Frank Ziermann, BÖWE Textile Cleaning GmbH, Sasbach Anspruchsvolles aus Black Forest

Im Juni 2024 hatte BÖWE zu einer zweitägigen Hausmesse in den Schwarzwald eingeladen und über 300 Kunden hatten den Weg ins badische Sasbach (5.000 Einwohner) gefunden. „Es erfüllt uns durchaus mit Stolz, dass wir dabei Besucher aus 27 Ländern begrüßen konnten“, formuliert Dipl. Wirt. Ing. Frank Ziermann, Geschäftsführer BÖWE. Präsentiert wurden dabei nicht nur neueste Entwicklungen an Textilreinigungsmaschinen, gefeiert wurde auch der Eintritt der Nachfolgegeneration. Anlass genug für ein kleines R+WTextilservice-Gespräch.

Auf der diesjährigen BÖWE-Hausmesse in Sasbach präsentierte sich die „Next Ziermann-Generation“ (v. l. n. r.): Max Ziermann, Laura Ziermann, Manuel Ziermann sowie Angelika und Frank Ziermann. - © Peter Schmid/RWT

Die Geschichte von BÖWE begann im Jahr 1945 durch die Firmengründung durch Max Böhler und Ferdinand Weber (beides Ingenieure bei Messerschmitt) in Augsburg. Als Zulieferer für verschiedene Reinigungsunternehmen hatten sie die Idee, selbst Textilreinigungsmaschinen zu entwickeln. 1950 präsentierten sie die erste kompakte chemische Reinigungsmaschine für Textilien, 1952 folgte der erste große Messeauftritt in Paris. In den 60er und 70er Jahren kam es zu einem geradezu kometenhaften Aufstieg, das Unternehmen wuchs zu einem der weltgrößten Hersteller mit bis zu 800 Mitarbeitenden. Bis heute liefert BÖWE hochwertige Perchlorethylen-und MultiSolvent-Textilreinigungsmaschinen weltweit.

Herr Ziermann, Sie führen das Unternehmen nun seit 2010, seit dieser Zeit auch im Schwarzwald angesiedelt. Im Jahr 2025 kann Ihr Unternehmen bereits auf eine 80jährige Firmengeschichte zurückblicken. Was war dabei rückblickend wohl die größte
Herausforderung für das Haus BÖWE?

Frank Ziermann: Unsere Kunden profitieren von Textilreinigungsmaschinen, die auf vielen Jahrzehnten Erfahrung basieren. Innovative Ideen und die ständige Weiterentwicklung zeichnen das Unternehmen bis heute aus und haben es in der ganzen Welt bekannt gemacht. Den Qualitätsanspruch wollen wir, damals wie heute, mit Langlebigkeit, zuverlässigem Arbeiten, hochwertigen Materialien und gutem Service zum Ausdruck bringen. Blicken wir in die Firmenhistorie, so war das Jahr 1969 sicher eine Art Zäsur. Als überraschend einer der geplanten Nachfolger, der Sohn von Max Böhler, tödlich verunglückte, hat das Unternehmen an Performance verloren. Das nachfolgende Management, besonders ab 1990, hat in meinen Augen leider gravierende Fehler in den Bereichen Preis- und Modellpolitik gemacht. Die Reputation kam weltweit ins Wackeln, wobei der Name BÖWE damals wie heute einen tollen Ruf hat. Besonders auch im Ausland. Ich fasse mich kurz: Es gab dann in kurzer Zeit verschiedene Geschäftsführer und auch wechselnde Eigentümer, bestimmte Immobilienteile wurden veräußert. Dazu gravierende Umsatzverluste speziell an italienische Hersteller.

Sie haben 2007 eine französische Kaserne erworben, dazu 2009 die BÖWE-Über­nahme mit den Niederlassungen in Deutschland, Spanien, England, USA und China. Es folgte die Umsiedlung in den Schwarzwald. Mutig…

Im Jahr 2010 verbrachte ich 7 Monate in China, im Jahr 2011 nochmal 5 Monate. Ich bin als junger Mensch schon viel und oft gereist, habe schon sehr früh ein Vertriebsnetz mit über 1.000 Händlern aufgebaut. Die wichtigsten Faktoren sind dabei Qualität und Liefertreue. Mit geschulten
und ausgewählten Mitarbeitern versuchen wir nicht alles selbst zu machen und haben beispielsweise auch keine Blechfertigung. Doch wir halten aber die wichtigen Schlüsselfaktoren in der Hand. Namensrechte, Patente, Service, Vertrieb, Marketing und Konstruktion bleiben als Key-Kompetenz bei uns – ähnlich wie in der Automobilindustrie. Im Großraum Shanghai fertigen beispielsweise spezialisierte Betriebe im 2-Schichtbetrieb. Diese Effizienz könnten wir hier nie erreichen. Dabei lässt sich mit Industrie 4.0 selbst eine Einzelfertigung realisieren. Jede gefertigte Maschine benötigt rund 107 Unterschriften zur Qualitätsfreigabe. Dies schafft bei allen Beteiligten ein hohes Verantwortungs­bewusstsein, das auch überdurchschnittlich entlohnt wird.

Ihre Mitarbeiterstruktur…

… ist schnell erklärt. Das sind im Moment 18 Leute hier in Deutschland und rund 30 Mitarbeitende in Shanghai.

Apropos Mitarbeiter. Habe ich auf Ihrer Hausmesse nicht auch bereits die nächste Ziermann-Generation gesehen?

Stimmt. Wenn Sie so wollen, dann haben wir dieses Jahr auf der Hausmesse den Eintritt der Nachfolgegeneration von Laura, Manuel und Max Ziermann gefeiert, die verschiedene Positionen besetzen. So kümmert sich Laura um Vertriebsaufgaben, Einkauf und die Ersatzteilabteilung. Manuel verantwortet die Webshops, die Entwicklung sowie die Schnittstelle zur Produktion. Und Max hat den Bereich Technik und Sankosha Europa. Den Betrieb in die nächste Generation zu führen, ist sicherlich im Moment die aktuellste Herausforderung. Wir versuchen die „Next Generation Ziermann“ so geräuschlos wie möglich zu organisieren. Dazu haben wir uns vor einiger Zeit auf neutralem Boden in Österreich getroffen und diskutiert, wo wir in 3 oder 5 Jahren sein wollen. Wer sieht sich wie und wo? Wo können, wo müssen wir besser werden? So werden wir nun zwei Jahre zusammenarbeiten, dann die geschäftsführenden Positionen belegen. Dann nochmal drei Jahre zusammenarbeiten. Ich werde dann als Geschäftsführer aller Firmen, die wir haben, zurücktreten. Dann können meine Kinder mir sagen, ob ich noch entwickeln, verkaufen oder nichts mehr machen soll.

Max Ziermann (2. v. r.) mit internationalen Gästen anlässlich der BÖWE-­Hausmesse. - © BÖWE
Ich habe eben Ihre Hausmesse erwähnt. Scheint eine Erfolgs­geschichte zu sein?

Das können Sie sagen. Über 300 Kunden aus 27 Ländern haben den Weg ins kleine Sasbach gefunden. Besucher aus Neuseeland, Japan, China, Mongolei, USA, Kanada und vielen europäischen Ländern haben sich an den beiden Messetagen über Neuigkeiten aus dem Hause BÖWE informiert. Dazu noch die Kontaktmöglichkeiten mit den Mitausstellern Büfa, Seitz, Kreussler, Richard Geiss, Safechem, Hans-Joachim Schneider, Efit, Cinet, Cleanit, Jumag, Miele, Veit und Versteegen Assekuranz.

Und Sankosha…

Richtig. Sankosha produziert seit Jahrzehnten Maschinen für die Textilpflegeindustrie, die für Qualität, Langlebigkeit und Zuverlässigkeit stehen, speziell im Bereich Hemdenpressen, Oberbekleidungs-Finisher und Verpackungsmaschinen. Damit sind sie Marktführer in Amerika, Australien, Südostasien und Japan. Wir, das heißt in diesem Fall die Ziermann GmbH, waren seit Jahren der beste Händlerpartner in Europa und haben jetzt zur Hausmesse eine Zuständigkeit für Gesamt-Europa übernommen, Sankosha Europe by Ziermann GmbH. Mein Sohn Max war für 6 Monate in Japan und ist wirklich gut ausgebildet worden.

Auch ein kleines Jubiläum: Vor genau 10 Jahren haben Sie zu Trainings- und Demonstrationszwecken Ihren Showroom eröffnet. Dieser wird von vielen Besuchern als einzigartig bezeichnet.

Das freut mich zu hören. Unser Showroom ist aber auch besonders und bietet auf rund 2 × 180 m2 viele Möglichkeiten, Textilreinigungstechnik auszutesten. Dort findet der Kunde eine breite Palette an Maschinen und Geräten für die Textilpflege, Finishing, Fördersysteme, für Verpackungslösungen und Zubehörteile. Als absolute Besonderheit lassen sich an acht verschiedenen BÖWE Maschinen auch sechs unterschiedliche Lösemittel testen. Dabei werden in Echtzeit die umweltschonenden Verbrauchswerte über digitale Messgeräte
angezeigt. Und eben dieser Fokus auf ein umweltfreundliches Energiemanagement hilft dem Kunden bei der Auswahl der richtigen Maschine und Ausstattung. Die Investition in den Showroom hat sich sowas von gelohnt. Vor Corona hatten wir nahezu täglich Gäste, zurzeit mindestens zweimal pro Woche. Ich sage immer: Riechen, Schmecken, Fühlen. Geh da rein und in zwei Stunden weißt Du, was Du brauchst. Was ist die richtige Maschine, was das passende Lösemittel.

Sie basteln, so mein Eindruck, ständig an der Verbesserung der Energieeffizienz.

Stimmt. Unsere Maschinen werden permanent weiterentwickelt. So gehört seit vielen Jahren beispielsweise der Niedrig-Niveau-Sensor bei unseren Maschinen zum Standard. Dieser passt bei Unterbeladung automatisch die Lösemittelmenge an.

Sie präsentieren schon einige Zeit auch eine automatische Trübungsmessung.

Das haben Sie bestimmt in unserem Factbook gelesen. Richtig. In Kombination mit der Siemens Steuerung wird der Verunreinigungsgrad der Textilien sowie des Lösemittels mit einem Glasfaserlichtleiter optisch gemessen. Anhand der gemessenen Verunreinigung wird bei starker Trübung das Lösemittel des ersten Bades zur Destillation gepumpt. Bei geringem Trübungsgrad entscheidet die Maschine quasi selbstständig direkt ins zweite Bad zu gehen. Dabei wird zusätzliches Lösemittel zum hohen Niveau aufgepumpt und anschließend über Filter zurück in den Arbeitstank geführt. Der Textilreiniger kann selbst über die Computersteuerung den Trübungsgrad des Lösemittels einstellen und somit bestimmen, wann die Maschine zur Destillation pumpen soll.

Guter Besuch und angeregte Diskussionen zur BÖWE-Hausmesse in Sasbach. - © BÖWE
Auch dem Thema Mikroplastik begegnen Sie schon seit vielen Jahren.

Unsere Textilreinigungsmaschinen haben einen geschlossenen Reinigungszyklus. Dabei werden Mikroplastikpartikel in der Destillation gesammelt, nicht ins Abwasser geleitet und separat durch Spezialunternehmen entsorgt.

Apropos Maschine. Haben Sie zur Hausmesse neue Sachen präsentiert?

Da würde ich gern auf die neuesten Entwicklungen unserer Industrietextilreinigungsmaschinen hinweisen, die mit 50, 70 und 100 kg Beladegewicht für die Lösemittel Per und Multisolvent verfügbar sind. Auch unsere neue Serie „Black Forest Finishing Line“ fand großes Interesse bei den Messegästen. Das Finishen eines Hemdes in 10 Sekunden beispielsweise hat viele Leute begeistert.

Welchen Wunsch hätten Sie denn an die Branche?

Da würde ich mir spontan mehr Fachkompetenz wünschen! Durch das Ausscheiden vieler Mitarbeitenden schwindet auch die Fachkompetenz verbunden mit großem Know-how-Verlust. Wir müssen erkennen, dass ohne Fachkompetenz die Branche keinerlei Perspektive hat. Waschverfahren ändern sich, Textilien ändern sich. Eine angepasste Bildung, eine in bestimmtem Zeitrahmen notwendige Auffrischung des Wissens sind in meinen Augen schlicht notwendig. Noch haben wir Schulen und ein Ausbildungssystem. Wir brauchen Fachkräfte und Kompetenz und müssen die Abwärtsspirale stoppen.

www.bowe-germany.de