Unternehmertreffen des Industrieverbandes Textilservice (intex) Die Compliancewelle rollt

Im Mittelpunkt des intex-Unternehmertreffens stand die faire und verantwortungsvolle Unternehmensführung. Die Referenten zeigten auf, wie der Nachhaltigkeitsgedanke in der Praxis umgesetzt werden kann. Wie sich der Verband selbst zur sozialen Verantwortung bekennt, erklärte Klaus Jahn. Außerdem sprach Unternehmer und Arbeitgeberpräsident Martin Kannegiesser über die aktuelle Tariflandschaft.

  • Bild 1 von 5
    © ve
    Martin Kannegiesser sprach über die aktuelle Tariflandschaft in der Metall- und Elektroindustrie.
  • Bild 2 von 5
    © ve
    Klaus Jahn stellte das Selbstverständnis von intex vor.Fotos: ve
  • Bild 3 von 5
    © ve
    Caspar von Hauenschild referierte über eine transparente und faire Unternehmensführung.
  • Bild 4 von 5
    © ve
    Dr. Roland Schnurpfeil beleuchtete Nachhaltigkeit und Qualität aus Praxissicht.
  • Bild 5 von 5
    © ve
    Die Teilnehmer vor dem Betriebsgebäude von Larosé in Berlin-Köpenick.

Die Compliancewelle rollt

Gespickt mit aktuellen Themen war das Vortragsprogramm des traditionellen Unternehmertreffens des Industrieverbandes Textilservice (intex), zudem sich Mitglieder und Fördermitglieder im Frühjahr in Berlin getroffen haben. Als Ergänzung zur Theorie stand auch ein Betriebsbesuch in der Berliner Niederlassung der Larosé-Gruppe auf dem Programm.

In ihren Vorträgen beleuchteten die Referenten aktuelle wirtschafts- und unternehmenspoltische Themen. Dabei wollte der Verband nicht nur die Branche abbilden, vielmehr sollte der Blick über den Tellerrand geschärft werden. Klaus Jahn, Geschäftsführer von intex, Eschborn, freute sich, Unternehmer und Arbeitgeberpräsident Martin Kannegiesser als Referenten gewonnen zu haben. Seine Worte über die aktuelle Tariflandschaft im Spiegel von Tarifforderung, Mindestlohn und Tarifbindung eröffneten die Vortragsreihe. Als Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall gab er einen Einblick in die Situation in der Metall- und Elektroindustrie. Wie die Branche der professionellen Textilpfleger, der eine Entscheidung in Sachen Mindestlohn noch bevorsteht, sei auch die Branche, die der Gesamtverband vertritt, eine sehr heterogene. Die Mitgliedsunternehmen kommen aus den Bereichen Raumfahrt, Maschinenbau und Elektronik. Kannegiesser beleuchtete für die Zuhörer den Flächentarifvertrag der Branche Metall und Elektronik: Das System bestehe aus drei Komponenten. „Zum einen sind das die Standards und Normen, die akzeptiert wurden“, erklärte Kannegiesser. Die zweite Komponente sind die sogenannte Öffnungsklauseln, sie sind innerhalb definierter Korridore möglich. Ziel sei, den Betrieb frei von Konflikten zu halten. Seit dem Jahr 2004 gibt es auch Ergänzungstarifverträge. Sie finden vor allem Anwendung, wenn ein Betrieb von Umstrukturierung betroffen ist. „Die Firmen müssen ein unternehmerisches Gesamtkonzept für die nächsten Jahre aufweisen. Das soll offenbaren, welche Strategien sie verfolgen, welche Investitionen und Innovationen sie planen“, sagte Kannegiesser. Ist das Konzept von den Tarifparteien überprüft worden, ist diese Lösung für den Betrieb möglich. Leztendlich sei der Flächentarifvertrag auch ein Instrument, um Arbeitsplätze zu erhalten. Ein Thema, das derzeit ebenfalls branchenübergreifend diskutiert wird, ist der freiwillige Beitrag, den Unternehmen über die gesetzlichen Anforderungen hinaus leisten. Dieser Sachverhalt wird seit den 90er Jahren unter dem Schlagwort Corporate Social Responsibility (CSR) in der Öffentlichkeit diskutiert. Nach diesem Selbstverständnis sollte das Handeln eines Unternehmens geprägt sein von einem verantwortungsvollem Umgang mit Mensch und Natur. Einige Unternehmen haben sich bereits intensiv mit diesem Thema befasst und so einen Wettbewerbsvorteil generiert. In vielen Unternehmen ist das Thema Nachhaltigkeit jedoch noch nicht verankert. Wie auch schon auf dem technischen Kongress, der im März in Rheine abgehalten wurde, hatte sich intex auch auf dem Unternehmertreffen das Ziel gesetzt, dieses Thema in den Blickpunkt zu rücken. Denn nicht nur Großunternehmen, sondern auch Textildienstleister müssen sich mit diesem Thema beschäftigen. „Viele Kunden unserer Mitgliedsunternehmen, ob Großunternehmen, Hotelketten oder Kliniken, haben Unternehmensleitlinien verfasst und überprüfen auch ihre Lieferanten und Dienstleister nach den festgelegten Kriterien“, erklärt intex-Pressesprecher Andreas Schumacher.

Der Verband trägt der Situation Rechnung und geht mit gutem Beispiel voran: Klaus Jahn sprach vor Mitgliedern und Fördermitgliedern über das Selbstverständnis des Verbands und stellte das Leitbild von intex im Spiegel von Corporate Social Responsibility vor. Zunächst habe der Verband das Selbstverständnis überdacht und die Interessen formuliert. Im zweiten Schritt habe sich man sich überlegt, wie das Bekenntnis zur sozialen Verantwortung verankert werden kann. Sein Selbstverständnis hat der Verband folgendermaßen formuliert: „Die industriell geführten Unternehmen des Textilservices stehen für Know-how durch innovative Textil- und Hygienedienstleistungen und führende Servicemarken. Der Textilservice entlastet Unternehmen und den öffentlichen Bereich durch umfassende Produktlösungen für Textilien aller Art, wie Arbeits- und Schutzbekleidung, Bett- und Tischwäsche, Handtücher, Putztücher, Mopps, Matten sowie Artikel zur allgemeinen Hygiene.“

Vom Selbstverständnis zum Leitbild:„intex ist Arbeitgeber- und Wirtschaftsverband, der Verband vertritt und fördert die gemeinsamen wirtschaftlichen, sozial- und tarifpolitischen sowie ideellen Interessen seiner Mitglieder“, trug Klaus Jahn vor. Einbezogen in das Leitbild sind auch die Grundsätze des CSR nach den zehn Prinzipien der internationalen Initiative Global Compact (siehe Kasten „Zehn Prinzipien für die Fairness). In den nächsten Monaten werde der Verband weiter an den Unternehmensleitlinien arbeiten. Sobald diese formuliert sind, sollen die Mitglieder eine Urkunde, den „intex-Qualitätsausweis“, erhalten. Dieser soll auch den Kunden kommunizieren, dass deren Anforderungen sowohl in Bezug auf Qualität als auch auf die Nachhaltigkeit eingehalten werden. Auch Caspar von Hauenschild griff den Gedanken einer fairen und nachhaltigen Unternehmensführung auf. Er arbeitet in München als Unternehmensberater und ist gleichzeitig Mitglied des Vorstands von Transparency International Deutschland e.V., Berlin. Zuvor war er 30 Jahre lang im Bankensektor tätig. Er habe erlebt, wie Korruption Menschen, Unternehmen und Demokratien vernichtet. Ein großes Problem, das er in seinem Vortrag ansprach, ist die Vollstreckbarkeit. Es gäbe nicht genügend Staatsanwälte, um alle Vergehen zu ahnden. „Zudem werden Moral und Ethik nicht als Erfolgsfaktor betrachtet“, erklärte der Berater.

Von Hauenschild zeigte verschiedene Typen von Unternehmen auf, die unterschiedlich mit ihren Unternehmensleitlinien umgehen. Zum einen gibt es den „Spieler“. Für ihn wird ein Produkt ausschließlich über den Preis verkauft. Er setzt auf Risiko und lebt in der Hoffnung, dass seine Vergehen nicht aufgedeckt werden. „Der Wegkucker“ dagegen hat Unternehmensleitlinien erarbeitet, diese liegen bei ihm allerdings tief in der Schublade und werden nicht gelebt. „In solchen Unternehmen gibt es auch kein Konfliktmanagement“, sagte von Hauenschild. „Der Redliche“ hingegen lebt die Unternehmensleitlinien tatsächlich und hat auch einen Compliancebeauftragten abgestellt, der die Einhaltung überwacht. „Diese Unternehmen haben ihr offenes Konfliktmanagement zum Teil des Qualitätsmanagements gemacht“, erklärte von Hauenschild. In Zeiten, wo immer wieder Affären verschiedener Großkonzerne in den Medien auftauchen, seien viele verunsichert. Schließlich hatten einige dieser Unternehmen ihre Unternehmensleitlinie sogar vorher noch per Post an die Aktionäre verschickt und dann doch nicht eingehalten. Das Problem in Deutschland sei, dass das Unternehmen, im Gegensatz zur Vorgehensweise in den USA, nicht verantwortlich gemacht wird, wenn Unternehmensleitlinien nicht eingehalten werden. Aber nicht nur die Konzerne müssen sich in Zukunft mit ihren Unternehmensleitlinien beschäftigen. Die Compliancewelle, so von Hauenschild, komme in jedem Fall auch auf den Mittelstand zu. Zum einen halten sich große Unternehmen daran und fragen auch bei ihren Lieferanten nach der Einhaltung. Nicht zu vergessen ist zum anderen der rechtliche Aspekt: Die Banken sind nach der Anti-Geldwäscherichtlinie des Europäschen Rates verpflichtet, den Verdacht auf unerlaubte Bankgeschäfte an die Strafverfolgungsbehörden weiterzuleiten.Als Vertreter des Mittelstandes sprach Dr. Roland Schnurpfeil, Zentralbereichsleiter Marketing der Bauernfeind AG, Zeulenroda. Er beleuchtete die Frage, ob Nachhaltigkeit und Qualität unfinanzierbare Utopie oder ein Garant für den Unternehmenserfolg sind. Die Bauerfeind AG ist nach eigenen Angaben einer der führenden Hersteller medizinischer Hilfsmittel. Laut Firmenphilosphie sollen die Produkte einen Beitrag zur Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit und zur Steigerung des Wohlbefindens leisten. Wie Dr. Schnurpfeil ausführte, polarisiert der Markt. Einen Qualitätsmarkt, wie er in den vergangenen Jahren von der Nachkriegsgeneration geprägt war, gäbe es heute nicht mehr allein, hinzugekommen sei ein Marktsegment, in dem es nur um die billige Lösung gehe.

Die Bauernfeind AG habe sich eindeutig der Qualität verschrieben. Wichtig sind, so Schnurpfeil, Investitionen in die Zukunft. „Wir investieren in Forschung und Mitarbeiter. Unsere Außendienstmitarbeitr sind schließlich auch Berater“, sagte er. Auf einen Preiskampf, so ist Schnurpfeil überzeugt, kann man sich als Qualitätsanbieter nicht einlassen, dennoch werde es immer wieder gemacht. Überzeugen solle man durch seine Kompetenzen, ob Produkt oder Beratung, riet er. Dazu müsse der Fachhandel qualitativ hochwertige Produkte und Versorgungskonzepte anbieten und seine Beratungs- und Betreuungskompetenz weiter ausbauen. Bei Bauernfeind hat man daher ein Qualitätspartner-Programm entwickelt, um im zunehmenden Leistungswettbewerb die Gunst des Patienten zu gewinnen – eines Patienten, der immer mehr zum Kunden wird. Das Programm sieht folgendermaßen aus: Das Unternehmen unterstützt seine Partner bei allen Marketingaktivitäten. Dafür stehen verschiedene Maßnahmen aus den Bereichen Kommunikation, Schulungen und Warenpräsentation zur Verfügung. Die Gegenleistung der Partner besteht darin, dieses Angebot wahrzunehmen und umzusetzen. Damit leiste der Fachhändler einen Beitrag zur Sicherung eines Qualitätsmarkts in der Patientenversorgung. Mit der Vortragsreihe ist es intex sicher gelungen, den Blick der Mitglieder auf die Nachhaltigkeit zu schärfen und Diskussionen in Gang zu bringen. Vanessa Ebert