Am 27. und 28. September veranstaltete der Industrieverband Textil Service (Intex)in Wiesbaden sein Herbsttreffen mit Vorträgen, einer Sitzung des Tarifausschusses und Mitgliederversammlung. Im Anschluss daran trafen sich am 29. September die Youngster des Verbandes (siehe Kasten).
Hoch hinaus und doch praxisnah
Hoch hinaus ging es für die Teilnehmer des Intex-Herbsttreffens, denn die Tagungsräume befanden sich im fünften Stock des SAS-Hotels Schwarzer Bock in Wiesbaden. Zum Abheben blieb jedoch keine Zeit, denn in der vierstündigen Vortragsreihe informierten die Referenten über bodenständige und praxisnahe Themen wie Mindestlohn und Tarifbindung, Mehrweg-OP-Textilien, Normen sowie Körper- und Fertigmaßtabellen.
Über Aktuelles aus der Tariflandschaft berichtete Helge Martin Krollmann, Gesamtverband Textil+Mode, Eschborn. Anfang des Jahres habe alles auf ein ruhiges Jahr in der Tarifpolitik hingedeutet. Die befürchteten hohen Tarife seien ausgeblieben. Trotz des positiven wirtschaftlichen Trends habe es niedrige Abschlüsse gegeben. Dem Jahr 2008 sehe der Gesamtverband Textil+Mode mit gemischten Gefühlen entgegen, da hier u.a. die Arbeitszeiten formuliert werden müssten. Die Besonderheiten jeder Branche machte der Referent u.a. am Baugewerbe (hoher Organisationsgrad der Arbeitnehmer) und an der Bahn (mehrere kleine Gewerkschaften) deutlich. Eine gut gemachte Tarifpolitik halte die Balance
zwischen der Leistung der Belegschaft und der Wettbewerbsfähigkeit des Betriebes.
In die Branche der industriellen Textilpflege stieg Andreas Schumacher, Intex, ein. Er stellte die Initiative Intex Med vor. Diese Projektgruppe für Mehrweg-OP-Textilien besteht seit 2004 und hat 12 Mitglieder. Mit PR- und Marketingmaßnehmen sowie Studien und Standards informiert die Kampagne Entscheider in Krankenhäusern über die Vorteile von Mehrwegprodukten im OP. Weitere Schwerpunkte sind die Zusammenarbeit mit Institutionen der EuropäischenUnion sowie Motivations- und Verkaufstrainings für Mitarbeiter textiler Dienstleistungsunternehmen.
Prof. Hans-Günter Hloch, wfk Krefeld, berichtete über zwei Projekte seines Instituts über die nachhaltige Aufbereitung vonOP-Textilien nach EN13795. Ziel der Untersuchungen war es, den Ressourcenverbrauch von Wasser, Energie und Waschmittel bei Wiederaufbereitungsverfahren zu reduzieren. Einige Ergebnisse:
-Eine rotierende Waschbewegung verbessert die Wasch- und Spülleistung.
-Die Bedarfswerte von OP-Textilien verringern sich, wenn weniger Partikel generiert und mit optimierten Wasch- und Trocknungsprozessen gearbeitet wird.
-Im Rahmen des Projektes wurde eine neue Waschmaschine u.a. mit indirekter Heizung, abriebfester und dichtungsglatter Oberfläche sowie einem Datenerfassungssystem entwickelt;außerdem ein Trockner mit optimierter Luftführung, reibfreiem Trockenantrieb und integriertem Partikelzähler.
Trocken hätte auch der Vortrag von Ute Bernstein vom Sächsischen Textilforschungsinstitut (STFI), Chemnitz, werden können. Doch die Diplom-Ingenieurin verstand es, das Thema Normungswesen interessant und kompetent zu vermitteln und erläuterte die Normen für Schutzkleidung, bei denen es Änderungen gegeben hat.
Die EN471 für sichtbare Warnkleidung wurde 2003 zum letzten Mal aktualisiert und zertifiziert, u.a. die Anforderungen von Kontrastfarben auf Warnwesten. Vorgesehene Änderungen 2007 sind, dass die Reibechtheit nass für Hintergrundmaterial entfällt, ebenso wie die Anforderungen für Farbänderungen des Kontrastmaterials. Außerdem neu bei der EN471: Seit 2007 darf im öffentlichen Verkehrsraum auch fluoreszierendes Gelb getragen werden.
Änderungen gab es auch beim Hitze-, Flamm- und Schweißerschutz. Seit Mitte der 90er Jahre regeln die europäischen Normen EN 531, EN 470-1 und EN 533 die Anforderungen an diese Schutzkleidung bzw. deren Materialien. Durch die Umwandlung der
EN531 in die EN ISO11612 wurde die Regelung z.B. um den Schutz gegen den thermischen Einfluss von Lichtbögen erweitert.
Für die EN470 (ErsatzENISO11611) ist ein neues Piktogramm entstanden und sie wurde in zwei Klassen unterteilt: in weniger riskante bzw. riskante Schweißarbeiten und Situationen mit wenigen bzw. vielen Spritzern und geringer bzw. höherer Strahlungshitze. EN533 (Ersatz ISO 14116) ist kein Produktstandard, sondern dient der Klassifikation von Materialien bzw. Materialkombinationen für Schutzkleidung. Sie ist anwendbar auf Material und Kleidung.
Die Serie EN1149 zertifiziert elektrostatisch ableitfähige Schutzkleidung, die in PSA(schützt den Menschen)und ESD (schützt das Produkt)unterteilt werden kann. Die Kleidung muss den Körper vollständig bedecken.
Die aus dem Jahr 2005 stammende EN13034 und die EN14325 zertifizieren Schutzkleidung gegen flüssige Chemikalien. Sie enthalten die Prüfverfahren und Anforderungswerte für Materialien, Nähte, Verbindungen und Verbünde aller Typen von Chemikalienschutzkleidung. Mit der DIN32781 werden Schutzanzüge gegen Pflanzenschutzmittel genormt. Südeuropäische Länder sollen diese deutsche Normierung übernehmen, sodass eine EU-Norm daraus abgeleitet werden kann, so die Referentin.
Eine weitere Intex-Initiative stellte Andrea Rechtsteiner, Larosé, vor. Sie berichtete aus der Produktgruppe Textile Kette, die die Intex-Fertigmaßtabellen ständig überarbeitet und aktualisiert. Dabei entstehen aus Körpermaßen und Formeln Grundkonstruktionen. Aus der Grundkonstruktion wird über Zugaben ein Fertigteil konstruiert. Fertigmaße hingegen sind am fertigen Schnitt oder Bekleidungsteil gemessene Maße. Die Fertigmaßtabellen sind über die Intex-Homepage zugänglich und nach Anwendungsbereichen wie dem Gesundheitswesen, Industrie und Handwerk, Gastronomie und Pflegepersonal unterteilt. Mit Hilfe einer Matrixtabelle sind modische Änderungen möglich. Die Tabellen sind
EN-13402-kompatibel und sehen alle Grundmodelle für Berufskleidung in Doppel- und Einzelgrößen vor.
Ein ähnliches Ziel für die Kleidung von Privatpersonen hat das Projekt Size Germany, über das Anke Rissiek sprach. Mehrere Unternehmen haben sich hier zusammengeschlossen, um die veralteten Körpermaßtabellen aus den 60er Jahren überarbeiten zu lassen. Quer durch ganz Deutschland werden dafür Kinder, Männer und Frauen jeder Altersgruppe gescannt und befragt. Die Datenmenge wird dann über ein Onlineportal den beteiligten Firmen zur Verfügung gestellt. In einem Abschlussbericht ist die ermittelte Größentabelle enthalten. Die Körpervermessungen sind im September angelaufen, bis Dezember 2008 soll das Projekt abgeschlossen sein. Rissieks Angebot:Textile Dienstleister können ihr Betriebsgelände für eine Messstation z.B. im Rahmen einer Ausstattung zur Verfügung stellen und erhalten dafür die Maße und Scans. lin