Privatausstellung bei Kannegiesser Von Vlotho in die ganze Welt

Anlässlich der Hausmesse öffneten sich vom 22. bis 27. Oktober die Werkstore von Kannegiesser, Vlotho, für Besucher aus aller Welt. Gezeigt wurden technische Verbesserungen, aber auch einige grundsätzlich neue Lösungen. Themen waren die Automation sowie Wasser- und Energieeinsparungen.

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    Andreas Hunholz, Matthias Schäfer, Lars Dröscher, Hans Busche, Andreas Langer und Jessica Steinmann (v.l.n.r.) vor der Power Trans Jet.
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    Kunden aus aller Welt informierten sich über die neueste Wäschereitechnik.
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    LinksÜber das Stapeltransportsystem gelangen die Textilien zu einer zentralen Abnahmestelle.
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    RechtsAuf der Hausmesse symbolisierten Lichterketten das Gegenstromprinzip im neuen Tunnelfinisher.

Von Vlotho in die ganze Welt

Wer den gleichen Weg durch die Privatausstellung nehmen möchte wie die Wäsche durch einen Betrieb, muss sich im Zickzack durch die Räume bewegen. Verloren geht dabei jedoch niemand, da die Bereiche verschiedenfarbig eingeteilt sind:der Waschbereich ist Gelb, die Flachwäschebearbeitung Blau, die Trockenwäschebearbeitung Grün, der Formteilebereich Orange. Außerdem stehen durchweg rund 100 Mitarbeiter des Vlothoer Unternehmens für Auskünfte bereit, zu erkennen an ihren hellblauen Krawatten und ihren Namensschildern. Viele sind bereits in Gespräche vertieft und neben Deutsch hört man sie auch auf Englisch oder Französisch die Wäschereitechnik erläutern.

Der Wäschelauf beginnt mit dem Sortieren der Wäsche. Hier bietet Kannegiesser mit der Förder- und Sortiertechnik Supertrack ein System, das sowohl auf der unreinen als auch auf der reinen Seite eingesetzt werden kann. Die Anlage wird künftig in einem
3D-Modell geplant, sodass der Kunde sich bereits vor der Installation ein Bild davon machen kann, wie das System in seinem
Betrieb aussieht. „Eine echte Neuerung ist unsere Power Trans Jet, eine Waschstraße mit integrierter Zentrifugeneinheit“, sagt Matthias Schäfer, im Hause Kannegiesser zuständig für Marketing und Vertrieb Wäschereilogistik. Hier wird nach der Waschzone die Waschflotte direkt in die Zentrifuge umgeladen und geschleudert. Eine Webcam in der Zentrifuge lässt die Besucher beobachten, wie dies funktioniert:Die Trommel dreht sich bereits, wenn die Wäsche inklusive Waschflotte hineingeworfen wird. Der Vorschleudergang erreicht eine Geschwindigkeit mit maximal einem g-Faktor von 800, löst die gebundene Flotte aus dem Gewebe heraus und führt sie einem Speichertank (Tank 1) zu.

Dann folgen Spülprozess und Hauptschleudergang. Insgesamt wird 60 Sekunden lang geschleudert. Auch die zweite Spülflotte wird in einem Speichertank (Tank 2) gesammelt. „Damit nehmen wir das Prinzip einer Waschschleudermaschine in die Waschstraße hinein“, erklärt Schäfer. Andreas Langer, Verfahrenstechnik WET (Waschen, Entwässern, Trocknen), ergänzt:„Die Idee gibt es bereits seit langem, sie konnte jedoch erst jetzt, da es möglich geworden ist, die Nebenzeiten bei der Zentrifuge zu reduzieren, umgesetzt werden.“ Geeignet sei die Maschine vor allem für Berufskleidung, Matten, Feuchtwischbezüge und Laminate, weniger für Frottee oder Flachwäsche.

Die Integration von Waschen, Spülen und Entwässern in einer Einheit spart Ressourcen, denn nach dem Vorschleudern befinden sich nur noch 0,5 l Flotte in der Wäsche. Daher reichen laut Hersteller in den meisten Fällen 3 l Frischwasser aus, um die restliche gebundene Klarwaschflotte auszuspülen. Die Wäsche verlässt die Maschine dann noch mit einer Restfeuchte von rund 40 Prozent. Die im Tank 1 zurückgewonnene warme Klarwaschflotte enthält noch waschaktive Substanzen und ist laut Hersteller für weitere Klarwaschprozesse einsetzbar. Das in Tank 2 gesammelte Spülwasser ist kälter und kann in der Vorwäsche verwendet werden. Für kleinere Posten wie z.B. 180 kg Berufskleidung oder 230 kg Matten hat der Vlothoer Hersteller die Waschschleudermaschine Power Swing auf ein Trommelvolumen von 1.600 cm3 verkleinert. „Hier auf der Hausmesse zeigen wir eine Systemlösung mit Belade- und Entladebändern, an die maximal sechs Waschschleudermaschinen und drei Trockner angeschlossen werden können“, erklärt Jessica Steinmann, Vertriebssupport Wasch- und Entwässerungstechnik.

Die Aufstellungsbeispiele zeigen:Beladen wird von oben entweder manuell, automatisch aus der Sackförderanlage oder semi-automatisch über ein Hub- bzw. Hubfahrband. Wenn die Wäsche in die Trommel fällt, dreht sich diese bereits mit Anlegedrehzahl. So dauert der Beladevorgang nur rund 30 Sekunden. Für den Waschvorgang fährt die Trommel in eine laut Hersteller optimale Position. Beim Schleudern erreicht die Maschine eine Geschwindigkeit von 400 Umdrehungen pro Minute. Zum Entladen kippt die Maschine nach vorne und wirft die Wäsche mithilfe einer leichten Drehbewegung auf das Entladeband.

Die Maschine steht auf Wiegezellen, die das Gewicht der Schmutz- sowie der sauberen Wäsche erfassen. Dadurch können die Flottenniveaus laut Hersteller litergenau und an den jeweiligen Posten angepasst eingestellt werden. Diese Niveaumessung ermöglicht es außerdem, die freie und gebundene Flotte separat voneinander zu erfassen. Ein weiterer Vorteil der Wiegetechnik:Die Maschine kann einen Posten selbstständig teilen, sodass die Trockner automatisch beladen werden können.

Apropos Trockner:Weiter dem Verlauf der Wäsche folgend, bietet sich die Betrachtung der Trockner und ihrer Ausstattungen an. Auch hier ist Sparen das Ziel. Diesmal soll Energie mit einem Kreuzwärmetauscher und einer Umluftpumpe gespart werden. Ersterer sieht von außen aus wie eine Blackbox. Innen kreuzen sich Ab- und Zuluft, sodass Erstere Letztere nach dem Wärmetauscherprinzip erwärmt. Das Ergebnis laut Hersteller:rund elf Prozent Energieeinsparung. Der eingebaute Filter ist leicht herauszuziehen und zu reinigen. Der Praxistest bei einem Kunden habe ergeben, dass sich nach einer Woche lediglich ein dünner Streifen an Flusen auf dem Filter festgesetzt hat, sagt Jörg Heuke, Konstrukteur des Trockners. Denn auch das Flusensieb im Trockner hält bereits Partikel ab.

Ebenfalls in den Trockner eingebaut werden kann eine programmierbare Umluftklappe, die den Umluftanteil (im Verhältnis zur Abluft) im Trockner erhöht. Somit bleibt die warme Luft länger in der Maschine. Da die Feuchte in der Luft im Laufe des Trocknungsprozesses immer weniger wird, kann der Umluftanteil im fortgeschrittenen Stadium immer weiter erhöht werden. Dieses Prinzip spart laut Hersteller zehn Prozent Energie.

Wer sich für den Einbau beider Geräte, d.h. sowohl für den Wärmetauscher als auch für die Umluftklappe, entscheidet, darf jedoch nicht der Vermutung erliegen, er spare insgesamt 21 Prozent Energie, warnt Heuke, denn die beiden Geräte hängen voneinander ab: Je mehr Umluft durch die Klappe im Trockner gehalten werden kann, desto weniger Abluft fließt durch den Wärmetauscher und desto weniger Abluft kann die Zuluft erwärmen. Daher lautet hier die Gleichung:11 + 10 = 15 Prozent Energieeinsparung. Die effiziente Nutzung der Primärenergie ist auch Ziel der gasbeheizten Mangel SHM. Der großdimensionierte Wärmetauscher bietet laut Hersteller trotz kompakter Baumform eine große Heizfläche. „Das so erhitzte Öl wird strömungsoptimiert für das Aufheizen der Heizbänder bzw. Mulden genutzt“, erklärt Michael Harre, Spartenleiter Flach- und Trockenwäschetechnik. Eine zentrale Einheit im hinteren Bereich der Maschine versorgt die beiden Mulden sowie die Muldenbrücke mit einer zentralen Pumpe über ein Rohrsystem.

Egal, ob die Wäsche in der Mangel oder in der Trockenfaltmaschine bearbeitet wird, mit der integrierten Materialflusssteuerung behält der Betriebsleiter den Überblick darüber, an welcher Stelle sich die Wäsche des einzelnen Kunden befindet – dank einheitlicher und maschinenübergreifender Steuerungstechnik. „Dabei bleibt selbst der Bereich zwischen den Trocknern und den Finishmaschinen nicht unberücksichtigt“, betont Michael Harre. Nach dem letzten Bearbeitungsschritt gelangen die Textilien auf das automatische Stapeltransportsystem, das aus mehreren Bändern besteht und an mehrere Maschinen angeschlossen ist. Dieses führt die Artikel einer zentralen Abnahmestelle zu, an der sie ein letztes Mal angefasst und zur Expedition in Container einsortiert werden. Auch hier greift die Steuerung noch einmal ein und visualisiert den Mitarbeitern auf einem Bildschirm, wie er die Ware in die Container verteilen soll.

Um auch kleineren Wäschereien mit einem Wäschevolumen von rund 8 t pro Tag, die Möglichkeit zu geben, Berufskleidung zu sortieren, bietet Kannegiesser das LoopSortiersystem Kannsort an, das zum ersten Mal auf der Hausmesse präsentiert wurde. Die Herausforderung bei dieser Konstruktion sei gewesen, ein Speicherband in Kreisform zu bauen, berichtet Uwe Priester, Vertriebsleiter Formteile. Denn diese kleinste Lösung einer Sortieranlage soll platzsparend in kleinen Betrieben stehen. Rund 15.000 Teile können mit ihr pro Stunde bewegt werden. Zur Komplettierung des Systems bieten sich ein Finisher sowie eine Faltmaschine an. Geeignet ist das System laut Priester für Sortierungen nach wenigen Kriterien, wie z.B. für Kleidung für Krankenhauspersonal.

Zum Abschluss des Rundgangs erwartet den Besucher ein weiterer Höhepunkt der Hausmesse. Zwei bis drei Jahre Entwicklungszeit habe man für diesen Drei-Modul-Finisher mit Gegenstromprinzip gebraucht, berichtet Konstrukteur Jürgen Wolf. Dem Prinzip entsprechend fließt die Luft der durchlaufenden Wäsche entgegen, indem das jeweils vordere Modul die Luft ansaugt. Das letzte Modul gibt ausschließlich warme Luft ab, das mittlere nimmt und gibt und das vordere Modul erhält ausschließlich Luft. Doch auch diese soll den Finisher nicht ungenutzt verlassen. Daher wurde die Wäscheeingabe so eng konstruiert, dass der Luftstrom durch die feuchten Textilien geleitet wird und diese vorwärmt. Die Wäsche wird dadurch zum Wärmetauscher. „Simpel und trotzdem effektiv“, fasst Wolf diese Lösung zusammen.

Weitere Details wurden weiterentwickelt: Der Sprühdampf, die Jetdüsen und der Durchlauf der Bügel – alle mit dem Ziel, die Trocknungsleistung zu verbessern. Der Sprühdampf aus Düsen durchdringt im gebündelten Strahl die Textilien besser und erreicht auch den unteren Saum. Die abgerundeten Jetdüsen unterstützen diesen Effekt. Den Durchlauf der Bügel im Zickzack nennt der Konstrukteur Twisten, jedoch ohne Musik.

Auf Musik mussten die Besucher noch bis zum Abend warten, an dem 50 Jahre Kannegiesser France und 40 Jahre Kannegiesser Finnland gefeiert wurden. Woher die Besucher aus aller Welt gekommen waren, konnte man an den verschiedenenFähnchen auf den Tischen sehen:Neuseeland, Australien, USA, Russland, Korea, Kanada oder Europa. Aber, so Schäfer:„Nirgendwo können wir unsere Maschinen so gut zeigen wie hier in Vlotho.“

Linda Quadflieg