelung die in der Mangel- und Finisherabluft enthaltene Energie für die Erwärmung des Frischwassers für den Waschprozess nutzen“, erläuterte Langer.

Die dritte Stufe ist schließlich eine dampfkessellose Wäscherei. Durch die Umsetzung von Energiespar- und Wärmerückgewinnungskonzepten und dem daraus folgenden sinkenden Primärenergiebedarf in Wäschereien könne mit der dezentralen Gasbeheizung der Waschstraße und den gasbeheizten Trocknern, Finishern und Mangeln auf einen zentralen Dampfkessel verzichtet werden, erklärte Langer abschließend.

Der nächste Verbandstag des DTV findet vom 18. bis 20. September 2009 in Fulda statt.Vanessa Ebert