Erfahrungen im Umgang mit Reklamationen Wie sag ich’s meinen Kunden?

Fehler lassen sich trotz größtmöglicher Sorgfalt nicht vermeiden. Viele Kunden haben dafür Verständnis, wenn ihnen in einem offenen Gespräch die Ursache glaubhaft vermittelt wird. Bietet der Dienstleister zudem eine kulante Schadensregulierung an, muss er kaum Kundenschwund befürchten.

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    Frank Unverhau weiß, dass Importe oder im Internet ersteigerte Waren nicht immer das halten, was das Etikett verspricht. Fotos: Wylegalla
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    Marcel Gruner: „Mit Argumenten, Diplomatie und Kulanz können wir 99 Prozent der Reklamationen für beide Seiten zufrieden stellend regeln.“
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    Mit Einfühlungsvermögen und Diplomatie versucht Sascha Sücker, ein sachliches Gesprächsklima zu schaffen.

◆◆ In einer offenen und klaren Aussprache gelingt es Annette Hertz-Eichenrode, auch schwierige Kunden zu beschwichtigen. „Wir versuchen, die Ursache für die Reklamation herauszufinden“, so die Leiterin für Marketing und Vertrieb der be-wasch GmbH in Singen/Hohentwiel. Viele Kunden hätten Verständnis für technische Defekte. Aber auch bei menschlichem Versagen werde nicht um den heißen Brei herumgeredet: „Falls etwa ein Mitarbeiter versehentlich einen Cashmere-Pullover gekocht hat, müssen wir den Fehler eingestehen und den Schaden ersetzen“, erläutert die Vertriebsleiterin.

Richtlinie für Reklamationen sind die allgemeinen Geschäftsbedingungen. Ist mit dem Kunden aber auf dieser Basis keine zufrieden stellende Einigung zu erreichen, wird eine neutrale Person hinzugezogen. Annette Hertz-Eichenrode: „Wenn der Kunde den Eindruck hat, dass wir an einer einvernehmlichen Lösung interessiert sind, glätten sich meistens die Wogen und er bleibt uns trotz des Missgeschicks treu.“ Aufgrund ihrer Erfahrung und Menschenkenntnis wisse sie aber auch zwischen berechtigten und unberechtigten Reklamationen zu unterscheiden.

„Wirtschaft ist zu 50 Prozent Psychologie“, wusste schon Altkanzler Ludwig Erhardt. Mit dieser Philosophie fährt auch Sascha Sücker gut. Der Inhaber der Wäscherei „Die Wäscheklammer“ in Christinendorf 20 km südlich von Berlin weiß, dass viele Kunden versäumen, Beschwerden sofort und direkt an ihn zu übermitteln. „Deshalb staut sich mitunter Frust auf“, so der Unternehmer. Mit Einfühlungsvermögen und Diplomatie versucht er aber, ein sachliches Gesprächsklima zu schaffen: „Wir streiten grundsätzlich nicht.“

Hilfreich ist es, für die individuelle Situation des Kunden Verständnis aufzubringen. „Wir versuchen uns jeweils auf die Mentalität des Kunden einzustellen“, sagt Sücker. Auch Kunden mit kleinen Auftragsvolumen würden ernst genommen, unterstreicht der Unternehmer. Dies bedeute jedoch nicht, dass er bei jeder Reklamation nachgibt: „Wir sind kulant. Hat aber eindeutig der Kunde die Ursache für den Fehler zu verantworten, sagen wir ihm dies auch klar.“

Falls beim Waschen oder Reinigen Mängel auftreten, informiert das Team von Marcus Kraft den Kunden sofort bei der Übergabe. „Natürlich ist es für den Geschädigten ärgerlich, wenn er das Kleidungsstück nicht mehr tragen kann“, weiß der Inhaber der Wäscherei und Reinigung Kraft e. K. in Gera. Entdeckt aber der Kunde den Schaden erst zu Hause, sei der Ärger noch größer. „In einem persönlichen Gespräch versuchen wir die Ursache zu erklären“, so der Textilreinigermeister. Sei der Mangel auf eine fehlerhafte Behandlung im Betrieb zurückzuführen, leiste er selbstverständlich Ersatz.

„Mitunter reicht unsere eigene Beurteilung aber nicht aus, um die Reklamation objektiv zu regulieren“, berichtet Marcus Kraft. Insbesondere bei wertvollen Textilien sei gegebenenfalls ein Schadensgutachten des DTV erforderlich. Nicht unbedingt zum Nachteil des Dienstleisters: Der Unternehmer erinnert sich an einen preisintensiven Hosenanzug, den die Kundin zur Trockenreinigung abgegeben hatte. Aufgrund der starken Verfleckung entschieden sich die Profis dann aber für eine Nassreinigung. „Laut Pflegeetikett war dieser Hosenanzug sogar waschbar“, so Marcus Kraft. Dessen ungeachtet schlugen die Farben im Wasser um. Der Gutachter stellte fest, dass der Hersteller des Stoffs den Schaden zu verantworten hatte. Die Kundin ist dem Textilreinigermeister treu geblieben. Falls Frank Unverhau einen Schaden nicht selbst zu verantworten hat, empfiehlt er dem Kunden eine Reklamation beim Verkäufer der Ware. „Wir geben ihm aber aus fachlicher Sicht überzeugende Argumente und Verhaltenstipps mit auf den Weg, damit der Umtausch im Geschäft erfolgreich ist“, so der Geschäftsführer der Wäscherei „Elite“ in Braunschweig. Kunden, die sich gut beraten statt im Stich gelassen fühlen, kommen immer wieder. Auch durch Kulanz und Kompromisse können die Wogen geglättet werden: „Ein Gutschein wirkt zuweilen wie ein Trostpflaster, selbst wenn wir den Schaden nicht selbst verursacht haben“, weiß der Unternehmer.

So gut wie möglich versuchen Frank Unverhau und sein Team aber schon im Vorfeld Fehler zu vermeiden: „Wir verlassen uns nicht allein auf das Pflegeetikett, sondern prüfen im Zweifelsfall auch akribisch das Textil.“ Aus Erfahrung weiß er, dass Importe oder im Internet ersteigerte Waren nicht immer das halten, was das Etikett verspricht. „Gegebenenfalls halten wir mit dem Kunden noch einmal Rücksprache“, so der Geschäftsführer. Auch Nörglern versucht Frank Unverhau bis zu einem gewissen Grad höflich zu begegnen. Kann sich aber König Kunde trotz alledem nicht königlich benehmen, verzichtet der Unternehmer auf eine weitere Zusammenarbeit. Die meisten Kunden des Textil-Service Chemnitz sind sehr zugänglich und lassen mit sich reden. „Dennoch sind die Ansprüche sehr unterschiedlich“, weiß Inhaber Marcel Gruner. Es gäbe zum Beispiel Gastronomen, die eine kleine Falte in der Tischdecke tolerieren. Andere wiederum verlangen eine Korrektur. „Mit überzeugenden Argumenten, Diplomatie und Kulanz können wir aber 99 Prozent der Reklamationen für beide Seiten zufrieden stellend regeln“, so der Textilreinigermeister.

Mitunter geben Materialfehler den Auftraggebern Anlass zu reklamieren. Marcel Gruner: „Es gibt einsichtige Kunden, die sich daraufhin an den Hersteller wenden. Andere wiederum fordern von uns Ersatz.“ In solch einem Fall werden die Schäden über die Versicherung geregelt. Dabei wägt der Unternehmer allerdings auch das Verhältnis zwischen Umsatz und Aufwand sorgfältig ab: „Mitunter ist es besser, sich von einem schwierigen Gelegenheitskunden zu trennen.“

Trotz größtmöglicher Sorgfalt lassen sich Produktionsfehler nicht immer vermeiden. „Falls in den Wäschesack eines Seniorenheims ein Textil gelangt ist, dass keine hohen Temperaturen verträgt, kann sich das gesamte Waschgut verfärben“, erläutert Marcel Gruner. Hat aber ein Mitarbeiter einen Produktionsfehler verursacht, führt er mit diesem ein Gespräch. „Möglicherweise kann ihn ja ein persönliches Problem belasten“, räumt der Unternehmer ein. Bis zu einem gewissen Grad versuche er darauf Rücksicht zu nehmen. „Ich kann ihn zum Beispiel an einer Station einsetzen, die weniger Verantwortung erfordert“, sieht Marcel Gruner einen Lösungsansatz. ◁ Reinhard Wylegalla