Man nehme eine Betriebsbesichtigung, einen Keynote-Vortrag zum Thema „Energetische Betrachtung“, dazu eine Prise Verbandsinformationen, würze mit einem Führungsthema und garniere mit der notwendigen Mitgliederversammlung in winterlicher Allgäu-Umgebung. Ein straffer und gelungener Verbandstag des Bayerischen Textilreinigungsverbandes BTV.

Im gut gefüllten Saal des Hotels „Das Weitblick Allgäu“ (Marktoberdorf) begrüßte Richard Sterr, Präsident des Bayerischen Textilreinigungsverbandes BTV, die Vertreterinnen und Vertreter von 22 Mitgliedsbetrieben und von 20 (wie er sagt) „Freunden und Sponsoren“ zum BTV-Verbandstag 2025. Neben den Referenten des Tages galt sein besonderer Gruß auch dem „Special Guest“ DTV-Hauptgeschäftsführer Andreas Schumacher, der zwischen Keynote und Nachmittagsvortrag noch diverse Aktivitäten und Initiativen des DTV erläuterte.
Ein besonderes Dankeschön richtete Sterr nochmals an Kai-Uwe Kober, den Inhaber der „Wäscherei Alpenland“ in Altusried. Dieser hatte am Vortag sein Unternehmen für rund 25 Gäste zur Betriebsführung geöffnet. Sterr: „Man hat dabei gespürt, dass ihr für eure Mitarbeitenden da seid und diese für euch. Es geht immer um den Menschen. Trotz aller notwendigen Möglichkeiten durch Maschineneinsatz ist dies immer die wichtigste Komponente.“ Lesen Sie dazu das ausführliche Gespräch mit Kai-Uwe Kober in der Ausgabe 5/2025 von R+WTextilservice.
Maschinentechnik und Texcare
„Transparenz schaffen, den Warenfluss optimieren, Ware bewegen und nicht den Menschen“, so Jörg Schmitz, Gebietsverkaufsleiter bei der Kannegiesser GmbH. Er erläuterte im Rahmen der Versammlung und im Nachgang zur Betriebsbesichtigung nochmal den dortigen Maschineneinsatz.
Rückblickend äußerte sich Sterr erfreut über die Präsentationen zur Messe Texcare in Frankfurt: „Das Highlight des vergangenen Jahres“. Die Mitgliedsbetriebe, die zum Verbandstag kommen, seien dabei größtenteils auch die engagierten Messebesucher gewesen. „Sie sind diejenigen, die am Puls der Zeit leben, offen für Neues sowie diskutierfreudig und kritikfähig sind.“
Energetische Analyse und ungenutzte Potenziale
Der Hauptvortrag des Vormittags war überschrieben mit „Globale energetische Betrachtung unserer Betriebe – was (und in was) werden wir investieren“? Keynote-Speaker dabei Prof. Dr.-Ing. Magnus Schober, Leiter der Forschungsgruppe Wäscherei- und Reinigungstechnik am Institut für Energie und Gebäude (IEG) an der TH Nürnberg.
An dem IEG arbeiten zurzeit aktiv 7 Professoren und 14 Mitarbeitende. Forschungsbereiche dabei sind Berechnungs- und Simulationsverfahren, Systemanalysen sowie die Entwicklung und Optimierung innovativer Komponenten. Durchgeführt werden dazu Dampf- und Druckluftmengenmessungen oder auch die Volumenstrom und Leistungsmessung von Wasser-/Heizleitungen im laufenden Betrieb, dazu Thermografie oder eine elektrische Leistungsmessung.

Prof. Schober: „Uns steht ein wahrer Fundus an Messtechnik zur Verfügung und viele Messungen sind durchaus auch für kleines Geld umsetzbar.“ Dazu gehört beispielsweise eine energetische Bilanzierung von Druckluftanlagen, von Heiz- und Dampfkesseln oder auch der Abwärme von Mangeln und Trocknern. Auch das Verbrauchsprofil von Waschschleudermaschinen lasse sich erfassen und die Abwärme des Betriebes mit dem Wärmebedarf der Gebäude verknüpfen.
Als Ziel könnte man formulieren: Durch eine energetische Analyse ungenutzte Potenziale aufdecken und die Gesamteffizienz des Betriebes verbessern.
R+WTextilservice veröffentlichte in Ausgabe 7/8-2024 einen Artikel von Prof. Schober und seinem wissenschaftlichen Mitarbeiter Dipl.-Ing. Gottfried Hilburger. Den Artikel können Sie auch online lesen:
>> Abwärmenutzung in Wäschereien und Textilreinigungen: Energieeffizienz in vier Schritten
Einordnung in globale Situation
Die Förderprogramme werden, da ist sich Prof. Schober sicher, nicht in gewohnter Weise weiterlaufen können. Die gesamte Förderlandschaft stehe am Scheideweg, da der Staat mehr Geld für innere und äußere Sicherheit, für das Gesundheitswesen oder den Infrastrukturbedarf (u. a. Eisenbahnnetz, Brückenbau, Energiespeichertechnik) aufwenden werde. Dazu komme ein verstärkter Förderbedarf für künstliche Intelligenz und Digitalisierung. Dies alles vor dem Hintergrund einer sich ändernden globalen energetischen Situation. So führen der Ausbau von Kernkraftwerken in über 40 Ländern (beispielsweise in Frankreich, Polen, Tschechien) zu steigenden Uranpreisen.
Dazu komme die weiterlaufende Nutzung von Erdöl zur Finanzierung von Rüstungsprojekten in Krisenregionen. So verschieben geringere Umweltstandards, Lohn- und Energiekosten die Produktion und den Energieverbrauch immer mehr nach Asien. Europa habe somit einen immer geringeren Einfluss auf die Energiepreise, die globalen Verbräuche und die CO2-Emissionen.
Energiedatenmanagement: Verbrauch erfassen
Im Bereich des Energiedatenmanagements sollten als Zielsetzung immer die größten Einflussfaktoren auf den Gesamtverbrauch ermittelt werden. Im Rahmen der Verbrauchserfassung unterscheidet man zwischen konstanten Verbrauchern (Betriebsstundenzähler) und variablen Verbrauchern (Energiezähler). Die Masse der Verbraucher sind dabei variable Verbraucher. Eingebunden sind dabei verschiedene Messsysteme u. a. die Kompressorsteuerung, die Abwärmeregelung, der Wärmemengenzähler oder Stromzähler. Schon heute lassen sich beispielsweise zusätzliche Schaltschränke und Energiezähler auch nachträglich einbauen.
Dabei unterscheidet sich eine Datenerfassung sicher nach Betriebsgröße. So werde ein kleines Ladengeschäft einfache elektronische oder mechanische Zähler oder handschriftliche Listen einsetzen. Eine Textilreinigung in mittlerer Größe wird auf elektronische Zähler mit der Option zur digitalen Erfassung von Verbräuchen sowie handschriftliche Erfassung zurückgreifen. Und bei größeren Betrieben: Elektronische Zähleinrichtungen mit Vernetzung der Zähler zu einem zentralen Computer mittels Busverbindung und Auswerteeinheit.
Dazu evtl. die Erfassung von Wäscheposten oder Einzelstücken per RFID. In jedem Fall heißt es dabei Lastspitzen zu vermeiden, da diese immer auch die Basis für die Leistungskosten übers Jahr darstellen (die für alle Monate verrechnete Leistung ist immer die höchste).
Rationeller Energieeinsatz in der Textilpflege
Maßnahmen zum rationellen Energieeinsatz können Teilabschaltungen (Dampf, Druck) einzelner Prozessabläufe sein oder auch organisatorische Maßnahmen wie Betriebszeiten. Verlustleistungen könnten gesenkt werden z. B. durch eine Dämmung der Dampfleitung, durch die Senkung der Abluft-/Abgastemperatur, durch ein Absenken des Druckniveaus oder die Senkung der aufzuheizenden Masse. In diesem Zusammenhang verwies Prof. Schober auf das Energiesparhandbuch des DTV. Dieses befinde sich zurzeit in Überarbeitung (www.energiesparhandbuch.de).
Zum Abschluss seines runden Vortrages skizzierte Prof. Schober verschiedene Maßnahmen zum Energieeinsatz und Wasser/Vorwärmung. Von verschiedenen individuellen Pumpen- und Steuermöglichkeiten, bis zum Einsatz von Wärmepumpen und Pufferspeicher und speziellem Temperaturniveau. Erwähnt wurden Dampfkessel mit elektrischen Heizstäben in verbrauchsoptimierter Betriebsweise, auch Vakuum-Röhrenkollektoren oder Hybridkollektoren. Letztere mit ca. 200 Watt elektrischer Leistung/m2 und ca. 500 Watt thermischer Leistung/m2.
Der Vortrag wurde immer wieder von regen Beteiligungen und sachlichen Beiträgen aus dem Auditorium begleitet. Themen reichten dabei von Abwärmenutzen und Flächenbedarf, über Biogasanlagen bis zu Kältemitteln.

Herausfordernde Lobbyarbeit
Im Anschluss informierte Andreas Schumacher als Hauptgeschäftsführer des Deutschen Textilreinigungs-Verbands (DTV) über die „politische Großwetterlage“ und die aktuell herausfordernde Lobbyarbeit des Verbandes. Dabei stellte er aktuelle Themen aus den DTV-Arbeitskreisen und Tools und Hilfestellungen des DTV für die Mitglieder vor. Angesprochen wurden u. a. auch Energieeffizienz und Abfallrahmenrichtlinie (erweiterte Herstellerverantwortung), die Textilkennzeichnungsverordnung wie auch der digitale Produktpass, der im Jahr 2027 kommen soll.
Im Bereich Aus- und Weiterbildung werde derzeit an einem modularen System der Gesellenausbildung gearbeitet. Darüber hinaus hat der Verband gemeinsam mit der dualen Hochschule Baden-Württemberg in Mannheim einen branchenspezifischen, dualen Bachelorstudiengang für Betriebswirtschaftslehre und Marketing aufgelegt, der im kommenden Wintersemester starten soll.
Schumacher erinnerte auch nochmals an das Projekt TEXSUS (Textile Laundry Sustainability) - R+WTextilservice berichtete hier. Dieses will neue Maßstäbe in der Förderung der Nachhaltigkeit innerhalb der Wäscherei- und Textilreinigungsbranche setzen. Gefördert werde das Projekt von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU). Ein weiteres Projekt („Handwerk macht Schule“) zur Erstellung von strukturierten Unterrichtsmaterialien und speziellen Lerninhalten zum Download für Lehrer befinde sich zurzeit in der vorbereitenden Finanzierungsphase.
DTV-Hauptgeschäftsführer Schumacher lud abschließend alle Anwesenden schon jetzt zum Jubiläumsverbandstag (50 Jahre DTV) ein. Dieser findet vom 10. bis 12. September in Berlin statt.
Komplexität der Führung
Nach der Mittagspause setzte Coach und Autor Christian Polz in seinem Vortrag „Souverän in Führung“ wichtige Impulse für Mitarbeiterführung und Fachkräftebindung. Die Herausforderungen der modernen Arbeitswelt erfordern es, Führung neu zu denken, neu zu justieren und neu auszurichten.
Das vorgestellte Führungsmodell beschreibt dabei den Zusammenhang zwischen dem Reifegrad der Führungskraft und ihren Kompetenzen. So ist eine echte Führungspersönlichkeit in der Lage die unterschiedlichsten Führungsstile souverän auszufüllen und sich der Komplexität der Führungsherausforderung anzupassen.
Polz erläuterte mit interaktiver Einbeziehung des Publikums die verschiedenen Strukturen des Führens: hierarchisch (autoritär), transaktional, situativ, transformational, agil oder coachend. Letzteres erfordert beispielsweise eine Bereitschaft der Mitarbeitenden zu ergebnis-orientierter Selbstreflexion und Veränderung. Die Führungskraft gibt dabei irgendwann keinen Lösungsinput mehr und schaffe Ressourcen für andere Aufgaben. Die Mitarbeitenden sind bei dieser Struktur komplett im Fokus mit einem individuellen Blick auf eigene Stärken. Dies erlaube eine optimale Ausschöpfung des Potenzials mit erhöhter Selbstwirksamkeit.
Die abschließende Mitgliederversammlung mit Jahresrechnung und Haushaltsplan beschloss den runden und informativen BTV-Verbandstag 2025 im Allgäu.
Sponsoren des BTV-Verbandstags 2025
- BÖWE Textile Cleaning GmbH
- Burnus Professional GmbH & Co. KG
- Büfa Cleaning
- Chemische Fabrik Kreussler & Co. GmbH
- Christeyns GmbH
- Clinotest GmbH
- Düchting Software+Consulting GmbH
- Richard Geiss GmbH
- Gottlob STAHL Wäschereimaschinenbau GmbH
- IFL Industrie-Leasing GmbH
- Multimatic GmbH & Co. KG
- Multitex Maschinenbau GmbH
- Ratioplan GmbH
- Remmele Textilpflegetechnik
- REWAKON GmbH
- Schneider GmbH Hans-Joachim Schneider
- SEITZ GmbH
- SoCom Informationssysteme GmbH
- Thermotex Nagel GmbH
- Veit GmbH
- Versteegen Assekuranz
- Versicherungsmakler München AG
- Zollner Wäsche