Europäische Forschungsvereinigung Innovative Textilpflege (EFIT) Den Einzelhandel ins Boot holen

Im Mittelpunkt der diesjährigen Fachtagung und Mitgliederversammlung der EFIT (Europäische Forschungsvereinigung Innovative Textilpflege) stand das Qualitätszeichen Fashion Care. Künftig sollen noch mehr Einzelhändler schon beim Verkauf der Kleidungsstücke auf das Label hinweisen.

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    EFIT-Geschäftsführer Dr. Volker Schmid informierte über das System Fashion Care.Foto: DTV
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    Jürgen Tagge erklärte, wann sich Spezialbügelmaschinen für Hosen anbieten.Foto: Tagge

Den Einzelhandel ins Boot holen

Zentrales Thema des Treffens der EFIT-Mitglieder, Ende Juni in den Räumlichkeiten der Hohensteiner Institute in Bönnigheim, war das System Fashion Care. Dr. Volker Schmid, EFIT-Geschäftsführer, erläuterte, was das System leisten soll. Kunden sollen eine Orientierung bekommen, wie sie eine gute Reinigung erkennen können. Dies sei umso wichtiger, weil „schlechte Leistung den Ruf der Branche verdirbt“. Betriebe, die das FashionCare-Siegel führen wollen, müssen den Anforderungen eines Kontrollsystems entsprechen. Dies koste die Unternehmen jedoch nicht die horrenden Beträge, wie fälschlicherweise oft verbreitet werde. „Die Mehrkosten belaufen sich im Jahr auf rund 81,50 Euro“, erklärte Dr. Schmid. Er schätzt, dass das System den Textilreinigungen zwischen zwei und fünf Prozent Kostenvorteile in der Jahresrendite bringt und wies nachdrücklich darauf hin: „Fashion Care funktioniert nur, wenn es angewendet wird.“

Die EFIT plant darüber hinaus, mehr Einzelhändler und Textilhersteller für das Projekt zu gewinnen. Sie sollen beim Verkauf von hochwertigen Kleidungsstücken den Fashion-Care-Wegweiser mit herausgeben. Dieser bietet den Käufern 50 Prozent Rabatt bei der ersten Reinigung in einem Fashion-Care-Betrieb sowie eine 100-prozentige Neuwertversicherung. Der EFIT-Geschäftsführer ist davon überzeugt, dass dies auch einen Mehrwert für den Händler und den Hersteller bedeutet. Dr. Schmid zeichnet den Weg des Systems vor: „Fashion Care soll der internationale Partner der Bekleidungswirtschaft werden.“ Auch die Niederlande, Belgien, Großbritannien und Italien zeigten Interesse an dem System. Angesprochen werden sollen vor allem Menschen, die beim Kauf bewusst hochwertige Qualitäten wählen. „Darin besteht das Ziel von Fashion Care: den Umsatz für die Zukunft zu sichern und zwar bei Leuten, die Besserverdiener sind und sich die Reinigung leisten können“, so Dr. Schmid weiter. Wichtig sei jedoch auch, dass die Verkäufer mitziehen: Sie müssen lernen, Fashion-Care-Kunden entsprechend zu bedienen.

In einem zweiten Vortrag erörterte der EFIT-Geschäftsführer die Frage, ob die Einführung einer Kundenkarte in Textilreinigungen sinnvoll ist. Wenn eine Kundenkarte eingesetzt werden soll, dann sollte es die Fashion-Care-Karte sein, meinte er. Jeder Betrieb müsse jedoch individuell überlegen, ob sich die Ausgabe von Kundenkarten lohnt. Der Kunde erwarte dann zusätzliche Vorteile: Er möchte die Karte beispielsweise als Zahlungsmittel verwenden, Rabatte erhalten oder an Sonderaktionen teilnehmen. Diese Vorteile müssen den großen Nachteil wettmachen: Verbraucher haben heute meist schon einen ganzen Stapel an Kundenkarten in ihrem Portemonnaie. Positiv kann eine Kundenkarte in Bezug auf Aspekte der Kundenbindung sein. Einige Betriebe setzen dazu jedoch bereits andere Maßnahmen ein und können gegebenenfalls darauf verzichten. Zu beachten sei auch, dass die Einführung von Kundenkarten mit Kosten verbunden ist: Sie können durch zusätzliche Terminals, eine Abgabe an den Systembetreiber und die Kassenanbindung entstehen. Demgegenüber stehen mögliche Einsparungen, weil die Ein- und Ausgabe der Textilien beleglos erfolgen kann. Auch Liquiditätsvorteile und die Unterstützung von zielgruppengenauer Werbung stehen auf der Vorteilsseite. Dabei muss jedoch immer der Datenschutz beachtet werden.

In einem weiteren Vortrag ging Jürgen Tagge, Forschungsinstitut Hohenstein, der Frage nach, ob und wann sich Spezialbügelmaschinen für Hosen anbieten. Er gab zunächst das Beispiel des Herrenoberhemds, das dank optimierter Hilfsmittel problemlos zu waschen und zu bügeln sei. Das liege daran, dass das Hemd mit Ausnahme von Kragen und Manschetten nur aus einer einzigen Textilschicht besteht. Außerdem variieren die Formen kaum voneinander – daher eignen sich Hemden am besten für spezielle Bügelmaschinen.

„Auch für Hosen hat es diese Maschinen schon einmal gegeben“, erklärte Jürgen Tagge weiter. Im Zuge der Energiekrise Ende der 70er Jahre hätten die Textilreiniger jedoch die Kaltbügeltische eingeführt, die Spezialbügelmaschinen für Hosen verdrängt haben. Wolle man jedoch Lohnkosten senken, so müsse man die Leistung steigern und das ginge nur mit Spezialmaschinen, so Jürgen Tagge.

Das Imageproblem von Polyester-Herrenanzügen im Vergleich zu Schurwollgeweben machte Dr. Boris Bauer, Bekleidungsphysiologisches Institut Hohenstein, zum Thema. Er erläuterte eine Forschungsreihe, die am Institut durchgeführt wurde. Zehn verschiedene Futterstoffe und acht Oberstoffe wurden getestet. Das Fazit lautet, dass sich auch aus Polyesterstoffen hochwertige Anzüge herstellen lassen – es kommt dabei immer auf die Gewebemischung an. „Die Schurwollgewebe weisen eine vergleichsweise höhere Scheuerfestigkeit auf und die Polyestergewebe eine höhere Reißfestigkeit sowie ein vergleichsweise günstigeres Knitterverhalten“, meinte Dr. Bauer.

Das zum Tagungszeitpunkt aktuelle Thema der Fußball-Europameisterschaft machte sich EFIT-Mitglied Horst Lange in seinem Vortrag zunutze. Er verglich eine Fußballmannschaft mit den Mitarbeitern in einer Textilreinigung. In beiden Fällen hätten die Teilnehmer die gleiche Motivation: Sie möchten spielen und gewinnen. Der Chef einer Reinigung dürfe dabei seine Rolle als Trainer nicht vernachlässigen: „Das Ziel wird nicht deshalb nicht erreicht, weil der Chef selbst mitarbeitet, sondern weil die Aufgaben des Trainers zu kurz kommen: Er beobachtet seine Mitarbeiter, erkennt ihre Stärken und Schwächen, tauscht sie aus und sagt ihnen, wie ihre Schwächen reduziert werden können, übt mit ihnen immer wieder, nicht nur einmal, wenn sie in den Betrieb kommen.“ Nur so kann aus einer Belegschaft auch ein gutes Team werden.Sandra Küchler