Fussball-WM 2014 Der Stress im Abseits

Wenn die Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien beginnt, sitzt ganz Deutschland vor dem Fernseher. Doch die Mitarbeiter der Wäscherei Heimerl werden ganz genau hinschauen und achten dabei nicht nur auf Tore. Denn sie sind es, die die Trikots der deutschen Nationalmannschaft wieder sauber machen.

Die Expertin für Trikotfragen: Geschäftsführerin Ursula Heimerl im Dienst. Foto: Heimerl - © Heimerl

Es war damals alles ein Zufall. Ein Zufall, der die Wäscherei Heimerl zu dem wohl ungewöhnlichsten Kunden ihres Betriebs brachte. Denn die Heimerls sprangen eigentlich nur für einen kranken Kollegen ein, der seine Kunden nicht mehr bedienen konnte. Dabei ging es jedoch nicht um einen normalen Auftrag, es ging um einen für den Deutschen Fußball-Bund (DFB). Seit dem wäscht der familiengeführte Betrieb aus Wölfersheim die Trikots der deutschen Fußball-Nationalmannschaft.

Der kranke Kollege hatte eine Annahmestelle in Ilbenstadt, einem Nachbarort – und dort wohnt auch der Zeugwart des DFB. „Er meldete sich bei uns und fragte, ob wir für den DFB waschen würden“, erzählt Ursula Heimerl, die gemeinsam mit ihrem Mann die Wäscherei leitet. Sie stimmten zu, etwas später folgte der offizielle Auftrag. Das war im Jahr 2002. „Da wussten wir noch nichts über die Ausmaße, die das ganze annehmen wird.“

Heute kommt die Wäsche des DFB oft containerweise. „Wir sind eine mittelständische Wäscherei, darauf mussten wir uns erst einmal einstellen.“ Doch für eine Großwäscherei wäre die Arbeitsweise, die der Fußballbund fordert, unmöglich zu realisieren, meint Heimerl. Denn für den Kunden DFB ist besondere Flexibilität gefragt. „Manchmal müssen wir zweimal am Tag fahren und die Wäsche abholen, manchmal ist es zweimal die Woche. Mal müssen wir die Trikots aus einem Hotel abholen, manchmal vom Trainingsgelände in Frankfurt“, erzählt die Geschäftsinhaberin.

In der Regel haben die Heimerls zwei Tage Zeit, um die Trikots sauberzubekommen, teils braucht der DFB die Trikots jedoch schon am nächsten Tag wieder. Das bedeutet für die Mitarbeiter, zwischendurch auch am Wochenende oder am Feiertag im Betrieb zu stehen. Generell waschen sie etwa drei- bis viermal die Woche fast alles, was beim DFB anfällt.

Früher hat der Fußballbund auch während Großereignissen wie der Weltmeisterschaft die Trikots und Trainingsbekleidung der Spieler gesammelt und noch während des Turniers an die Wäscherei geschickt – etwa, wenn nach der Vorrunde absehbar war, wie viele Spiele die Mannschaft noch spielen muss.

Hunderte Trikots während einer WM

Lange haben wir darauf hingefiebert, am 12. Juni wird es für Özil, Müller und Co. ernst. Foto: Adidas - © Heimerl

Heute läuft das anders, denn man könne sich nicht mehr auf Fluggesellschaften und Speditionen verlassen – zu viele Streiks, so Heimerl. Die Trikots werden also noch am Austragungsort der Meisterschaft von den Hotels gewaschen. Wenn das Team heimkehrt, bekommen die Heimerls die Wäsche trotzdem noch einmal. Und das ist eine ganze Menge: Eine Mannschaft verbraucht während der WM rund 250 bis 350 Trikots. Hinzu kommen Trainingsanzüge, Stutzen, Socken, Hosen und alle Sportsachen, die die Spieler anderweitig benötigen. „Wir müssen dann geradebiegen, was die Hotels verbockt haben“, sagt Ursula Heimerl. Denn die Hotels kochen die Trikots meistens – ein grober Fehler. Laut Pflegekennzeichnung dürfen die Trikots nur bei 30 °C gewaschen werden. „Damit werden sie allerdings nicht sauber“, so die Betriebsleiterin. „Wir lassen uns daher jedes Mal, wenn eine neue Kollektion an Trikots und Trainingsanzügen herauskommt, von unserem Lieferanten ein neues Waschmittel zusammenstellen, damit wir die Trikots im Drei-Bad-Verfahren waschen können.“

Teils muss die Wäsche jedoch fünf- bis sechsmal den gesamten Prozess durchlaufen. Denn auf den Trikots sind unzählige Gras- und Blutflecken, die bei großen Events oft tagelang Zeit haben, einzutrocknen. Wenn einzelne Teile auch nach sechs Waschgängen noch nicht sauber sind, werden sie mit einer speziellen Lösung eingesprüht. Und für all das haben die Heimerls oft nur einen Tag Zeit.

Viele Flecken, viel Gestank

Trotz des Stresses macht ihnen die Arbeit für den DFB Spaß. Bevor ihr Betrieb für den Fußballbund gewaschen hat, sei sie allerdings kein Fußballfan gewesen, gibt Ursula Heimerl zu. „Aber jetzt, wo ich mit der Materie verbunden bin, bin ich teilweise richtig aufgeregt, wenn die Nationalmannschaft spielt – obwohl ich nach wie vor keine Ahnung von Fußball habe“, sagt sie lachend. Während Heimerl und ihr Mann das Spiel im Fernsehen schauen, achten sie allerdings schon ganz genau auf die Flecken, die sich die Spieler in den Zweikämpfen holen. „Wenn es recht feuchtes Wetter hat, dann sagen wir schon immer: Au weh, das wird schwierig rauszubekommen.“

Doch eines ist noch schlimmer als die Gras- und Blutflecken: der Gestank. „Die Trikots stinken ganz extrem, wenn wir sie bekommen.“ Denn die feuchten, vollgeschwitzten Trikots sind in Plastiktüten und Alukoffern verpackt, wenn sie in der Wäscherei ankommen. „Und die Spieler schwitzen nicht nur so wie wir, wenn wir Sport machen“, erzählt Heimerl schmunzelnd. „Wir legen sie dann erst einmal in offene Container zum Auslüften.“

Und nach der WM?

Was passiert eigentlich mit den Trikots nach der WM? Das ist eine Frage, die vielen unter den ­Nägeln brennt. RWTextilservice hat beim DFB nachgefragt .