Information und Austausch stand beim diesjährigen Sachverständigentreffen des DTV in Wiesbaden im Vordergrund. Ob Herausforderungen durch neue Materialien der aktuellen Modetrends, die Behandlung des schwierigen Materials Leder oder aktuelle Schadensfälle – Diskussionsthemen gab es genug.
Schadensfälle gehen nicht aus
In den Räumlichkeiten der chemischen Fabrik Kreussler, Wiesbaden, hatten sich zwei Tage lang 30 Teilnehmer aus dem Kreis der Sachverständigen zusammengefunden, um sich über Schadensfälle, Fachthemen wie die Lederreinigung und aktuelle Herausforderungen zu informieren und auszutauschen. Die Referenten Heinrich Kreipe, Sachverständiger, Rodolf Kreckel, Sachverständiger und Verkaufsleiter von Kreussler, sowie Gabriela Kaiser von Futurize Trendguide, Würzburg, informierten durch fachliche Vorträge. Helmut Strohm, ehemaliger Hauptgeschäftsführer des DTV, führte durch das Programm. Kreussler-Geschäftsführer Kasper D. Hasenclever ließ die Teilnehmer am Vormittag des ersten Seminartages hinter die Kulissen der chemischen Fabrik blicken.
Einen Ausblick auf das, was an neuer Mode in den kommenden Saisons auf die Reinigungsbetriebe zukommt, gab die Textilingenieurin und Designerin Gabriela Kaiser. „In der Mode dominieren Gegensätze. Glänzende Stoffe werden genauso verarbeitet wie matte, strukturierte Materialien“, sagte Kaiser. Gelackte Materialien und metallisch glänzende Oberflächen werden sowohl im Winter 2007 als auch im Sommer 2008 gern verwendet. So vielfältig und außergewöhnlich die Materialien der nächsten Saisons sind, für die Reiniger bedeuten sie eine Herausforderung. Auch die vielfältig verwendeten Accessoires können Schwierigkeiten bereiten: Für die Sommerkollektion 2008 haben die Designer viel schmückendes Beiwerk aus Perlmutt, Messing, Gold sowie Spiegelblättchen oder Pailletten verwendet.
Die Formen der Röcke und Kleider werden in den nächsten Saisons wieder runder und so wird also auch der ein oder andere Ballonrock beim Reiniger landen und ihm das Bügeln erschweren. Die Modetrends sind aber nicht nur Herausforderung, sondern auch Chance. Denn viele der außergewöhnlichen Materialien können die Verbraucher nicht in der Haushaltswaschmaschine waschen.
Dipl.-Ing. Herinrich Kreipe, Sachverständiger für Chemischreinigung von Oberbekleidung, Teppich- und Polstermöbelreinigung, informierte über Leder und seine Reinigung – ein schwieriges Material, das auch in der kommenden Saison wieder in verschiedensten Schnitt- und Farbvariationen verwendet wird. „Leder ist ein komplexes Material, dessen Bearbeitung intensive Einarbeitung verlangt“, wie Kreipe betonte.
Jedes Leder ist anders. So weiß der Reiniger zum Beispiel nicht, welche Verarbeitungsschritte es auf dem Weg zum fertigen Kleidungsstück durchlaufen hat. Zudem sei die Qualität des Leders unterschiedlich, je nachdem welcher Teil der Tierhaut verarbeitet wurde. Leder wird nach Fläche und nicht nach Gewicht bezahlt, ein Umstand, der es den Textilreinigern zudem schwer macht. „Das Material wird während des Herstellungsprozesses maximal gespannt. Nach der Reinigung will das Leder wieder in seine ursprüngliche Form zurück“, erklärte Kreipe. Eine Maßänderung von bis zu zehn Prozent sei möglich.
Auf die Frage, wie Leder gereinigt werden soll, gibt es keine eindeutige Empfehlung. Die Vereinbarung RAL 068 behandelt zwar die Lederreinigung, allerdings sei diese Arbeitsunterlage nicht mehr auf dem neuesten Stand und beziehe neue Erkenntnisse nicht mit ein. Die Reinigung mit Per oder KWL wirkt fettlösend – das Naturprodukt braucht jedoch Fett um geschmeidig zu bleiben. Eine Möglichkeit wäre, die Flotte mit Fett zu versetzen. Nachteil hier: Das Fett lagert sich auch auf den Textilien wie Futter oder Bündchen ab. Eine andere Möglichkeit ist das Nachfetten im Sprühverfahren. Wasser entfettet dagegen nicht, birgt allerdings das Risiko einer Maßänderung. „Dass sich Leder anders verhält als Textilien, muss dem Kunden auch kommuniziert werden“, rät Kreipe. Daher sollte der Reiniger auch auf Formulierungen und Werbeslogans wie „Leder wieder wie neu“ verzichten und stattdessen auf Risiken aufmerksam machen.
Ein weiteres Material, das in der Praxis immer wieder Probleme bereitet, ist Polyurethan (PUR), die Nr. 32 des Textilkennzeichnungsgesetzes: Es ist nicht beständig gegenüber dem Lösemittel Per. „In Herstellerkreisen ist diese Tatsache nicht hinreichend bekannt, so dass Textilien aus diesem Material oft mit dem Pflegehinweis ,P‘ gekennzeichnet sind“, sagte Kreipe. Zudem sei das Material nicht alterungsbeständig. Licht, Schweiß und Körperwärme setzen ihm zu.
Auch das Reinigen von Heimtextilien birgt Schwierigkeiten:Trotz sachgemäßer Bearbeitung ist je nach Material oft mit einem Schwund von fünf bis sieben Prozent zu rechnen.
Ein weitere Schwierigkeit, die immer wieder in der Arbeitspraxis auftaucht, sei die Tatsache, dass der Reiniger einen Pflegehinweis vorfindet, der nicht zur Rohstoffkennzeichnung passt. Nach juristischer Betrachtung handelt er jedoch grob fahrlässig, wenn Pflegehinweise nicht beachtet werden. Daher sollten Mitarbeiter geschult und Pflegehinweise beachtet werden. Im Fall von Pflegehinweisen, die aus der Erfahrung heraus nicht zur Rohstoffkennzeichnung passen, rät Kreipe dazu, das Textil abzulehen.
Verbesserungspotenzial, so waren sich die Teilnehmer einig, birgt die Zeitwerttabelle, die sie zur Beurteilung des Wertes der beschädigten oder verdorbenen Kleidungsstücke und Textilien heranziehen. „Für die Bestimmung des Zeitwertes müssen detailliertere Unterlagen erarbeitet werden“, sagte Kreckel. Beispielsweise könne die Artikelgruppe genauer sein. Der Vorschlag von Helmut Strohm, eine Arbeitsgruppe zu bilden, um die Unterlagen zu verbessern, wurde positiv aufgenommen. Die Leitung wird voraussichtlich Rudolf Kreckel übernehmen.
Einge Sachverständige nutzten die Gelegenheit, um weitere Expertenmeinungen zu ihren Schadenfällen einzuholen. Eine eindeutige Klärung konnte jedoch ohne genaue Analyse in den meisten Fällen nicht stattfinden. Einige Fälle konnten die Experten auf den ersten Blick beurteilen, wie zum Beispiel den Fall einer hochwertigen Damenhose, die seit dem Reinigen ungleichmäßig verfärbt ist. Die Stellen, an denen der Stoff ausgeblutet und dadurch heller ist, sind auch gleichzeitig die, an denen der Träger schwitzt, zum Beispiel die Kniekehlen. Ein klarer Fall für die Sachverständigen: Hier wurde eine nicht schweißechte Färbung verwendet. Auch in der Praxis gehen den Experten die Schadensfälle nicht aus und so wird bereits das nächste Treffen geplant. Fve