Ausgezeichnetes Projekt Feuerwehr-PSA: Für Frauen nicht passend

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Das IAW und das ITA wurden für ihr gemeinsames Projekt zum Thema Feuerwehr-PSA für Frauen mit dem Preis "Helfende Hand 2023" geehrt. Wieso Einsatzkleidung für Frauen schlecht sitzt und welche Lösungsansätze das Team gefunden hat.

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Joachim Saathoff (links) mit den stolzen Preisträgern v.l.n.r.: Carsten Schiffer (IAW), Rahel Heesemann (ITA) und Justin Kühn (ITA). - © Mike Auerbach

Ein Feuer löschen, Menschenleben retten aber es zwickt die Hose? Nicht die beste Voraussetzung für einen gefährlichen und fordernden Beruf wie Feuerwehrfrau. Denn die Kleidung für Feuerwehrleute sei vor allem für Männer konzipiert und oft an den Schultern zu weit, am Oberkörper zu eng und an den Armen und Beinen zu lang.

Das Institut für Arbeitswissenschaft (IAW) und das Institut für Textiltechnik (ITA) der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen haben dieses Problem aufgezeigt und wurden dafür Ende November mit dem Förderpreis "Helfende Hand" des Bundesinnenministeriums (BMI) ausgezeichnet. Diese ist die höchste Auszeichnung für einen ehrenamtlichen Einsatz in Deutschland.

Der Parlamentarische Staatssekretär des BMI, Johann Saathoff, ehrte dabei Carsten Schiffer (IAW), Rahel Heesemann (ITA) und Justin Kühn (ITA) stellvertretend für das gesamte Team, zusammen mit 15 weiteren Projekten. Das Team um das Projekt "Dieser Weg wird kein leichter sein – Verbesserung der Schutzbekleidung für Feuerwehrfrauen" konnte sich im Wettstreit gegenüber 63 anderen Bewerbern in der Kategorie "Innovative Konzepte" durchsetzen.

Fehlende PSA für Frauen:
Doppeltes Unfallrisiko

Der Anteil von Frauen in der Feuerwehr beträgt zirka zehn Prozent, Stand Dezember 2020, Tendenz steigend. Das relative Unfallrisiko von Frauen sei doppelt so hoch, beweist ein wissenschaftlicher Beitrag von Carsten Schiffer aus dem Jahr 2023. Dazu zeigt die Auswertung von Unfallberichten, dass Frauen öfter und schwerer verunfallen als ihre männlichen Kollegen. "Man kann aus der schlechtsitzenden Feuerwehrkleidung zwar keine direkte Unfallursache herleiten", sagt Carsten Schiffer. "Aber wenn ich mir in den Unfallberichten ansehe, welche Verletzungen auftreten, liegt es nahe, dass es zumindest teilweise mit der schlecht passenden Schutzkleidung zusammenhängt."

Sensibles Thema mit potenziellen Risiken

So scheint es wahrscheinlich, dass mehr Stolperverletzungen bei Frauen beispielsweise auf zu lange Hosenbeine oder schlecht sitzende Stiefel zurückzuführen sind. Feuerwehrkleidung muss dabei viele Anforderungen erfüllen: vor Feuer, Chemikalien und Weiterem schützen, darf nicht reißen, soll Schweiß nach außen transportieren, aber die Hitze draußen lassen. Das Innenfutter garantiert dabei für Komfort und schützt vor Verletzungen.

Allerdings vertrauen Frauen ihrer Schutzkleidung weniger, wie eine Interviewstudie von Carsten Schiffer aufzeigt, mutmaßlich da die Schutzbekleidung nicht richtig passt. Hierbei handelt es sich um ein sensibles Thema: gut passen, bedeutet, dass genau der richtige Abstand zwischen Haut und Innenfutter der Feuerwehrschutzkleidung liegen muss. Genau der richtige Abstand sind in etwa zwei Zentimeter – also einen Daumen breit. Wenn die Kleidung nicht an die Körperform der Trägerin oder des Trägers angepasst ist, kann die Schutzwirkung beeinträchtigt werden. "Generell benötigen wir alle helfenden Hände bei der Feuerwehr", meint Rahel Heesemann. "Da ist doch die mindeste Voraussetzung, dass die Schutzkleidung gut passt."

Wie ist die Zusammenarbeit entstanden?

Carsten Schiffer ist Bachelorabsolvent von Rahel Heesemann und Justin Kühn und bearbeitete dieses Thema in seiner Bachelorarbeit. Er wollte ursprünglich die ökologischere Gestaltung der Feuerwehrschutzkleidung betrachten. Feuerwehrangehörige nannten die Ergonomie der Schutzkleidung als dringenderes Problem. Carsten Schiffer änderte sein Thema entsprechend und verfolgte es in seiner Masterarbeit am IAW und nun als Doktorand weiter.

Beide Lehrstühle wollen den Ansatz mit Industriepartnern weiterverfolgen, Feuerwehrschutzkleidung unter anderem ergonomisch an Frauenkörper anzupassen. Einen Forschungsantrag haben sie bereits gestellt. Hierfür sind Forschungsgelder in Höhe von 700.000 Euro beantragt, 400.000 Euro entfallen auf beide Institute. Eine Entscheidung zum Antrag soll im Frühjahr 2024 fallen.

Über den Förderpreis

16 Projekte wurden mit dem Förderpreis für das ehrenamtliche Engagement im Bevölkerungsschutz bei der Verleihung im Bundesministerium des Innern und für Heimat geehrt. Aus rund 250 Bewerbungen hatte eine Fachjury je fünf Projekte in den Kategorien Innovative Konzepte, Nachwuchsarbeit und Unterstützung des Ehrenamtes sowie den Sonderpreis ausgewählt. Die Auszeichnung "Helfende Hand" des Bundesministeriums des Innern und für Heimat wurde dieses Jahr zum 15. Mal vergeben.