Testamentsgestaltung Blockadepolitik eines Erben

Streitigkeiten zwischen den Erben können den Betrieb ernsthaft gefährden. Im folgenden Fall hat ein Mitglied der Erbengemeinschaft der Bank mitgeteilt, dass diese bis zur Klärung keine Verfügung über die bestehenden Konten zulassen solle. Guthaben und Kreditlinie stießen an ihre Grenzen.

Blockadepolitik eines Erben

Der Inhalt des beim Amtsgericht verwahrten Testaments war allen Beteiligten seit Jahren bekannt: Nach dem Tod des Firmengründers sollte sein Sohn den Handwerksbetrieb auch offiziell übernehmen, während seine Tochter mit einem Betrag von 400.000 Euro ausgezahlt werden sollte. Dieser Betrag und weitere Kontoguthaben stehen auf einem Bankkonto sowie auf einem Wertpapierdepot vollständig zur Verfügung.

Nach Meinung des Unternehmers würde es für beide Kinder nach der Testamentseröffnung keinerlei Grund für Unstimmigkeiten geben. Nachdem nun der Erbfall eingetreten ist, stellt sich die Situation jedoch völlig anders dar: Die Schwester des zukünftigen Betriebsinhabers hat noch vor der Testamentseröffnung der Hausbank ihres verstorbenen Vaters schriftlich mitgeteilt, dass diese „bis zur Klärung des Umfangs der endgültigen Erbmasse“ keinerlei Verfügungen über die dort bestehenden Konten und Wertpapierdepots zulassen solle. Um sich nicht selbst eventuellen haftungsrechtlichen Folgen auszusetzen, ist das Kreditinstitut dieser Forderung auch prompt nachgekommen.

Dies hat wiederum zur Folge, dass der Betrieb nun ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen worden ist, da fällige Zahlungen vom Geschäftskonto ebenfalls nicht mehr möglich sind. Bisher ist es dem Sohn als Betriebsnachfolger zwar gelungen, die Liquidität durch Kontoguthaben bei der Zweitbank seines verstorbenen Vaters, dort wurden die Konten noch zu Lebzeiten des Unternehmensgründers auf den Sohn umgeschrieben, aufrecht zu erhalten. Allerdings stoßen hier sowohl Guthaben als auch Kreditlinie allmählich an ihre Grenzen.

Zur Lösung des Problems haben die Geschwister mittlerweile ein ausführliches Gespräch geführt, in dessen Verlauf zumindest der Grund für die überraschende Blockade der Schwester deutlich wurde: Es geht um drei kleine Eigentumswohnungen in Spanien, die der Vater seinem Sohn vor Jahren überschrieben hat. Sein damaliger Wunsch an den Sohn, diese Übertragung seiner Schwester nicht mitzuteilen, kam dieser nach.

Sein Vater versicherte ihm seinerzeit, dass er seiner Tochter einen „angemessenen finanziellen Ausgleich“ zukommen lassen werde. Nach Aussage der Schwester, die den Besitznachweis der Eigentumswohnungen zufällig fand, hat es bisher keinerlei Zahlung an sie gegeben, die dem Wert der Wohnungen auch nur annähernd entsprochen hätte.

Die folgenden Versuche des Bruders, seine Schwester zum Umdenken zu veranlassen, waren bisher erfolglos. Sie bleibt bei ihrer Forderung, eine angemessene Ausgleichszahlung, die etwa der Hälfte des Gesamtwertes der Eigentumswohnungen entspricht, zu beanspruchen. Die kontoführende Bank besteht dagegen auf die offiziellen Testamentseröffnung und sieht ihrerseits keinen Grund, von dieser Haltung abzugehen. Der Unternehmersohn wird also wohl oder übel die verbleibende Zeit bis zur Testamentseröffnung mit Fremdmitteln von anderen Banken überbrücken müssen. Mittlerweile hat er einen Anwalt beauftragt, um das Amtsgericht um eine möglichst kurzfristige Terminierung des Eröffnungstermins zu bitten.

Spätestens dann, das ist seine Erwartung, ist die unangenehme Angelegenheit erledigt. Nach Überzeugung des Anwalts ist es nämlich völlig absurd, dass die Schwester einen justiziablen Anspruch auf einen in welcher Höhe auch immer festgelegten Finanzausgleich besitzt. Schließlich ist es ausschließlich Sache des Erblassers, sich von einem Teil seiner Vermögenswerte in Form einer ordnungsgemäßen Schenkung bereits zu seinen Lebzeiten zu trennen.

Die Situation hat beim Betriebsnachfolger aber bereits heute zu einer Konsequenz geführt: Er wird beizeiten dafür sorgen, dass seine eigenen Kinder, wenn sie denn später das Unternehmen übernehmen sollten, noch zu seinen Lebzeiten eine Kontovollmacht für betriebliche Finanztransaktionen erhalten werden. Diese Vollmacht hielt sein Vater für entbehrlich. Michael Vetter