Wäscherei Reichel in Dippoldiswalde mit eigenem Kindergarten Beste Betreuung für „Waschbären“

Für Eltern ist es oft ein Spagat, den Job und den Nachwuchs auf einen Nenner zu bringen. Erst recht, wenn der Arbeitstag früh beginnt, überdies in zwei Schichten produziert wird und an den Wochenenden gelegentlich Überstunden angesagt sind. Die Wäscherei Reichel in Dippoldiswalde hat zu dem Thema die Initiative ergriffen und eröffnete im Sommer 2015 einen Betriebskindergarten.

Bei Kindergartenleiterin Barbara Stoppok-Kunze und ihren Kolleginnen sind die „Waschbären“ gut aufgehoben, während ihre Eltern in der Wäscherei arbeiten. Foto: Egbert Kamprath - © Egbert Kamprath

„Es wird immer schwieriger, gutes Personal zu finden und an den Betrieb zu binden“, berichtet Hartmut Reichel, Geschäftsführer der Wäscherei Reichel GmbH & Co. KG in Dippoldiswalde im östlichen Erzgebirge. Oft scheitert die Einstellung einer engagierten Bewerberin oder eines Bewerbers daran, dass es für dessen Sprössling keinen Platz im Kindergarten gibt. Oder aber die Öffnungszeiten der Tagesstätte werden den betrieblichen Anforderungen nicht gerecht. Für den Textilreinigermeister Grund genug, selbst die Initiative zu ergreifen. „In Skandinavien habe ich Betriebe mit eigenen Kindergärten kennengelernt. Warum sollte so etwas nicht auch in Deutschland funktionieren?“, so Reichel.

Städtisches Grundstück mit Villa zum Verkauf

Es stellte sich nun die Frage, wie solch eine Tagesstätte am besten zu organisieren ist. „Ursprünglich wollte ich mich an einem kleinen städtischen Kindergarten im Dippoldiswalder Ortsteil Berreuth beteiligen oder diesen sogar übernehmen“, berichtet der Geschäftsführer. Doch die Stadtverwaltung machte ihm ein erheblich besseres Angebot: „Unmittelbar vor unserem Betrieb stand ein städtisches Grundstück mit Villa zum Verkauf. Da auch öffentliche Kindergartenplätze fehlten, war die Kommune sehr daran interessiert, dass wir dieses Objekt übernehmen“, erzählt Reichel.

Der Unternehmer erwarb das Grundstück mit dem zweigeschossigen, ebenerdig zugänglichen Haus und beauftragte einen Architekten, der Erfahrung in der Projektierung von Kindertagesstätten hat, mit den Planungsarbeiten. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Das Innere der Villa mit 320 m2 Nutzfläche wurde kindgerecht und farbenfroh gestaltet. Seit Mitte August des vorigen Jahres können im Erdgeschoss bis zu zwölf Säuglinge und Krabbelkinder betreut werden, im oberen Stockwerk dürfen bis zu 18 „Waschbären“ nach Herzenslust spielen, während ihre Eltern gleich nebenan arbeiten.

Da Kindertagesstätten keine „Aufbewahrungseinrichtungen“ sind, sondern die Kids hier lernen sollen, sich mit Gleichaltrigen zu sozialisieren und ihren frühkindlichen Wissensdurst zu stillen, musste natürlich auch ein Betreuungskonzept entwickelt werden. „Es ist uns gelungen, die Diakonie Dippoldiswalde Diakonisches Werk im Kirchenbezirk e.V. als Betreiber mit ins Boot zu holen“, erläutert der Geschäftsführer. Die Einrichtung ist integrativ ausgerichtet – dies bedeutet also, dass auch Eltern von Kindern mit Behinderung keine Schwellenängste haben müssen. Freie Kapazitäten werden externen Kindern angeboten.

Dem allgemeinen Personalschlüssel entsprechend hat die Diakonie 3,5 Erzieherstellen geschaffen. Das schien Hartmut Reichel doch etwas zu knapp bemessen: „Die Einrichtung ist von 6 Uhr bis 17 Uhr geöffnet. Gerade frühmorgens, wenn die meisten Kinder eintreffen, geht es mitunter etwas turbulent zu. Um die Atmosphäre zu entspannen, finanziert unser Betrieb eine zusätzliche Erzieherstelle.“ Sollten in der Wäscherei am Wochenende Überstunden notwendig werden, müssen auch Beschäftigte mit Kleinkindern nicht absagen: „Wir haben mit der Diakonie vereinbart, dass im Fall des Falles und auch während der Schulferien Erzieher zur Verfügung stehen“, unterstreicht Reichel.

Kindergarten bis 2019 voll ausgelastet

Die Kapazitäten wurden Schritt für Schritt bis zur vollen Auslastung gesteigert, damit sich die Kinder und die Erzieher eingewöhnen und eingliedern konnten. Seit März dieses Jahres ist der Kindergarten bis 2019 voll ausgelastet. Erst danach sind wieder Neuaufnahmen möglich. „Gegenwärtig werden noch mehrheitlich externe Kinder betreut. Von unseren 110 Mitarbeitern brauchen aber fünf Frauen nach der Elternzeit Krippenplätze“, so Reichel. Überhaupt vermittelt es allen jüngeren Beschäftigten ein gutes Gefühl, dass sie künftig auf der Suche nach einem Betreuungsplatz für ihren Nachwuchs nicht mehr „Klinken putzen“ müssen.

Sie brauchen auch nicht befürchten, dass die Kosten für einen Kindergartenplatz das Familienbudget schmälern: „Die Finanzierung der Plätze übernehmen zum Teil die Kommune sowie der Freistaat Sachsen. Den Elternanteil übernimmt laut Beitragssatzung unser Betrieb“, betont der Geschäftsführer. Mit dem Fiskus hat er abgeklärt, dass diese Zuwendung nicht durch die Eltern versteuert werden muss. Auch ist keiner der kinderlosen Kollegen darauf neidisch: „Alle haben Verständnis dafür, dass der Unterhalt für Kinder viel Geld kostet, und gönnen daher den Eltern unsere Unterstützung“, bekräftigt Hartmut Reichel.